Konfliktfeld europäischer Binnenmarkt und nationale Umweltschutzmaßnahmen


Hausarbeit, 2004

28 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der europäische Binnenmarkt
2.1 Definition Binnenmarkt
2.2 Ziele des Binnenmarkts

3. Theorie des Freihandels im Bezug zu Umweltmaßnahmen

4. Europäisches Umweltrecht
4.1 Die grundlegende Problematik
4.2 Umweltschutz vs. Rechtssystem
4.3 Das Konfliktfeld vom Binnenmarkts- und Umweltschutzziel im EG-Vertrag

5. Empfehlungen der Europäischen Kommission zum Thema Binnenmarkt und Umwelt

6. Konkrete Beispiele zum Themenbereich
6.1 Deutsches Dosenpfand als nationaler Sonderweg
6.2 Umsetzung von EU Richtlinien anhand der Tankerproblematik
6.3 Atomausstieg in Deutschland

7. Fazit

Abbildungs- und Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Thematik „Binnenmarkt“ auf der einen und „Umweltschutzmaßnahmen“ auf der anderen Seite zeichnet sich durch eine wachsende Bedeutung bei allen wirtschaftlichen und politischen Interessengruppen aus. Man kann behaupten, dass jede Person in der EU, sowohl vom herrschenden Binnenmarkt, als auch von nationalen Umweltschutzmaßnahmen in irgendeiner Form, sei sie positiver oder negativer Art, betroffen ist. Die Frage ist nun, in welchem Verhältnis diese beiden Begriffe zueinander stehen. Der Titel der Hausarbeit „Konfliktfeld europäischer Binnenmarkt und nationale Umweltschutzmaßnahmen“ deutet freilich zunächst auf einen Antagonismus hin. Um dies zu belegen, beziehungsweise gegebenenfalls auch zu widerlegen, bedarf es zunächst einer Erläuterung des europäischen Binnenmarkts. So soll im zweiten Kapitel dieser Hausarbeit auf die theoretischen Grundlagen und Zielsetzungen des „gemeinsamen Marktes“, wie der Binnenmarkt zuweilen auch genannt wird, eingegangen werden. Es wird schnell deutlich werden, dass die im ersten Kapitel dargestellten Sachverhalte einhergehen mit Begriffen wie „Liberalisierung des Marktes“ oder auch „Freiheit des Warenverkehrs“. An dieser Stelle kommt man unweigerlich zu der Frage, inwieweit Freihandel Umweltschutzmaßnahmen notwendig beziehungsweise überflüssig macht. Diese Frage soll im dritten Kapitel geklärt werden. Es wird versucht den besten Weg bei der Anwendung von Umweltschutzmaßnahmen zu skizzieren und auf mögliche Effekte hinzuweisen. Im vierten Kapitel wird dann intensiv auf die Problematik nationaler Umweltschutzmaßnahmen und europäischer Umweltschutzrichtlinien eingegangen. Die tatsächliche Umsetzung des Rechts in den einzelnen Behörden und der Verwaltung muss dabei mit berücksichtigt werden. Im Kapitel fünf wird dann auf eine Vorlage der Europäischen Kommission aus dem Jahre 1999 eingegangen, die sich ausführlich mit der Problematik Binnenmarkt und Umwelt beschäftigt. Wird die Arbeit bis hierhin eher theoretisch geprägt sein, so soll im Kapitel sechs der Bezug zur Praxis hergestellt werden. Als Beispiele werden das deutsche Dosenpfand, die internationale Problematik bezüglich Einhüllentanker und der geplante deutsche Ausstieg aus der Atomenergie angeführt. Inwieweit diese oben genanten Beispiele EU konform und letztendlich vertretbar sind, versucht dieses Kapitel zu klären. Das Fazit beschäftigt sich dann abschließend mit der Frage, wo in diesem Konfliktfeld zwischen Binnenmarkt und Umweltschutzmaßnahmen die Chancen und Risiken liegen.

Als Leitfrage dieser Arbeit dient die Fragestellung, inwieweit man tatsächlich von einem Konfliktfeld europäischer Binnenmarkt versus nationale Umweltschutzmaßnahmen sprechen kann.

Auf diese Frage versucht die vorliegende Arbeit eine angemessene Antwort zu finden. Dabei kann es nicht darum gehen, das gesamte Themenfeld bis in das letzte Detail zu erleuchten, da man unter dieser Themenstellung einen unbegrenzt großen Sachverhalt zusammenfassen kann. So bleibt beispielsweise der Themenbereich ‚angemessene politische Lösungen auf die skizzierten Umweltprobleme’ außen vor, da sie zwar die Leitfrage tangieren, jedoch nicht deren Beantwortung maßgeblich prägen. Die vorliegenden Ausführungen sollen die Problematik eher darstellen, als Wege zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen zu finden. Es ist daher der Anspruch dieser Hausarbeit verständlich und stringent in die Thematik einzuführen.

2. Der europäische Binnenmarkt

2.1. Definition Binnenmarkt

Äquivalent zum Begriff „Binnenmarkt“ wird häufig auch die Bezeichnung „gemeinsamer Markt“ verwendet. Die Unterschiede zwischen den Ausdrücken sind marginal, so dass im Folgenden beide Begriffe für den gleichen Sachverhalt verwendet werden.

Eine maßgebliche Definition des Ausdrucks „Binnenmarkt“ findet sich im Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Dort heißt es: „Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages gewährleistet ist.“[1]

Diese Definition erhielt dann, ein wenig abgeändert, Einzug in den Maastrichter Vertrag (EGV), der Geburtsstunde der Europäischen Gemeinschaft, vormals Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Der Maastrichter Vertrag aus dem Jahre 1992 umfasst unter anderem wichtige Vorgaben zur Wirtschafts- und Währungsunion.

Art. 3 EGV besagt: „Die Tätigkeit der Gemeinschaft … umfasst nach Maßgabe dieses Vertrags und der darin vorgesehenen Zeitfolge einen Binnenmarkt, der durch die Beseitigung der Hindernisse für den freien Waren-, Personen, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten gekennzeichnet ist.“[2]

Diese Definitionen sind erklärungsbedürftig. Auf die vier genannten Freiheiten soll im nächsten Kapitel „Ziele des Binnenmarkts“ eingegangen werden. Die Bezeichnung „nach Maßgabe dieses Vertrages“ weist auf eine Einschränkung der vier Freiheiten hin. „Wie sich z.B. aus Art. 36 EGV (jetzt Art. 30 EGV Amsterdam) ergibt, können aus den dort genannten Gründen Beschränkungen des Warenverkehrs weiterhin gegeben sein.“[3]

Gerade im Hinblick auf mögliche Umweltschutzmaßnahmen ist diese Einschränkung von Bedeutung, stellen solche Maßnahmen doch eine Einschränkung des freien Handels im Regelfall dar.

Der Startschuss zum Europäischen Binnenmarkt wurde Mitte der achtziger Jahre gegeben. 1992 sollte der Binnenmarkt vollendet sein. Doch das Angleichen, Harmonisieren und Vereinheitlichen von unterschiedlichen nationalen Rechtssätzen erfordert Zeit, so dass man behaupten kann, dass der Binnenmarkt bis heute nicht in allerletzter Konsequenz realisiert ist, wie es auch im Kapitel sechs deutlich werden wird. Gleichwohl spricht man stets davon, dass der Europäische Binnenmarkt Realität ist.

2.2. Ziele des Binnenmarkts

Die Ziele des Binnenmarktes sind, kurz gesprochen, die Realisierung von freiem Waren-, Personen-, Dienstleistungs-, und Kapitalverkehr. Was sich ferner unter diesen Zielen versteht, offenbart nachfolgende Abbildung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Der Begriff des Binnenmarkts[4]

Im Hinblick auf das Thema „Konfliktfeld europäischer Binnenmarkt und nationale Umweltschutzmaßnahmen“ erscheint es nicht ratsam, allen vier Freiheiten gleich viel Aufmerksamkeit zu schenken, da insbesondere der freie Warenverkehr, weniger der freie Personen-, und Dienstleistungsverkehr und überhaupt nicht der freie Kapitalverkehr für Umweltverschmutzungen verantwortlich ist. Deshalb wird nachfolgend nur auf Themenbereiche eingegangen, die Umweltrisiken hervorrufen können.

Der freie Warenverkehr soll, wie Abb. 1 zeigt, durch den Abbau materieller, technischer und steuerlicher Schranken gewährleistet werden. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass nationalstaatliche Handelsbeschränkungen, wie beispielsweise mengenmäßige Importbeschränkungen, steuerliche Schlechterstellungen von Importwaren oder inländische Wirtschaftssubventionen innerhalb der EU zum Wohle des Binnenmarkts nicht mehr gestattet sind. Rechtsgrundlage ist hierfür der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV).

Prinzipiell wären damit auch Abgaben für den Umweltschutz nicht tragbar, wenn sie einseitig erhobene Gebühren, Steuern oder Zölle darstellen, die bei einem Grenzübertritt innerhalb der EU fällig werden. Einschränkungen des Freihandels sind jedoch seit dem „Cassis de Dijon“-Urteil vom 20.02.1979 unter bestimmten Umständen zulässig. Der Europäische Gerichtshof stellte in seinem Urteil fest, dass einzelstaatliche Regelungen durch bestimmte, im allgemeinen Interesse liegende zwingende Erfordernisse oder gemäß Art. 36 EGV (jetzt Art. 30 EGV Amsterdam) grundsätzlich gerechtfertigt sein können. Weiterhin bleibt festzuhalten, dass die staatliche Regelung zum Erreichen des Ziels notwendig sein muss, sowie die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt bleibt.[5]

Umweltschutz ist ein im allgemeinen Interesse liegendes zwingendes Erfordernis, um es in der Wortwahl des Europäischen Gerichtshofes auszudrücken. Gleichzeitig gibt es bis heute keine verbindliche EU-weite Regelung im Bereich des Umweltschutzes, so dass nationale Maßnahmen zur Geltung kommen, solange das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt.

Durch Art. 100a EGV (jetzt Art. 95 EGV Amsterdam) sind die Nationalregierungen angehalten, ihre Rechtsvorschriften zu harmonisieren. Diese Angleichung erfolgt im Regelfall durch Richtlinien, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet werden und dann in das nationale Recht umgesetzt werden müssen. Dies gilt natürlich auch für das Umweltrecht, so dass es sowohl zu Erweiterungen, wie auch zu Aufhebungen im nationalen Umweltrecht kommen kann.

Indirekt hat das „Cassis de Dijon“ Urteil noch weitere Auswirkungen auf den Umweltschutz. „Jedes in einem Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellte und in den Verkehr gebrachte Erzeugnis [ist] grundsätzlich auf dem Markt der anderen Mitgliedstaaten zuzulassen.“[6] Wenn also ein Produkt in einem Land in der EU mit geringeren Umweltstandards als den inländischen hergestellt wurde, muss es auch auf dem einheimischen Markt zugelassen werden. Diesem voran steht nämlich das in Artikel 12 EGV (Amsterdam) Abs. 1 geregelte allgemeine Diskriminierungsverbot. In diesem Artikel wird jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit untersagt. Weiterhin sind in nachfolgenden Artikeln noch besondere Diskriminierungsverbote zu finden. Diese sind wesentlicher Bestandteil der bereits genannten vier Grundfreiheiten. „Im jeweiligen Anwendungsbereich der Grundfreiheiten dürfen Staatsangehörige bzw. Waren anderer Mitgliedstaaten nicht anders behandelt werden als inländische Staatsbürger bzw. Waren“[7].

Auch das Beihilfeverbot nach Art. 92 Abs. 1 EGV (jetzt Art. 87 Abs. 1 EGV Amsterdam) betrifft den Umweltschutz. Nach diesem Artikel sind Beihilfen an bestimmte Unternehmen oder Wirtschaftszweige nicht gestattet, da sonst der freie Handel Einschränkungen erfahren und es zu Wettbewerbsverzerrungen kommen würde. In Abs. 2 und 3 dieses Artikels werden allerdings Ausnahmen genannt, wo Beihilfen gestattet sind. Zwar haben folgende auf den ersten Blick genannten Beihilfen, wie „Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von europäischen Interesse“ oder „Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige“[8] nichts mit Umweltschutz zu tun, doch muss man konstatieren, dass beispielsweise die Rechtfertigung der Förderung des Bereichs alternativer Energien auf diesen Sachverhalt zurückgeführt werden kann.

Die Harmonisierung der unterschiedlichen nationalen Steuersätze durch europäische Richtlinienvorgaben betrifft indirekt auch den Umweltschutz. So gibt es beispielsweise seit Oktober Mindeststeuersätze auf Mineralöl.

Bei der Grundfreiheit „Personenverkehr“ handelt es sich um die Beseitigung materieller, technischer und steuerlicher Schranken, wie Abb.1 zeigte. In diesen Bereich fallen unter anderem die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Abbau der Personenkontrollen an der innergemeinschaftlichen Grenze sowie das Aufenthaltsrecht für Nichterwerbstätige. Für den Umweltschutz ist bestenfalls die Umweltbelastung relevant, die durch vermehrtes Verkehrsaufkommen ansteigen könnte. Inwieweit es durch den Europäischen Binnenmarkt zu einer Verkehrssteigerung und damit zu einer steigenden Umweltbelastung gekommen ist, konnte leider nicht festgestellt werden.

Was für den Personenverkehr gilt, gilt nicht weniger für den freien Dienstleistungsverkehr. In diesem Bereich des Binnenmarktes werden Themenbereiche wie finanzielle Dienstleistungen, Verkehrswesen oder neue Technologien thematisiert. Dabei wird die Verkehrspolitik als „Unabdingbare Voraussetzung für die Verwirklichung des Binnenmarktes“[9] gesehen. Hierbei ist es ein Ziel, ein transeuropäisches Straßen- und Binnenwasserstraßennetz zu schaffen, da die nationalen Verkehrsnetze immer noch nicht vollendet sind. Ähnlich wie beim freien Personenverkehr stellt sich dann irgendwann die Frage nach der Umweltbelastung.

Auch in diesem Bereich liegt die Antwort auf diese Frage im Bereich der Verhältnismäßigkeit. Auf der einen Seite gibt es ein Interesse an einem funktionierenden Binnenmarkt mit seinen vier Grundfreiheiten, Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr, doch auf der anderen Seite existiert eben auch ein Interesse an einem hinreichenden Umweltschutz.

Warum es überhaupt, wie gerade aufgezeigt, ein solches Konfliktfeld zwischen gemeinsamen Markt und Umweltschutzmaßnahmen gibt, versucht das nächste Kapitel über die Theorie des Freihandels im Bezug zum Umweltschutz zu klären.

[...]


[1] Art. 7a Abs. 2 EWGV, entnommen aus: Weindl, Josef, Europäische Gemeinschaft, München, 1994, S.89 (jetzt Art. 14 Abs. 2 EGV Amsterdam)

[2] Art. 3 EGV, entnommen aus: Weindl, Josef, Europäische Gemeinschaft, München, 1994, S.89

[3] Weindl, Josef, Europäische Gemeinschaft, München, 1994, S.89

[4] Weindl, Josef, Europäische Gemeinschaft, München, 1994, S.90

[5] vgl.: Weindl, Josef, Europäische Gemeinschaft, München, 1994, S.105

[6] Weindl, Josef, Europäische Gemeinschaft, München, 1994, S.103

[7] http://www.jurawelt.com/studenten/skripten/eur/1822

[8] Weindl, Josef, Europäische Gemeinschaft, München, 1994, S.115

[9] Weindl, Josef, Europäische Gemeinschaft, München, 1994, S.201

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Konfliktfeld europäischer Binnenmarkt und nationale Umweltschutzmaßnahmen
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Institut für Volkswirtschaftslehre und Statistik, Wirtschaftspolitik, Umwelt- und Ressourcenökonomik)
Veranstaltung
Ökonomische Ökologie
Note
1,3
Autoren
Jahr
2004
Seiten
28
Katalognummer
V25449
ISBN (eBook)
9783638280730
Dateigröße
857 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konfliktfeld, Binnenmarkt, Umweltschutzmaßnahmen
Arbeit zitieren
Kristine Luers (Autor:in)Peter Adämmer (Autor:in), 2004, Konfliktfeld europäischer Binnenmarkt und nationale Umweltschutzmaßnahmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25449

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