Dienstleistungsqualität im Handel. Determinanten, Einflussgrößen und Instrumente zur Steuerung


Diplomarbeit, 2004

108 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

I. Problemstellung und Zielsetzung

II. Aufbau der Arbeit

III. Grundlagen und Begriffe
1. Die Dienstleistung
1.1. Definition, Charakteristika und Einteilung von Dienstleistungen
1.2. Besonderheiten von Dienstleistungen im Handel
2. Der Qualitätsbegriff
2.1. Definition und Charakteristika
2.2. Qualitätsorientierung als Erfolgsfaktor
2.3. Qualitätssicherung durch Qualitätsmanagement
3. Das Dienstleistungsmarketing
3.1. Definition und Charakteristika
3.2. Besonderheiten, Aufgaben und Ziele
4. Der Handelssektor
4.1. Definition, Charakteristika und Abgrenzung
4.2. Marketing im Handel
4.3. Dienstleistungen im Handel: Handelsbetrieb gleich Dienstleistungsbetrieb?
4.4. Entwicklung und Perspektiven

IV. Determinanten und Einflussfaktoren der Dienstleistungsqualität im Handel
1. Determinanten der Dienstleistungsqualität
1.1. Definitionen und Charakteristika
1.2. Dimensionen der Dienstleistungsqualität
1.3. Beurteilung von Dienstleistungsqualität
1.4. Dienstleistungsqualität als strategischer Wettbewerbsvorteil
2. Einflussfaktoren der Dienstleistungsqualität
2.1. Dienstleistungsqualitätsansatz von Donabedian
2.2. Modell der Dienstleistungsqualität von Grönroos
2.3. Modell der Dienstleistungsqualität von Meyer/Mattmüller
2.4. Modell der Dienstleistungsqualität von Corsten
2.5. Das Gap-Modell von Zeithaml/Parasuraman/Berry
2.6. Gesamtmodell zur Bedienungsqualität von Schuckel
2.7. Dynamisches Prozessmodell der Dienstleistungsqualität von Boulding/Kalra/Staelin/Zeithaml
2.8. Zusammenfassung der beschriebenen Modelle zur Dienstleistungsqualität
3. Kundenzufriedenheit versus Servicequalität
3.1. Festlegung des Kundenzufriedenheitsbegriffes
3.2. Abgrenzung von Kundenzufriedenheit und Servicequalität
3.3. Vergleich von C/D-Paradigma und Gap-Modell
3.4. Integrierte Modelle von Zufriedenheit und Qualität
3.5. Die Faktorenstruktur der Kundenzufriedenheit
3.5.1. Die Drei-Faktoren-Theorie der Kundenzufriedenheit

V. Instrumente zur Steuerung der Dienstleistungsqualität im Handel
1. Qualitätsmanagement als Rahmenbedingung für Dienstleistungsqualitätssteuerung
1.1. Zum Begriff Qualitätsmanagement
1.2. Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems im Handel
2. Serviceorientierung der Organisation als Rahmenbedingung für Dienstleistungsqualitätssteuerung
2.1. Zum Begriff Serviceorientierung
2.2. Umsetzung interner Service-Orientierung im Handel
2.3. Umsetzung nach außen gerichteter Serviceorientierung im Handel
3. Serviceorientierte Personalpolitik
3.1. Der Dienstleistungsmitarbeiter
3.2. Umsetzung einer serviceorientierten Personalpolitik im Handel
3.2.1. Charakteristika sowie Chancen und Risiken der Mitarbeiterrekrutierung und -selektion im Dienstleistungsbereich
3.2.2. Charakteristika sowie Chancen und Risiken serviceorientierter
Mitarbeitermotivation
3.2.3. Charakteristika sowie Chancen und Risiken der Mitarbeiterführung im Dienstleistungsbereich
4. Serviceorientiertes Prozessmanagement
4.1. Zum Begriff Prozessmanagement
4.2. Umsetzung von Prozessmanagement für Dienstleistungen im Handel
5. Serviceorientiertes Kapazitätsmanagement
5.1. Begriffsbestimmung
5.2. Umsetzung eines serviceorientierten Kapazitätsmanagements im Handel
6. Service Design
6.1. Begriffsbestimmung
6.2. Umsetzung von Service Design im Handel
7. Servicestandards
7.1. Zum Begriff Servicestandards
7.2. Umsetzung von Servicestandards im Handel
8. Gestaltung der Dienstleistungsumwelt
8.1. Zum Begriff Dienstleistungsumwelt
8.2. Umsetzung der Gestaltung der Dienstleistungsumwelt im Handel
9. Serviceorientiertes Erwartungsmanagement
9.1. Zum Begriff Erwartungsmanagement
9.2. Umsetzung von Erwartungsmanagement im Handel
10. Beschwerdemanagement (Reklamationsservice)
10.1. Zum Begriff Beschwerdemanagement
10.2. Umsetzung von Beschwerdemanagement im Handel
10.2.1. Behebungsinstrumente von Servicefehlern im Handel 81
11. Qualitätskontrolle: Systeme zur Überprüfung und Messung
von Dienstleistungsqualität
11.1. Begriffsbestimmung
11.2. Unternehmensorientierte Verfahren
11.3. Mitarbeiterorientierte Verfahren
11.4. Kundenorientierte Verfahren

VI. Schlussbetrachtung

VII. Fazit

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Aufbau der Diplomarbeit

Abb. 2: Kundenbeurteilung von Servicequalität

Abb. 3: Modell zur Dienstleistungsqualität von Meyer/Mattmüller

Abb. 4: Modell der Dienstleistungsqualität nach Corsten

Abb. 5: Das Gap-Modell der Dienstleistungsqualität

Abb. 6: Gesamtmodell der Bedienungsqualität

Abb. 7: Das dynamische Modell der Dienstleistungsqualität nach Boulding/Kalra/Staelin/Zeithaml

Abb. 8: Modell zur Einteilung der Einflussfaktoren der Dienstleistungsqualität

Abb. 9: Das Konfirmations/Diskonfirmations-Paradigma

Abb. 10: Integriertes Modell von Servicequalität und Kundenzufriedenheit

Abb. 11: Perspectives of Service Orientation

Abb. 12: Formulierung und Messung von Servicestandards

Abb. 13: Systematik der Messmethoden zur Dienstleistungsqualität

Abb. 14: Modell zur Einteilung der Einflussfaktoren und Instrumente der Dienstleistungsqualität

Tabellenverzeichnis

Tab. 1.: Zusammenfassung: Spezifische Charakteristika von Dienstleistungen

Tab. 2.: Typen von Dienstleistungsprozessen

Tab. 3.: Dienstleistungen im Handel

Tab. 4.: Kundenkriterien für Servicequalität

Tab. 5.: Beispiele für Indikatoren der Dienstleistungsqualität

Tab. 6.: Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem für Dienstleistungsqualität

Tab. 7.: Elemente eines Serviceleitfadens im Handel

Tab. 8.: Wartezeiten managen

Tab. 9.: Vorschläge zur Erweiterung des Dienstleistungsangebots im Handel

Tab. 10.: Anforderungen an den Einsatz von Mystery Shoppers

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

I. Problemstellung und Zielsetzung

In sämtlichen entwickelten Industrienationen kommt dem Dienstleistungssektor eine wachsende Bedeutung zu. In vielen Bereichen hat sich aufgrund stagnierender bzw. gesättigter Märkte die Wettbewerbsintensität stark verschärft. Auch im Handel geht der reine Warenverkauf in Relation zur Gesamtnachfrage stark zurück und die Dienstleistungen dagegen steigen an. In der betriebs- wirtschaftlichen Forschung wurde deshalb in den letzten Jahren ein besonderer Schwerpunkt auf die Dienstleistungsqualität gelegt1. Die Sicherstellung der Dienstleistungsqualität ist in hart um- kämpften Märkten von entscheidender Bedeutung um im Wettbewerb bestehen zu können. Es zeichnet sich ab, dass sich strategische Kernkompetenzen nur durch entsprechende Dienstleis- tungsangebote aufbauen lassen2.

Ziel dieser Arbeit ist es, Determinanten und Einflussgrößen der Dienstleistungsqualität zu finden und ihre jeweilige Wirkungsweise auf die einzelnen Dimensionen der Dienstleistungsqua- lität zu prüfen. Nach Aufzählung der wichtigsten Einflussgrößen bzw. Determinanten der Dienst- leistungsqualität im Handel konzentriert sich die Arbeit auf Techniken und Instrumente zur Steue- rung derselben. Eine kritische Betrachtung zeigt Chancen aber auch Grenzen und Risiken auf, mit denen sich das Unternehmen beim Dienstleistungsmarketing im Handel auseinandersetzen muss.

II. Aufbau der Arbeit

Die methodische Vorgehensweise zur Problembewältigung basiert auf dem Studium verschiedener Literaturquellen. Diese Diplomarbeit ist eine reine Literaturarbeit. Im ersten Teil sind alle Begriffe und theoretischen Grundlagen erklärt und abgegrenzt. Der Hauptteil der Arbeit beinhaltet, wie in der folgenden Abbildung dargestellt, Determinanten, Einflussgrößen und die Instrumente zur Steuerung der Dienstleistungsqualität.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Aufbau der Diplomarbeit

Dieser Struktur folgend werden vorerst der Begriff Dienstleistungsqualität und seine Determinan- ten erläutert. Ein wichtiger Teil dabei ist die Beschreibung verschiedener Ansätze der Qualitäts- dimensionen. Anschließend werden die Einflussgrößen der Dienstleistungsqualität anhand eines Vergleichs verschiedener Modelle herausgefiltert und ihre jeweilige Wirkungsweise auf die ein- zelnen Dimensionen der Dienstleistungsqualität geprüft. In weiterer Folge konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf die Instrumente zur Steuerung der Einflussgrößen der Dienstleistungs- qualität im Handel. Es wird ein umfassender Überblick über das breite Spektrum möglicher Steue- rungsinstrumente gegeben.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Einflussgrößen der Dienstleistungsqualität aufzuzeigen und einen Überblick über die Möglichkeiten zur Steuerung derselben zu geben.

III. Grundlagen und Begriffe

1. Die Dienstleistung

1.1. Definition, Charakteristika und

Einteilung von Dienstleistungen

Der Terminus Dienstleistung ist in der Literatur bereits vielen Definitionsversuchen unterzogen worden. Eine Möglichkeit der Definition besteht darin, den Begriff durch eine Aufzählung von Beispielen zu präzisieren. Diese Vorgehensweise ist für eine ex- plizite Abgrenzung jedoch unbrauchbar, da keine Kriterien für den Begriff Dienstleis- tung angegeben werden3. Ein weiterer Vorschlag, der sich in der Literatur findet, ist die Negativdefinition zu den Sachgütern. Die betriebswirtschaftliche Abgrenzung des Beg- riffs Dienstleistung vom Begriff Sachleistung stellt sich im Einzelfall jedoch oft ebenso schwierig dar, da die Grenze zwischen Sach- und Dienstleistungen asymmetrisch ver- läuft. Es gibt zwar viele reine Dienstleistungen, aber eine Sachleistung ohne Dienst- leistungsanteil ist kaum denkbar4.

Aufgrund der späten Anerkennung des Wirtschaftsgutcharakters von Dienstleis- tungen, existiert keine allgemein anerkannte Abgrenzung und Klassifizierung des Dienstleistungsbegriffs5. Der wissenschaftlich gehaltvollste Abgrenzungsversuch ist das Herausarbeiten der gemeinsamen Charakteristika aller Dienstleistungen. Auch dieser Ansatz birgt Mängel und stellt keine eindeutige Abgrenzung zum Sachgut dar6.

Folgende spezifische Charakteristika unterscheiden die Dienstleistungen von den Kon- sumgütern: Eines der wichtigsten Merkmale der Dienstleistung ist ihr immaterieller Charakter. Die eigentliche Leistung ist nicht greifbar. Dienstleistungen sind daher nur durch Sachleistungsanteile darstellbar7. Eng verbunden mit dem Charakteristikum der Immaterialität ist auch die Intangibilität. Ein Dienstleistung ist weder zu sehen, zu tasten, zu hören, zu riechen oder zu schmecken. Dienstleistungen werden erlebt und es kommt zu einer eher subjektiven als objektiven Beurteilung durch den Konsumenten8.

Ein weiters entscheidendes Charakteristikum der Dienstleistung ist die nötige Integration eines externen Faktors. Dienstleistungen können erst dann erstellt werden, wenn ein Nachfrager einen Faktor in den Dienstleistungsprozess einbringt. Der Leistungsempfänger ist immer mindestens ein Objekt oder eine Person, die von außen eingebracht wird9. Der Nachfrager beeinflusst also den Dienstleistungsprozess und gestaltet ihn mit. Das Mitwirken des Konsumenten am Dienstleistungsprozess ist einer der wichtigsten Aspekte des Dienstleistungsmarketing10.

Die notwendige Mitwirkung des externen Faktors an der Leistungserstellung führt zur Unteilbarkeit und zur Vergänglichkeit als weitere Kennzeichen der Dienstleistung. Die Unteilbarkeit bezieht sich auf Konsumtion und Produktion, welche bei Dienstleis- tungen immer simultan erfolgen11. Dieses Charakteristikum der Identität von Leistungs- erstellung und Leistungsabgabe wird auch als „uno-actu“-Prinzip bezeichnet. Aus die- sem Prinzip ergibt sich, dass Dienstleistungen nicht gelagert werden können und somit vergänglich sind. Der Friseur kann zum Beispiel nicht Haare auf Vorrat schneiden. Eine Ausnahme stellen Leistungen dar, die auf Datenträger bzw. Papier gespeichert werden können. Diese Dienstleistungen werden erstellt und gelagert, wodurch sie sich aller- dings in Sachgüter „verwandeln“12. Im Vergleich zu reinen Produktionsbetrieben führt das „uno-actu“-Prinzip in Dienstleistungsbetrieben zu einer engeren Zusammenarbeit von Marketing- und Produktionsabteilung, da Produktion und Absatz simultan erfol- gen13.

Eine Dienstleistung kann auch nicht transportiert werden, woraus sich das Merkmal der Standortgebundenheit ableiten lässt14. So muss zum Beispiel die Dienstleistung eines Pannendienstes direkt beim Kunden erfolgen, wo auch immer sich dessen Fahrzeug zum Zeitpunkt der Panne befindet.

Die Qualität der Dienstleistung kann aufgrund ihrer immer wieder neuen Erstellung va- riieren, was zu dem Charakteristikum Individualität bzw. Variabilität führt15. Dieser Mangel an konstanter gleich bleibender Leistung ist im Gegensatz zu Sachgütern schwer in den Griff zu bekommen. Die Qualitätskontrolle von Dienstleistungen gestaltet sich aufgrund dieser Eigenschaft äußerst schwierig16. Sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Nachfragerseite unterliegt die Dienstleistung in hohem Maße der Individualität. Eine Beratungsleistung zum Beispiel, wird einerseits von der Qualifikation und Erfah- rung des Beraters und andererseits von der Aufmerksamkeit und den Vorkenntnissen des Kunden stark beeinflusst. Dieses Merkmal der Individualität wird auch als Nicht- standardisierbarkeit bezeichnet17.

Spezifische Charakteristika von Dienstleistungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1.: Zusammenfassung: Spezifische Charakteristika von Dienstleistungen

Die Immaterialität und die Integration des externen Faktors stellen sich in der Literatur als die häufigsten konstitutiven Merkmale heraus, während die Nichtlagerfähigkeit und die Individualität aus diesen Merkmalen resultieren18.

Zur Begriffsdefinition wird die Dienstleistung oftmals in drei Phasen geteilt, auf die im Laufe dieser Arbeit noch mehrmals genauer eingegangen wird. Die drei Phasen umfassen die des Dienstleistungspotenzials, des Dienstleistungsprozesses und des Dienstleistungsergebnises19.

Resultierend aus diesem Ansatz formuliert Bruhn in Anlehnung an Meffert/Bruhn (1995) folgende Definition für die Dienstleistung: „ Dienstleistungen sind selbständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbunden sind (Potenzialorientierung). Interne und externe Faktoren werden im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses kombiniert (Prozessori entierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren - Menschen oder deren Objekten - nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen (Ergebnisorientierung).“20

Zeithaml/Bitner geben eine sehr einfache breite Definition für „services“ mit dem Hin- weis, dass diese Definition nicht nur reine Dienstleistungsunternehmen einschließt son- dern auch andere Unternehmen, welche als Kernleistung Produkte vertreiben und zu- sätzlich Dienstleistungen anbieten. Ihr Definition lautet: „ services are deeds, processes and performances“21. Kompatibel sehen sie ihre Definition mit der von Quin/Ba- ruch/Paquette: „service include all economic activities whose output is not a physical product or construction, is generally consumed at the time it is produced, and provides added value in forms (such as convenience, amusement, timeliness, comfort or health) that are essentially intangible concerns of its first purchaser“22. Zeithaml/Bitner halten fest, dass die Schlüsseldeterminante des Dienstleistungsbegriffs die Intangibilität ist23.

Der englische Begriff „Service“ soll in der vorliegenden Arbeit mit dem Begriff „Dienstleistung“ gleichgestellt werden und sich nicht nur auf zusätzliche oder außergewöhnliche Dienstleistungen beschränken.

Die Dichotomie der Begriffe Sachleistung und Dienstleistung spiegelt sich auch in den Versuchen der Systematisierung der Dienstleistungen wieder. Um eine ordnende Beschreibung der Realität zu erreichen, werden Dienstleistungen systematisiert.

Bei einer eindimensionalen Systematisierung werden durch gegensätzliche Eigenschaften Kategorien geschaffen. Es gibt eine Vielzahl von Klassifikationen, sodass hier nur beispielhaft einige Vorschläge angeführt werden können. Eine Möglichkeit ist die Unterscheidung anhand des Individualisierungsgrades. Die Dienstleistung kann einen ausschließlich individuellen Charakter haben oder aber auch standardisiert sein24. Die Beratung bei einem Psychologen wird sehr individuell sein, während die Dienstleistung bei einer Fahrrad-Reparatur standardmäßig durchgeführt wird.

Eine weitere mögliche Unterscheidung ist die der persönlichen oder automatisierten Dienstleistung. Persönliche Dienstleistungen weisen einen hohen Anteil menschlicher Leistung auf, während eine automatisierte Dienstleistung von einer Maschine bzw. ei- nem Automaten vorgenommen wird25. Automatische Leergebinderücknahme oder ein- fach bedienbare Obst- und Gemüsewaagen sind Beispiele für automatisierte Dienstleis- tungen.

Schließlich können auch prozessorientierte oder ergebnisorientierte Dienstleistungen unterschieden werden. Liegt eine Prozessorientierung vor, so steht der Leistungserstellungsprozess im Vordergrund (zum Beispiel eine Stadtrundfahrt). Bei einer Ergebnisorientierung ist speziell die erzielte Wirkung am Dienstleistungsobjekt wesentlich (zum Beispiel jegliche Reparaturleistungen)26.

Am Ende dieser beispielhaften Aufzählung eindimensionaler Systematisierungsansätze sei auf Corsten (1988a) verwiesen, der zahlreiche weitere Kriterien zur eindimensionalen Systematisierung von Dienstleistungen zusammengestellt hat27.

Aufschlussreicher als eine eindimensionale Kategorisierung ist eine zweidimensionale Systematisierung. Als Beispiel dafür sei hier ein Ansatz aufgezeigt, der von Bruhn in Anlehnung an Lovelock (1988) beschrieben wird. Lovelock unterscheidet tangible und intangible Prozesse und die Empfänger der Dienstleistung, die entweder Menschen oder Objekte sein können. Daraus ergeben sich vier Typen von Dienstleistungsprozessen, wie folgende Abbildung zeigt28.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2.: Typen von Dienstleistungsprozessen29

Die Abgrenzung von Dienstleistungen gestaltet sich, wie anfangs erwähnt, sehr schwierig und es bleibt festzuhalten, dass der Charakter einer Dienstleistung von einer Vielzahl von Faktoren abhängt.

1.2. Besonderheiten von Dienstleistungen im Handel

Dienstleistungen können in die beiden Gruppen der „erwarteten Services“ und der „zu- sätzlichen Services“ eingeteilt werden. Die zusätzlichen Services sollen jedenfalls den Absatz fördern, wobei zu unterscheiden ist ob diese explizit in Rechnung gestellt wer- den oder nicht. Selbständige Dienstleistungen sind jene, die nicht mit einem Produkt verbunden sind. Sie können einzeln konsumiert werden und müssen deshalb auch be- zahlt werden. Dazu gehört zum Beispiel der Verleih von Werkzeug oder die Planung und Montage einer Küche30.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3.: Dienstleistungen im Handel31

Für den Konsumenten ist Hilfestellung im Bereich Kommunikation am wichtigsten und Dienstleistungen im finanziellen Bereich findet er am wenigsten bedeutend32.

Die Schwierigkeiten, die aufgrund der Besonderheiten von Dienstleistungen in reinen Dienstleistungsunternehmen auftreten, gelten zum größten Teil auch für die Dienstleis- tungen im Handel. Kapazitätsmanagement zufolge schwankender Nachfrage, Internes Marketing sowie die Kommunikation nach außen sind ebenso wichtige Aufgaben des Dienstleistungsmarketing im Handel. Letzteres scheint im Handel sogar schwieriger als in reinen Dienstleistungsunternehmen, da der Fokus meist auf das Produkt gerichtet wird und das zusätzliche Service vernachlässigt wird. Dienstleistungsqualität durch ein ganzheitliches Qualitätsmanagement ist sowohl in reinen Dienstleistungsunternehmen sinnvoll als auch im Handel33.

2. Der Qualitätsbegriff

2.1. Definition und Charakteristika

Das Wort „Qualität“ kommt aus dem Lateinischen („qualis“ = wie beschaffen) und be- schreibt die „Güte“ bzw. den „Wert“ eines Objekts. Qualität wird vom Kunden defi- niert. Qualität ergibt sich nicht allein aus der Übereinstimmung mit den Richtlinien des Unternehmens, sondern die Übereinstimmung mit den Kundenerwartungen ist Quali- tät34.

In der Betriebswirtschaftlehre wird der Begriff Qualität verschieden verwendet. Häufig finden sich fünf zentrale Definitionsansätze:

- der absolute,
- der produktorientierte,
- der kundenorientierte,
- der herstellungsorientierte und
- der wertorientierte Qualitätsbegriff.

Der absolute Qualitätsbegriff wird meist mit Superlativen beschrieben und bezieht sich auf die Gesamtheit der Güte des Produktes bzw. der Leistung. Unter dem produktorientierten Qualitätsbegriff versteht man viel mehr die einzelnen Eigenschaften des Produkts, die genau beschrieben werden können. Der kundenorientierte Ansatz bezieht sich auf die Wahrnehmung der Qualität durch den Kunden, während beim herstellungsorientierten Ansatz Qualität auf die Einhaltung bestimmter vorgegebener Standards beschränkt wird. Etwas problematisch ist der wertorientierte Qualitätsbegriff, da er im Sinne eines guten Preis-Leistungsverhältnisses gemeint ist und diese Leistung aber wiederum von der Kundenwahrnehmung abhängig ist35.

Das Deutsche Institut für Normung definiert in der DIN 55350 Teil 11 Qualität als „[...] Gesamtheit der Merkmale und Merkmalswerte eines materiellen oder immateriellen Betrachtungsgegenstandes bezüglich seiner Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen36 “.

Pepels geht in seiner Definition genauer auf die vorausgesetzten Erfordernisse ein und definiert Qualität als „[...] die Eignung einer Leistung zur Erreichung eines bestimmungsgemäßen Nutzens [..]. Sie ist das Maß, in dem ein Angebot Kundenanforde rungen erfüllt, also erwarteten Anforderungen von Kunden entspricht37 “.

Die Qualität wird umso höher angesehen, je mehr Leistung und Anforderungen übereinstimmen. Qualität unterliegt dem subjektiven Urteil des Kunden. Nur wenn es festgelegte Anforderungen gibt, ist Qualität auch objektiv bestimmbar. Qualität wird im Vergleich zu den Qualitäten konkurrierender Anbieter beurteilt und ist daher relativ38.

2.2. Qualitätsorientierung als Erfolgsfaktor

Qualitätsorientierung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor und somit eine zentrale Dimension bei der Gestaltung von Wettbewerbsstrategien. Qualitätsvorteile lassen sich im Gegensatz zu Kostenvorteilen sehr unterschiedlich realisieren. So kann entweder eine Null Fehler-Qualität angestrebt werden, was ein hohes Qualitätsbewusstsein in allen Unternehmensbereichen mit einschließt. Eine große Programmbreite zählt ebenfalls zu den möglichen Qualitätsdimensionen. Qualität kann aber auch durch eine starke Innovati ons- oder Markierungsorientierung erreicht werden39.

Die Tatsache, dass von Kunden bemerkte Qualität den Unternehmensgewinn erhöht, ist jedenfalls empirisch nachgewiesen. Überragende Qualität ist langfristig der Weg zum Wachstum eines Unternehmens40. Vor allem die PIMS-Studie des „Strategic Planning Institut“ hebt die Bedeutung der Qualitätsorientierung als entscheidenden Faktor für den Unternehmenserfolg hervor. Es konnte ein direkter Zusammenhang zwischen wahrgenommener Qualität und Gewinn festgestellt werden. Überdurchschnittlich hohe Qualität erhöht den Marktanteil, wodurch die Kosten bei Ausnutzung des Erfahrungskurveneffektes gesenkt und die Preise relativ höher werden41.

2.3. Qualitätssicherung durch Qualitätsmanagement

Eine wesentliche Rolle zur Gewährleistung von Qualität spielt ein umfassendes Quali- tätsmanagement, welches im Kapitel „Instrumente zur Steuerung der Dienstleistungs- qualität“ noch genauer behandelt wird. Das Qualitätsmanagement betrifft die Gesamt- heit qualitätsbezogener Tätigkeiten und Zielsetzungen im Unternehmen. Die aufbau- und ablauforganisatorische Gestaltung zur Verknüpfung der Aktivitäten untereinander bedarf eines Qualitätsmanagement-Systems42. Zu den klassischen Qualitätsmanage- mentfunktionen zählen Qualitätsplanung, -lenkung, -prüfung und Qualitätsmanage- mentdarlegung43. Ziel ist der Aufbau eines positiven Qualitätsimages. Vor allem im Dienstleistungsbereich ist dies wichtig, da die Dienstleistung nur begrenzt an objektiven Kriterien beurteilt werden kann44.

Als Maßstab zur Bewertung der Qualität steht der kundenorientierte Qualitäts- begriff im Vordergrund. Die Sicherung einer gleich bleibend hohen Qualität bedeutet die heterogenen Kundenerwartungen zu befriedigen. Die Qualitätsbestrebungen dürfen sich dabei aber nicht verselbständigen im Sinne einer Qualitätsmaximierung, sondern das Maß der Qualität richtet sich immer nach den Kundenerwartungen. Eine überdurch- schnittliche Übererfüllung der Kundenerwartungen führt meist lediglich zu marginalen Wettbewerbsvorteilen. Es geht viel mehr um eine Qualitätsoptimierung, die eine ex- akte Ausrichtung der Qualitätsmaßstäbe des Unternehmens an den Kundenbedürfnissen anstrebt. Ab einem bestimmten Qualitätsniveau führen Verbesserungen der Qualität zu überproportionalen Kostensteigerungen45. Um die Aufgabe der Qualitätssicherung zu erfüllen, ist es notwendig vorerst die Anforderungen der Kunden an die Qualität zu er-

fassen. Die Qualitätsanforderungen sind jedoch nicht nur aus der Sicht des Kunden zu bestimmen, sondern auch aus der Unternehmenssicht und der Wettbewerbssicht46.

3. Das Dienstleistungsmarketing

3.1. Definition und Charakteristika

Dienstleistungsmarketing ist aufgrund der speziellen Charakteristika von Dienstleistun- gen und den daraus resultierenden Marketingmethoden ein eigenständiger Marketingbe- reich geworden47. Das Charakteristikum des Dienstleistungsmarketings ist, dass es sich nicht nur auf die Vermarktung des Dienstleistungsergebnisses bezieht, sondern dass es bereits während der Leistungserstellung eine zentrale Rolle spielt48. Die Beschränkung auf einzelne Submixbereiche ist zu wenig, um den spezifischen Aspekten der Dienst- leistungserstellung gerecht zu werden.

Eine Möglichkeit der Definition von Dienstleistungsmarketing ist die Abgrenzung durch Unterscheidung vom Sachleistungsmarketing. Hilke unterscheidet analog zum Sachleistungsmarketing, bei dem es Konsumgüter und Investitionsgüter gibt, auch im Dienstleistungsmarketing konsumtive und investive Dienstleistungen. Investive Dienst- leistungen werden von Organisationen gekauft und anschließend für weitere Sach- oder Dienstleistungen eingesetzt. Zwischen Sach- und Dienstleistungsmarketing besteht häu- fig eine enge Verbindung. Marketing von Sachleistungen schließt immer - wenn auch in unterschiedlichem Umfang - Dienstleistungen mit ein. Hilke spricht von einem „Marketing-Verbund“ zwischen Sachleistungen und Dienstleistungen49. Speziell im Handel sind Sachleistungsmarketing und Dienstleistungsmarketing eng mit einander verbunden.

Außerdem unterscheidet Hilke funktionelles und institutionelles Dienstleistungs- marketing. Dienste, die von Sachleistungsbetrieben als „Neben“-Funktion für die Ab- satzförderung von (selbst erstellten) Sachleistungen durchgeführt werden, wie zum Bei- spiel Wartungs- und Reparaturdienste des Produzenten für den Maschinenpark des Kunden, zählen zum funktionellen Dienstleistungsmarketingbereich. Dienstleistungen, die von Dienstleistungs-Institutionen als „Haupt“-Funktion zum Absatz von Sachleis- tungen, Nominalgütern und Dienstleistungen durchgeführt werden, wie zum Beispiel Handelsbetriebe, die Sachleistungen absetzen, betreiben Dienstleistungsmarketing im institutionellen Sinn50.

Eine geläufige Art der Definition von Dienstleistungsmarketing ist die Hervorhebung seiner Besonderheiten im Vergleich zum Konsumgütermarketing51. Bruhn hebt folgende charakteristische Merkmale des Dienstleistungsmarketing gegenüber dem Konsumgütermarketing hervor52:

- Hohe Bedeutung von Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter,
- Sicherstellung von konstanter Dienstleistungsqualität als zentrales Ziel,
- Aufbau der Dienstleistungen als Markenartikel,
- Einsatz von Produktmanagern und
- Image des Unternehmens als kaufentscheidender Faktor.

Eher selten wird der Begriff des Dienstleistungsmarketings explizit definiert. Falk defi- niert den Begriff Dienstleistungsmarketing, als einer der ersten deutschsprachigen Auto- ren in diesem Bereich, wie folgt: „ Dienstleistungsmarketing soll [...] als eine ganz be- stimmte Grundeinstellung gegenüber den der Unternehmung gestellten beschaffungs- und absatzpolitischen Aufgaben sowie im Einsatz der Mittel und Methoden zur Erar- beitung und Realisierung einer an den Bedürfnissen des Marktes orientierten Marke- tingkonzeption gesehen werden. Durch entsprechende marktorientierte Unternehmens- aktivitäten, mit deren Hilfe immaterielle, nutzenstiftende und nicht speicherbare Gü- ter/Leistungen erbracht werden, soll eine dauerhafte Wunsch- und Bedürfnisbefriedi- gung der Kunden als auch die Erreichung unternehmerischer Ziele verwirklicht wer- den.“53

Im angloamerikanischen Raum prägen - unter anderen - Zeithaml/Parasuraman/Berry das Forschungsgebiet des „Service-Marketings“ (Dienstleistungsmarketing). Ihr Gap- Modell unterstreicht die Bedeutung der Dienstleistungsqualität und gibt eine Struktur für das „Service-Marketing“ vor54. Besonders relevant ist die von Booms/Bitner (1981) für das Service-Marketing vorgeschlagene Erweiterung des Marketing-Mix. Der klassi- sche Marketing-Mix der Angebots-, Preis-, Kommunikations- und Distributionspolitik wird dabei durch drei weitere „Ps“ ergänzt: Participants (Personalpolitik), Physical E- vidence (Ausstattungspolitik), Process of Service Assembly (Prozesspolitik)55.

3.2. Besonderheiten, Aufgaben und Ziele

Eine der Besonderheiten des Dienstleistungsmarketing ergibt sich aus der Nichtlagerfä- higkeit von Dienstleistungen, die bei starken Nachfrageschwankungen zu Problemen führen kann. Ist die Nachfrage sehr niedrig kommt es zu einer Überkapazität, bei zu ho- her Nachfrage geht Geschäftspotenzial verloren56. Kapazitätsmanagement ist deshalb eine zentrale Aufgabe des Dienstleistungsmarketings. Es gilt die auftretenden Schwan- kungen zu regulieren.

Das Marketing im Dienstleistungsbereich muss sich außerdem mit einer Beson- derheit auseinandersetzen, die sich aufgrund der Eigenschaft der Variabilität oder auch Individualität von Dienstleistungen ergibt. Mitarbeiter wie Kunden sind in den Leis- tungserstellungsprozess von Dienstleistungen involviert und die Qualität der Leistung kann aufgrund dieser unberechenbaren Faktoren immer wieder variieren. Qualitätskon- trollmechanismen des Konsum- und Investitionsgüterbereich funktionieren hier nicht, sondern für den Dienstleistungsbereich gibt es speziell entwickelte Instrumente57. Die Eigenschaft der Immaterialität von Dienstleistungen erleichtert es der Kon- kurrenz sie zu kopieren. Die Zeit, in der sich ein Unternehmen durch eine Dienstleis- tungsinnovation abheben kann, ist daher kurz. Für das Unternehmen ist deshalb wichtig den Wert der Dienstleistung effektiv zu kommunizieren58. Es ist Aufgabe des Dienst- leistungsmarketing die passende Kommunikationsstrategie zu wählen und umzusetzen.

Bruhn gliedert die charakteristischen Besonderheiten des Dienst-leistungsmarketing in die drei Bereiche:

- der dienstleistungsorientierten,
- der extern orientierten und
- der intern orientierten Besonderheiten.

Zu den dienstleistungsorientierten Charakteristika zählen unter anderem der hohe Indi- vidualisierungsbedarf und die Notwendigkeit des Aufbaus von Dienstleistungen als Markenartikel. Marketing ist ein Bestandteil des Leistungsprozesses und verfolgt die Sicherstellung konstanter Qualität. Extern orientierte Besonderheiten sind die große Be- deutung dauerhafter Kundenbeziehungen und die integrierte Kommunikation. Außer- dem benötigt der Dienstleister ein Image als kaufentscheidender Faktor. Intern ist die Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter aber auch die systematische Gestaltung des internen Marketings mit einer guten Kommunikationsstruktur von zentraler Bedeu- tung59.

Eine der zentralen Aufgaben des Dienstleistungsmarketings ist die Sicherung einer gleich bleibenden hohen Dienstleistungsqualität60. In der Praxis gibt es eine Vielzahl von Qualitätsstrategien, die verschiedene Methoden zur Schaffung von Dienstleistungsqualität vorgeben. Eine grundlegende Struktur ist die Aufteilung in

- Marktgerichtete,
- Kundengerichtete,
- Mitarbeitergerichtete und
- Unternehmensgerichtete Qualitätsstrategien.

Ihre operative Umsetzung erfolgt durch das Dienstleistungsmanagement und das Dienstleistungsmarketing. Dem Dienstleistungsmarketing kommt dabei ein stark kun- denindividueller Leistungscharakter zu. Grundsätzlich stehen die gleichen Marketingin- strumente wie im Konsumgüterbereich zur Verfügung. Die Besonderheit ergibt sich aus der Art der Nutzungsmöglichkeiten dieser Instrumente und ihrer Ausprägungsformen. Die bereits erwähnte Erweiterung des klassischen Marketing-Mix durch die Instrumente der Personalpolitik, Ausstattungspolitik und Prozesspolitik zeigt, dass die gesamte Or- ganisation die Marketingfunktion unterstützen muss61. Gegen die Erweiterung des Mar- keting-Mix lässt sich argumentieren, dass die Ausstattungspolitik Bestandteil der Pro- duktpolitik ist und somit zur Leistungspolitik gezählt werden kann und, dass Prozess- gestaltung und Mitarbeiterführung nicht zum klassischen Aufgabenbereich des Marke- tings zählen62. Es erweist sich jedoch oft als sehr hilfreich die beschriebenen sieben In- strumente getrennt zu betrachten.

Der hohe Individualisierungsbedarf von Dienstleistungen und die damit verbundene Integration des Kunden in den Leistungserstellungsprozess, haben Auswirkungen auf die Formulierung von Marketingzielen für Dienstleistungsunternehmen. Vertrauensbildung ist ein vordergründiges Ziel, das durch langfristige Kundenbeziehungen erreicht wird. Daraus ergeben sich auch langfristige Marketingziele63.

Schließlich muss auch darauf hingewiesen werden, dass Marketing ein Teil der Leistungsqualität ist und deshalb auch im umfassenden Sinne die Marketingqualität sichergestellt sein soll64.

4. Der Handelssektor

4.1. Definition, Charakteristika und Abgrenzung

Der Begriff „Handel“ wird sehr vielfältig verwendet und die Vielgestaltigkeit ist auch eines der Hauptkennzeichen des Handels. Er ist in den verschiedensten Formen in die Volkswirtschaft eingebunden. Handelsbetriebe verändern die Eigenschaften der Güter in räumlicher, zeitlicher und quantitativer Hinsicht. Produkte werden an verschiedenen Orten angeboten, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Herstellung und der Herstellungs- menge65.

Seyffert definiert den Handelsbegriff wie folgt: „ Der Handel ist also jene wirtschaftli che Tätigkeit, die den Austausch von Gütern zwischen Wirtschaftsgliedern, letzten En des zwischen Produzenten und Konsumenten, herbeiführt. So ist jede Güteraustausch handlung ein Handelsvorgang.“66 Eine Handelsleistung wird als Güteraustausch charakterisiert. Die unmittelbare Verteilung von Waren an Konsumenten ist das konstitutive Merkmal des Einzelhandels. Der Verkauf von Konsumwaren ist das primäre Ziel von Einzelhandlugen67. Als Grundfunktion des Handels gilt die Umsatzleistung, die wiederum in verschiedene Einzelleistungen unterteilt werden kann68.

Für die vorliegende Arbeit sollen unter dem Begriff „Handel“ Warenhandelsbetriebe des stationären Einzelhandels verstanden werden, die Handel als ihre zentrale Aufgabe sehen. Der Versandhandel ist somit ausgeschlossen.

4.2. Marketing im Handel

Der Begriff des Marketings ist in der deutschsprachigen Praxis erst ab etwa 1970 ge- bräuchlich. Bis dahin wurde im Handel vorwiegend von Verkauf gesprochen69. Der Begriff des Handelsmarketings wurde im deutschen Sprachraum Anfang der 70iger Jahre mit dem Vordringen des Marketinggedankens geprägt. Die Lehre vom Handels- marketing versuchte der stark herstellungsdominierten Sicht entgegen zu wirken. Nicht nur der Absatzmarkt sondern auch der Beschaffungsmarkt wird beim Handelsmarketing betrachtet und Handelsbetriebe werden selbst Träger von Marketingentscheidungen70.

Im Mittelpunkt des Handelsmarketings stehen also Warenhandelsbetriebe, die ihre eigenen Marketingkonzepte realisieren. Typische Leistungsmerkmale des Marke- tings von Handelsbetrieben, zeigt das Spektrum der absatzpolitischen Instrumente im Handel:

- Sortiments- und Servicepolitik,
- die Kontrahierungspolitik (Preis- und Konditionen)
- die Verkaufs-, Ladengestaltungs- und Präsentationspolitik
- die Werbe- und Verkaufsförderungspolitik und die Standortpolitik.

Ein typisches Charakteristikum des Handelsmarketing ist eine stark bipolare Ausrich- tung, die Beeinflussung und Bildung von Absatz- und Beschaffungsmärkten. Hinzu kommt eine sehr komplexe Kombinationsaufgabe von horizontalen, vertikalen und dia- gonalen Instrumentenkombinationen71. Handelsmarketing ist durch die Ausgestaltung der Beziehungen zu den Kunden in kurz- und langfristiger Sicht gekennzeichnet, aber auch durch die Aufgabe Effizienzvorteile des Handels gegenüber anderen Vertriebsfor- men zu erzielen72.

4.3. Dienstleistungen im Handel: Handelsbetrieb gleich Dienstleistungs- betrieb?

Unter einer Vielzahl von Handelsfunktionen, die Seyffert dem Handel zu teilt, befindet sich auch die Interessenwahrungs- und Beratungsfunktion. Damit sind jene Handels- leistungen gemeint, die Aufklärung über Wareneigenschaften und Beratung bei der Auswahl betreffen73. Betrachtet man den Handel anhand der konstitutiven Merkmale von Dienstleistungen, so ergibt sich folgendes Bild: Die Absatzobjekte des Handels sind überwiegend (materielle) Waren, während Dienstleistungsunternehmen überwiegend (immaterielle) Dienstleistungen anbieten. Die Funktion des Händlers als Zwischennach- frager von Versorgungsobjekten erfolgt ohne Mitwirkung oder Integration eines exter- nen Faktors. Auch das „uno-actu“-Prinzip trifft nicht zu, da Handelswaren lagerfähig sind74. Handelsbetriebe bieten jedoch über die eigentliche Handelsleistung hinaus eine Vielzahl von Dienstleistungen an, die den Absatz der Hauptleistung mittelbar oder un- mittelbar fördern75. Der Händler wird somit zum Dienstleister im funktionellen Sinn.

Abnehmer dieser Dienstleistungen sind nicht nur die Kunden des Unternehmens, sondern auch dessen Lieferanten76.

Der Sachleistungsanteil bei Verbrauchsgütern, wie sie im Handel angeboten werden, ist naturgemäß sehr hoch. Der Dienstleistungsanteil der Güter nimmt allerdings zu, je erklärungsbedürftiger das vermarktete Gut wird. Angesichts der Tatsache, dass die meisten Kosten im Einzelhandel auf Personalkosten für das beratende Verkaufspersonal entfallen, liegt die Vermutung nahe, dass zumindest im Facheinzelhandel der Dienstleistungsanteil überwiegt. Dieser Dienstleistungsanteil beinhaltet zum Beispiel Beratung, Extrabestellung, Lieferservice, Montage, Reparatur, etc.77.

Schenk nennt als wichtige Eigenschaft des Instrumenteneinsatzes im Handel, die besondere Bedeutung persönlicher Dienstleistungen. Es bieten sich viele Gestaltungsmöglichkeiten, sowohl auf der Beschaffungsseite als auch auf der Absatzseite, sowohl als Hauptleistung als auch als Nebenleistung, oder als entgeltliche und unentgeltliche Dienstleistung, an. Das Instrument der Dienstleistung kann vor allem auch strategisch eingesetzt werden, wonach eine Polarisierung hinsichtlich des Umfangs (Ausbau oder Abbau) der Dienstleistungen vorgenommen wird78.

In einem Handelsbetrieb können Marketingentscheidungen hinsichtlich der

- Art der Dienstleistung (warenbezogen, warenunabhängig, technische o- der kaufmännische Dienstleistung),
- Anzahl der Dienstleistungen bzw. Dienstleistungskombination,
- Breite der Dienstleistungen (Haupt- oder Nebenleistung),
- zeitliche Differenzierung der Dienstleistung (vor, während oder nach dem Kauf),
- qualitatives Niveau (Dichte, Präzision, Schnelligkeit) getroffen werden79.

Die Bedeutung der Dienstleistung hinsichtlich eines Wettbewerbsvorteils ist im Ver- gleich zum Sachgut, sprich der Ware, mindestens genau so hoch wie die Bedeutung des Produktes selbst. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass der Einfluss der Dienstleis- tungsqualität auf die Wettbewerbsfähigkeit stetig zunimmt80. Auch in einer Studie über das Image des Handels wurde die Bedeutung der Dienstleistungsqualität im Handel sichtbar. Der Greißler schnitt im Bereich „Kompetente Beratung“ am Besten ab und be- kam auch in der Kategorie „Sympathisches Geschäft“ eine starke Note. Der Konsument bewertet also hohen Interaktionsgrad mit dem Anbieter als positiv81.

Wie wichtig Dienstleistungsqualität im Handel ist zeigt auch die Stellung von Servicequalität bei der Beurteilung von Verkaufsstellen. Laut Rudolph/Schmickler be- urteilen Kunden diese nach den acht Faktoren Preis, Sortiment, Service, Personalleis- tung, Technologieleistung, Ladengestaltung, Standortattraktivität und Werbeattraktivi- tät. Die größte Bedeutung kommt dabei dem Preis zu, gefolgt vom Faktor Service- und Dienstleistungen82. Für den Handel ist es nicht nur wichtig gute Produkte zu günstigen Preisen anzubieten, sondern auch profilverleihende Ansatzpunkte neben Sortiment und Preis zu suchen. Zudem wächst das Segment der Bequemlichkeitskäufer, welche ein großes Interesse an stressfreiem Einkaufen haben, welches durch Serviceleistung er- reicht werden kann83.

In der wirtschaftlichen Praxis gibt es keine scharfe Trennung zwischen Händlern und Dienstleistern. In der Realität kombinieren Handelsbetriebe ihre Sachgüter mit einem Kranz an Dienstleistungen. Für eine Betrachtung aus Sicht des Marketings ist es ange- messen, die herkömmlichen Trennlinien zu vernachlässigen und einen neuen Blickwin- kel zu wählen84.

Deppisch legt den Dienstleistungsbegriff im Handel wie folgt fest: „ Der Dienstleis- tungsbegriff bezeichnet im Handel die materielle und immaterielle Komponente der Handelsleistung, soweit sie sich nicht auf die reine Bereitstellung von Ware selbst be- zieht.“85

4.4. Entwicklung und Perspektiven

Betrachtet man den Handel so zeichnet sich in den meisten Industrieländern eine Nach- frageverschiebung der Verbraucher ab, die entscheidenden Einfluss auf die Absatzmög- lichkeiten des Handels hat. Der reine Warenverkauf geht im Vergleich zur gesamten Nachfrage stark zurück während die Dienstleistungen kräftig steigen. Das bedeutet, dass sich der Handel in Zukunft anpassen wird und nur noch Discounter wirklich „handeln“, alle anderen werden auch „dienen“ müssen. Die begriffliche Trennung von Produkt und Dienstleistung wird unnötig86. Die Möglichkeiten Handel zu betreiben werden immer differenzierter und der Wettbewerb nimmt aufgrund der Globalisierung zu. Es wird durchwegs schwieriger die Bedürfnisse der Nachfrager zu erkennen und das Marketing ist hierbei vor große Herausforderungen gestellt. Marketing kann jedenfalls zu einem der wesentlichsten Erfolgsfaktoren jeder Handelsunternehmung gezählt werden87.

Betrachtet man den Dienstleistungssektor ganz allgemein, so ist in den letzten Jahren die Wettbewerbsintensität gestiegen, wofür es vielfältige Ursachen gibt. Die De- regulierung und die Öffnung von neuen Märkten (Europäische Union) erhöhten die Zahl konkurrierender Anbieter. Teilweise sind Unternehmen sogar gezwungen, international zu agieren, um ihre Kunden nicht zu verlieren. Dienstleistungsunternehmen stehen nicht nur in Konkurrenz zu einander sondern auch im Wettbewerb mit produzierenden Unter- nehmen, denn diese können eine Dienstleistung intern erstellen oder externalisieren. Dazu kommt, dass Dienstleistungskonzerne Leistungen anbieten, die nicht zu ihrem an- gestammten Sortiment zählen. Zum Beispiel stellt der Handel eine Konkurrenz für Kre- ditinstitute dar88.

IV. Determinanten und Einflussfaktoren der Dienstleistungsqualität im Handel

1. Determinanten der Dienstleistungsqualität

1.1. Definitionen und Charakteristika

Der Immaterialitätscharakter von Dienstleistungen hat zur Folge, dass auch ihre Qualität schwer darstellbar ist89. Nach Zeithaml/Parasuraman/Berry ist gute Servicequalität die Erfüllung oder Übererfüllung der Kundenerwartungen. Der Vergleich von tatsächli- cher Serviceleistung im Vergleich zur erwarteten Serviceleistung ist entscheidend90. Die Erwartungen des Kunden könnten zum Beispiel übertroffen sein, wenn ein Mechaniker eines Elektrogeräts nicht nur das reparierte Gerät zurückgibt, sondern dem Kunden die Fehlerursache erklärt und Tipps zur zukünftigen Vermeidung gibt. Deshalb definieren Zeithaml/Parasuraman/Berry Servicequalität wie folgt: „Servicequalität […] [ist] das Ausmaß der Diskrepanz zwischen den Erwartungen und Wünschen der Kunden und ih- ren Eindrücken von der tatsächlichen Leistung.“91

Eine sinngemäß ähnliche Definition erfolgte durch Bruhn: „ Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung gemäß den Kundenerwartungen auf einem be- stimmten Anforderungsniveau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigen- schaften […] der Dienstleistung, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden.“92

In weiterer Folge dieser Arbeit werden anhand von Vergleichen verschiedener Dienstleistungsqualitätsmodelle auch Definitionen von Dienstleistungsqualität getroffen93.

Kundenzufriedenheit und Dienstleistungsqualität sind eng mit einander verbunden. Eine hohe Qualität der Dienstleistung kann als notwendige Vorbedingung für Kundenzufriedenheit gesehen werden. Die Qualität von Leistungsprozessen im Dienstleistungsbereich bestimmt das Niveau der Kundenzufriedenheit94. Das Kapitel „Kundenzufriedenheit versus Dienstleistungsqualität“ in dieser Arbeit behandelt gesondert die Bedeutung und Entwicklung der beiden Begriffe95.

Dienstleistungen werden, wie auch Sachgüter, hergestellt bzw. produziert. Dieser Ablaufprozess wird als Dienstleistungsprozess bezeichnet. Dabei werden die Inputfaktoren der Dienstleistungsproduktion kombiniert, um einen Output zu erhalten. Durch diesen Prozess wird Dienstleistungsqualität geschaffen96.

Eine Verbesserung der Dienstleistungsqualität muss immer eine Verbesserung aus Sicht des Kunden sein. So ist zum Beispiel die Schulung von Dienstleistungsmitarbeiten nur gewinnbringend, wenn auch der Umgang mit dem Kunden und dessen Sichtweise berücksichtigt wird97.

Wie bereits einige Male erwähnt, besteht bei der Erstellung von Dienstleistungen ein hoher Individualisierungsbedarf. Dem Kunden sollen individuelle Problemlösungen angeboten werden. Dazu ist eine Übereinstimmung der Leistungsbereitschaft und -nachfrage nötig. Das Leistungsniveau kann sehr stark schwanken und verlangt daher von den Mitarbeitern des Dienstleistungsanbieters eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Eine hohe Spezialisierung der Dienstleistungen führt zu mehr Dienstleistungsqualität, verlangt aber auch ein sehr hohes Maß an Flexibilität98.

1.2. Dimensionen der Dienstleistungsqualität

Um dem festgelegten Aufbau dieser Arbeit zu folgen, ist es wichtig die Dimensionen der Dienstleistungsqualität zu eruieren99. Unter den Qualitätsdimensionen versteht man die Wahrnehmung unterschiedlicher Qualitätseigenschaften durch unternehmensinterne und -externe Zielgruppen100.

Es liegt eine Reihe von Ansätzen zur Einteilung der Qualitätsdimensionen im Dienstleistungsbereich vor. Bruhn vergleicht unterschiedliche Ansätze, wobei der Ansatz in Anlehnung an das Phasenmodell von Donabedian, das im Zuge dieser Arbeit noch genauer erläutert wird, jedenfalls erwähnenswert ist. Hierbei unterscheidet man folgende drei Dimensionen der Dienstleistungsqualität:

- Potenzialdimension
- Prozessdimension
- Ergebnisdimension

Die Potenzialdimension bezieht sich auf die Wahrnehmung der Strukturen und Potenzi- ale des Dienstleistungsanbieters. Die Bereitstellung der Fähigkeiten zur Ausübung der Leistung und die Bereitschaft zur Ausübung zählen zum Dienstleistungspotenzial. Die Bereitschaft geistige, psychische oder auch physische Fähigkeiten für den Kunden in Kombination mit internen Faktoren (Mitarbeiter, Geräte, Raum etc.) einzusetzen wird signalisiert101.

Die Prozessdimension beschreibt die Einschätzung der Prozesse während der Leistungserstellung102. Der Prozess beginnt in dem Moment da der Nachfrager das An- gebot annimmt und die Leistung erstellt wird. In dieser Phase kommt das bereits er- wähnte „uno-actu“-Prinzip zum Tragen. Da Leistungserstellung und Absatz synchron erfolgen und keine Lagerhaltung möglich ist, muss der Dienstleistungsanbieter sehr flexibel agieren103.

Bei der Ergebnisdimension geht es schließlich um die Beurteilung der erfolgten Leistung104.

In einer Arztpraxis zum Beispiel umfasst die Potenzialdimension die Ausstattung mit Geräten, die Größe der Praxis oder die Ausbildung des Arztes. Die Aktivitäten des Arztes oder seiner Gehilfen fallen unter die Prozessdimension und zentrales Merkmal der Ergebnisdimension ist die Genesung des Patienten als Folge der ärztlichen Behand- lung105.

Auch eine Unterscheidung aufgrund der bereits erwähnten wichtigen Erwartungshaltung der Kunden ergibt plausible Dimensionen:

- Routinekomponente
- Ausnahmekomponente

Während die Routinekomponente alle Eigenschaften beinhaltet, die sich aus einer „normalen“ Erwartungshaltung ergeben, zählen bei der Ausnahmekomponente alle (unerwarteten) Zusatzleistungen des Dienstleistungsanbieters. Merkmal der Routinedimension ist, dass der Kunde dazu neigt, Strafpunkte zu verteilen, während er bei unerwarteten Zusatzleistungen eher Bonuspunkte vergibt106.

Grönroos nimmt eine Teilung in zwei Dimensionen aufgrund des Umfangs und der Art der Dienstleistung vor:

- Technische Dimension
- Funktionale Dimension

Während die technische Dimension das Angebot des Umfangs des Leistungsprogramms angibt, beinhaltet die funktionale Dimension die Form, in welcher das Leistungsprogramm erbracht wird. Beispielsweise kann eine Flugreise mit oder ohne Boardservice angeboten werden (technische Dimension). Der Boardservice wiederum kann schnell und zuvorkommend oder langsam ablaufen (funktionale Dimension)107.

Bruhn interpretiert das empirisch geprüfte Modell von Zeithaml/Parasuraman/Berry als zusammenfassendes Ergebnis anderer Einteilungsversuche108. Zeithaml/Parasuraman/ Berry nennen zehn teilweise von einander abhängige Kriterien, die Kunden zur Beur- teilung von Servicequalität heranziehen. Folgende Tabelle zeigt eine Auflistung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 4.: Kundenkriterien für Servicequalität109

Aus diesen ursprünglichen zehn Kundenkriterien für Servicequalität ergab sich bei der Entwicklung des Instruments SERVQUAL (zur Messung der Dienstleistungsqualität) eine Zusammenfassung auf folgende fünf eigenständige Dimensionen:

Annehmlichkeit des tangiblen Umfeldes („tangibels“):

Äußeres Erscheinungsbild des Dienstleistungsortes und des Personals Zuverlässigkeit („reliability“):

Fähigkeit versprochene Leistung auch zuverlässig zu erfüllen Reaktionsfähigkeit („responsiveness“):

Fähigkeit und Gewilltheit auf spezifische Wünsche und Bedürfnisse einzugehen und zu erfüllen (Bereitschaft und Schnelligkeit)

Leistungskompetenz („assurance“):

Fähigkeit des Anbieters zur Dienstleistung (besonders Wissen, Höflichkeit, Vertrauenswürdigkeit der Mitarbeiter)

Einfühlungsvermögen („empathy“):

Bereitschaft und Fähigkeit auf individuelle Wünsche der Kunden einzugehen

Die Relevanz dieser angeführten Unterscheidungen hinsichtlich der Qualitätsdimensionen besteht vor allem darin eine Struktur zu schaffen. Diese kann im Hinblick auf die Entwicklung von Messverfahren als Rahmenkonzept verwendet werden. Es ist dann sinnvoll, die Dimensionen auf Merkmale herunterzubrechen110.

Einige der genannten Qualitätsdimensionen finden sich wieder in den verschiedenen Modellen zur Dienstleistungsqualität111.

1.3. Beurteilung von Dienstleistungsqualität

Der Kunde bewertet nicht nur das Resultat einer Dienstleistung, sondern auch die Art, wie der Dienst geleistet wird. Die Qualität der Dienstleistung wird vom Kunden zum Zeitpunkt des Konsums beurteilt. Das Urteil fällt oftmals subjektiv aus, da dem Konsu- menten Normen und damit ein Beurteilungsmaßstab fehlen112. Der Kunde empfindet beim Konsum von Dienstleistungen ein vergleichsweise hohes Kaufrisiko und sucht da- her verstärkt Informationen aus persönlichen Quellen oder verwendet den Preis und materielle Elemente als Beurteilungsbasis für die Dienstleistungsqualität113. Im Grunde zählen nur die Bewertungskriterien, die der Kunde zur Beurteilung anwendet. Nach Zeithaml/Parasuraman/Berry sind diese Kriterien, die unter Punkt 1.3. nach ihrem Mo- dell aufgezählten Qualitätsdimensionen (Erscheinungsbild, Zuverlässigkeit, Reaktions- fähigkeit, Leistungskompetenz, Einfühlungsvermögen)114. Folgende Abbildung zeigt wie die Kundenbeurteilung von Servicequalität laut Parasuraman/Zeithaml/Berry beein- flusst wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Kundenbeurteilung von Servicequalität115

Durch die Definition von Dienstleistungsqualität als eine Lücke zwischen der erwarte- ten Leistung und der tatsächlich wahrgenommenen Leistung ergibt sich die Frage, wel- che Faktoren die Erwartungen der Kunden prägen. Eine wichtige Rolle spielen dabei mündliche Empfehlungen von anderen Kunden, als auch subjektiv empfundene persön- liche Bedürfnisse des Kunden. Ebenso begründet der Konsument seine Erwartungen auf bisheriger Erfahrung mit dem Dienstleistungsunternehmen. Schließlich formt das Un- ternehmen selbst die Erwartungshaltung durch seine Kommunikation nach außen (Anzeigen, Preise,...)116.

Die beschriebene Kundenbeurteilung von Servicequalität ist Teil des Gap- Modells der Dienstleistungsqualität von Parasuraman/Zeithaml/Berry, welches im zweiten Teil dieser Arbeit noch genauer erläutert wird. Die beschriebene Diskrepanz zwischen Erwartung und Erlebnis hängt ihrerseits von vier weiteren Abweichungen („Gaps“) seitens des Dienstleisters ab. Um eine optimale Dienstleistungsqualität zu er- zielen müssen diese Lücken geschlossen werden117. Das Gap-Modell bietet ein geeig- netes Rahmenkonzept zur systematischen Suche nach Schwachstellen im Management von Dienstleistungen118.

Für die Beurteilung der gelieferten Dienstleistungsqualität benötigt das Unternehmen Messinstrumente. Im letzten Kapitel dieser Arbeit werden die verschiedenen Verfahren zur Messung der Dienstleistungsqualität kurz vorgestellt. Dabei wird eine Unterscheidung in unternehmensorientierte Verfahren, mitarbeiterorientierte Verfahren und kundenorientierte Verfahren vorgenommen119.

1.4. Dienstleistungsqualität als strategischer Wettbewerbsvorteil

Im Dienstleistungsbereich steht Qualität aus der subjektiven Sicht des Verbrauchers im Vordergrund, weshalb man auch von relativer Qualität spricht. Qualität setzt sich so- mit aus verschiedenen Dimensionen zusammen, und ist keine absolute eindeutig be- stimmbare Größe. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass eine hohe objektiv- technische Qualität die Grundlage für eine hohe subjektiv-wahrgenommene Qualität ist.

Ein in den achtziger Jahren zu beobachtender Wandel im Konsumverhalten er- höhte die Bedeutung einer qualitätsorientierten Wettbewerbsstrategie. Das Qualitätsbe- wusstsein des Konsumenten stieg und damit auch die Bereitschaft, hohe Preise für hohe Qualität zu zahlen. Da eine bestimmte Mindestqualität vom Verbraucher immer mehr erwartet wird, hat sich das Qualitätsbewusstsein auf die Zusatzleistungen (Serviceleis- tungen) gerichtet120. Der entscheidende Gewinn, der durch außerordentliche Dienstleis- tungsqualität erzielt wird, ist die Bildung von Stammkunden. Durch das Wiederkehren des Kunden wird eine langfristige Bindung zwischen Kunde und Unternehmen ge- schaffen. Kunden, die mit dem Service zufrieden sind, messen dem Angebot einer Fir- ma einen höheren Wert zu, da der Wert eine Gesamteinschätzung des Nutzens auf Basis der Wahrnehmung dessen ist, was der Kunde gibt und was er erhält. Ein zusätzlicher gewinnbringender Aspekt ist die Mund-zu-Mund-Werbung, die von zufriedenen Kun- den automatisch betrieben wird121.

Dienstleistungen haben einen Vertrauensgutcharakter, da sie meist auf individu- elle Bedürfnisse abgestimmt sind und sich durch einen hohen Interaktionsgrad zwischen Anbieter und Nachfrager auszeichnen. Dies hat für Dienstleistungsunternehmen zur Folge, dass sie ausreichend Informationen über den Kunden sammeln, und auch den

Kommunikationsprozess mit dem Kunden intensivieren und pflegen müssen122. Außer- gewöhnliche Servicequalität anzustreben, zahlt sich zweifach aus, da sowohl der Kunde als auch der Anbieter profitiert. Aufgrund unzureichender Servicequalität entstehen bei- derseits Kosten, die nicht unmittelbar der Kernleistung zu geordnet werden können. Solche Kosten werden „Beziehungskosten“ genannt und entstehen zum Beispiel durch zusätzliche Mitarbeiter für Beschwerdenannahme oder aufwendiges Kundentraining. Durch außergewöhnliche Servicequalität kann der Anbieter erstens die Gelegenheit nüt- zen, um den Preis über den Marktpreis zu setzten und zweitens kann er seine Leis- tungserstellungskosten senken. Schlechte Servicequalität verursacht eine Wertminde- rung der Kernleistung (Sachleistung)123.

[...]


1 Vgl. Güthoff (1998), S. 610f.

2 Vgl. Bruhn (1996), S. 19

3 Vgl. Corsten (1988a), S. 17f.

4 Vgl. Bruhn (1996), S. 9f.

5 Vgl. Peters (1995), S. 49

6 Vgl. Meyer (1991), S. 198

7 Vgl. Corsten (1988a), S. 22f.

8 Vgl. Bateson/Hoffmann (1999), S. 10

9 Vgl. Meyer (1994), S. 22

10 Vgl. Bateson/Hoffmann (1999), S. 16

11 Vgl. Bruhn (1996), S. 11

12 Vgl. Haller (2002), S. 5f.

13 Vgl. Bateson/Hoffmann (1999), S. 14

14 Vgl. Haller (2002), S. 5

15 Vgl. Bruhn (1996), S. 11f.

16 Vgl. Bateson/Hoffmann (1999), S. 10

17 Vgl. Zollner (1995), S. 58

18 Vgl. Zollner (1995), S. 59

19 Vgl. Corsten (1988a), S. 17

20 Bruhn (1996), S. 13 (Hervorhebung durch die Verfasserin)

21 Zeithaml/Bitner (1996), S. 5 (Hervorhebung durch die Verfasserin)

22 Zeithaml/Bitner (1996), S. 5 zit. nach Quin/Baruch/Paquette (1987), o.S. (Hervorhebung durch die Verfasserin)

23 Vgl. Zeithaml/Bitner (1996), S. 5

24 Vgl. Corsten (1988a), S. 25

25 Vgl. Bruhn (1996), S. 16

26 Vgl. Bruhn (1996), S. 16

27 Vgl. Corsten (1988a), S. 24f.

28 Vgl. Bruhn (1996), S. 21f.

29 Quelle: in Anlehnung an Bruhn (1996), S. 22 (bei modifizierter Wiedergabe)

30 Vgl. Müller-Hagedorn (2002), S. 9

31 Quelle: in Anlehnung an Fassott (1997), S. 81 (bei modifizierter Wiedergabe)

32 Vgl. Fassott (1997), S. 88f.

33 Vgl. Fassott (1997), S. 84ff.

34 Vgl. Berry (1996), S. 35

35 Vgl. Stauss/Hentschel (1991), S. 238f.

36 Westerbarkey (1996), S. 29 zit. nach: DIN 55350-11 (1987), Begriffe zu Qualitätsmanagement und Statistik - Teil 11: Begriffe des Qualitätsmanagements, S. 2f. (Hervorhebung durch die Verfasserin)

37 Pepels (1996), S. 41 (Hervorhebung durch die Verfasserin)

38 Vgl. Pepels (1996), S. 41

39 Vgl. Güthoff (1998), S. 612f.

40 Vgl. Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992), S. 22f.

41 Vgl. Güthoff (1998), S. 613

42 Vgl. Pepels (1996), S. 45

43 Vgl. Bruhn (1996), S. 40

44 Vgl. Güthoff (1998), S. 614

45 Vgl. Bruhn (1996), S. 28f.

46 Vgl. Bruhn (1995), S. 29f.

47 Vgl. Fassott (1997), S. 82

48 Vgl. Bruhn (1996), S. 28

49 Vgl. Hilke (1994), S. 209f.

50 Vgl. Hilke (1994), S. 212

51 Vgl. Meyer (1991), S. 195ff.

52 Vgl. Bruhn (1996), S. 23

53 Falk (1980). S. 20 (Hervorhebung durch die Verfasserin)

54 Vgl. Baron/Harris (1995), S. 13

55 Vgl. Fassott (1997), S. 83

56 Vgl. Corsten (1988a), S. 103

57 Vgl. Fassott (1997), S. 83

58 Vgl. Fassott (1997), S. 83

59 Vgl. Bruhn (1996), S. 14f.

60 Vgl. Bruhn (1996), S. 28f.

61 Vgl. Fassott (1997), S. 83

62 Vgl. Haller (2002), S. 96f.

63 Vgl. Peters (1995), S. 50

64 Vgl. Bruhn (1995), S. 42

65 Vgl. Müller-Hagedorn (2002), S. 1ff.

66 Seyffert (1972), S. 1 (Hervorhebung durch die Verfasserin)

67 Vgl. Seyffert (1972), S. 239

68 Vgl. Seyffert (1972), S. 6f.

69 Vgl. Müller-Hagedorn (2002), S. 6

70 Vgl. Schenk (1980), S. 34f.

71 Vgl. Schenk (1980), S. 46

72 Vgl. Müller-Hagedorn (2002), S. 17

73 Vgl. Seyffert (1972), S. 9f.

74 Vgl. Deppisch (1997), S. 17f.

75 Vgl. Müller-Hagedorn (2002), S. 9

76 Vgl. Deppisch (1997), S. 19

77 Vgl. Deppisch (1997), S. 19f.

78 Vgl. Schenk (1980), S. 50

79 Vgl. Schenk (1980), S. 50

80 Vgl. Fassott (1997), S. 87f.

81 Vgl. Karmasin (2002), S. 21f.

82 Vgl. Rudolph/Schmickler (2000), S. 312f.

83 Vgl. Rudolph/Schmickler (2000), S. 313

84 Vgl. Müller-Hagedorn (2002), S. 3 und Berry/Parasuraman/Zeithaml (2003), S. 62

85 Deppisch (1997), S. 22 (Hervorhebung durch die Verfasserin)

86 Vgl. Eggert (1998), S. 70ff.

87 Vgl. Müller-Hagedorn (2002), S. 1f.

88 Vgl. Güthoff (1998), S. 611f.

89 Vgl. Peters (1995), S. 50

90 Vgl. Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992), S. 31

91 Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992), S. 32 (Hervorhebungen durch die Verfasserin)

92 Bruhn (1996), S. 27 (Hervorhebungen durch die Verfasserin)

93 Vgl. Kap. 2. „Einflussfaktoren der Dienstleistungsqualität“, S. 24

94 Vgl. Westerbarkey (1996), S. 30f.

95 Vgl. Kap. 3. „Kundenzufriedenheit versus Dienstleistungsqualität“, S. 38

96 Vgl. Corsten (1988a), S. 85f.

97 Vgl. Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992), S. 22 und Stauss (1995), S. 384

98 Vgl. Bruhn (1996), S. 28

99 Vgl. Kap. II „Aufbau der Arbeit“, S. 2

100 Vgl. Bruhn (1995), S. 25

101 Vgl. Meyer (1991), S. 2

102 Vgl. Bruhn (1995), S. 25

103 Vgl. Meyer (1991), S. 2

104 Vgl. Bruhn (1995), S. 25

105 Vgl. Stauss/Hentschel (1991), S. 239

106 Vgl. Stauss/Hentschel (1991), S. 240

107 Vgl. Grönroos (1982), S. 60f.

108 Vgl. Bruhn (1995), S. 26

109 Quelle: in Anlehnung an Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992), S. 34ff. (bei modifizierter Wiedergabe)

110 Vgl. Stauss/Hentschel (1991), S. 240

111 Vgl. Kap. 2. „Einflussfaktoren der Dienstleistungsqualität“, S. 24

112 Vgl. Peters (1995), S. 50

113 Vgl. Stauss/Hentschel (1991), S. 239

114 Vgl. Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992), S. 29ff.

115 Quelle: in Anlehnung an Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992), S. 37 (bei modifizierter Wiedergabe)

116 Vgl. Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992), S. 32f.

117 Vgl. Zeithaml/Berry/Parasuraman (1995), S. 133f.

118 Vgl. Stauss/Hentschel (1991), S. 243f.

119 Vgl. Kap. 11. „Qualitätskontrolle: Systeme zur Prüfung und Messung von Dienstleistungsqualität“, S. 81

120 Vgl. Güthoff (1998), S. 613

121 Vgl. Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992), S. 23f.

122 Vgl. Güthoff (1998), S. 614

123 Vgl. Grönroos (1995), S . 76ff.

Ende der Leseprobe aus 108 Seiten

Details

Titel
Dienstleistungsqualität im Handel. Determinanten, Einflussgrößen und Instrumente zur Steuerung
Hochschule
Johannes Kepler Universität Linz  (Institut für Handel, Absatz und Marketing)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2004
Seiten
108
Katalognummer
V25126
ISBN (eBook)
9783638278454
Dateigröße
7420 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Dienstleistungsqualität, Handel, Determinanten, Einflussgrößen, Instrumente, Steuerung
Arbeit zitieren
Karin Preißl (Autor:in), 2004, Dienstleistungsqualität im Handel. Determinanten, Einflussgrößen und Instrumente zur Steuerung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25126

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