Aktive Arbeitsmarktpolitik in Brandenburg


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

0. Einleitung

1. Die aktuelle Arbeitsmarktsituation

2. Aktive Arbeitsmarktpolitik in Deutschland
2.1. Finanzierung, Aufgaben und Akteursgeflecht von ABS-Gesellschaften

3. Die arbeitsmarktpolitischen Akteure und ihre Strategien
3.1. Die Akteure des Bundes
3.2. Die Akteure des Landes Brandenburg und ihre jeweiligen Strategien
3.2.1. Strategie der Landesregierung
3.2.2. Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand & Technologie
3.2.3. Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen

4. Das Fallbeispiel eines Policy-Netzwerkes in der Arbeitsmarktpolitik: Brandenburg an der Havel
4.1. Das leitende Politikmodell
4.2. Absicht und Wirkung exogener Steuerungsversuche

5. Fazit

Literaturverzeichnis

0. Einleitung

Die ungebrochen hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland hat in den letzten Jahren die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und politischer Programmatik gerückt. Ein Teil des arbeitsmarktpolitischen Engagements umfasst dabei den Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Selbstverständlich ist diese für sich allein genommen kaum ausreichend, tiefgreifende Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt zu bewirken – hier sind hauptsächlich die Tarif-, Arbeits-, Wirtschafts- und Finanzpolitik gefragt. In dieser Arbeit geht es in der Hauptsache um die aktive Arbeitsmarktpolitik. „Die ‚passive’ Arbeitsmarktpolitik regelt die kompensatorischen Leistungen für Einkommensausfälle infolge von Arbeitslosigkeit. Die ‚aktive’ Arbeitsmarktpolitik die - nach sozialen Gruppen, Regionen, Betrieben oder Industrien differenzierten Maßnahmen zur Beeinflussung der Beziehungen zwischen dem Angebot und der Nachfrage auf und zwischen über- und innerbetrieblichen Arbeitsmärkten. Arbeitsmarktpolitik im weiteren Sinn – ist darauf ausgerichtet, das Arbeitskräfteangebot und die Arbeitskraftnachfrage sowie die Beziehungen zwischen beiden Größen gesamtwirtschaftlich zu steuern, also ohne gezielte Differenzierung z.B. nach Betrieb, Industriezweig oder Region.“[1]

Die aktiven Maßnahmen nehmen in diesem Bereich eine zentrale Stellung im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit ein. Richtig eingesetzt, können sie andere beschäftigungspolitische Instrumente flankieren, Humankapital erhalten und ausbauen, Randgruppen integrieren und die berufliche Mobilität fördern – ein wichtiger Schritt vor allem beim Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit (die im Blickfeld dieser Arbeit, nämlich dem Land Brandenburg, überdurchschnittlich hoch ist). Und so wird auch seitens der OECD und der EU gefordert, von der „Verwaltung der Arbeitslosigkeit“ im Rahmen passiver Unterstützung (Arbeitslosenhilfe, Arbeitslosengeld) abzugehen und stattdessen die aktiven Maßnahmen auszubauen und „Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren“.

Im Grunde soll es daher in dieser Arbeit um die Frage gehen, ob die Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik in Brandenburg jeweils entlang einer gewissen zentralen Programmatik gesteuert und effektiv eingesetzt wurden, oder ob der Mitteleinsatz eher unkoordiniert und daher vermutlich auch ergebnislos war.

In der Bundesrepublik ist vornehmlich die Bundesanstalt für Arbeit (BA) (neuerdings Bundesagentur für Arbeit) mit der Durchführung aktiver Maßnahmen betraut. Zunehmend – und nicht zuletzt aufgrund ihrer Zuständigkeit für den Einsatz eines Großteils der ESF-Fördermittel – haben aber auch die Bundesländer eigene Aktivitäten entwickelt. Und um eine solcher Aktivitäten soll es in dieser Arbeit gehen.

1. Die aktuelle Arbeitsmarktsituation

Die Ursachen für die momentane Krise am Arbeitsmarkt sind vielfältig. Vieles spricht allerdings dafür, dass sich die Probleme heute in vielerlei Hinsicht anders darstellen als in früheren Arbeitsmarktkrisen in der Bundesrepublik. Zunehmend wird deutlich, dass sich der Abwärtstrend auf dem Arbeitsmarkt auch nach der Erholung des Marktes und der Überwindung der Konjunkturkrise fortsetzt, und das bei sinkenden Erwerbsquoten. Theorien der langen Wellen können einen Teil dieser Problematik beschreiben und Ursachen erklären[2]. Legt man diese Thesen einer Analyse der derzeitigen Arbeitsmarktkrise zugrunde, so ist die hohe Arbeitslosigkeit vor allem auf fundamentale Strukturschwächen zurückzuführen. Brandenburg hat bei der Erschließung neuer Wirtschaftsbereiche (Informationstechnologie, Gentechnologie, diverse Dienstleistungsbereiche) lange nicht die Aktivitäten entwickelt, die zur Kompensation der auftretenden Arbeitslosigkeit infolge von Produktivitätszuwächsen und des Niedergangs ganzer Industriezweige auch im Zuge der Wiedervereinigung notwendig gewesen wären. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist daher heute vornehmlich eine mittel- und langfristig angelegte tarif-, wirtschafts-, geld- und strukturpolitische Aufgabe.[3] Dennoch stellt die aktive Arbeitsmarktpolitik auch weiterhin eine der wichtigsten beschäftigungspolitischen Strategien dar, gerade weil kurzfristig keine tief greifenden Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt erwartet werden können. So gewinnen ihre Instrumente Bedeutung, da sie den Arbeitsmarkt entlasten und der Dequalifizierung der Arbeitslosen entgegenwirken können. Gleichzeitig sind sie geeignet, den Strukturwandel zu flankieren, indem sie das Humankapital an den Wandel anpassen[4].

2. Aktive Arbeitsmarktpolitik in Deutschland

Die Debatte um eine stärkere Verknüpfung von aktiver Arbeitsmarktpolitik und regionalisierter

Strukturpolitik wird schon seit vielen Jahren geführt, erhielt aber durch die deutsche Einheit und der damit einher gehenden Kumulation der Probleme in Ostdeutschland erneuten Auftrieb. Einerseits waren und sind enorme infrastrukturelle Defizite und Altlasten zu bewältigen, andererseits eine sprunghaft ansteigende und sich bis heute haltende Arbeitslosigkeit. Die zentrale These dieser Debatte ist, „dass sich die beschäftigungspolitischen Ziele der Arbeitsmarktpolitik wie der regionalen Strukturpolitik um so erfolgreicher realisieren lassen, je besser diese Politikbereiche miteinander verzahnt sind“[5]. Leitbegriffe und Postulate für die Beteiligten oder zu beteiligenden Akteure sind dabei nach wie vor „Konsens“ und „Bündelung“.

Zur Umsetzung einer stärkeren Verknüpfung von Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik nehmen in Ostdeutschland sowohl der § 249h AFG als auch die Arbeitsförderungs-, Beschäftigungs- und Strukturentwicklungsgesellschaften (ABS-Gesellschaften) eine wichtige Rolle ein. Dabei sind die entstandenen ABS-Gesellschaften als neue Akteure explizit auf die Bearbeitung von Querschnittsaufgaben ausgerichtet, sollen sie doch an der Schnittstelle von Arbeitsmarkt-, Struktur- und Regionalpolitik wirken, um durch diese dezentrale Koordination und Verzahnung verschiedener Politikbereiche Synergieeffekte zu erzielen.

2.1. Finanzierung, Aufgaben und Akteursgeflecht von ABS-Gesellschaften

Eine entscheidende Erfolgsbedingung für ABS-Gesellschaften ist ihre Herkunft bzw. das Akteursgeflecht, über das sie verfügen bzw. nicht verfügen. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen betrieblichen Ausgründungen und kommunalen ABS-Gesellschaften im Hinblick auf die Finanzierung, das Aufgabenspektrum und das Akteursgeflecht. ABS-Gesellschaften, die aus Unternehmen unter Treuhandverwaltung hervorgingen, verfügten zumeist über ein definiertes Aufgabenspektrum sowie ein stabiles Finanzierungsmanagement:

a) Die Aufgaben der ABS-Gesellschaften beschränkten sich in der Regel auf die Sanierung der ehemaligen Werksflächen; die inhaltliche Koordination erfolgte im Wesentlichen durch die Treuhandanstalt, bzw. im engen Zusammenspiel von Treuhandanstalt, ABS-Gesellschaft und Arbeitsamt.
b) Die Kofinanzierung der §249h-AFG-Maßnahmen in den Bereichen Braunkohle, Großmaßnahmen und andere Maßnahmen in den Bereichen Chemie und Metall wurde stabil und langfristig durch eine Bund-Länder-Verwaltungsvereinbarungen festgelegt, bei der die jeweiligen Anteile von Landesregierung und Treuhandanstalt jährlich nach einem bestimmten Schlüssel festgelegt wurden. Insofern bestanden für die ABS-Gesellschaften geringe Anforderungen im Finanzierungsmanagement und ebenso wenig bei der Erschließung geeigneter Tätigkeitsfelder.
c) Der Kreis der beteiligten Akteure blieb im Allgemeinen verhältnismäßig klein. Da es sich überdies bei den Beschäftigten häufig um Belegschaften ehemaliger Betriebe handelte, engagierten sich auch die jeweiligen Einzelgewerkschaften stark. Insofern waren diese ABS-Gesellschaften in ein starkes Akteursnetzwerk eingebunden, das die Verzahnung von Arbeitsmarktpolitik und Strukturpolitik gewährleisten konnte.

Umgekehrt waren ABS-Gesellschaften, die im kommunalen Umfeld gegründet wurden, in

einer durchaus anderen Situation:

a) Sie verfügten nicht über starke Akteure wie z.B. die Treuhandanstalt, die ohnehin ein starkes Eigeninteresse an der Sanierung der Flächen in ihrem Besitz hatte, denn eine Veräußerung ohne Sanierung war unwahrscheinlich.
b) Damit existieren für ABS-Gesellschaften ohne betrieblichen Ursprung auch immer erhöhte Anforderungen an das Finanzierungsmanagement. Zunächst gab es keine dauerhaften Kofinanzierungsmechanismen wie bei der Bund-Länder-Vereinbarung. Eine systematische Bündelung der erforderlichen Mittel oberhalb der ABS-Gesellschaften findet in der Regel nicht statt. Darüber hinaus bestehen gerade in den Kommunen dramatische Finanzierungsengpässe, so dass strukturpolitisch wirksame Vorhaben an der Gesamtfinanzierung scheitern. Auch sind diese ABS-Gesellschaften häufig dem unsteten Mittelzufluss der verschiedenen Finanziers ausgesetzt, ohne dass sie durch hinreichendes Eigenkapital für Ausgleich sorgen könnten.
c) Somit erfordern strukturpolitisch wirksame Beschäftigungsmaßnahmen eine enge Koordination mit anderen regionalen Akteuren, wobei hier vor allem kommunalen Akteuren eine zentrale Rolle zukommt. Durch Kommunikation und Koordination mit diesen Akteuren muss die Einbindung dieser ABS-Gesellschaften in regionale Entwicklungsvorhaben erfolgen, da ABS-Gesellschaften selten hinreichend mit Expertise hinsichtlich regionaler Bedarfe ausgestattet sind. Mit der Definition geeigneter Arbeitsfelder durch die Kommunen wird sichergestellt, dass die in den Projekten geleistete Arbeit nicht Selbstzweck ist, sondern tatsächlich wertschöpfenden Charakter trägt. Die Kommunen sind aber vielfach organisatorisch nicht für diese Aufgabe gerüstet: es besteht selten eine Anbindung der Arbeitsmarktpolitik an ein kommunales Ressort, noch existieren Querschnittsressorts von beispielsweise Wirtschaftsförderung und Arbeitsmarktpolitik. Selten sind Mechanismen institutionalisiert, die Arbeitsförderung bei kommunalen Vorhaben mitbedenken.

[...]


[1] Arbeitsmarktpolitik, unter http://www.net-lexikon.de/Arbeitsmarktpolitik.html

[2] Vgl. Rothschild, Kurt W. (1994): Theorien der Arbeitslosigkeit, 2.Auflage, München/Wien, S. 124f

[3] Vgl. Flassbeck, Heiner (1997): Wirtschaftspolitik im Zeichen von Globalisierung und Arbeitslosigkeit, Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1997, S. 82

[4] Vgl. Walwei, Ulrich (1996): Aktive Arbeitsmarktpolitik in den OECD-Ländern – Entwicklungstendenzen und Effekte, in: MittAB, Jg.29, Nr.3, 349-362

[5] Heinze/Voelzkow (1996): Koordinationsstrukturen zwischen Arbeitsmarkt- und regionaler Strukturpolitik in den neuen Bundesländern. Exemplarische Fallstudien am Beispiel regionaler Entwicklungskonzepte, Bochum, S. 741

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Aktive Arbeitsmarktpolitik in Brandenburg
Hochschule
Universität Potsdam  (WiSo-Fakultät)
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V24827
ISBN (eBook)
9783638276047
Dateigröße
549 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aktive, Arbeitsmarktpolitik, Brandenburg
Arbeit zitieren
Patrick Ehlers (Autor:in), 2004, Aktive Arbeitsmarktpolitik in Brandenburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24827

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