Die katalanische Sprache im Mittelalter


Seminararbeit, 1998

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II. Genese des Katalanischen
a) Substratsprachen vor der Romanisierung
b) Romanisierung
c) Einflüsse nach der Romanisierung
d) Arabische Einflüsse

III. Die politische Entwicklung Kataloniens im Zusammenhang mit der Entwicklung und Verbreitung des Katalanischen
a) Reconquesta
b) Expansion der Corona d’Aragó nach der Reconquesta
c) Sprachliche Entwicklung

IV. Erste Verschriftung

V. Literatur
a) Ramon Llull
b) Die großen Chroniken
c) Das Goldene Zeitalter des 15. Jahrhunderts

VI. Decadencia

VII. Zusammenfassung

I. Einleitung

“Das Katalanische ist eine romanische Sprache, die sich aus dem gesprochenen Latein im äußersten Nordwesten der Hispania Citerior bzw. der späteren Provinz Tarraconensis unter wechselnden Einflüssen entwickelt hat.”[1]

Die Entwicklung des Katalanischen bis hin zu einer vollwertigen Kultur- und Nationalsprache, seine literarische Blüte im Mittelalter und auch die Gründe für sein Abgleiten auf den Status einer Minderheitensprache, wie es heute der Fall ist, sollen in dieser Arbeit dargestellt werden.

Dabei gehe ich zunächst auf die Ursprünge und die anfängliche Entwicklung der Sprache ein. Da die weitere Entfaltung des Katalanischen und die Geschichte Kataloniens untrennbar miteinander verbunden sind, gebe ich im Folgenden einen Abriß der politischen Geschehnisse zwischen dem 9. und 14. Jahrhundert. Bevor ich dann auf die literarische Glanzzeit des Katalanischen im Mittelalter zu sprechen komme, skizziere ich die Anfänge seiner Schriftlichkeit. Abschließend behandle ich den Verlauf und die Gründe für den allmählichen Verfall des Katalanischen ab dem 15. Jahrhundert.

Obwohl sich der katalanische Sprachraum, und im Mittelalter sogar der katalanische Herrschaftsbereich, noch über die Pyrenäen hinaus in den Süden Frankreichs erstreckte, werde ich sowohl bezüglich der Sprachentwicklung und der Literatur, als auch insbesondere hinsichtlich der Geschichte Kataloniens nur sehr am Rande auf den Raum nördlich der Pyrenäen eingehen. Dies geschieht zum einen, um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen und zum anderen, weil sich der Expansionsdrang Kataloniens bereits ab dem 13. Jahrhundert nicht mehr gen Norden richtete.

Aus Gründen der Vereinfachung werde ich den katalanischen Raum größtenteils nur mit ‘Katalonien’ oder ‘katalanisches Gebiet’ etc. bezeichnen, auch wenn sich das politische System im Katalonien des Mittelalters weitaus komplizierter darstellte, als es durch die Bezeichnung erscheinen mag.[2] Bei der Begriffswahl im Allgemeinen werde ich mich bemühen, mich weitgehend an die katalanischen Namen und Bezeichnungen zu halten, so zum Beispiel katalanisch reconquesta, an Stelle von spanisch reconquista.

II. Genese des Katalanischen

Die Entstehung des Katalanischen läßt sich grob in drei Phasen einteilen: Zunächst die Zeit vor der Romanisierung, wobei man davon ausgeht, daß die katalanische Sprachgeschichte etwa im 6. Jahrhundert v. Chr. ihren Anfang nimmt.[3] Den zweiten Abschnitt markiert die Eroberung durch die Römer und die Romanisierung der Bevölkerung während der römischen Besatzung. Die dritte Periode schließlich setzt ein mit der Vertreibung der Römer durch die Westgoten Anfang des 5. Jahrhunderts[4]. In dieser postromanisierten Phase wird allerdings erst der Einfluß der arabischen Sprache nach der Invasion der Mauren im Jahr 711[5] markante Spuren im Katalanischen hinterlassen.[6]

a) Substratsprachen

Lüdtke stellt im Gebiet des heutigen Katalonien drei Völkergruppen fest, die dort seit etwa dem 6. vorchristlichen Jahrhundert ansässig waren.[7] Dies waren zum einen ein baskisch sprechendes Volk in den Pyrenäen, westlich der Cerdanya und zum anderen ein Volk im Nordosten Kataloniens, von dem nur der Stammesname bekannt ist. Auch wenn die Sprachen dieser Völker wohl ebenfalls eine gewisse Substratwirkung auf das Katalanische gehabt haben mögen, soll für diese Arbeit nur die dritte Volksgruppe relevant sein, nämlich die Iberer. Sie siedelten im Valenzianischen Land, im Ebrotal und im Gebiet um Lleida. Ihre Sprache ist zwar belegt und auch entziffert, sie wurde jedoch bis heute nicht entschlüsselt. Dennoch lassen sich im Katalanischen Spuren des iberischen Substrats erkennen. So stammen beispielsweise die Wörter esquerre - links, oder bassa - Pfütze, sowie einige Ortsnamen möglicherweise aus dem Iberischen. Darüber hinaus soll auch die aplikale Aussprache des [s] iberischen Ursprungs sein, ebenso wie der Unterschied zwischen Ost- und Westkatalanisch, der sich besonders im Vokalismus niederschlägt.

Ferner lassen sich Überreste der keltischen Sprache im Katalanischen feststellen. Die Kelten siedelten wohl im katalanischen Kerngebiet zwischen den Pyrenäen und dem Llobregat, der sogenannten Catalunya Vella. Auf sie gehen wahrscheinlich unter anderem Ortsnamen wie Verdú oder Besalú zurück, aber auch Wörter wie cabanya - Hütte, camisa - Hemd oder llegua - Meile. Einige Forscher schreiben auch “... die Sonorisierung der stimmlosen lateinischen Verschlußlaute -p-, -t-, -c- zu -b-, -d-, -g- ...”[8] dem keltischen Substrat zu.

b) Romanisierung

Nach der Eroberung durch die Scipionen ab 218 v. Chr.[9] fand das Lateinische in Spanien als erstem Gebiet außerhalb Italiens Verbreitung.

Während im Süden der Halbinsel, zu damaliger Zeit die Provinz Baetica, das gehobene Latein einer gebildeten Oberschicht vorherrschte, gab für die sprachliche Entwicklung im katalanischen Raum, der Provinz Tarraconensis, vor allem das Vulgärlatein von Kriegsveteranen den Ausschlag.

Für das Katalanische wurde in dieser Zeit auch die nicht nur geographische, sondern wohl auch politische Nähe zu Südgallien relevant. Dies zeigt sich besonders deutlich angesichts der Verwandtschaft zum Okzitanischen.[10]

c) Einflüsse nach der Romanisierung

Die Westgoten, die ab 419 von Tolouse aus große Teile der Iberischen Halbinsel beherrschten[11], waren selbst bereits stark romanisiert. Damit war der Superstrateinfluß ihrer Sprache auf das Katalanische verhältnismäßig gering. Originär germanisch sind im “... Katalanischen nur die Wörter koka > coca ‘eine Art Torte’, liska > llesca ‘Scheibe (Brot)’, [und] rakar > recar ‘bedauern’”[12]. Darüber hinaus sind im Mittelalter viele Germanismen über das Okzitanische bzw über das Französische ins Katalanische gelangt, so zum Beispiel alberg - Herberge oder blasó - Wappen.

Die byzantinische Herrschaft hingegen hat sich sprachlich kaum ausgewirkt. Ähnlich verhält es sich mit griechischen Einflüssen. Frühe Hellenismen sind im Katalanischen zwar festzustellen, sie haben ihren Weg jedoch auch über das Lateinische gefunden.

d) Arabische Einflüsse

Das Arabische, welches die Sprachentwicklung auf der gesamten Iberischen Halbinsel nachhaltig beeinflußte, kann als Substrat oder - je nach Betrachtungsweise - auch als Adstrat bezeichnet werden. Da aber die arabische Besatzung der Catalunya Vella nur knapp hundert Jahre Bestand hatte[13], lassen sich dort deutlich weniger Arabismen feststellen, als im Süden des katalanischen Sprachraums. Die Region jenseits des Llobregat, die sogenannte Catalunya Nova, kam nämlich erst Anfang des 13. Jahrhunderts unter katalanischen Einfluß[14] und so wird vor allem auch der mozarabische Einfluß dort sehr deutlich spürbar. Die Unterschiede zwischen den beiden Varietäten sind so gravierend, daß heute zwar nicht die Linguisten, wohl aber die Sprecher selbst sogar von zwei verschiedenen Sprachen, einerseits von catalàn und andererseits von valenciano, sprechen. Beispielhaft hierfür sind unter anderem valenzianisch sanafòria im Gegensatz zu ostkatalanisch pastanaga - Mohrrübe, oder valenzianisch rabosa im Gegensatz zu ostkatalanisch guineu - Fuchs. Außerdem gibt es besonders in der Provinz Valencia viele arabische Ortsnamen.

III. Die politische Entwicklung Kataloniens im Zusammenhang mit der Entwicklung und Verbreitung des Katalanischen

Da die Entwicklung des Katalanischen zur Nationalsprache etwa zeitgleich mit dem politischen Geschehen verlief[15], ist es wichtig, die Entfaltung Kataloniens und Aragóns zur Großmacht zumindest in groben Umrissen darzustellen. Der geschichtliche Verlauf läßt sich in zwei Abschnitte gliedern: Ab Ende des 8. Jahrhunderts die Reconquesta, also die Rückeroberung der von den Mauren besetzten Gebiete, und die Expansionspolitik der Corona d’Aragó seit Mitte des 13. Jahrhunderts.

a) Reconquesta

Die maurische Herrschaft dauerte in der Catalunya Vella wie bereits angesprochen nur verhältnismäßig kurze Zeit. Bereits mit dem 9. Jahrhundert setzte dort die Reconquesta ein, welche sich in mehreren Schritten vollzog. Die Initialzündung hierfür gab Karl der Große, der im Jahr 795[16] die “Marca Hispanica” errichtete und 801[17] Barcelona befreite. Die Karolinger konnten ihren Einfluß auf die katalanischen Gebiete jedoch nicht lange aufrecht erhalten. Noch im 9. Jahrhundert mußten sie dem Grafen Guifré el Pelós (Wilfred der Haarige) weichen, der die katalanischen Grafschaften einigen konnte.[18] Dies war die Geburtsstunde des Principat de Catalunya, welches sich über die Grafschaften Rosselló, Empúries, Besalú, Cerdanya, Pallars, Ribagorça, Girona und Barcelona erstreckte. Später kamen noch Montpellier und Urgell hinzu.[19]

[...]


[1] Lüdtke, S. 9

[2] s. Punkt III.

[3] s. Lüdtke, S. 17

[4] s. dtv-Atlas, S. 117

[5] s. dtv-Atlas, S. 135

[6] vgl zu Punkt II. allgemein Lüdtke, S. 19-21

[7] vgl. Lüdtke, S. 17

[8] Lüdtke, S. 19

[9] s. dtv-Atlas, S. 81

[10] vgl. Lüdtke, S. 9

[11] s. dtv-Atlas, S. 117

[12] Lüdtke, S. 20

[13] s. dtv-Atlas, S. 123

[14] s. dtv-Atlas, S. 187

[15] vgl. Lüdtke, S. 22

[16] s. dtv-Atlas, S. 123

[17] s. Lüdtke, S. 20

[18] vgl. ebd.

[19] vgl. Philipp-Sattel, S. 12, Anm. 3

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die katalanische Sprache im Mittelalter
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Romanische Philologie)
Veranstaltung
Proseminar Die spanischsprachige Welt - Soziolinguistik des Spanischen
Note
1,0
Autor
Jahr
1998
Seiten
17
Katalognummer
V2466
ISBN (eBook)
9783638114998
ISBN (Buch)
9783640113156
Dateigröße
523 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprache, Mittelalter, Proseminar, Welt, Soziolinguistik, Spanischen
Arbeit zitieren
Veronika Neumann (Autor:in), 1998, Die katalanische Sprache im Mittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2466

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