Frauenbilder im Roman "Die Emanzipierten" von Boleslaw Prus


Seminararbeit, 1999

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


I. Inhaltsangabe

II. Einleitung

III. Die Frauenbilder - Wer ist emanzipiert in „ Die Emanzipierten”?
1. Die Emanzipierte, die es geschafft zu haben scheint - Frau Latter
2. Die Emanze - Fräulein Howard.
3. Die alte Jungfer
a) Kehrseiten der Emanzipation.
b) Die alte Jungfer
c) Fräulein Cecylia
d) Ada Solska
4. Die potentielle Ehefrau - Helena Norska
5. Das erwählbare Mädchen - Magdalena Brzeska

IV. Conclusion

V. Literaturverzeichnis

II. Einleitung

Der Roman „Die Emanzipierten” von Boleslaw Prus erschien zunächst als Fortsetzungsroman im „Warschauer Kurier”. Prus begann mit seiner Arbeit im Dezember 1891 und beendete sie im Oktober 1893.

Während das erste der vier Bücher sich vor allem mit der Geschichte um Frau Latter und ihr Mädchenpensionat befaßt und eine sehr dynamische Handlung in sich birgt, geht diese Dynamik bereits im zweiten Buch, das komplett in Iksinow - der Heimatstadt der Heldin (Magdalena Brzeska oder Madzia) - spielt, verloren. Dem Leser wird das Leben in einer miefigen Kleinstadt vor Augen geführt. Dieses schleppt sich träge dahin; meistens wird Schach gespielt. Madzia wird uns hier als selbständiges, emanzipiertes Wesen gezeigt, das in ihren Bemühungen immer wieder auf die Grenzen der Gesellschaft stößt. Sie schmiedet Pläne für ein eigenes Pensionat, das sie nach dem Vorbild Frau Latters führen möchte, verwirft sie jedoch wieder und will erst einmal arbeiten, um Geld dafür anzusparen.

Buch drei und vier spielen wieder in Warschau. Madzia ist zunächst Hauslehrerin bei Familie Korkowicz, zieht dann zu den Geschwistern Solski und lebt später für sich allein in einer Wohnung, während sie wieder im Mädchenpensionat unterrichtet, dessen Leitung inzwischen Fräulein Malinowska übernommen hat. Hier erleben wir die Heldin vor allem als Samariterin, die mit den Schlechtigkeiten der Welt und ihren Gefühlen nicht zurecht kommt, und den einzigen Ausweg aus ihrer Konfusion darin sieht, ins Kloster zu gehen.

Ein solcher Roman bietet viele Untersuchungsmöglichkeiten angefangen von den Merkmalen der Epoche des Positivismus, in der er entstanden ist bis hin zu den Vorstellungen Debickis über den kapitalistischen Betrieb als lebendes Denkmal. Im Folgenden soll jedoch allein den weiblichen Figuren das Hauptaugenmerk gelten. Es wird untersucht werden, inwieweit diese Frauen, wie es der Titel suggeriert, emanzipiert sind. Und gestützt auf das 1997 mit dem Journalistenpreis Sévérine ausgezeichnete Buch „Das ‘zarte’ Geschlecht” von Nathalie Heinrich, das eine großangelegte Untersuchung der weiblichen Identität im Spiegel der Romanliteratur ist, wird versucht werden, den Figuren eine bestimmte weibliche Identität zuzuweisen und das jeweilige ‘Frauenbild’ herauszuarbeiten.

Durch die Romane der Zeit um 1900 wird den Frauen vorgelebt, daß in ihrem Leben vor allem Heirat und die Sicherung ihrer Existenz wichtig ist. Doch der soziale Hintergrund hatte sich bereits verändert. Das waren vor allem ökonomische Veränderungen. Der verarmte Mittelstand war gezwungen, selbst zu arbeiten, und so finden wir in den „Emanzipierten” viele arbeitende Frauen vor. Luise Otto-Peters (1819-1895), die sich für die Gleichberechtigung der Frau einsetzte und zu diesem Zweck den Allgemeinen Deutschen Frauenverein gründete, welcher zur Keimzelle der bürgerlichen Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts wurde, war der Auffassung, daß „eigenständiges fortarbeiten für den Erwerb” die Basis jeden Emanzipationsversuches der Frau sei.[1] Frauen waren nicht mehr gezwungen aus Gründen der Existenzsicherung zu heiraten. Das Sexualleben entkoppelte sich mehr und mehr von der ökonomischen Abhängigkeit. Und so brachte die Notwendigkeit zu arbeiten nicht nur eine gewisse Ungebundenheit mit sich, sondern ermöglichte ebenso den Zugang zur Selbständigkeit und zur Emanzipation und kennzeichnet den Beginn feministischer Forderungen.

Trotzdem existieren die alten Denkstrukturen weiter und daraus resultiert die Ablehnung, die man mit dem Wort „emanzipiert” in diesem Roman verbindet. Emanzipiert scheint hier sowohl „fremdartig” und „unverständlich” als auch „selbständig” zu bedeuten.

III. Die Frauenbilder - Wer ist emanzipiert in „ Die Emanzipierten”?

1. Die Emanzipierte, die es geschafft zu haben scheint - Frau Latter

Frau Latter erscheint dem Leser zunächst als Ausnahmefrau, die es fertiggebracht hat, aus eigener Kraft erfolgreich ein Pensionat zu führen, reich zu werden und zwei Kinder großzuziehen. Sie ist eine starke Frau. Jedoch um das nötige Durchsetzungsvermögen zu erwerben, ist sie hart und unmenschlich geworden. Sie zwingt ihre Tochter in eine Geldehe mit Solski, um die Karriere ihres faulen Sohnes Kazimierz zu sichern.

Mit ihrem Sohn Kazimierz Norski hat Prus den Typ des gehobenen Tagediebes in den Roman eingebracht. Er ist egoistisch und überdeckt seine Nichtsnutzigkeit mit Phrasen, weswegen ihn die naive Madzia für ein unverstandenes Genie hält. Er ist der Prototyp des verwöhnten, parasitären Nichtstuers; erzogen, um eine Karriere nicht mit Arbeit zu erreichen sondern durch eine günstige Heirat.

Der Gesellschaft in dem Roman erscheint Frau Latter als Emanzipierte, obwohl sie sich selbst gar nicht so sieht. Für sie ist die Emanzipation gerade etwas, das aus der Notwendigkeit zur Selbständigkeit erwächst und schon immer da war.

‘Was soll das eigentlich bedeuten - Selbständigkeit’, sann Frau Latter. ‘Etwa Reiten und Malerei? Das sind doch uralte Dinge. Lebenskampf? Aber mein lieber Gott, seit wievielen Jahren führe ich den schon! Also Unabhängikeit vom Manne? Ach, wenn sie wüßten, von was für einem >Herrn< ich mich frei gemacht habe! Was sie fordern, verwirkliche ich oder habe es bereits seit langem getan. Ich verstehe sie aber trotzdem nicht, und sie halten mich für ein Hindernis. Dasselbe wie ich tun Tausende von Frauen in jeder Generation. Manche sind sogar in den Krieg gezogen! Weshalb also werden diese Dinge heute wie eine Entdeckung gerühmt, dazu noch, als habe Fräulein Howard sie gemacht,...’[2]

Frau Latter verfängt sich in einem Netz aus Lügen und Heuchelei, um den äußeren Schein einer erfolgreichen und ehrbaren Frau zu wahren, denn in Wirklichkeit ist sie verheiratet, hat aber ihren unschuldigen Mann aus dem Haus geworfen, und ist bereits seit einiger Zeit in argen Geldnöten. Die vermeintliche Ausweglosigkeit ihrer Situation treibt sie schließlich in den Selbstmord.

Ihre Nachfolgerin Fräulein Malinowska versucht das Pensionat erfolgreich weiterzuführen, strukturiert es um und verzichtet dabei selbst auf Familie und Freizeit zugunsten ihres Berufes.

2. Die Emanze - Fräulein Howard

Fräulein Howard ist das, was man eine Emanze nennen könnte. Sie hat sich mit ganzem Herzen den emanzipatorischen Bestrebungen verschrieben und versucht diese im Pensionat von Frau Latter und später in einem Frauenverein umzusetzen. Dabei wird sie von Prus in ihrer Verachtung für die Männer und als Verfechterin utopischer Vorstellungen karikiert dargestellt.

So erleben wir im ersten Kapitel des Romans, wie Frau Latter von ihren Geldsorgen gequält wird und im selben Moment Fräulein Howard fordert, daß für die Mädchen nach dem Vorbild englischer Erziehung Latein-, Turn- und Reitstunden eingeführt werden. Sie ist der unumstößlichen Meinung, Lehranstalten seien dazu da, die Gesellschaft zu reformieren auch gegen den Willen der Eltern.[3] Außerdem wirkt sie mit ihren Artikeln und ständigen Reden über Emanzipation auf die Mütter der Zöglinge ein und trägt dazu bei, die Leute zu vergraulen. Dabei wird deutlich, daß sie im Grunde eine unglaublich egozentrische und in ihrer Denkweise beschränkte Person ist.

[...]


[1] Otto-Peters, Luise: Das Recht der Frauen auf Erwerb, in: Die Frauenfrage in Deutschland 1856-1915. Texte und Dokumente, Reclam, Stuttgart, 1994, Seite 297 ff

[2] Prus, S. 30

[3] Prus, S. 22

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Frauenbilder im Roman "Die Emanzipierten" von Boleslaw Prus
Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)  (Kulturwissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Polnische Literatur nach dem Januaraufstand
Note
1,7
Autor
Jahr
1999
Seiten
18
Katalognummer
V24626
ISBN (eBook)
9783638274555
ISBN (Buch)
9783656135241
Dateigröße
494 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dichter Text - einzeiliger Zeilenabstand.
Schlagworte
Frauenbilder, Roman, Emanzipierten, Boleslaw, Prus, Polnische, Literatur, Januaraufstand, Frauen, Weiblichkeit, Polen, Identität
Arbeit zitieren
Corinna Hein (Autor:in), 1999, Frauenbilder im Roman "Die Emanzipierten" von Boleslaw Prus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24626

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