Eine ökonomische Theorie des Abrisses von Wohnungen - Eine Anwendung auf Ostdeutschland


Diplomarbeit, 2004

60 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


1. Einleitung

1.1. Zielstellung der Arbeit

In der vorliegenden Arbeit soll eine ökonomische Theorie des Abrisses von Wohnungen entwickelt werden, wobei insbesondere eine Anwendung auf den ostdeutschen Wohnungsmarkt im Mittelpunkt stehen wird. Da die Thematik des Wohnungsabrisses auf sehr vielfältige Art und Weise analysiert und beschrieben werden kann, ist es zunächst notwendig, klar abgegrenzte inhaltliche Schwerpunkte zu setzen.

Es ist bekannt, dass in Ostdeutschland zur Zeit bereits mehr als eine Million Wohnungen leer stehen. Dieses Problem zeichnete sich bereits seit Mitte der 90er Jahre ab und hat mittlerweile ein für die ostdeutschen Wohnungsunternehmen Existenz bedrohendes Ausmaß angenommen. Im Mittelpunkt der wissen-schaftlichen Diskussion zu dieser Thematik standen zunächst vor allem die Ursachen und Auswirkungen des Leerstandes. Da diese Diskussion in der Folgezeit zufriedenstellend abgeschlossen werden konnte,[1] soll sie im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter von Bedeutung sein. Ungleich wichtiger erscheint indes die Frage, wie mit dem Problem des Wohnungsleerstandes umgegangen werden soll. Der im Rahmen dieser Diskussion am häufigsten genannte Lösungsvorschlag sieht vor, einen Großteil der leerstehenden Wohnungen durch Abriss vom Markt zu nehmen. Dies wird allgemein mit den aus dem Leerstand resultierenden hohen finanziellen Belastungen der Wohnungsunternehmen begründet. Bei einer detaillierteren Analyse dieser Begründung bleiben jedoch einige wichtige Fragen ungeklärt.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, mit Hilfe eines zu entwickelnden Modells zu zeigen, warum es aus Sicht der betroffenen Unternehmen betriebs-wirtschaftlich sinnvoll sein kann, einen Abriss von Wohnraum vorzunehmen. Da die öffentliche Diskussion zumeist sehr unpräzise geführt wird, ist es gleichermaßen Anspruch dieser Arbeit, bei der Entwicklung des Modells klare und exakt formulierte Aussagen zugrunde zu legen. Abschließend sollen zudem exemplarisch wirtschaftspolitische Aspekte der Thematik aufgezeigt werden.

1.2. Gang der Untersuchung

Wie im vorherigen Abschnitt dargestellt wurde, ist es das wichtigste Ziel dieser Arbeit, ein Modell zu entwickeln, mit dessen Hilfe, die Anreize für den Abriss von Wohnraum aus Sicht der Unternehmen erklärt werden können.

Zu diesem Zweck wird im zweiten Kapitel der Arbeit ein einfaches Modell für die Kostenfunktion eines Wohnungsunternehmens hergeleitet. Die ausschließliche Konzentration auf die Kostenseite der Unternehmen ist hierbei durchaus kritisch zu betrachten, soll jedoch der Tatsache Rechnung tragen, die in der öffentlichen Debatte geäußerten Argumente, die zumeist die Problematik der Leerstandskosten in den Mittelpunkt rücken, nachzuvollziehen. Die Entwicklung des Modells orientiert sich an den in der Wohnungswirtschaft anfallenden Kostenarten, von denen die wichtigsten kurz dargestellt und im Hinblick auf das Modell analysiert werden sollen. Von besonderer Bedeutung sind zudem die sogenannten Leerstandskosten, die ebenfalls näher analysiert werden. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wird dann das Grundmodell für die Kostenfunktion entwickelt. Die Anwendung des Modells wird anschließend an einem empirischen Fallbeispiel verdeutlicht.

Im dritten Kapitel werden anhand des entwickelten Modells mittels komparativ statischer Analyse die beim Abriss von Wohnraum auftretenden Kosteneffekte untersucht. Hierbei werden zunächst die kurzfristigen Effekte des Abrisses analysiert, während anschließend die langfristigen Kosteneffekte, die mit einem Abbau von Fixkosten einher gehen, im Mittelpunkt stehen. Bei der Untersuchung der abbaufähigen Fixkosten wird insbesondere auf das Altschuldenhilfegesetz eingegangen werden. Daran anschließend wird analysiert, welchen Einfluss die sogenannte Umsetzungsquote auf die möglichen Kostenentlastungen hat. Den Abschluss des Kapitels bildet die Darstellung zweier möglicher Alternativen zur Kostenersparnis, die keinen Abriss von Wohnungen beinhalten.

Um die wirtschaftspolitische Dimension der Problematik des Wohnungs-leerstandes zu illustrieren, wird im vierten Kapitel der Arbeit ein einfaches Modell entwickelt, das den Zusammenhang zwischen Wohnungsmarkt und kommunaler Infrastruktur darstellt. Hierbei steht die Frage im Mittelpunkt, wie sich die Kommune, als maßgebliche Autorität in diesem Fall, verhalten sollte. Abgerundet wird die Bearbeitung des Themas durch eine Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen und Schlussfolgerungen im fünften Kapitel.

2. Die Kostenfunktion eines Wohnungsunternehmens

In diesem Abschnitt der Arbeit soll ein einfaches Modell für die Kostenfunktion eines Wohnungsunternehmens unter besonderer Berücksichtigung der sogenannten Leerstandskosten entwickelt werden. Zu diesem Zweck werden zunächst die wichtigsten kostentheoretischen Grundbegriffe sowie deren Anwendung im Rahmen der vorliegenden Arbeit erläutert. Daran anschließend werden die wichtigsten Kostenarten der Wohnungswirtschaft vorgestellt und unter Zuhilfenahme der theoretischen Grundlagen beurteilt, wobei insbesondere der jeweilige Anteil von fixen und variablen Kostenbestandteilen im Mittelpunkt stehen soll. Im Anschluss daran wird untersucht, welche Kosten einem Wohnungsunternehmen im Zusammenhang mit leerstehendem Wohnraum entstehen. Dabei werden sowohl theoretische als auch empirische Betrachtungen vorgenommen. Basierend auf diesen Überlegungen ergibt sich schließlich das zu entwickelnde Modell der Kostenfunktion, dessen Anwendung abschließend im Rahmen einer empirischen Fallstudie dargestellt werden soll.

2.1. Kostentheoretische Grundlagen

2.1.1. Der Kostenbegriff

Der Begriff der Kosten wird in der Literatur allgemein als der leistungsbedingte, in Geld bewertete Verbrauch von Produktionsfaktoren definiert.[2] Diese Definition impliziert somit sowohl eine Mengen- als auch eine Wertkomponente, wobei die inhaltliche Bestimmung dieser Komponenten nach unterschiedlichen Kriterien erfolgen kann. In diesem Zusammenhang sind vor allem der pagatorische und der wertmäßige Kostenbegriff zu unterscheiden. Während beim pagatorischen Kostenbegriff lediglich tatsächliche Kosten, also solche, die auch zu Ausgaben bzw. Auszahlungen geführt haben, berücksichtigt werden, umfasst der wertmäßige Kostenbegriff beispielsweise auch kalkulatorische Kosten.[3] Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen hauptsächlich pagatorische Kosten und somit vor allem die Liquidität der Wohnungsunternehmen im Mittelpunkt stehen, während bspw. kalkulatorische Kosten in der folgenden Analyse nur am Rande betrachtet werden.

2.1.2. Fixe und variable Kosten

Eine grundlegende Möglichkeit zur Unterscheidung von Kosten ist die Einteilung in fixe und variable Kosten. Diese Einteilung unterscheidet die Kosten anhand ihres Verhaltens bei einer Änderung der zugrundeliegenden Bezugsgröße[4]. Variable Kosten sind dadurch gekennzeichnet, dass sie unmittelbar auf eine Änderung der Bezugsgröße reagieren, während fixe Kosten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes konstant und somit unabhängig von der Bezugsgröße sind.[5] Zu beachten ist hierbei insbesondere der Zeitraum der Betrachtung, denn je kürzer dieser Zeitraum gewählt wird, desto geringer ist der Anteil variabler Kosten, da es zahlreiche Einflüsse gibt, die eine unmittelbare Anpassung der Kosten verhindern.[6] Langfristig hingegen kann ein Unternehmen sämtliche Kosten beeinflussen, was einen sinkenden Anteil fixer Kosten impliziert.

Im weiteren Verlauf der Untersuchung wird die Einteilung der verschiedenen Kostenarten[7] in fixe und variable Kosten von besonderer Bedeutung sein, wobei als Bezugsgröße für die Herleitung der Kostenfunktion die Anzahl der vermieteten Wohneinheiten, die der Ausbringungsmenge eines Wohnungs-unternehmens entspricht, zugrunde gelegt wird. Zunächst wird ein relativ kurzfristiger Betrachtungszeitraum gewählt.[8] Im nächsten Kapitel der Arbeit wird jedoch zusätzlich ein mittel- bis langfristiger Zeitraum der Betrachtung in die Analyse einbezogen, was somit eine Veränderung der fixen Kosten durch Kapazitätsanpassungen ermöglicht.

2.1.3. Die Kostenfunktion

Um eine Kostenfunktion, also eine mathematische Funktion, die die Kosten in Abhängigkeit von der Produktionsmenge abbildet,[9] zu ermitteln, werden in der Produktions- und Kostentheorie zumeist Produktionsfunktionen zugrunde gelegt, auf deren Basis die Herleitung der Kostenfunktion erfolgt. Allerdings berücksichtigen diese Produktionsfunktionen nur den direkten Einsatz von Produktionsfaktoren, während bspw. Aufwendungen für Dienstleistungen, Steuern oder öffentliche Abgaben nicht enthalten sind.[10]

Daher erscheint ein derartiger Ansatz zur Herleitung der Kostenfunktion eines Wohnungsunternehmens als ungeeignet. Statt dessen erfolgt die Entwicklung des Modells auf Basis empirischer Beobachtungen. Hierbei werden, wie bereits erwähnt, die wichtigsten in der Wohnungswirtschaft anfallenden Kostenarten hinsichtlich ihrer Anpassung bei Änderungen in der Anzahl der vermieteten Wohnungen untersucht. Dieses Vorgehen wird in der Literatur als Kontenanalyse bezeichnet.[11] Daran anschließend werden die Gesamtkosten aus den fixen und variablen Kosten zu einer Kostenfunktion zusammengesetzt. Hierbei wird angenommen, dass die Anzahl der vermieteten Wohnungen als einzige Größe die Höhe der Kosten beeinflusst.

2.2. Die Kosten in der Wohnungswirtschaft

2.2.1. Kapitalkosten

Der Begriff der Kapitalkosten kann auf unterschiedliche Art und Weise definiert werden. In der Finanzbuchhaltung entsprechen die Kapitalkosten lediglich den gezahlten Fremdkapitalzinsen, während in der betrieblichen Buchhaltung (Kostenrechnung) auch eine kalkulatorische Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals unterstellt wird.[12] Da den kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen keine Auszahlungen gegenüberstehen, werden sie im Rahmen des zu entwickelnden Modells nicht beachtet.

Im Bereich der Wohnungswirtschaft ist das Fremdkapital stets von großer Bedeutung. Der Aufbau und die Unterhaltung eines Wohnungsbestandes erfordern einen hohen Kapitaleinsatz, der nicht allein durch Eigenkapital erbracht werden kann.[13] Folglich sind die zu zahlenden Fremdkapitalzinsen ein erheblicher Teil der laufenden Kosten eines Wohnungsunternehmens. Ostdeutsche Wohnungsunternehmen sind in diesem Zusammenhang zusätzlich mit sogenannten Altverbindlichkeiten[14], die sich aus der Wohnungsbaufinanzierung der ehemaligen DDR ergeben, belastet. Daher wird das Fremdkapital im Rahmen des nachfolgenden Modells in die Bestandteile Altverbindlichkeiten und sonstige Verbindlichkeiten eingeteilt. Demzufolge werden auch die daraus resultierenden Kosten in Form der jeweils zu zahlenden Zinsen entsprechend unterteilt.

Die Höhe der Zinsen richtet sich ausschließlich nach den vertraglich vereinbarten Zinssätzen und kann daher vom Wohnungsunternehmen nachträglich nicht beeinflusst werden. Da die Zinszahlungen somit unabhängig von der Anzahl der vermieteten Wohnungen sind, zählen sie vollständig zu den fixen Kosten. Dies betrifft sowohl die Zinsen für Altschulden als auch die Zinsen für sonstige Verbindlichkeiten.

2.2.2. Personal- und Sachkosten

Zu den Personalkosten eines Unternehmens zählen alle Aufwendungen, die sich aus der Beschäftigung von Mitarbeitern ergeben.[15] Hierbei sind insbesondere die Löhne und Gehälter sowie die gesetzlichen Sozialaufwendungen, also die anteiligen Beiträge zu den Zweigen der Sozialversicherung und die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung, von Bedeutung. Die Sachkosten, auch sächliche Verwaltungskosten genannt, beinhalten alle Kosten, die aufgrund der Materialbeschaffung des Verwaltungsbereichs anfallen.[16]

Löhne und Gehälter können generell sowohl fixe als auch variable Kostenbestandteile enthalten. Bspw. sind Akkordlöhne abhängig von der produzierten Menge und somit variable Kosten, während Zeitlöhne ebenso wie Gehälter leistungsunabhängig sind und daher vollständig fixe Kosten darstellen.[17] Die Sachkosten hingegen können zunächst grundsätzlich als fixe Kosten interpretiert werden, da davon auszugehen ist, dass ein bestimmter Verwaltungsaufwand zur Erhaltung der Betriebsbereitschaft notwendig und daher unabhängig von Änderungen der Produktionsmenge ist.

Da die Verwaltung des Wohnungsbestandes zu den wichtigsten Aufgaben eines Wohnungsunternehmens gehört, ist der Anteil der Beschäftigten, die im Verwaltungsbereich tätig sind, stets sehr hoch. Folglich fällt auch der überwiegende Teil der Personalkosten in diesem Bereich an,[18] zumal Aufgaben wie die Instandhaltung oder Instandsetzung von Wohnungen zumeist von beauftragten Firmen übernommen werden und somit keine fest angestellten Mitarbeiter erfordern. Wie bereits erwähnt, kann der Verwaltungsaufwand als unabhängig von der Anzahl der vermieteten Wohnungen angenommen werden. Dies erscheint sinnvoll, da sich das Unternehmen im Falle einer nicht vermieteten Wohnung zwar bspw. nicht um etwaige Probleme des Mieters, wohl aber um die laufende Instandhaltung und die Neuvermietung der Wohnung kümmern muss. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine nicht vermietete Wohnung den Verwaltungsaufwand unmittelbar reduziert. Somit stellen die anfallenden Personal- und Sachkosten für das Unternehmen fixe Kosten dar.

2.2.3. Abschreibungen und Tilgungen

Unter Abschreibungen versteht man die periodengerechte Erfassung des Wertverlustes von Gegenständen des Anlagevermögens, wobei zwischen den bilanziellen Abschreibungen des Rechnungswesens und den kalkulatorischen Abschreibungen der Kostenrechnung unterschieden werden muss.[19] Charakteristisch für Abschreibungen ist jedoch in jedem Fall, dass sie niemals mit Auszahlungen verbunden sind, also die Liquidität des Unternehmens nicht beeinflussen. Da sie jedoch gleichzeitig den Gewinn des Unternehmens verringern, führen Abschreibungen, sofern sie als Kosten bei der Preisbestimmung berücksichtigt werden, zu einer Kapitalfreisetzung und dienen damit der Innenfinanzierung.[20] Im Gegensatz zu den Abschreibungen stellen Tilgungen einen auszahlungswirksamen, jedoch erfolgsneutralen Geschäftsvorfall dar, da dem Abfluss von Zahlungsmitteln eine Verringerung der Verbindlichkeiten in gleicher Höhe gegenübersteht.

Die Abschreibungen spielen als Kostenfaktor in der Wohnungswirtschaft eine besondere Rolle, da sich der gesamte Wohnungsbestand eines Unternehmens als Anlagevermögen in der Bilanz widerspiegelt.[21] Obwohl die Abschreibungen nicht auszahlungswirksam sind, sollen sie im Rahmen der Kostenfunktion beachtet werden, da es zu bedenken gilt, dass anstelle der Abschreibungen die Tilgungsleistungen erbracht werden müssen, die zwar keine Kosten im eigentlichen Sinne, wohl aber eine erhebliche Belastung für die Liquidität des Unternehmens darstellen. Dieser Ansatz erscheint sinnvoll, da die Abschreibungen bei der Bestimmung der Miete als Kosten beachtet werden und somit Kapital für Tilgungen oder Investitionen freisetzen.

Die Abschreibungen werden im Modell in Höhe der planmäßigen Abschreibungen angesetzt, da außerplanmäßige Abschreibungen nur aufgrund besonderer Ereignisse vorgenommen werden und somit keinen dauerhaften Charakter haben.[22] Die Höhe der planmäßigen Abschreibungen ist zumindest kurzfristig von der Anzahl der vermieteten Wohnungen unabhängig und somit fix.[23] Bei langfristiger Betrachtung können sich jedoch im Falle dauerhaft leerstehender Wohnungen und daraus resultierender außerplanmäßiger Abschreibungen andere Effekte ergeben.[24]

2.2.4. Betriebskosten

Unter den Betriebskosten versteht man alle laufenden Kosten, die dem Eigentümer infolge der bestimmungsgemäßen Nutzung eines Gebäudes entstehen.[25] Sie zählen in der Wohnungswirtschaft neben den Abschreibungen und den Instandhaltungs- sowie Verwaltungskosten zu den Bewirtschaftungs-kosten eines Gebäudes.[26] Die wichtigsten Betriebskosten sind vor allem die Kosten der Wasserversorgung bzw. Abwasserentsorgung sowie die Kosten für Heizung und Warmwasser.[27]

Die anfallenden Betriebskosten enthalten häufig sowohl verbrauchsabhängige als auch vebrauchsunabhängige Kostenbestandteile. Bspw. fallen bei den Kosten der Wasserversorgung unabhängig von der verbrauchten Wassermenge Grundgebühren wie z.B. Miete für die Wasserzähler an. Diese Kosten sind folglich fixe Kosten, die somit ebenfalls unabhängig von der Anzahl der vermieteten Wohnungen sind. Die verbrauchsabhängigen Kosten hingegen fallen zunächst nur bei vermieteten Wohnungen an und haben damit variablen Charakter.

Im Bereich der Wohnungswirtschaft sind die Betriebskosten als Kostenfaktor von untergeordneter Bedeutung, da sie nahezu vollständig auf die Mieter umgelegt werden können. Die Möglichkeiten der Umlage sind eindeutig im Gesetz festgelegt.[28] Um mögliche Liquiditätsengpässe zu vermeiden, erheben die Wohnungsunternehmen üblicherweise Vorauszahlungen mit der laufenden Miete. Aufgrund der Umlage der Betriebskosten auf die Mieter stellen diese somit lediglich einen durchlaufenden Posten und folglich keine Kosten für die Unternehmen dar. Daher sollen die umlagefähigen Betriebskosten im Rahmen des zu entwickelnden Modells nicht beachtet werden. Von besonderer Bedeutung werden jedoch die nicht umlagefähigen Betriebskosten sein, die sich im Falle leerstehender Wohnungen ergeben.[29]

2.2.5. Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung

Die Begriffe der Instandhaltung und Instandsetzung sind klar voneinander zu trennen. Unter Instandhaltung versteht man die Maßnahmen, die während der Nutzungsdauer eines Gebäudes regelmäßig durchgeführt werden, um die durch Alterung und Abnutzung entstehenden Mängel zu beseitigen.[30] Instandhaltungs-maßnahmen dienen somit der Vorbeugung möglicher Schäden und haben folglich Wartungscharakter. Die Instandsetzung hingegen besitzt Reparaturcharakter, d.h. es werden bereits eingetretene, konkrete Schäden beseitigt.[31] Sowohl die Instandhaltung als auch die Instandsetzung sind im Rahmen der Hausbewirtschaftung notwendige Maßnahmen, um die Vermietung einer Wohnung bzw. eines Gebäudes sicherzustellen. Für die Kostenfunktion ist jedoch insbesondere von Bedeutung, welche Kosten in diesem Zusammenhang vom Vermieter zu tragen sind.

Die Instandhaltungskosten dürfen in der Regel nicht auf die Mieter umgelegt werden, da die Instandhaltung zu den vertraglichen Hauptpflichten des Vermieters zählt. Ausnahmen sind in begrenztem Maße lediglich im Falle von sogenannten Schönheitsreparaturen oder Bagatellschäden möglich, deren Kosten üblicherweise vom Mieter zu tragen sind.[32] Die Aufwendungen für Instandsetzung sind zunächst ebenfalls prinzipiell vom Vermieter zu tragen, wobei jedoch auf die im Einzelfall zu prüfende Möglichkeit hingewiesen sei, dass bestimmte Schäden von der Versicherung übernommen werden. Folglich fällt der größte Teil der entstandenen Aufwendungen für Instandhaltung und Instandsetzung als Kosten im Unternehmen an. Diese Kosten müssen daher im Rahmen des Modells beachtet werden.

Es wird angenommen, dass die eingangs erwähnten Mängel durch Abnutzung und Alterung unabhängig von der Vermietung einer Wohnung enstehen. Damit stellen die Instandhaltungskosten fixe Kosten für das Unternehmen dar. Hierbei wird zudem unterstellt, dass das Unternehmen notwendige Instandhaltungsmaßnahmen auch bei leerstehenden Wohnungen durchführt, um eine eventuelle Neuvermietung zu ermöglichen. Die Kosten der Instandsetzung hingegen hängen maßgeblich davon ab, ob eine Wohnung vermietet ist oder nicht, denn es erscheint sinnvoll, anzunehmen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts im Falle einer vermieteten Wohnung aufgrund des täglichen Gebrauchs durch den Mieter höher ist. Daher werden die Instandsetzungskosten im folgenden als variable Kosten interpretiert.

2.2.6. Sonstige Kosten

Die bisher vorgestellten Kosten haben im Rahmen der Wohnungswirtschaft die größte Bedeutung und stellen daher die Grundlage zur Entwicklung des Modells der Kostenfunktion dar. Es soll an dieser Stelle jedoch der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen werden, dass neben den genannten noch weitere laufende Kosten in einem Wohnungsunternehmen anfallen können. Hierbei sind bspw. die Grundsteuer, zinsähnliche Aufwendungen[33], Abschreibungen auf Forderungen oder Vertriebskosten zu nennen. Diese Aufwendungen werden im Rahmen des Modells nicht beachtet, da sie sowohl einzeln als auch in ihrer Summe keinen bedeutsamen Einfluss auf die Gesamtkosten des Unternehmens haben oder wie im Falle der Grundsteuer prinzipiell auf den Mieter umgelegt werden können und somit nicht als Kosten wirksam werden. Folglich erscheint eine Erfassung dieser Kosten sowie die jeweilige Aufteilung in fixe und variable Kostenbestandteile als nicht sinnvoll und wird daher unterlassen.

Wie bereits mehrfach erwähnt wurde, beziehen sich die bisherigen Ausführungen zu den einzelnen Kosten zumeist auf den Normalfall einer vermieteten Wohnung. Im Falle von leerstehendem Wohnraum können sich jedoch erhebliche zusätzliche Kostenbelastungen für das Unternehmen ergeben. Aus diesem Grund werden die entsprechenden Belastungen ausführlich im folgenden Abschnitt analysiert, wobei insbesondere die nicht umlagefähigen Betriebskosten im Mittelpunkt stehen werden.

2.3. Die Kosten des Leerstandes

2.3.1. Der Begriff der Leerstandskosten

Im Zusammenhang mit leerstehendem Wohnraum werden sowohl in der Presse als auch in der Literatur unterschiedliche Definitionen des Begriffes der Leerstandskosten verwendet. Daher soll zunächst erläutert werden, was im Rahmen der vorliegenden Arbeit unter diesem Begriff zu verstehen ist.

In der Immobilienwirtschaft sind die Leerstandskosten allgemein sämtliche Kosten, die dem Vermieter infolge eines leerstehenden Objektes entstehen, wobei verschiedene Arten von Leerstandskosten unterschieden werden.[34] Von Bedeutung sind hierbei insbesondere die entstehenden Mietausfälle, die laufenden Betriebskosten, die wie bereits erwähnt z.T. nicht umlagefähig sind, sowie die zuvor aufgezeigte Tatsache, dass die meisten Kosten eines Immobilienunternehmens fixen Charakter haben und somit auch im Falle eines leerstehenden Objektes unverändert anfallen. Diese Definition soll zunächst als Grundlage für die weitere Bearbeitung dienen.

Die verschiedenen Arten der Leerstandskosten sollen im folgenden näher erläutert und kritisch analysiert werden. Dabei wird zudem die Frage im Mittelpunkt stehen, inwiefern die einzelnen Kosten im Rahmen des zu entwickelnden Modells beachtet werden.

2.3.2. Erlösschmälerungen durch Mietausfälle

In der Buchhaltung der Wohnungswirtschaft werden die laufenden Mieteinnahmen für ein bestimmtes Objekt stets zu Beginn eines jeden Monats in voller Höhe als realisierte Erlöse erfasst, unabhängig davon ob die Zahlungen bereits erfolgt sind oder nicht.[35] Man spricht in diesem Zusammenhang von der sogenannten „Sollstellung der Mieten“. Dieses Vorgehen ist möglich, da die zugrundeliegenden Leistungen[36] des Unternehmens bereits erbracht wurden und das Realisationsprinzip des HGB somit nicht verletzt wird. Bleibt jedoch ein Teil der Zahlungen aus, müssen die Erlöse des Unternehmens nachträglich um den entsprechenden Betrag korrigiert werden. Solche nachträglichen Korrekturen werden als sogenannte Erlösschmälerungen erfasst.[37] Auch im Falle von leerstehenden Wohnungen werden die entstehenden Mietausfälle auf diese Art und Weise erfasst.

[...]


[1] Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse dieser Untersuchungen findet sich bswp. bei Simons(2001).

[2] Vgl. bspw. Funke(1995), S. 21 oder Jossé(2003), S. 25.

[3] Vgl. Jossé(2003), S. 26.

[4] Die zugrundeliegende Bezugsgröße ist zumeist die Ausbringungsmenge (Beschäftigungsgrad).

[5] Vgl. Jossé(2003), S. 32.

[6] Siehe hierzu auch Funke(1995), S. 32ff.

[7] Hierbei unterscheidet man Kosten nach Art des verbrauchten Faktors. Vgl. Jossé(2003), S. 29-32.

[8] Der Zeitraum soll etwa 6 Monate bis 1 Jahr umfassen.

[9] Siehe hierzu auch Horngren/Foster/Datar(2001), S. 309ff.

[10] Vgl. Gutenberg(1983), S.338.

[11] Vgl. Horngren/Foster/Datar(2001), S. 318.

[12] Vgl. Koch(1997), S.53. Für eine vollständige Diskussion siehe Schulze(1994), S. 10ff.

[13] Vgl. bspw. Birkner/Bornemann(1999), S. 109.

[14] Die Altverbindlichkeiten werden auch Altschulden genannt. Siehe hierzu Abschnitt 3.2.1., S. 24.

[15] Vgl. Birkner/Bornemann(1999), S. 59.

[16] Hierbei sei bspw. an Büromaterial gedacht.

[17] Vgl. Jossè(2003), S. 30.

[18] Daher können die Personal- und Sachkosten in diesem Fall mit den Verwaltungskosten gleichgesetzt werden.

[19] Siehe hierzu bspw. Busse(2003), S. 738.

[20] Diese Tatsache wird in der Literatur als die Finanzierungsfunktion der Abschreibung bezeichnet. Siehe hierzu auch Eilenberger(2003), S. 329 oder Busse(2003), S. 737ff.

[21] Zu den Abschreibungen auf Gebäude siehe bspw. Birkner/Bornemann(1999), S. 202-203.

[22] Zu außerplanmäßigen Abschreibungen siehe bspw. Birkner/Bornemann(1999), S. 206.

[23] Dies gilt nur, falls die Abschreibungen nutzungsdauerbezogen erfolgen. Vgl. Falk(1996), S. 225.

[24] Siehe hierzu Abschnitt 2.3.4., S. 11.

[25] Vgl. Falk(1996), S. 129.

[26] Vgl. Murfeld(2002), S. 284-285 sowie S. 399.

[27] Zu den einzelnen Betriebskosten vgl. ausführlich Murfeld(2002), S. 288ff.

[28] Vgl. bspw. Falk(1996), S. 470.

[29] Siehe hierzu Abschnitt 2.3.4., S. 13.

[30] Vgl. Murfeld(2002), S. 331.

[31] Vgl. Birkner/Bornemann(1999), S. 102.

[32] Vgl. Murfeld(2002), S. 331.

[33] Zinsähnliche Aufwendungen sind bspw. Bürgschaftsentgelte oder Vorfälligkeitsent-schädigungen.

[34] Vgl. Falk(1996), S.418.

[35] Vgl. Birkner/Bornemann(1999), S. 67.

[36] Gemeint ist hierbei die Gebrauchsüberlassung der Wohnung.

[37] Vgl. Birkner/Bornemann(1999), S. 71.

Ende der Leseprobe aus 60 Seiten

Details

Titel
Eine ökonomische Theorie des Abrisses von Wohnungen - Eine Anwendung auf Ostdeutschland
Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
60
Katalognummer
V24601
ISBN (eBook)
9783638274388
Dateigröße
700 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eine, Theorie, Abrisses, Wohnungen, Eine, Anwendung, Ostdeutschland
Arbeit zitieren
Enrico Böhme (Autor:in), 2004, Eine ökonomische Theorie des Abrisses von Wohnungen - Eine Anwendung auf Ostdeutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24601

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