Das Märchen von Sitara


Hausarbeit (Hauptseminar), 1999

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Verhängnisvolle Vergangenheit
2. Der Ursprung des Märchens von Sitara
3. Das Märchen von Sitara
3.1. Ardistan und Dschinnistan bzw. die Polarität zwischen „Gut“ und „Böse“
3.2. Märdistan und die Geisterschmiede: der Weg zur Überwindung der Polarität zwischen „Gut“ und „Böse“
4. Die Menschheitsfrage in Karl Mays Werken

III. Zusammenfassung

Das Märchen von Sitara

I. Einleitung

Karl May ist Umfragen zufolge einer der bekanntesten aber auch gleichzeitig der umstrit­tensten Schriftsteller Deutschlands. Durch Rei­seerzählungen wie Winnetou oder die Orientreihe er­langte er Welt­ruhm. Im Zuge der sogenannten „Karl May-Frage“, die ihren Höhe­punkt im Jahre 1910 erlebte, wurde der Schriftsteller von seinen Geg­nern als „Lügner“ bzw. Triviallite­rat bezeichnet. Auch wurde seine recht unrühmliche Vergan­genheit wieder aufgerollt und publiziert. Trotz dieser diffamierenden Hetzkampagne er­langten Mays Werke im Laufe der Jahre einen recht hohen Stellenwert in der Literatur­wissen­schaft. Am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts existierte, bis auf eine Disserta­tion in den 30er Jahren, keine Karl May For­schung im ei­gentlichen Sinne. Das aufopfe­rungsvolle Engagement der Karl-May-Gesellschaft (gegr. 1969) führte im wesentlichen zu einer Akzeptanz des Autors und seiner Werke als wissenschaftliche Disziplin. Die diesbezügliche Forschung erstreckte sich u.a. auf die Gebiete der So­ziologie, Psycholo­gie, Poetologie und auch der Kulturhistorik.

Die vorliegende Arbeit soll den pädagogischen Wert der Publikationen Mays und seiner Person hervorheben. Im Zusammenhang mit dem Themenkomplex „Bildung und Macht“ ist es das Be­streben des Au­tors dieser Abhandlung, die Polarität der Attribute „Gut und Böse“ an­hand der Erzählung „Das Märchen von Sitara“ und deren gleichzeitig existie­renden Zusammenhang bzw. deren Untrennbarkeit darzustellen. Zuvor erfolgt ein kurzer Überblick über die schon er­wähnte weniger ruhmvolle Vergangenheit Mays, deren un­verschuldetes Opfer er wurde. Es soll weiterhin der Begriff der „Menschheitsfrage“ erör­tert werden, mit deren Sinnbild sich der Schriftsteller identifizierte, dem ei­gentlichen Auslöser für seine literarische Tätigkeit. In einer kurzen Zusam­menfassung soll der Ur­sprung des „Märchens von Sitara“ aufgezeigt werden. Die ausführliche Erörterung der o.g. Erzählung enthält Grundlagen der Interpretation Karl Mays bezüglich der eben schon erwähnten Frage nach dem Zustand der „Menschheitsseele“. Danach erfolgt ein Ver­gleich der bisherigen Erkenntnisse mit einer Auswahl seiner berühmte­sten Werke, die durchaus als gelungene Parabeln bezeichnet werden können.

Grundlagen hierzu sind Auszüge der autobiographischen Werke „Meine Beichte“ und. „Mein Leben und Streben“, bzw. die Reiseerzäh­lungen der Orientreihe und die Bände Winnetou I bis III.

II. Hauptteil

„Wenn dich die Welt aus ihren Toren stößt,

so gehe ruhig fort und laß das Klagen.

Sie hat durch die Verstoßung dich erlöst

und ihre Schuld an dir nun selbst zu tragen.“

(Karl May „Im Reich des silbernen Löwen“)

1. Verhängnisvolle Vergangenheit

Karl May wurde als Sohn sehr armer Webersleute geboren. Um ihm eine ansprechende Aus­bildung zu gewährleisten, mußte seine Familie eine schwere Zeit voll Entbehrungen erleben. Mit großem Einsatz, Willen und viel Fleiß war der junge Schüler Karl in der La­ge ein Seminar abzuschließen um fortan als Lehrer an einer Fabrikschule zu unterrichten. Um während des Unterrichts über die ge­naue Uhrzeit informiert zu sein, lieh er sich von sei­nem Zimmergenos­sen eine alte Taschenuhr, die jener nicht mehr benötigte.

Der Macht der Gewohnheit folgend, steckte May diese Taschenuhr auch bei Antritt sei­nes er­sten Urlaubes ein. Mit Freude, seine Familie wiedersehen zu dürfen und mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft kam er gerade zur Weihnachtszeit zu Hause an. Doch das Familien­glück währte nicht lange. Aufgrund des Besitzes der geliehenen Uhr wurde May im Haus seiner El­tern von ihm nachgereisten Gendarmen des Diebstahls bezichtigt. Er wurde verhaftet und zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt.

Der Verurteilte erlebte während dieser Zeit wahre seelische Höllenqua­len. In Anbetracht seiner Unschuld verdammte er alle die Personen, die nach seiner Meinung an seiner jetzi­gen Lage schuld waren. Er sann auf Rache, die sich folgendermaßen äußern sollte: Da die Öffentlichkeit ihn für einen richtigen Verbrecher hielt, wollte May dem Ruf gerecht werden, indem er nun wirklich Straftaten beging. Unterstützt wurde er in seinem ver­hängnisvollen Vorhaben, durch ihn bedrohende, innere Stimmen seiner Feinde, die ihm keine Ruhe ließen.

Diese durchaus als Paranoia zu bezeichnende, seelische Krankheit er­schwerte dem ent­lassenen „Strafgefangenen“ auch in der Freiheit das Leben. Er verspürte den inneren Zwang, auch wei­terhin sinnlose, dem Wahn entsprungene Delikte zu verüben. So wurde May noch weitere Male zu Haftstrafen verurteilt. Sogar das schwere Verbrechen Brand­stiftung wurde ihm in einem Falle zur Last gelegt.

Nur im Gefängnis fand Karl May seinen inneren Seelenfrieden. Doch kaum befand er sich in der Nähe seiner Heimat, überfielen ihn wieder jene geheimnisvollen, bedrohlich wir­kenden Erscheinungen in Form von Stimmen.

Daß May nach einer schrecklichen Zeit des Verfolgungswahns dennoch geheilt wurde, ver­dankte er u.a. einem katholischen Anstaltskateche­ten und dem Einfluß des Orgel­spielens, das er während seiner Gefan­genschaft ausübte.

Während dieser für ihn schweren Zeit beschäftigte sich May verstärkt mit dem Begriff der Menschheitsseele bzw. der Menschheitsfrage. Diese wurde von Gott selbst geschaf­fen, als er durch das Paradies ging, um zu fragen: „Adam, wo bist du? - Edelmensch, wo bist du? Ich se­he nur gefallene, niedrige Menschen!“ Er sah sich als Stellvertreter für die Probleme der Menschheit, die seiner Meinung nach ähnliche, grund­sätzliche Situationen zu meistern hatte, wie er selbst. Als Schriftsteller konnte er als Medium agieren und der Öffentlichkeit die Brisanz seines Anliegens präsentieren. Sein eigenes Schicksal vor Au­gen, sah May es als seine Auf­gabe an, die Öffentlichkeit aufzuklären und ihr Alternativ­möglichkeiten zur Kon­fliktbewältigung zur Verfügung zu stellen. Diese lauteten kurz zusammengefaßt wie folgt: Um das momentane Tief zu verlassen, in dem sich das menschliche In­dividuum gerade befindet, ist es notwendig, die Seele unter Entbehrun­gen zu ihrem Ursprung zurückzuführen. Erst dann ist der Betroffene in der Lage, seinen Seelenfrieden zu finden und in eine höhere, geistige Sphäre einzudringen.

Eben diese These, die auch in dem Märchen von Sitara Beachtung fand, versuchte Karl May den Lesern seiner Werke symbolisch zu vermitteln. Als Protagonist schilderte er seine eigenen, schicksalhaften Erlebnisse. Um das Interesse der Öffentlichkeit an dem Thema zu wec­ken, ver­setzte er seine Abenteuer in den Wilden Westen oder in den fernen Orient. Dennoch sind seine Erzählungen keine reine Unterhal­tungslektüre, son­dern Parabeln, in denen der Autor beabsich­tigte, dem Konsumenten die Beantwortung der Menschheitsfrage näherzubringen.

2. Der Ursprung des Märchens von Sitara

Johanne Christiane Kretschmar war als Großmutter des jungen Karl mehr als nur ein na­her Familienangehöriger. Sie war dessen Bezugs- und Vertrauensperson, vor allem zu jener Zeit, als May infolge einer Krankheit sein Augenlicht verloren hatte. Der Knabe verehrte die alte Dame, die für ihn Mutter bzw. Vater zur gleichen Zeit war. Durch ihre plastischen, zugleich aber auch symbolischen Erzählungen war der blinde Junge in der Lage, sich auch ohne Seh­kraft ein eigenes Weltbild zu schaffen. Da er aufgrund seiner Blindheit nicht fähig war, Gegen­stände direkt, bildlich zu erfassen, mußte er diese see­lisch er­kennen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Das Märchen von Sitara
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Pädagogik)
Veranstaltung
Bildung und Macht
Note
1,0
Autor
Jahr
1999
Seiten
16
Katalognummer
V24592
ISBN (eBook)
9783638274333
ISBN (Buch)
9783638747868
Dateigröße
421 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Erleben Sie hier das berühmte Gleichnis Karl Mays im Zusammenhang mit seiner Theorie des "Edelmenschentums". Nachgewiesene humanistische Tendenzen betonen die verheißungsvolle Botschaft, die der bekannte deutsche Volksschriftsteller mit diesem Werk an die Menschen richtet. Analyse ohne Sekundärliteratur.
Schlagworte
Märchen, Sitara, Bildung, Macht
Arbeit zitieren
Magister Artium Michael Krinzeßa (Autor:in), 1999, Das Märchen von Sitara, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24592

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