Wertmanagement - können Wertbeiträge für Prozesse ermittelt werden


Diplomarbeit, 2001

108 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

1 EINFÜHRUNG

2 STEUERUNGSEBENEN IM WERTMANAGEMENT
2.1 Problemstellung und Relevanz
2.2 Portfoliosteuerung: Wertorientiertes strategisches Management
2.3 Geschäftssteuerung: finanzielle und operative Werttreiber alsBestimmungsfaktoren des Free Cash Flows
2.4 Prozesssteuerung: Leistungsindikatoren zur Prozessoptimierung
2.4.1 Prozesswertschöpfungsthematik in der Literatur
2.4.2 Abschließende Bewertung und Methodenbedarf
2.4.3 Optimierung der Geschäftsprozesse
2.4.4 Integration der Geschäftsprozesse im Sinne einer wertorientierten Gestaltung

3 WERTBEITRAG FÜR GESCHÄFTSPROZESSE
3.1 Problemstellung und Relevanz
3.2 Der Prozesswertbeitragsansatz (PWA) für die Ermittlung von Wertbeiträgen für Prozesse
3.2.1 Lösungsansatz für die PWA-Bestimmung
3.2.2 Die Verbindung zwischen FCF und Werttreibern - Der Wert- treiberbaum als Systematik der Stellhebel des Unternehmens
3.2.3 Das Prozess-System als umfassende Betrachtungsweise des Unternehmens
3.2.4 Wirkungszusammenhänge zwischen Prozessen und Werttreibern
3.2.5 Anwendung des Lösungsansatzes an einem konkreten Beispiel...

4 WERTMANAGEMENT IN DER PRAXIS
4.1 Problemstellung und Relevanz
4.2 Wertmanagement in der Robert Bosch Gruppe
4.2.1 Fakten und Zahlen der Robert Bosch Gruppe 46 Der Wertbeitrag von Geschäftsprozessen
4.2.2 Wertmanagement und Wertbeitragsermittlung bei der Robert Bosch Gruppe
4.3 Wertmanagement in der DaimlerChrysler AG
4.3.1 Fakten und Zahlen der DaimlerChrysler AG
4.3.2 Wertmanagement und Wertbeitragsermittlung bei der DaimlerChrysler AG
4.4 Wertmanagement in der Stinnes AG
4.4.1 Fakten und Zahlen zur Stinnes AG
4.4.2 Wertbeitragsermittlung bei der Stinnes AG
4.5 Zusammenfassung und vergleichendes Fazit

5 BEDEUTUNG DER LOGISTIK IM E-COMMERCE
5.1 Problemstellung und Relevanz
5.2 Neugestaltung der Logistik
5.3 Beschleunigung des Logistikprozesses
5.4 Kundenintegration in die Logistikprozesse
5.4.1 Unternehmensbezogene Wertesysteme
5.4.2 Produktbezogene Wertesysteme
5.4.3 Mehrwertesysteme
5.5 Electronic Supply Chain Management - e-SCM
5.6 Eignung des BSC-Ansatzes zur Leistungsmessung von Logistikprozessen

6 PROZESSWERTBEITRAGSERMITTLUNG AM BEISPIEL E-COMMERCE INDUZIERTER LOGISTIKPROZESSE
6.1 Problemstellung und Relevanz
6.2 Logistik-Werttreibersystem
6.3 Logistik-Prozesssystem am Beispiel des Prozesses „Vor-Ort-Auswahl“
6.4 Wirkungszusammenhänge zwischen Logistik-Pozessen und -Werttreibern im Rahmen eines Zahlenbeispiels

7 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

ANHANG

LITERATURVERZEICHNIS

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Gedankenflussdiagramm

Abbildung 2: Interessengruppen und oberstes Ziel der Unternehmung

Abbildung 3: Lösungsansatz für die PWB-Bestimmung

Abbildung 4: Werttreiberbaum

Abbildung 5: Stromgrößen mit Nullwachstum

Abbildung 6: Prinzip der Ermittlung des Unternehmenswerts

Abbildung 7: Wirkungszusammenhänge zwischen Werttreibern und Prozessen

Abbildung 8: Neue Dienstleistungsmöglichkeiten durch e-Commerce

Abbildung 9: Ansatzpunkte zur Reduzierung der Logistikzeiten

Abbildung 10: Klassifizierte Werttreiber der Supply Chain

Abbildung 11: Logistikbeispiel Vor-Ort-Auswahl

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Moderne Methoden der Unternehmensbewertung

Tabelle 2: Vergleichender Überblick über Bewertungskonzepte

Tabelle 3: Vergleichender Überblick über Ansätze aus der Praxis und PWA

Tabelle 4: Beispiel BSC für die Reklamationsabwicklung

Tabelle 5: Chancen und Gefahren bei Entwicklung und Einsatz der BSC

Tabelle 6: Ableitung Werttreiber von Zielen innerhalb der Supply Chain

Tabelle 7: Ermittlung der Werttreiber-Wertbeiträge für eine Einheit

Tabelle 8: Bestimmung der PWB für eine Periode

Tabelle 9: Ermittlung der Prozesswertbeiträge

Tabelle 10: Fragebogen

1 Einführung

Die ständig steigende Komplexität der Unternehmensumwelt und der zunehmende Druck durch die Globalisierung zwingt Unternehmen, zu lernen sich anzupassen. Ein Unternehmen muss auf seinem Gebiet besser als die oft internationale Konkurrenz sein. Dies bedeutet, alle Ressourcen sind für das Unternehmensziel einzusetzen. Das alleine reicht jedoch noch nicht aus. Auch das Zusammenspiel der einzelnen Faktoren, das System, muss berücksichtigt werden. Dies bedingt eine ganzheitliche, systematische Sichtweise auf Organisationen und damit auf Unternehmensprozesse. Die Geschäftsprozesse sind das Rückgrat einer Organisation. Prozessorientierung ist mehr als die Ablauforganisation. Prozessorientierung basiert auf einer ganzheitlichen Philosophie, welche die Faktoren Kunden, Mitarbeiter und Systeme integriert.1

Gleichzeitig wird die Steigerung des Unternehmenswertes eine immer anspruchsvollere und unverzichtbare Aufgabe, von der keineswegs nur die Kapitalgeber, sondern auch Management und Mitarbeiter profitieren. Es bedarf Aufschluss über Werttreiber, die Unternehmen beeinflussen müssen, um ihren Wert gezielt positiv verändern zu können.2 Daraus evolviert die Frage, wie man um dieser Aufgabe gerecht zu werden, den Unternehmenswert auf einzelne Teileinheiten herunterbricht, um deren Wertbeitrag zu ermitteln.

Aus der zunehmenden Prozessorientierung und der Wertorientierung ergibt sich die Frage, wie sich Wertbeiträge für Prozesse ermitteln lassen.

Im Zeitalter des e-Business entstehen neuartige Produkte und Dienstleistungen in modernen Unternehmen. Der durch die Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) ausgelöste Wandel verursacht eine Wirtschaftsrevolution, so dass in diesem Zusammenhang immer häufiger von einer digitalen Wirtschaft gesprochen wird. Wesentliche Eigenschaften dabei liegen darin, dass nicht mehr für einen anonymen Massenmarkt produziert wird, sondern für einzelne Kunden mit individuellen Produkt -, Liefer- und Qualitätsanforderungen.3 Dieser Wandel hat gravierende Auswirkungen, die zu einem gesamtwirtschaftlichen Strukturwandel führen.4 Dies erfordert leistungsfähige Logistiksysteme, die eine physische und informatorische Verbindung zwischen Unternehmen sowie mit ihren Kunden und Lieferanten ermöglichen.5 Neben der Abwicklung von Geschäften zwischen Unternehmen, dem Business-to-Business, gewinnt der elektronische Handel mit dem Endkunden, das Business-to-Consumer an Bedeutung. Hierbei gelingt es den Unternehmen erstmals die Endkunden direkt anzusprechen und an die Geschäftsprozesse anzubinden.

Dieser Wandel stellt erhöhte Anforderungen an die Logistik des Unternehmens, die zum entscheidenden Erfolgsfaktor wird. Die Logistik hat in diesem Zusammenhang die Aufgabe, die Waren- und Informationsflüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu gestalten und zu steuern. Sie nimmt daher eine Schlüsselstellung in der Planung, Durchführung und Kontrolle von unternehmensübergreifenden Netzwerken und an der Schnittstelle zum Kunden ein.6

Prinzipiell wäre es möglich, die Betrachtung generell für Prozesse vorzunehmen. In dieser Arbeit sollen beispielhaft, aufgrund der interessanteren Fragestellung, Logistikprozesse im B2C Bereich für Güter des täglichen Bedarfs betrachtet werden.

Im Folgenden wird in Kapitel 2 die Thematik des Wertmanagements aus der Ebenensicht betrachtet und die verschiedenen Steuerungsebenen herausgestellt. Diese Untersuchung liefert die Bausteine mit denen im Kapitel 3 ein theoretisches Konzept entworfen wird, das die Messung der Wertbeiträge für Geschäftsprozesse ermöglicht. Dies erfolgt hauptsächlich mittels Ansätzen der Wertsteigerungsanalyse, Werttreiberbäumen und unter Zuhilfenahme des Prozesssystems des Unternehmens. Das Kapitel schließt ab mit der Anwendung des Konzeptes an einem konkreten Zahlenbeispiel.

In Kapitel 4 wird für eine ganzheitliche Betrachtungsweise der Thematik ein Blick in die Praxis geworfen. Drei Unternehmen, bei denen Wertorientierung bereits der Führung zugrunde liegt, werden untersucht. Die hier gefundenen Erkenntnisse werden abschließend dem vorangegangenen entwickelten Konzept kritisch gegenübergestellt.

Kapitel 5 ist die Überleitung für das Transferthema. Vorab werden darin die Grundlagen e-Commerce induzierter Logistikprozesse, sogenannter e-Logistik- prozesse, geklärt. Besonderheiten und Neuerungen, die sich durch diese ergeben werden anschaulich dargestellt.

Diese Vorbetrachtung bildet den] Ausgangspunkt für das folgende Kapitel 6, bei dem schließlich das in Kapitel 3 entworfene Konzept auf die beschriebenen e- Logistikprozesse übertragen werden. Zur besseren Anschaulichkeit wird auch hier ein Zahlenbeispiel entworfen.

Den Abschluss bildet eine Zusammenfassung, die mit einer kritischen Bestandsanalyse und einem Ausblick endet.

Der Gang ist im Gedankenflussdiagramm in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gedankenflussdiagramm

2 Steuerungsebenen im Wertmanagement

2.1 Problemstellung und Relevanz

Die Herausforderung besteht darin, die von den Eigentümern geforderte Wertorientierung in die interne Unternehmenssteuerung einzubinden und damit auf unterschiedliche Unternehmensebenen zu übersetzen. Dabei steht nicht die Ablösung der Shareholder Value Analyse durch das neue Konzept des Performance Measurement im Vordergrund, sondern die Verknüpfung beider Konzepte. Ein Performance Management, das wertorientiert ist, stellt das geeignete Rahmenkonzept dar, um den Herausforderungen in der Zukunft begegnen zu können.7

Standen in der Vergangenheit in erster Linie methodische Aspekte über Shareholder Value und Wertsteigerung zur Diskussion, zeichnet sich eine Schwerpunktverlagerung hinsichtlich der unternehmensweiten Verankerung der Wertorientierung ab. Dabei stellt die durchgängige Verankerung der Wertorientierung in die Unternehmenssteuerung sowie die Verankerung im Führungskreislauf die größte Aufgabe in der Unternehmenspraxis dar. Diese konsequente Ausrichtung auf den Unternehmenswert ist in den USA mit beeindruckender Geschwindigkeit erfolgt. Im deutschsprachigen Raum nehmen Unternehmen, wie z. B. die DaimlerChrysler AG, Ciba SC oder die Veba AG zunehmend die Herausforderung an, die Wertorientierung als neuen inhaltlichen Fokus in das strategische Management zu integrieren.8

Seit Anfang der 90er Jahre sind in Theorie und Praxis des Performance Managements eine Vielzahl von Ansätzen entwickelt worden. Die derzeit wohl bekanntesten Ansätze sind das Modell der European Foundation of Quality Management, die Balanced Scorecard (BSC) und die Shareholder Value-Ansätze.9 Diese Konzepte bieten zum einen das theoretische Gerüst für die inhaltliche Ausgestaltung, zum anderen unterstützen sie die Entwicklung und Implementierung des Performance Measurements.10

Das Wertmanagement ist ein außerordentlich leistungsfähiges Führungskonzept.11 Es ist zielorientiert, wirtschaftlich durchführbar und sowohl unternehmungsintern als auch unternehmungsextern hervorragend kommunizierbar. Das Konzept stellt eine Weiterentwicklung vorhandener finanzieller Führungskonzepte dar und dient der Erhaltung und erfolgreichen Weiterentwicklung der Unternehmung (vgl. Abbildung 2). Als kardinales Ziel stellt es die Wertsteigerung der Unternehmung in den Mittelpunkt. Ziel ist eine möglichst hohe Wertsteigerung über das vorhandene Eigenkapital bzw. Nettovermögen hinaus. Dies ist die Erwirtschaftung eines maximalen (Netto-) Kapitalwertes, errechnet durch Diskontierung entsprechender Überschüsse, hilfsweise die Erwirtschaftung maximaler Wertbeiträge bzw. kalkulatorischer Ergebnisse nach Steuern pro Periode.12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Interpretation des obersten Unternehmungsziels im Wertsteigerungsmanagement: Maximale Wertsteigerung

Erwirtschaftung maximaler (diskontierter) Überschüsse/ Wertbeiträge nach Erfüllung der Mindestanforderungen aller Anspruchsgruppen der Unternehmung.

Quelle: Hahn (2001), S. 78

Abbildung 2: Interessengruppen und oberstes Ziel der Unternehmung

Ziel des Wertmanagements ist die Wertschaffung und folglich die Steigerung des Unternehmenswertes.13 Der Wert eines Unternehmens wird vom subjektiven Nutzen bestimmt, den seine Inhaber aus ihm ziehen können.14 In der Bewertungspraxis gibt es verschiedene Ansätze, den Unternehmenswert zu bestimmen15 Ein erster Ansatz in den Sechzigern war die Substanzwertmethode.16 Heute dominieren in Deutschland die Ertragswertmethode17 (39%) und die Discounted-Cashflow- Methoden (DCF-Methoden)18 (33%).19 Während das Ertragswertverfahren traditionell in der deutschen Bewertungslehre vertreten wird, finden die DCF-Methoden im internationalen Kontext verstärkt Anwendung. Beide Verfahren liefern Zukunftserfolgswerte, also Barwerte von erwarteten künftigen Erfolgen des Bewertungsobjekts. Während jedoch die Ertragswertmethode grundsätzlich nach der Nettomethode vorgeht, also unmittelbar den Wert des Unternehmens aus Sicht der Eigentümer ermittelt, existieren verschiedene Varianten von DCF-Methoden sowohl als Netto als auch als Bruttoansätze.20 Diese Methoden bewerten sogenannte Free Cashflows (FCF). Bei diesen handelt es sich um Einzahlungsüberschüsse, die im Unternehmen frei verfügbar sind, um sie zur Befriedigung der Ansprüche der Investoren zu verwenden, nachdem alle nötigen bzw. sinnvollen Investitionen getätigt wurden.21 Meist wird bei der Bestimmung des Unternehmenswertes mit den DCF- Methoden nach der Bruttomethode vorgegangen, d.h. es werden die gesamtkapitalbezogenen FCFs, die das Ausschüttungspotenzial für Eigen- und Fremdkapitalgeber repräsentieren, mit den Gesamtkapitalkosten diskontiert.22 Es ist ebenso möglich, nach der Nettomethode die eigenkapitalbezogenen FCFs nach Abzug von Fremdkapitalzahlungen mit den Eigenkapitalkosten zu diskontieren und so direkt zum Wert des Eigenkapitals zu gelangen.23

Einen sehr neuen Ansatz stellt die Bewertung über Realoptionen dar. Dabei erfolgt die Interpretation und Bewertung von Unternehmen sowie Unternehmensteilen über Realoptionen. Die Bewertung selbst erfolgt nach der Optionspreismethode. Realoptionen sind mögliche Investitionen, die sich aus realen, finanziellen oder ideellen Vermögensgütern ergeben und vom Eintreten oder Ausbleiben von stochastischen Ereignissen abhängig gemacht werden.24

Ein Überblick über diese Methoden der Unternehmensbewertung ist in Tabelle 1 zu finden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Moderne Methoden der Unternehmensbewertung25

Bei der Wertorientierung kann man in die Gestaltung des Portfolios, die auf eine Wertsteigerung ausgerichtete Geschäftssteuerung, sowie die Prozesssteuerung unterteilen. Ferner ist die BSC als spezielles Instrument des Performance Managements in der Prozesssteuerung aufgrund ihrer Bedeutung gesondert zu betrachten. Diese Ansätze werden in den folgenden Kapiteln behandelt und auf ihre Anwendbarkeit auf durch e-Logistikprozesse überprüft.

2.2 Portfoliosteuerung: Wertorientiertes strategisches Management

Dieses Kapitel setzt sich zunächst kritisch mit den gängigen Spitzenkennzahlen, die in der Praxis häufig zur Beurteilung einzelner Geschäftsfelder bzw. -einheiten oder gesamter Unternehmen herangezogen werden, auseinander. Die Stärken und Schwächen der einzelnen Größen bzw. der zugrunde liegenden Konzepte werden dabei in Bezug auf die zutreffende Abbildung des Marktwertes, die Eignung zur Priorisierung von Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen sowie die Verwendbarkeit der Leistungsmessung der Geschäftseinheiten untersucht.

In den vergangenen Jahren haben insbesondere börsennotierte Unternehmen die Unternehmenswertsteigerung als festen Bestandteil in ihrem Zielsystem verankert. Mit der zunehmenden Ausrichtung auf diese, hat sich in der Unternehmenspraxis auch der inhaltliche Fokus des strategischen Managements verändert. Aber gerade die Vielfalt und Anzahl der Unternehmen, welche die Wertorientierung in ihr Managementsystem implementieren, hat dazu geführt, dass es das Wertsteigerungs -Konzept in Form eines einheitlichen ausgeprägten und generell so angewandten Entwurfes nicht gibt.

Immer mehr Unternehmen implementieren für die interne Leistungsmessung und die Bewertung alternativer Unternehmensstrategien auf den Kapitalmarkt gerichtete Shareholder-Value Konzepte. Diese Ansätze eröffnen den Anlegern wiederum neue Möglichkeiten zur externen Unternehmens- und Aktienbewertung.26

Das am weitesten verbreitete Modell hierbei ist das Price-Earnings-Ratio-Modell (P/E-Modell), in das die Unternehmenskennzahl Earnings per Share (EPS) eingeht. Das P/E-Modell ist das klassische Bewertungsmodell der fundamentalen Aktienanalyse. In der jüngeren Vergangenheit werden jedoch EPS-Daten dahingehend heftig kritisiert, dass durch EPS keine eindeutige Korrelation zwischen der Schaffung des Shareholder-Values und den Geschäftseinheiten und Managern herzustellen ist.27 Diese Kritik war Anstoß dafür, neue Methoden zu entwickeln, die im Folgenden näher betrachtet und im Hinblick auf die Anwendbarkeit für e- Logistikprozesse näher untersucht werden sollen.28

Zu diesen neuen Bewertungsmethoden gehören das Cash Flow Return on Investment-Modell (CFROI-Modell), das Net Present Value (NPV), der Economic Profit (EP) das Economic Value Added-Modell (EVA-Modell) sowie das Cash Value Added-Modell (CVA-Modell).

Bei diesen Konzepten wird durch Führungsaktivitäten Wert geschaffen, wenn durch anspruchsvolle Zielsetzung sowie durch strategische und operative Maßnahmen die folgenden monetären Zielgrößen verbessert werden.29

- Einperiodige Zielgrößen: Hierzu gehören der Wertbeitrag, der EVA, EP und der CFROI.
- Mehrperiodige Zielgrößen: Hierzu zählen Kapitalwerte, NPV-Werte und MVA-Größen.

Nachfolgend wird auf die wichtigsten Konzepte des EVA, des EP und des CVA eingegangen.

- Economic Value Added - der Übergewinn: Der EVA ergibt sich als positive periodische Residualwerte, wenn die Erlöse bzw. Erträge aus dem kundenwunschorientierten Output die Kosten bzw. Aufwendungen für den hierfür erforderlichen an der Anspruchsgruppe orientierten Input übersteigen. Die mindestens zu erwirtschaftende Dividende und die Zinsen bilden die Kapitalkosten bzw. die Mindestansprüche der Eigen- und Fremdkapitalgeber. Entsprechend sind für die Ansprüche der sonstigen Interessengruppen der Unternehmung Kosten bzw. Aufwendungen zu berücksichtigen. Ein Wertbeitrag größer null kennzeichnet Wertsteigerung und ein Wertbeitrag kleiner null bedeutet Wertvernichtung. Geplante und erwirtschaftete ROI-Werte werden in der Periodenrechnung bzw. Periodendurchschnittsrechnung den Weighted Average Cost of Capital (WACC) als zentralem kapitalmarktorientiertem Wertmassstab für die mindestens erforderliche Verzinsung des eingesetzten Eigen- und Fremdkapitals gegenübergestellt. Ein ROI, der größer ist als der geforderte WACC, signalisiert Wertsteigerung und ein ROI, der kleiner ist als der geforderte WACC signalisiert Wertvernichtung. Als Spread wird die jeweilige Differenz von ROI und WACC bezeichnet. Multipliziert man ihn mit dem jeweils zu verzinsenden Vermögen, zeigt dies wiederum die absoluten Größen der Wertsteigerung oder Wertvernichtung pro Periode. Für Planungs- und Entscheidungszwecke sollte der ROI auf Basis der Tageswerte ermittelt werden. Dieser Forderung entspricht am klarsten das CFROI-Konzept, das von Lewis bzw. der Boston Consulting Group entwickelt wurde.30

Der EVA wird berechnet durch die Kapitalkosten vom Betriebsergebnis nach Steuern, auch Net operating profit after taxes (NOPAT) genannt.

Demnach haben laut Stern Stewart Führungskräfte drei Optionen den EVA ihres Unternehmens zu steigern:

1. Durch die Steigerung des operativen Ergebnisses ohne zusätzliches Kapital zu binden. Dies führt zu einer höheren Rendite auf das investierte Kapital.
2. Zusätzliches Kapital wird in Projekte investiert, die eine über den Kapitalkosten liegende Rendite erwirtschaften.
3. Bereiche und Projekte die nicht die Kapitalkosten verdienen werden liquidiert, um Mittel für profitablere Vorhaben zu schaffen.

- Economic profit - der Return on invested capital (ROIC): Die Economic Profit-Methode unterteilt den Unternehmenswert einerseits in das gegenwärtig investierte Kapital und andererseits in den Gegenwartswert der zukünftig anfallenden Economic Profits. Hierbei wird eine Einperioden- Kennzahl ermittelt für den Erfolg einer Investition Der Economic Profit stellt jenen Gewinn dar, welcher nach Abzug einer „normalen“ Rendite auf das investierte Kapital erwirtschaftet wurde.31 Der Economic Profit verbindet Elemente der zahlungsstromorientierten Investitionstheorie mit erfolgswirtschaftlichen Steuerungsgrößen. Er wird üblicherweise berechnet durch Abzug des mit dem WACC multiplizierten betriebsnotwendigen Kapital vom Betriebsergebnis nach Steuern. Hierbei stellt der WACC den gewichteten Kapitalkostensatz dar. Dieser Berechnung liegt die Überlegung zugrunde, dass ein Unternehmen zumindest seine Kapitalkosten erwirtschaften muss. Bei der Ermittlung der drei Größen NOPAT, Net Operating Assets (betriebsnotwendiges Kapital, NOA) und dem WACC gibt es zahlreiche Alternativen und Detailprobleme, auf die hier nicht eingegangen wird.32

- Cash value added - der CFROI: Mit dem CFROI wurde von Lewis eine Rentabilitätskennzahl vorgestellt, die besser als herkömmliche Kennzahlen eine Beurteilung des operativen Geschäftes eines Unternehmens oder einzelner Geschäftsbereiche gewährleisten soll.33 Bei ihm handelt es sich um eine wertorientierte Kennzahl, die gemeinsam von Boston Consulting Group und HOLT Planning Associates entwickelt wurde. Im Gegensatz zu Rappaport, der das Kapitalwertverfahren zur Bestimmung des Shareholder Value anwendet, wird bei diesem Verfahren die interne Zinssatz-Methode eingesetzt. Im Unterschied zur Eigenkapital- und der Gesamtkapitalrendite schließt der CFROI das gesamte Kapital mit ein. Die Auswirkungen der Finanzierungsstruktur auf die Eigenkapitalrendite werden ausgeschaltet (siehe Leverage-Effekt34 ). Der CFROI legt für seine Berechnung die historischen Anschaffungskosten des am Ende der Betrachtungsperiode vorhandene Sachanlagevermögen, unter Berücksichtigung der Des- investitionen, zugrunde. Durch die Betrachtung des Sachanlage- vermögens anstelle des Buchwertes werden Gesellschaften "mit älteren Aktiva und entsprechend niedrigerem Buchwert nicht länger bevorzugt, wie dies z. B. bei der Gesamtkapitalrendite der Fall ist." Eine Unternehmung, die ihren Cash-Flow nicht für Reinvestitionen verwendet (Cash-Out), konnte bei herkömmlichen Renditen aufgrund der geringeren Kapitalgröße eine höhere Rentabilität ausweisen. Die Aussagekraft des CFROI ist vergangenheitsorientiert und lässt somit wenig Rückschlüsse über kommende Perioden zu.35

Das primäre Anwendungsgebiet des CFROI ist die kurzfristige wertorientierte Leistungs- und Erfolgsmessung. Da diese Wertgröße auf Daten des Jahresabschlusses zurückgreift, eignet sie sich besonders für externe Analysten. Es handelt sich hierbei um eine leicht zu kommunizierende Größe, die auch als Basis für Anreiz- und Entgeltsysteme verwendet werden kann. Zur Unterstützung der strategischen Planung und Quantifizierung der strategischen Positionierung eignet sich allerdings besser der langfristig orientierte Ansatz von Rappaport oder jener nach Copeland et al.36

Ein Überblick über die drei Konzepte ist in Tabelle 2 dargestellt.37

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Vergleichender Überblick über Bewertungskonzepte38

2.3 Geschäftssteuerung: finanzielle und operative Werttreiber als Bestimmungsfaktoren des Free Cash Flows

Neben der Vorstellung unterschiedlicher Rechenkonzepte zur Bestimmung und zum Management des Unternehmenswertes wurden im Kapitel 2.2 die Inhalte und Aufgaben des wertorientierten strategischen Management beschrieben. Hierbei ging es um Entscheidungen hinsichtlich der langfristigen Ziele des Unternehmens, der Zusammensetzung der Geschäftsbereiche bzw. der strategischen Geschäftseinheiten (SGE). Daraus ergeben sich für das wertorientierte strategische Management zwei Ansatzpunkte:

- Zum einen müssen wertorientierte Kennzahlen als zentrale Entscheidungs- und Managementkriterien herangezogen und analysiert werden. Hierbei liefert die Disaggregation der finanziellen Werttreiber im Rahmen des Shareholder-Value-Kennzahlensystems Anhaltspunkte darüber, an welchen Stellen im Unternehmen Wertsteigerungspotenziale erschlossen werden können. Dazu müssen geschäftsspezifische Shareholder-Value- Kennzahlensysteme analysiert und entsprechende Sensitivitätsanalysen und bzw. oder Best-Practice Vergleiche durchgeführt werden.

- Zum anderen ist mit wertorientiertem strategischem Management die Erarbeitung und Umsetzung von wertsteigernden Geschäftsfeldstrategien, die einen klaren Bezug zum Wettbewerb aufweisen, verbunden. Hierzu werden, ausgehend von den strategischen Erfolgsfaktoren, strategische Initiativen im Top-down-Verfahren in der Organisation operationalisiert. Diese strategischen Initiativen münden in bereits bestehenden bzw. neu zu etablierenden Geschäftsprozessen.

Beide Vorgehensweisen, die Disaggregation der finanziellen Werttreiber einerseits und die der strategischen Erfolgsfaktoren andererseits, münden in den eigentlichen Entstehungsort der Wertschöpfung, d.h. in den Geschäftsprozessen bzw. erfolgskritischen Prozessen.

Wie bereits im vorangegangenen Kapitel 2.2 dargestellt, beginnt die Umsetzung der wertorientierten Unternehmensführung zunächst mit der konsequenten Ausrichtung der Führungsebenen auf die Steigerung des Unternehmenswertes. Viele Unternehmen haben diesen Schritt in der jüngsten Vergangenheit bereits vollzogen, indem sie nun wertorientierte Kennzahlen als zentrale Entscheidungs- und Managementkriterien heranziehen. Der zweite und im Vergleich zum ersten weitaus schwierigere Schritt ist die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes durch die Entwicklung und Umsetzung von wertsteigernden Strategien. Dazu müssen der Organisation diejenigen Einflussgrößen bekannt sein, die zur Umsetzung der wertsteigernden Strategien von besonderer Bedeutung sind. Einflussgrößen können in diesem Zusammenhang:

- strategische Erfolgsfaktoren im Hinblick auf das Bestehen im Wettbewerb,
- strategische Initiativen zur Verbesserung der Zielausprägung der strategischen Erfolgsfaktoren oder
- finanzielle und operative Werttreiber sein.39

Da sich der Begriff des „Werttreibers“ in der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre ständig wachsender Bekanntheit und Verwendung erfreut, wird er nachfolgend kurz erläutert.

Das Performance Management, als ein unternehmensweites Führungsinstrument zur systematischen Umsetzung von Unternehmensstrategien, dient in einer ersten Phase dem Aufbau erfolgskritischer Messgrößen (Key Performance Indicators). Key Performance Indicators sind in diesem Sinne quantifizierbare Messgrößen zur Kommunikation und Steuerung der Unternehmensergebnisse und orientieren sich an den wesentlichen strategischen Erfolgspositionen einer Organisation. Sie umfassen sowohl Werttreibergrößen als auch operationale Prozessmessgrößen. Die Quantifizierung, inwieweit bestimmte Aktivitäten innerhalb eines Prozesses und der Output eines Prozesses das vorgegebene Ziel erreichen, führt zu einer Konkretisierung der Strategie und den daraus abgeleiteten Zielen.40 Im Folgenden wird nur noch der Begriff Werttreiber verwendet.

Der Begriff „Werttreiber“ bzw. „value driver“ hat sich in der aktuellen betriebs- wirtschaftlichen Literatur41 und in der betrieblichen Praxis als Schlagwort etabliert.

Die Werttreiber werden auch als die "Stellhebel des Unternehmenswertes"42 bezeichnet. Sie sollen einen maßgeblichen Einfluss auf das wirtschaftliche Ergebnis von Funktionen und Prozessen ausüben und das Ziel nachhaltiger Wertsteigerung mit dem operativen Geschäft verbinden.43

Der Begriff des Werttreibers geht auf Rappaport zurück, der die Bestimmungsfaktoren des FCFs als Werttreiber bezeichnet.44 Ihnen werden verschiedene Funktionen zugeordnet:

- Differenzierungsfunktion: Verdeutlichung spezifischer Wertsteigerungs- potenziale einzelner Funktionen bzw. Prozesse über alle Hierarchieebenen und Bereichsgrenzen hinweg
- Messfunktion: Quantifizierung individueller Wertbeiträge (Potenzial- erschließung)
- Steuerungsfunktion: Konkretisierung des Zieles nachhaltiger Wert- steigerung für einzelne Funktionen bzw. Prozesse durch operationale Ziel- und Zielerreichungsvorgaben
- Erklärungsfunktion: Darstellung der wesentlichen Werteinflussfaktoren und ihres Zusammenwirkens
- Signalfunktion: Früherkennung/ -warnung sowie Priorisierung von Strategien und Maßnahmen nach ihrer Wertrelevanz
- Motivationsfunktion: Individuelle Beeinflussbarkeit gibt Anreize und erhöht so die Leistungsbereitschaft (Incentivierungsansatz)45

Auffällig ist jedoch, dass die inhaltliche Begriffsdefinition bis dato nicht stimmig ist und zum Teil auch durch die Unternehmenspraxis weiterentwickelt wird. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen wurde mit der grundlegenden Arbeit von Rappaport „Creating Shareholder Value“, die 1986

Werttreibers in der Literatur geschaffen. Rappaport bezeichnet die übergeordneten Einflussgrößen auf den Free Cash Flow als Werttreiber.46 Diese sind im Einzelnen:

- Umsatzwachstum
- Umsatzrentabilität
- Dauer der Wertsteigerung
- Kapitalkostensatz
- Cash-Gewinnsteuersatz
- Investitionen in Anlage- und Umlaufvermögen.47

Diese rein finanziellen Werttreiber werden als Basis für einen Vergleich zum Wettbewerb und zur Evaluierung von strategischen Alternativen herangezogen, indem ihre Auswirkungen auf die Werttreiber und damit auf den FCF untersucht werden. Diese finanziellen Werttreiber werden vereinfacht auf Profitabilität, Kapitaleffizienz und Wachstum reduziert werden.

Kritisch muss gesehen werden, dass sich derartige Werttreiber aus einer komplexen Aggregation vieler weiterer Größen zusammensetzen. Solcherart aggregierte und nicht geschäftsspezifische Konstrukte verdecken vielfältige Wirkungsmechanismen und sind wenig operationalisierbar.48

Spätere Veröffentlichungen unterscheiden sich von Rappaports Ansatz im Wesentlichen dadurch, dass „Werttreiber“ nicht nur ausschließlich auf übergeordneter Ebene und mit rein finanziellem Charakter, sondern auf allen Ebenen der Organisation zu finden sind und auch operativen Charakter haben. Stellvertretend seien an dieser Stelle Copeland et al.49 aufgeführt, die von „operating value drivers“ auf dem „grassroots level“, der operativen Ausführungsebene, sprechen oder auch Lewis50, der die rein finanziellen Werttreiber um operative Werttreiber ergänzt.

Eine weitere, wenn auch geringfügige Differenzierung im Rahmen der operativen Werttreiber nimmt Knorren vor, der zwischen operativ generischem und geschäftsspezifischem Charakter unterscheidet. Der operativ generische gilt für mehrere Unternehmen gleichermaßen, z. B. die Forderungsreichweite, während Werttreiber mit geschäftsspezifischem Charakter für das Unternehmen individuell gelten.51

Des Weiteren wird der Begriff „Werttreiber“ nicht nur im Rahmen von wissenschaftlichen Veröffentlichungen, sondern auch durch die Unternehmenspraxis weiter geprägt. Die DaimlerChrysler AG beispielsweise beschreibt diesen Begriff wie folgt: „Werttreiber sind all jene beeinflussbaren Faktoren, die einen maßgeblichen Einfluss auf das wirtschaftliche Ergebnis einzelner Funktionen oder Prozesse ausüben und deren Verbesserung zu einer Steigerung des Unternehmenswertes führt“.52 Der Werttreiberbegriff der DaimlerChrysler AG entspricht dem des oben aufgeführten „operativen“ Werttreibers, wobei besonderer Wert auf die Ursache- Wirkungs-Beziehungen zwischen den Stellhebeln der Wertschaffung gelegt wird.

Da der Begriff „Werttreiber“ grundsätzlich als treibender Faktor zukünftiger Leitungen im Sinne einer Wertsteigerung aufgefasst werden kann, bietet sich zum anderen für jedes Unternehmen ein großer Interpretationsspielraum hinsichtlich der Begriffsverständnisse an. Die gilt vor allem dann, wenn der Begriff des Werttreibers nicht mehr als rein finanzielle Größe, sondern auch als Stellhebel zur Wertschaffung des täglichen Geschäfts auf allen Organisationsebenen aufgefasst wird. Es wird dann zunehmend schwieriger, zwischen Begriffen wie „Kostentreiber“, „Umsatztreiber“, „operative Maßnahmen“ und „Zielgrößen“ einerseits und operativen Werttreibern andererseits zu unterscheiden.

Festzuhalten ist somit zweierlei:

- Neben dem ursprünglichen Begriff des finanziellen Werttreibers von Rappaport sind zunehmend auch operative Werttreiber im Sinne von Stellhebeln des täglichen Geschäfts in der Literatur und Unternehmenspraxis anzutreffen. Das kann darauf zurückgeführt werden, dass die Unternehmen nicht mehr ausschließlich die Rechenmethodik und Der Wertbeitrag von Geschäftsprozessen - 2 Steuerungsebenen im Wertmanagement die strategiebezogene Analyse der rein finanziellen, übergeordneten Werttreiber, sondern die darunter liegenden, relevanten Stellhebel für die Wertschaffung bzw. -schöpfung in den Prozessen und Funktionen in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung stellen. Werttreiber sind somit nicht mehr allein den Controllern und Strategen vorbehalten.
- Für die Umsetzung der wertorientierten Unternehmensführung ist das Verständnis für die Stellhebel des Unternehmenswertes auf allen Organisationsebenen von entscheidender Bedeutung. Hinsichtlich des Begriffsverständnisses bedeutet das für die Unternehmen: einheitliche, unternehmensspezifische Begriffsverwendungen, die an das vorhandene und „gelebte“ Begriffsrepertoire und die jeweils verfolgte Zielsetzung angepasst sind.53

Für das Value-Based Performance Management sind sowohl finanzielle als auch operative Werttreibergrößen von Bedeutung. Dabei sind als finanzielle Werttreiber die übergeordneten, finanziellen Ergebnisgrößen von Kernprozessen und Aktivitäten zu verstehen. Wie bereits dargestellt, können diese vereinfacht auf die Profitabilität Kapitaleffizienz und das Umsatzwachstum reduziert werden. Operative Werttreibergrößen stellen die beeinflussbaren Stellhebel des Unternehmenswertes auf unterschiedlichen Organisationsebenen dar. Je operativer die Prozessebene ist, desto größer ist die unmittelbare Beeinflussbarkeit der Werttreibergrößen und ihre Messbarkeit, d.h. desto mehr haben operative Werttreiber den Charakter von Messgrößen für Prozesse und Aktivitäten.

Werttreiber entstehen und entwickeln sich normalerweise durch Zukunfts- aufwendungen, wie beispielsweise für Marketing, Forschung, Aufwendungen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit. Dabei dienen diese Zukunftsaufwendungen dazu, Risiken und Widerstände abzubauen, die sich der zukünftigen Erwirtschaftung von Einzahlungsüberschüssen entgegenstellen. Zugleich sollen sie Chancen eröffnen für neue Möglichkeiten zur Erwirtschaftung von Einzahlungsüberschüssen, den Cash- flows bzw. von Gewinnen.54

2.4 Prozesssteuerung: Leistungsindikatoren zur Prozess- optimierung

2.4.1 Prozesswertschöpfungsthematik in der Literatur

Um ein neues Konzept zu entwickeln für die Ermittlung des Prozesswertbeitrags, ist ein näheres Verständnis darüber von Vorteil, welche Ansätze bereits zum Thema Prozesswertschöpfung bestehen. Hierüber wird nun ein kurzer Überblick gegeben. Zunächst wird auf den Ansatz der Wertschöpfungskette nach Porter eingegangen. Dieser ist Ursprung weiterer moderner, prozessorientierter Wertschöpfungsbetrachtungen. Im Anschluss daran wird die Prozesskostenrechnung betrachtet. Sie ist ein Verfahren der Gemeinkostenanalyse, welche die Frage nach der nutzenoptimalen Prozessgestaltung aus Sicht der für die Prozesse benötigten Gemeinkosten stellt.55

- Wertschöpfungskette nach Porter

Nach Porter kann man Geschäftsprozesse einteilen in primäre und sekundäre. In den primären findet die originäre Wertschöpfung statt, d.h. die unmittelbare Erstellung und Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen für externe Kunden. Wertaktivitäten sind dabei physisch und technologisch unterscheidbare, global für das Unternehmen erfasste Aktivitäten, die innerhalb der Wertkette miteinander verknüpft sind und so ein System interdependenter Elemente bilden. Sie sind die Bestandteile, aus denen ein erfolgreiches Unternehmen ein für seien Kunden wertvolles Produkt generiert.56 Für den effizienten Ablauf benötigen primäre Geschäftsprozesse Unterstützung in Form von Infrastrukturleistungen. Diese stellen ihnen die sekundären Geschäftsprozesse bereit, die häufig auch unterstützende Prozesse, Support oder Infrastrukturprozesse genannt werden.57

Das Verständnis der Wettbewerbsvorteile erfordert nicht nur die Betrachtung des Unternehmens als Ganzes, sondern darüber hinaus auch die Analyse seiner Aktivitäten und deren Beiträge zur Verbesserung der Kooperation bzw. zur Nutzung von Differenzierungspotenzialen. Deshalb schlägt MacDonald eine Erweiterung des Wertketten-Konzeptes vor, mit dessen Hilfe der strategische und damit relativ globale Ansatz von Porter auf einzelne Geschäftsprozesse heruntergebrochen wird.58

- Prozessbewertung auf Basis der Prozesskostenrechnung

Kosten dienen dazu, betriebliche Leistungen monetär zu bewerten und Schwachstellen der Leistungserstellung zu erkennen. Die Aussagekraft der Kosten hängt wesentlich von dem angewandten Kostenrechnungssystem ab. Gefordert wird, dass die Kosten der betrieblichen Leistungen möglichst verursachungsgerecht, d.h. in Abhängigkeit von den beanspruchten Ressourcen zugerechnet werden.59

Die traditionelle Kostenrechnung wird dem Verursachungsprinzip nur teilweise gerecht. Der Grund ist die pauschale Umlegung der Gemeinkosten auf der Basis von Einzelkosten. Die so ermittelten Kosten spiegeln nicht den wahren Ressourcenverbrauch wider.60

Ziel der Prozesskostenrechnung ist es, die Kosten der Prozesse zu ermitteln und anschließend Produkten und Märkten zuzurechen. Die Prozesskostenrechnung macht keinerlei Aussagen über den Wert der Prozesse aus Unternehmens- und Kundensicht. Sie kann vielmehr die als Pendant zur Prozesswert- schöpfungsanalyse gesehen werden. Sie liefert hierfür die Prozessstrukturen aus Teil- und Hauptprozessen, die bewertet werden sollen. Wesentlich ist auch die bei der Prozesskostenrechnung angestellte Betrachtung. Nicht nur ein einzelner Prozess wird untersucht, sondern alle Prozesse eines Unternehmens bzw. Unternehmensteiles.61

[...]


1 vgl. Murnleitner (2001)

2 vgl. o.V. (2001f)

3 vgl. Maier (2000), S. 10

4 vgl. Fröschle (1999), S. 548 f.

5 vgl. Baumgarten u. a. (2000), S.12; vgl. Fröschle (1999), S. 550 f.

6 vgl. Isermann (1998), S. 69; Erben (2001), S. 235

7 vgl. Brunner (1999), S. 7

8 vgl. ebenda

9 vgl. ebenda, S. 23

10 vgl. Kaplan, Norton (1992), S. 77

11 vgl. Hahn (2001), S. 78

12 vgl. ebenda

13 vgl. Kuhnt (2001)

14 vgl. IDW (Hrsg.1985/86), S. 1057

15 vgl. Schultze (2001), S. 205; vgl. Aders (2000)

16 vgl. Audörsch (2001)

17 vgl. ebenda

18 vgl. ebenda

19 vgl. Schultze (2001), S. 205

20 vgl. Schultze (2001), S. 205

21 vgl. Copeland u. a. (1994), S. 135; vgl. Stewart (1991), S. XVIII

22 vgl. Damodaran (1996), S. 237 ff.

23 vgl. ebenda, S. 219 ff.; vgl. Hachmeister (1996), S. 215 f.

24 vgl. Aders (2000)

25 vgl. Aders (2000)

26 vgl. Hahn (2001), S. 80

27 vgl. Eidel (2000), S. 2

28 vgl. Hahn (2001), S. 80

29 vgl. Hahn (2001), S. 80

30 vgl. Lewis (1995), S. 40 ff.

31 vgl. o.V. (2001h)

32 NOPAT: Net Operating Profit after Tax (Betriebsergebnis), NOA: Net Operating Assets (betriebsnotwendiges Kapital), WACC: Weighted Average Cost of Capital (gewichteter Kapitalkostensatz); vgl. o.V. (2001i)

33 vgl. Lewis (1995), S. 62 ff.

34 Beim Leverage Effekt, auch Financial-Leverage-Effekt genannt, handelt es sich um ein Phänomen, das den Terminmarktteilnehmern ermöglicht, mit geringen Mitteln verhältnismäßig große Positionen im Basiswert einzugehen. Dies bedeutet jedoch auch, dass die prozentuale Veränderung der Gewinne und Verluste auf Terminkontrakten und Optionen größer ist, als die entsprechende Veränderung des Basiswertes. Vgl. Beyer (2000)

35 vgl. Klook, Coenen (1996); S. 1101 f.

36 vgl. o.V. (2001g)

37 vgl. Rehkugler (1999)

38 modifiziert nach Rehkugler (1999)

39 vgl. Friedag, Schmidt (2001), S. 176

40 vgl. Brunner, Hessing (2001)

41 vgl. Knorren (1998), S. 114 ff.; vgl. Herter (1994), S. 55; vgl. Rappaport (1995), S. 55

42 Friedag, Schmidt (2001), S. 176

43 vgl. ebenda, S. 176

44 vgl. Rappaport (1995), S. 55

45 vgl. Friedag, Schmidt (2001), S. 176

46 vgl. Rappaport (1995), S. 95

47 vgl. ebenda, S. 79

48 vgl. Knorren (1998), S. 116

49 vgl. Copeland u. a. (1993), S. 142

50 vgl. Lewis (1995), S. 62 ff.

51 vgl. Knorren (1998), S. 119

52 vgl. o.V. (2001j)

53 vgl. Friedag, Schmidt (2001), S. 180

54 vgl. ebenda

55 Weitere Ansätze der prozessorientierten Wertschöpfungsbetrachtung wären z. B. Process Value Estimation, vgl. Housel u. a. (1994), S. 101, die Prozesserlösrechnung, vgl. Hirschmann (1998), S. 39, und die marktorientierte Prozessbewertung, vgl. Hauser (1996), S. 27. Bei den Verfahren der Gemeinkostenanalyse sind noch die Gemeinkostenwertanalyse, vgl. Lorson (1994), S. 381 und das Zero-Base-Budgeting, vgl. Lorson (1994), S. 382 zu erwähnen.

56 vgl. Gutschelhofer, Riegler (1994), S. 207

57 vgl. Porter (1999), S. 434

58 vgl. MacDonald (1991), S. 139

59 vgl. Schmelzer, Sesselmann (2001), S. 154

60 vgl. Mayer (1998), S. 5; vgl. Schmelzer, Sesselmann (2001), S. 154

61 vgl. Finkeißen (1999), S. 67

Ende der Leseprobe aus 108 Seiten

Details

Titel
Wertmanagement - können Wertbeiträge für Prozesse ermittelt werden
Hochschule
Universität Stuttgart  (Lehrstuhl Controlling (Prof Horváth))
Note
1,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
108
Katalognummer
V2455
ISBN (eBook)
9783638114912
Dateigröße
1045 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wertmanagement, Wertbeiträge, Prozesse
Arbeit zitieren
Heidi Noller (Autor:in), 2001, Wertmanagement - können Wertbeiträge für Prozesse ermittelt werden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2455

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