Gründe und Inhalte der westdeutschen Währungsreform im Jahre 1948


Hausarbeit, 2001

28 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Problemstellung und Vorgehensweise

2. Wirtschaftliche Ausgangslage Deutschlands nach Ende des zweiten Weltkriegs

2.1. Wirtschaftliche Lage nach Kriegsende

2.1.1. Zurückgestaute Inflation

2.1.2. Wirkungen auf Wirtschaft und Handel

3. Vorbereitungen zur Währungsreform

3.1. Überlegungen zur Beseitigung des Geldüberhanges

3.1.1. Colm-Dodge-Goldsmith Plan

3.1.2. Homburger Plan

3.2. Konklave von Rothwesten

3.3. Leitsätzegesetz

4. Währungsreform

5. Fazit / Schlußbemerkung

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

7. Anhang
I. Historie der Währungsreform
II. Schlagwortverzeichnis
III. Tabellen

A. Tabellenverzeichnis

Tabelle1: Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung in Westdeutschland 1936 – 1958

Tabelle2: Geldumlaufvergleich: Deutsches Reich Ende 1944 versus drei Westzonen am 20.06.48

B. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung und Vorgehensweise

Der zweite Weltkrieg hatte Deutschland, wie weite Teile Europas in eine Trümmerlandschaft verwandelt und forderte allein in Deutschland 8,2 Mio. Menschenleben. Nach Ende des Krieges teilten die alliierten Siegermächte Frankreich, Großbritannien, UdSSR und die USA das Staatsgebiet des ehemaligen deutschen Reiches unter sich auf und übernahmen vorübergehend, durch die Berliner Deklaration am 5. Juni 1945, die oberste Regierungsgewalt in Deutschland. Neben unvorstellbaren Sachschäden und menschlichem Leid, welche die Schrecken des Krieges gefordert hatten, hinterließen die Kriegsfinanzierung und eine damit verbundene Lenkung der Wirtschaft ein zerrüttetes und somit funktionsunfähiges Geldwesen. Zudem war jede deutsche Selbstverwaltung zu dieser Zeit bis in die untersten kommunalen Ebenen hinein zusammengebrochen. Aus den Trümmern des ,,Dritten Reiches" entstand so die Herausforderung und die Frage, welche Voraussetzungen man für ein neues Deutschland schaffen müsse, welches autonom handeln, aber auch die Sicherheitsanforderungen der europäischen Staaten und Siegermächte erfüllen kann.

Die vorliegende Arbeit behandelt mit der Währungsreform des Jahres 1948 ein elementares Ereignis der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, wie die Verfassung des Geldwesens und der deutschen Wirtschaft nach Kriegsende war und in welcher Weise in Westdeutschland bei der Neuordnung des Geldwesens vorgegangen und dadurch die Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Wiederaufstieg geschaffen wurden. Im folgenden soll unter Währungsreform eine solche Neuordnung des Geldwesens verstanden werden, die einer monetären Instabilität ein Ende setzt und die Voraussetzung für eine funktionsfähige Geldwirtschaft wieder herstellt. Im Bezug hierauf soll im einzelnen folgenden Fragestellungen nachgegangen werden:

1. Welche Pläne standen zur Durchführung der Währungsreform zur Verfügung?
2. Was waren ihre wesentlichen Inhalte?
3. Wie wurden diese Pläne umgesetzt?

Bevor auf diese Fragestellungen eingegangen wird, erfolgt im zweiten Kapitel zunächst die Skizzierung der politischen und wirtschaftlichen Situation Deutschlands. Diese wird zunächst durch die Darstellung der wesentlichen Ursachen der vorherrschenden Inflation skizziert. Um den Zusammenhang zwischen Reichsverschuldung und Geldumlauf zu verdeutlichen, wird kurz auf die Haushaltsentwicklung des Deutschen Reiches von 1936/37 bis 1944/45 eingegangen. Im dritten Kapitel dieser Hausarbeit wird die erste der obengenannten Fragestellungen behandelt. Die Ausführungen beschränken sich hierbei auf die beiden Konzepte, die letztendlich im Konklave von Rothwesten alternativ zur Durchführung der Reform zur Verfügung standen. Im vierten Kapitel erfolgt dann eine Darstellung der drei grundlegenden Gesetze der Neuordnung des Geldwesens.

Neben der Darstellung der Ereignisse und Hintergründe die zur Währungsreform im Jahre 1948 führten, legt diese Arbeit einen besonderen Schwerpunkt darauf, die Motive der damaligen Entscheidungen zu untersuchen. Für die „Väter der Neuordnung“ bestanden hierbei zwei mögliche Leitlinien:

1. Autonom aus den Fehlern und dem Zusammenbruch des Geldwesens zu lernen mit dem Wunsch, eine Grundlage für ein neues System ohne die alten Schwächen zu installieren.
2. Das Handeln unter dem Druck der Siegermächte, die überwiegend an einem selbstverwalteten, aber friedlichen Deutschland interessiert waren.

Vor allem die Frage, inwieweit die Währungsreform aus deutscher Eigeninitiative bzw. sie von den Siegermächten erzwungen worden war, soll hier ein Bestandteil der Untersuchung sein.

Nicht immer hält sich diese Arbeit streng an die Chronologie der Ereignisse. Die Übersichtlichkeit macht es gelegentlich notwendig, ein wenig vorzugreifen. Im Anhang findet sich jedoch eine chronologische Übersicht über die Ereignisse zur Orientierung für den Leser. Auch kann im engen Rahmen einer solchen Hausarbeit nur auf die wirtschaftlichen Geschehnisse eingegangen werden; die politischen und sozialen Komponenten (Auswirkungen des Krieges und der Nachkriegszeit auf die Wirtschaft anderer Kriegsparteien, Unterversorgung der deutschen Bevölkerung in der Nachkriegszeit, Reparationen, Demontagen, Vertreibungen aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße-Grenze, zerstörte Infrastruktur u.v.a.) können daher nur am Rande berücksichtigt werden.

2 . Wirtschaftliche Ausgangslage Deutschlands nach Ende des zweiten Weltkriegs

Beginnend mit der Erörterung der wirtschaftlichen Lage Deutschlands nach Ende des zweiten Weltkrieges sollen zunächst die Folgewirkungen der kriegsfinanzierungsbedingten Aushöhlung der Reichswährung dargestellt werden, um die Beweggründe für eine Währungsreform und die später tatsächlich eingesetzten Instrumentarien besser einordnen zu können. Im wesentlichen soll hier die Entstehung und das Wesen der sogenannte „zurückgestauten Inflation“ betrachtet werden, sowie die Folgewirkungen dieser auf Wirtschaft und Handel. Zusätzlich soll in diesem Kapitel eine kurze Darstellung der Haushaltsentwicklung des Deutschen Reiches von 1936/37 bis 1944/45 den Hintergrund zwischen Geldumlauf und Reichsschuld skizzieren.

Die Frage, inwieweit die spätere Währungsreform von der hier dargestellten Ausgangssituation beeinflusst wurde, und wenn ja mit welchen sichtbaren Konsequenzen sie die Währungsreform beeinflusste, soll im abschließenden Fazit wieder aufgenommen werden.

2.1. Wirtschaftliche Lage nach Kriegsende

Nach sechs Jahren Kriegswirtschaft endete, durch die bedingungslose Kapitulation am 8. Mai 1945, der zweite Weltkrieg für das Deutsche Reich.[1] Große Teile der wirtschaftlichen Produktionsstätten, der Infrastruktur und Wohnhäuser waren infolge des Krieges teilweise oder ganz zerstört. Insgesamt wurde ca. ein Sechstel des industriellen Vorkriegskapitalstocks in Westdeutschland vernichtet und eine Selbstverwaltung Deutschlands war bis in die untersten kommunalen Ebenen faktisch nicht mehr gegeben.[2] Zudem war eine gewaltige Aufblähung des Geldvolumens, bedingt durch den Krieg und die Art seiner Finanzierung, zu beobachten.

Obwohl nach Ende des Krieges eine Vernichtung von ca. einem Sechstel des industriellen Vorkriegskapitalstocks zu beobachten war, ist das industrielle Anlagevermögen nach Kriegsende jedoch kalkulatorisch höher als vor Beginn des Krieges anzusetzen.[3] Dieser Tatbestand lässt sich dadurch erklären, dass schon im Laufe der Kriegsvorbereitungen die Weichen für einen massiven Ausbau der kriegsindustriellen Produktionsstätten gestellt wurden, welche während des Krieges ihre Umsetzung fanden. Aus diesem Grunde wuchs das gesamte industrielle Anlagevermögen während des Krieges. (vgl. Tabelle 1)

A.1. Tabelle 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zur Produktion ließen sich diese Anlagen nach Kriegsende jedoch nur bedingt nutzen. Ihre Zerstörungsgrade und die zum Teil massive Beschädigung der angeschlossenen Infrastruktur waren meist an ihre jeweilige strategische Wichtigkeit gekoppelt. Zusätzlich wurde ihre Nutzbarkeit durch die Folgen der Berliner Deklaration vom 5. Juni 1945 gehemmt. Ergebnis dieser Deklaration war die Aufteilung Deutschlands durch die Alliierten Siegermächte Frankreich, Großbritannien, UdSSR und die USA in vier Besatzungszonen. Obwohl alle Siegermächte anfänglich dafür stimmten schnellstmöglich einen einheitlichen, neu strukturierten Wirtschaftsraum für ganz Deutschland zu kreieren, verfolgten die einzelnen Alliierten doch eher eigene politische Interessen, wie etwa die Einforderung Frankreichs und der Sowjetunion von Reparationen[4].

Doch auch wenn viele der teilweise zerstörten Produktionsstätten mit relativ wenig Aufwand wieder instand hätten gesetzt werden können und ausgehend von einem, wie skizziert, relativ hohen Anlagevermögen in Westdeutschland (vgl. Tabelle 1), lag die Gesamtproduktion weit unter der, der Vorkriegszeit.[5] Zudem war eine niedrige Arbeitsproduktivität und eine faktisch höhere Bevölkerung, bedingt durch den Zustrom von Flüchtlingen festzustellen.[6] (vgl. Tabelle 1)

Wie lässt sich der Sachverhalt der niedrigen Gesamtproduktion und Produktivität nun jedoch erklären? Scheinbar war nicht das Ausmaß der Zerstörungen der Produktionsanlagen ausschlaggebend für die niedrige Gesamtproduktion. Vielmehr kann die Ursache hierfür bei der Art der deutschen Kriegsfinanzierung gesucht werden. Gekoppelt mit noch zu beschreibenden Wirtschaftsgesetzen war sie der Auslöser einer sogenannten „zurückgestauten Inflation“.[7]

2.1.1 Zurückgestaute Inflation

Im Gegensatz zur Kriegsfinanzierung des Kaiserreiches, welches den Krieg durch direkte Ausgabe von Kriegsanleihen finanziert hatte, finanzierte die nationalsozialistische Führung ihre kriegsbedingten Defizite über direkte Kredite bei der Reichsbank. Die Möglichkeit hierfür legte das nationalsozialistische Regime bereits 1937. Per Gesetz wurde die Reichsbank dem Reichskanzler direkt unterstellt. Dies legte den Grundstein für die Möglichkeit einer praktisch unbegrenzten Geldschöpfung seitens der Führung.[8]

Da die nationalsozialistische Führung für die Kriegsführung große Kapitalmengen benötigte, machte sie von dieser Art der Mittelbeschaffung dann auch regen Gebrauch.[9] Die Ausmaße, die diese Art der Geldschöpfung zu Ende des Krieges angenommen hatten, waren immens. Das Geldvolumen stieg vom Rechnungsjahr 1938 bis zum Jahr 1944 von ca. 53 Milliarden auf ca. 250 Milliarden Reichsmark an, was einer Verfünffachung des Geldvolumens gleichkam. Die Reichsschuld stieg in dieser Zeit von ca. 20 Milliarden auf 214 Milliarden Reichsmark. Bei normaler Geldwertschöpfung hätte sich dieses Gesamtgeldvolumen jedoch nur dann für das Jahr 1944 einstellen dürfen, wenn das deutsche Reich in der Zeit von 1938-1944 ein stetiges Wirtschaftswachstum von über 25% aufgewiesen hätte. Wie den vorangegangenen Ausführungen und Tabellen zu entnehmen ist kann hiervon jedoch keine Rede sein. Dieses verdeutlicht die gewaltige Dimension dieses Gesamtgeldvolumenzuwachses. Der hieraus folgende Zustand, dass dem immensen Geldvolumen de facto fast keine Kompensation auf der Güterseite gegenüberstand, man hatte zudem während des Krieges zunehmend auf die Produktion von Konsumgütern verzichtet, scheint hier von entscheidender Bedeutung. Dieser Zustand hätte bei freier Preisbildung nämlich inflatorische Mechanismen auslösen müssen. Diese wurden jedoch durch wirtschaftspolitische Maßnahmen unterdrückt. Da die Nationalsozialisten ihr kriegsbedingtes Staatsdefizits aus politischen Gründen nicht über eine Erhöhung der Steuern refinanzieren und zur Beruhigung der Bevölkerung keine offene Inflation wollten, wurde per Erlass ein ganzer wirtschaftspolitischer Maßnahmenkatalog eingeführt und umgesetzt, der neben Lohn- und Preisstopps auch Teile der Bewirtschaftung und die staatliche Zuteilung von Rohstoffen regelte. Hierdurch sollte u.a. die Grundversorgung des Volkes gewährleistet werden.[10] Eine zusätzliche Einführung und Ausgabe von Bezugsscheinen wurde ebenfalls nötig, da dem vorhandenem Geld (dies soll auch die fortlaufenden Löhne und Gehälter einschließen) die inflationssteigernde Wirkungsmöglichkeit entzogen werden musste. Zudem war es notwendig, wollte man erfolgreich inflatorischen Tendenzen begegnen, möglichst viele liquide Mittel aus dem Verkehr zu ziehen. Deshalb bestand für Unternehmungen ein Verbot der Geldhortung.[11] So sollte alles Kapital, was nicht zur Investition vorgesehen war zurück zu den Banken fließen, wo es als Einlagen oder in Form von Reichstiteln, zu dieser Zeit eine der einzigen Anlagemöglichkeiten, gehalten wurde. Gleichzeitig diente dies wiederum der Staatsfinanzierung. So belief sich die Summe der Sicht-/Termineinlagen und der Spareinlagen nach Ende 1944 auf ungefähr 197 Milliarden Reichsmark. (vgl. Tabelle 2) Bedingt durch die beschränkten Anlagemöglichkeiten, kam es dazu, dass zu dieser Zeit insgesamt ca. zwei drittel aller Bankaktiva Reichstitel waren.[12]

A.2. Tabelle 2

Geldumlaufvergleich: Deutsches Reich Ende 1944 versus drei Westzonen am 20.06.48

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da eine Aufhebung der staatlichen Reglementierung, so fürchtete man, in eine offene Inflation ausarten und den Wiederaufbau marktwirtschaftlicher Strukturen lähmen bis unmöglich machen könnte, übernahmen die Alliierten dieses System nach Ende des Krieges und setzten zudem den Handel mit Reichstiteln aus. Hieraus resultiert nun die Frage, wie diese zurückgestaute Inflation sich in der Nachkriegszeit auf die Wirtschaft und den Handel in der Art auswirken konnte, dass sich eine niedrige Gesamtproduktion und eine niedrige Arbeitsproduktivität einstellten.

[...]


[1] Vgl. Brackman (1993), S.189.

[2] Vgl. Fischer (Rainer Klump, 1989), S.410.

[3] Vgl. Fischer (Rainer Klump, 1989), S.410.

[4] Vgl. Brackman (1993), S.200ff.

[5] Vgl. Fischer (Rainer Klump, 1989), S.410f.

[6] Vgl. Fischer (Rainer Klump, 1989), S.410f.

[7] Vgl. Fischer (Christoph Buchheim, 1989), S.391.

[8] Vgl. Riese (Silke Tober, 1999), S.102.

[9] Vgl. Hampe (Hans Möller, 1989), S72.

[10] Vgl. Hampe (Hans Möller, 1989), S.73 und Riese (Silke Tober, 1999), S.102.

[11] Vgl. Riese (Silke Tober, 1999), S.102.

[12] Vgl. Fischer (Christoph Buchheim, 1989), S.414.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Gründe und Inhalte der westdeutschen Währungsreform im Jahre 1948
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal  (FB 6)
Veranstaltung
Interdisziplinäre Veranstaltung
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
28
Katalognummer
V2439
ISBN (eBook)
9783638114783
Dateigröße
621 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sehr dichte Arbeit, 10-Punkt-Schrift. 400 KB
Schlagworte
Gründe, Inhalte, Währungsreform, Jahre, Interdisziplinäre, Veranstaltung
Arbeit zitieren
Bastian Müller (Autor:in), 2001, Gründe und Inhalte der westdeutschen Währungsreform im Jahre 1948, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2439

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