Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Bürgerbefragungen. Bestandsaufnahme und kritische Analyse anhand von Beispielen aus der Praxis


Diplomarbeit, 1999

115 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG

1 BÜRGERBEFRAGUNGEN
1.1 Begriffliche Abgrenzung zwischen Bürgerbefragungen und Kundenbefragungen
1.1.1 Allgemeine Bürgerbefragungen
1.1.2 Kundenbefragungen
1.1.2.1 Allgemeine Kundenbefragungen
1.1.2.2 Spezielle Kundenbefragungen in einem Bereich
1.2 Gründe weshalb Bürgerbefragungen durchgeführt werden
1.3 Zielsetzungen bei Bürgerbefragungen
1.4 Befragungsanlässe bei Bürgerbefragungen
1.5 Unterschiede zwischen Bürger und Kunde

2 VORBEREITUNG DER BÜRGERBEFRAGUNG
2.1 Zieldefinition
2.2 Träger der Befragungen
2.2.1 Durchführung der Befragung durch die Verwaltung
2.2.2 Durchführung der Befragung durch externen Berater
2.2.3 Durchführung der Befragung in Kooperation
2.3 Zeitpunkt der Befragung
2.4 Beteiligte bei der Befragung
2.5 Die Form der Arbeitsorganisation
2.6 Merkmalsarten bei einer Bürgerbefragung
2.7 Untersuchungsarten
2.7.1 Primäruntersuchung
2.7.2 Sekundärstatistische Untersuchung
2.7.3 Die Grundgesamtheit
2.7.4 Vollerhebung und Teilerhebung
2.7.4.1 Auswahl nicht zufällig
2.7.4.2 Zufällige Auswahl
2.7.5 Die Repräsentativität
2.8 Ziel - und Meßdimensionen von Bürgerbefragungen
2.9 Die Operationalisierung

3 KONSTRUKTION UND TEST DER ERHEBUNGS - INSTRUMENTE
3.1 Untersuchungsmethoden und deren Auswahl für eine Bürgerbefragung
3.1.1 Befragungen nach dem Grad der Strukturiertheit
3.1.1.1 Standardisiertes Interview
3.1.1.2 Teilstandardisiertes Interview
3.1.1.3 Freies Interview
3.1.2 Befragungen nach der Kommunikationsform
3.1.2.1 Die persönlich-mündliche Befragung
3.1.2.2 Die schriftliche Befragung
3.1.2.3 Die telefonische Befragung
3.1.3 Maßnahmen zur Steigerung der Rücklaufquote
3.2 Frageformen bei einer Bürgerbefragung
3.2.1 Offene Fragen
3.2.2 Geschlossene Fragen
3.2.2.1 Nominalskala
3.2.2.2 Ordinalskala
3.2.2.3 Kardinalskala
3.2.3 Direkte Fragen
3.2.4 Indirekte Fragen
3.3 Fragetypen bei einer Bürgerbefragung
3.3.1 Faktfragen
3.3.2 Meinungs- und Einstellungsfragen
3.3.3 Motivfragen
3.3.4 Verhaltensfragen
3.4 Formulierung der Fragen für den Fragebogen
3.4.1 Einfachheit
3.4.2 Klarheit
3.4.3 Keine Überforderung
3.4.4 Keine Beeinflussung
3.4.5 Verständlichkeit
3.5 Fragebogengestaltung und Fragebogenaufbau
3.5.1 Einleitende Fragen
3.5.2 Hauptfragen
3.5.3 Abschließende Fragen
3.6 Äußere Gestaltung des Fragebogens
3.7 Länge des Fragebogens
3.8 Gütekriterien
3.8.1 Objektivität
3.8.2 Reliabilität
3.8.3 Validität
3.9 Pretest

4 DIE DURCHFÜHRUNG EINER BÜRGERBEFRAGUNG
4.1 Durchführung einer schriftlichen Befragung
4.1.1 Anschreiben für den Fragebogen
4.2 Durchführung einer mündlichen Befragung
4.2.1 Interviewerschulung

5 DIE AUSWERTUNG DER BÜRGERBEFRAGUNG
5.1 Satzaufbau
5.2 Die Kodierung des Fragebogens
5.3 Auswertung
5.3.1 Häufigkeitsverteilung
5.3.2 Mittelwert
5.3.3 Kreuztabellen

6 DATENSCHUTZ BEI EINER BÜRGERBEFRAGUNG

7 PRÄSENTATION EINER BÜRGERBEFRAGUNG
7.1 Möglichkeiten der Ergebnisdarstellung
7.1.1 Kurzbericht
7.1.2 Eckdatenbericht
7.1.3 Abschlußbericht
7.2 Präsentationsmittel bei einer Bürgerbefragung im Abschlußbericht
7.2.1 Tabellen
7.2.2 Grafiken
7.2.3 Texte
7.3 Möglichkeiten der Präsentation
7.3.1 Hausinterne Präsentation
7.3.2 Lokale Präsentation
7.3.3 Präsentation in den politischen Gremien
7.3.4 Überörtliche Präsentation
7.4 Verwendung der Ergebnisse und deren Umsetzung
7.5 Interkommunaler Leistungsvergleich bei Bürgerbefragungen

8 BETEILIGTE BEI EINER BÜRGERBEFRAGUNG
8.1 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltung
8.2 Gemeinderat
8.3 Presse
8.4 Personalrat
8.5 Bürger

9 DIE ZUKUNFT DER BÜRGERBEFRAGUNGEN PER ONLINE - MEDIEN

10 SCHLUßBETRACHTUNG

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

LITERATURVERZEICHNIS

ANLAGENBAND

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildungen

Abbildung 1: Qualitätsmanagement

Abbildung 2: Bürgerbefragungen

Abbildung 3: Zielsetzungen bei Bürgerbefragungen

Abbildung 4: Befragungsanlässe bei Bürgerbefragungen

Abbildung 5: Träger der Befragungen

Abbildung 6: Auswahlverfahren für Teilerhebungen

Abbildung 7: Methoden der Bürgerbefragung

Abbildung 8: Frageformen bei einer Bürgerbefragung

Abbildung 9: Übersicht über Merkmale und Skalen

Abbildung 10: Zusammenfassung der „Regeln“ für die Frageformulierung nach Berke

Abbildung 11: Fragebogenaufbau

Abbildung 12: Äußere Fragebogengestaltung

Abbildung 13: Gegenstand eines Pretests sind:

Abbildung 14: Empfehlung für Grundzüge eines „klassischen“ Pretests

Abbildung 15: Anschreiben für den Fragebogen

Abbildung 16: Interviewerschulung

Abbildung 17: Variablen für die Kodierung

Abbildung 18: Antwortmodelle

Abbildung 19: Ursachen für fehlende Antworten bei Fragebögen

Abbildung 20: Bestandteile und Aufbau des Abschlußberichtes

Abbildung 21: Das Kreisdiagramm

Abbildung 22: Das Stabdiagramm

Abbildung 23: Beispiel für ein Balkendiagramm

Abbildung 24: Präsentationsmöglichkeiten

Abbildung 25: Medienleitfaden

Tabellen

Tabelle 1: Praxisbeispiele und die gewählten Begriffe, sind diese richtig ?

Tabelle 2: Ziele der Beispielstädte, die bei der Bürgerbefragung verfolgt wurden

Tabelle 3: Zeitpunkt der Befragung

Tabelle 4: Merkmalsarten bei einer Bürgerbefragung

Tabelle 5: Vor- und Nachteile der Teilerhebung

Tabelle 6: Vor- und Nachteile der Vollerhebung

Tabelle 7: Auswahlverfahren der Beispielstädte

Tabelle 8: Rücklaufquoten der Städte Biberach, Böblingen, Fellbach und Heilbronn

Tabelle 9: Strukturqualität

Tabelle 10: Vor- und Nachteile des standardisierten Interviews

Tabelle 11: Vor- und Nachteile des teilstandardisierten Interviews

Tabelle 12: Vor- und Nachteile der persönlich-mündlichen Befragung

Tabelle 13: Vor- und Nachteile der schriftlichen Befragung

Tabelle 14: Vor- und Nachteile der telefonischen Befragung

Tabelle 15: Beispiele für offene Fragen aus den Fragebögen

Tabelle 16: Vor- und Nachteile von offenen und geschlossenen Fragen

Tabelle 17: Beispiele für Faktfragen aus den Fragebögen

Tabelle 18: Beispiele für Verhaltensfragen aus den Fragebögen

Tabelle 19: Haben die Städte die Länge des Fragebogens beachtet ?

Tabelle 20: Welche der Beispielstädte haben einen Pretest durchgeführt ?

Tabelle 21: Durchführung der Bürgerbefragung

Tabelle 22: Beispiel für die Darstellung einer Häufigkeitsverteilung

Tabelle 23: Übersicht welche Auswertungsmöglichkeiten für welchen Merkmalstyp sinnvoll sind

Tabelle 24: Wie wurde die Auswertung bei den vier Städten gemacht ?

Tabelle 25: Wurde der Datenschutz von den vier Städten beachtet ?

Tabelle 26: Präsentation der Ergebnisse der Befragung

Tabelle 27: Welche Veränderungsprozesse sind seit der Befragung gemacht worden ?

Tabelle 28: Ansatzpunkte zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Bürger und Verwaltung

Tabelle 29: Wen haben die Beispielstädte bei der Befragung beteiligt ?

Tabelle 30: Vor- und Nachteile des Bürgerservices per Internet für den Bürger

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

EINLEITUNG

Immer häufiger findet man Zeitungsartikel[1] über Bürgerbefragungen, Bürgerumfragen und Kundenorientierung. Zahlreiche Städte und Gemeinden führen Bürgerbefragungen durch. Die Verwaltungen greifen hiermit ein Instrumentarium auf, welches in der Privatwirtschaft schon seit längerer Zeit zur Messung der Kundenzufriedenheit dient. Viele Kommunen durchlaufen momentan diesen Verwaltungsmodernisierungsprozess. Gerade in Zeiten bei denen die Haushaltsmittel der Kommunen knapper werden, gewinnen Ergebnisse aus Bürgerbefragungen zunehmend an Bedeutung. Sie werden zu Kontrollinstrumenten des kommunalen Haushaltes und sind für eine effektive Verwaltungssteuerung unverzichtbar. Bürgerbefragungen sind ein Teil der Kundenorientierung, diese sind wiederum ein Bestandteil des Qualitätsmanagements.

Abb. 1: Qualitätsmanagement

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch die Politik und die Verwaltung werden Qualitätsstandards festgelegt. Das Amt oder der Fachbereich erbringt die Qualität. Diese Leistungen können objektiv und subjektiv gemessen werden, wie zum Beispiel die Bearbeitungsdauer einer Baugenehmigung, Anzahl der Widersprüche oder die Wartezeiten. Doch wie eine Wartezeit von 5 Minuten von den Bürgern empfunden wird, ob diese zu lang, angemessen oder zu kurz ist, kann mit objektiven Kriterien nicht genau beurteilt werden. Ebenso sind auch nicht alle festgelegten Qualitätsstandards objektiv meßbar, vor allem nicht die Verhaltensweisen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und auch die Beratungsleistungen gegenüber dem Bürger. Für das Empfinden, also die persönlichen Gefühle und Interessen, benötigen wir subjektive Meßkriterien. Es kommt hierbei auf die Wirkung, das „Outcome“ an. Die Verwaltungen nutzen Befragungen, „...um zum einen die Erwartungen der Bürger/Innen an das Leistungsspektrum der Verwaltungen abzugreifen, zum anderen, um eben dieses Leistungsspektrum einer kritischen Bewertung durch die Bürger/Innen zu unterziehen.“[2]

Auch die Städte Biberach, Böblingen, Fellbach, Heilbronn und Ludwigsburg haben eine Bürgerbefragung durchgeführt. In meiner Diplomarbeit verwende ich die Städte Biberach, Böblingen, Fellbach und Heilbronn vertieft als Beispiele. Die Stadt Ludwigsburg wird nur auszugsweise erwähnt, da diese als einzige der fünf Städte 1993 einen interkommunalen Leistungsvergleich im Rahmen des Pilotprojekts der Bertelsmann Stiftung angestrebt hat.

1 BÜRGERBEFRAGUNGEN

1.1 Begriffliche Abgrenzung zwischen Bürgerbefragungen und

Kundenbefragungen

Abb. 2: Bürgerbefragungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bürgerbefragungen lassen sich in die zwei Kategorien der Allgemeinen Bürgerbefragungen und der Kundenbefragungen unterscheiden.

1.1.1 Allgemeine Bürgerbefragungen

Allgemeine Bürgerbefragungen erforschen Lebensbedingungen, subjektive Einstellungen, Meinungen und Einschätzungen zu kommunalen Themen. Diese sind jedoch unabhängig von einer unmittelbaren Leistungsbeziehung zwischen den Bürger/Innen und der Verwaltung. Sie erfassen auch Nicht-Benutzer bzw. Nicht-Kunden von kommunalen Angeboten bzw. Einrichtungen. Allgemeine Bürgerbefragungen werden nicht regelmäßig durchgeführt. In vielen Städten werden sie als Bürgerumfragen bezeichnet. Beispielsweise die Bürgerumfrage in Stuttgart[3] oder in Karlsruhe.[4] Es gibt insgesamt drei Bereiche in denen Allgemeine Bürgerbefragungen durchgeführt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.1.2 Kundenbefragungen

„Kundenbefragungen erforschen die subjektiven Einschätzungen, Meinungen und Einstellungen von Bürgern und Bürgerinnen in Folge des unmittelbaren Kontakts zwischen der Verwaltung und den Bürgern bzw. Bürgerinnen.“[5] Somit entsteht eine unmittelbare Leistungsbeziehung zur Verwaltung. Kundenbefragungen sind kein einmaliges Instrument, sondern eingebunden in einen ständigen Prozeß des Qualitätsmanagements. Sie werden auch als Publikumsbefragungen bezeichnet. Beispielsweise die Publikumsbefragung der Stadt Hagen.[6] Kundenbefragungen lassen sich in die zwei Formen der allgemeinen Kundenbefragungen und spezielle Kundenbefragungen in einem Bereich unterscheiden.

1.1.2.1 Allgemeine Kundenbefragungen

Es werden alle Kunden einer Verwaltung unabhängig welchen Bereich (Ämter) sie aufgesucht haben, „...zu ihren Erfahrungen mit Ihrem Besuch befragt.“[7] Es wird hierbei meist ein allgemeines Image herausgearbeitet, oder es sollen die Bereiche innerhalb einer Verwaltung aus Kundensicht analysiert werden, die eher problematisch sind.

1.1.2.2 Spezielle Kundenbefragungen in einem Bereich

Mit dieser Art der Befragung soll auf die besondere Situation eines Bereiches der Verwaltung eingegangen werden. Zum Beispiel wird ein Fragebogen nur für ein einziges Amt einer Behörde entwickelt. Hierbei werden stärkere Anhaltspunkte für Veränderungen geliefert wie bei Allgemeinen Kundenbefragungen. Spezielle Kundenbefragungen bieten sich vor allem in publikumsintensiven Bereichen an wie zum Beispiel in Einwohnermeldeämtern, Bürgerämtern und in Bereichen, wo es Anzeichen für Probleme zwischen Bürgern bzw. Bürgerinnen und der Verwaltung gibt. Solche Bereiche sind beispielsweise die Sozialämter, das Amt für Öffentliche Ordnung und das Bauamt.

In meiner Diplomarbeit verwende ich meistens den Begriff der „Bürgerbefragung“. Sobald aber ein Bürger in einer unmittelbaren Leistungsbeziehung zu einer Kommune steht, wird an manchen Stellen der Begriff „Kundenbefragung“ verwendet.

Viele Kommunen sowie auch Einwohner, Bürger bzw. Kunden denken, daß Bürgerbefragungen und Kundenbefragungen eigentlich das gleiche sei. Aber das ist nicht so; es bedarf einer genauen Unterscheidung.

Welche Nachteile oder Vorteile hat eine Kundenbefragung im Gegensatz zu einer Allgemeinen Bürgerbefragung ?

Ausführliche Literatur darüber gibt es noch nicht, jedoch hat beispielsweise die Stadtverwaltung Hagen beide Arten der Befragung durchgeführt. Diese gibt einen Hinweis darauf, daß bei Kundenbefragungen nur immer diejenigen Personen erreicht werden, die gerade die Stadtverwaltung in Anspruch nehmen und deshalb kaum repräsentativ für die gesamte Bevölkerung sind. Zudem fehle es in der Regel an der Zeit für eine etwas ausführlichere Fragestellung. „Publikumsbefragungen bleiben daher noch mehr an der Oberfläche kurz geäußerter Meinungen, als das qualitative Umfragen überhaupt schon tun.“[8] Bretschneider[9] weißt darauf hin, daß Kundenbefragungen zu komplementären Befragungsergebnissen führen und ihre Interpretationsmöglichkeit bei der Verwertung wesentlich erweitert wird, wenn eine zeitliche und thematische Abstimmung einer Allgemeinen Bürgerbefragung erfolgt.

Tab. 1: Praxisbeispiele und die gewählten Begriffe, sind diese richtig ?

Stadt Begriff Literaturangabe

Biberach Bürgerbefragung Siehe Anlage 1

Böblingen Kundenbefragung Siehe Anlage 2

Fellbach Bürgerbefragung Siehe Anlage 3

Heilbronn Bürgerbefragung Siehe Anlage 4

Ludwigsburg Kundenbefragung Siehe Anlage 5

Biberach

Die Stadtverwaltung Biberach hat ihren Fragebogen für alle Ämter der Stadt entwickelt und Bürger bzw. Kunden befragt, die das Rathaus besuchten. Die Rathausbesucher standen in einem direkten Leistungsverhältnis zur Verwaltung. Es wurde zwar der Begriff der Bürgerbefragung gewählt, jedoch fand keine genaue Unterscheidung zu einer Allgemeinen Kundenbefragung statt.

Böblingen

Die Stadt Böblingen hat wie Biberach die gleiche Methode der Befragung ausgewählt, jedoch nicht Bürgerbefragung, sondern den Begriff der Kundenbefragung verwendet. Dieser Begriff wurde richtig gewählt, da die Rathausbesucher in einem unmittelbaren Leistungsverhältnis zur Verwaltung standen.

Fellbach

Die Stadt Fellbach hat den gleichen Fehler wie die Stadt Biberach gemacht. Da diese keine exakte Unterscheidung der Begriffe Kunden - bzw. Bürgerbefragung gewählt hat.

Heilbronn

Heilbronn hat bei der Befragung zwei verschiedene Methoden angewandt. Im Rathaus selbst wurden Fragebögen ausgelegt und es wurde eine Stichprobe von Personen, die in der Stadt wohnen ausgesucht. Diese Personen wurden von einem Inter-

viewer besucht und befragt. Es wurde jeweils der gleiche Fragebogen angewandt. Das Auslegen der Fragebögen ist eine Kundenbefragung, der Besuch bei den Bürgern ist eine Allgemeine Bürgerbefragung. Bei dem Besuch der Interviewer standen die Bürger nicht in einem unmittelbaren Leistungsverhältnis zur Stadt Heilbronn.

Ludwigsburg

Ludwigsburg hat nicht nur einen Fragebogen für alle Ämter im Rahmen des Bertelsmannprojektes, sondern für die verschiedenen Bereiche[10] je einen Fragebogen entwickelt. Der Begriff der Kundenbefragung wurde richtig ausgewählt. Die Stadt Ludwigsburg hat als einzige der fünf Städte mehrere Kundenbefragungen in speziellen Bereichen durchgeführt.

1.2 Gründe weshalb Bürgerbefragungen durchgeführt werden

Die Qualität der Leistungen ist für jede Stadt und Gemeinde wichtig:

- Jeder Fachbereich muß innerhalb der vorgegebenen Leistungs- und Finanzziele

die Qualität seiner Dienstleistung fortwährend optimieren.“[11]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Neben den objektiv meßbaren Qualitätsmerkmalen sind auch die subjektiven Bewertungen durch die Bürger/Innen in ihrer Rolle als Kunden zu berücksichtigen.

Durch Befragungen erfahren Politik und Verwaltung, welche Einschätzungen und Wünsche die Bürger und Bürgerinnen haben.“[12]

1.3 Zielsetzungen bei Bürgerbefragungen

Bürgerbefragungen konzentrieren sich auf drei Zielsetzungen: Die der Bedarfsmessung, der Erfolgsmessung und der Zufriedenheitsmessung. Darüber hinaus inspirieren Bürgerbefragungen die aktive Mitgestaltung der Bürger und Bürgerinnen an ihrer Verwaltung.

Bretschneider[13] gibt einen guten Überblick über (potentielle) Zielsetzungen, die kommunale Verwaltungen mit Bürgerbefragungen anstreben.

Abb. 3: Zielsetzungen bei Bürgerbefragungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.4 Befragungsanlässe bei Bürgerbefragungen

Bretschneider[14] weist auf eine Vielzahl von Befragungsanlässen hin, die sich aus dem statistischen Informationsbedarf der kommunalen Selbstverwaltung ergeben.

Abb. 4: Befragungsanlässe bei Bürgerbefragungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.5 Unterschiede zwischen Bürger und Kunde

Diese Begriffe des Neuen Steuerungsmodells wurden kontrovers diskutiert. Die öffentliche Verwaltung sieht sich in den letzten Jahren immer mehr als Dienstleistungsunternehmen und die Bürger und Bürgerinnen als Adressat von Verwaltungsleistungen als Kunden. Es wird oft so getan, als ob der Bürger Kunde sei. Kann jedoch ein Bürger als Kunde bezeichnet werden, wenn ein Bauantrag abgelehnt wird, ein Knöllchen ausgestellt wird, die Heimunterbringung eines Jugendlichen oder Schulzwang veranlaßt wird ? „Wie soll der Bürger Kunde sein, wenn ihm eine Leistung aufgezwungen oder verweigert wird ?“[15] „Vergegenwärtigt man sich nun diese unterschiedlichen Implikationen, die mit dem Kunden- bzw. Bürgerbegriff verbunden sind, fällt auf, daß es kaum möglich ist, die Rolle des Adressaten von Verwaltungsleistungen einheitlich zu beschreiben. Mit Recht läßt sich behaupten,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Bürger kann somit nicht immer Kunde sein, den es kommt auf die Rolle an, die er gegenüber der Verwaltung einnimmt.[17]

Die fünf Beispielstädte haben bei der Frage,[18] welche Unterschiede bestehen für Sie zwischen Kunde und Bürger, kaum eine Unterscheidung der jeweiligen Rollen erwähnt. Für Biberach und Böblingen gibt es keine Unterschiede, für Heilbronn ist der Bürger gleich Kunde, die Stadt Fellbach meint, daß diese Diskussion nicht geführt werden darf. Lediglich Ludwigsburg macht eine Unterscheidung zwischen Kunde, der eine konkrete Gegenleistung von der Stadtverwaltung verlangt und Bürger, der indirekt von Entscheidungen der Stadtverwaltung betroffen ist.

2 VORBEREITUNG DER BÜRGERBEFRAGUNG

2.1 Zieldefinition

Bevor mit der Zieldefinition einer Bürgerbefragung begonnen wird, muß die Rechtsgrundlage dafür abgeklärt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Fragestellung:

Was will die Verwaltung genau wissen ?

Hiermit kann beispielsweise das allgemeine Image einer Behörde bewertet und spezielle Probleme herausgearbeitet werden, die Bewertung für eine ganze Verwaltung oder nur für einzelne Ämter vorgenommen, oder eine Bedarfsanalyse für Einrichtungen wie Kindergarten, Hallenbad und Schule ermittelt werden.

2. Zielsetzung:

Was soll mit der Befragung erreicht werden ?

Beispiele sind:

- Einen Überblick über die Einstellungen, Meinungen und Einschätzungen Außen-

stehender zur Verwaltung zu gewinnen.

- Verbesserung der Arbeitsabläufe in den publikumsintensiven Verwaltungs-

einheiten zu erreichen.

- Die Bürger und Bürgerinnen mehr in Entscheidungen mit einzubeziehen.
- Den Mitarbeiter/Innen im Rahmen dieses Prozesses kenntlich machen, welche

Bedeutung kundenorientiertes Verwaltungshandeln für die Kommune hat.

- Die Möglichkeit der Ermittlung von Kundenwünschen und somit die Anregung

einer internen Diskussion anzuregen.

3. Kontext:

In welchem Zusammenhang steht die Befragung ?

Beispielsweise:

- Einzelprojekte
- Einführung des Neuen Steuerungsmodells
- Leitbildentwicklung
- Einführung neuer Organisationsformen wie zum Beispiel Bürgerämter

Es ist sehr wichtig, daß eine genaue Zieldefinition des Untersuchungszweckes vorgenommen wird. Diese erhöht den Erfolg der Befragung im Hinblick auf die später tatsächlich ableitbaren Umsetzungsmöglichkeiten nach der Auswertung der Bürgerbefragung. Es sollten alle vereinbarten Funktionen und Zielsetzungen der kommunalen Erhebung allen Beteiligten rechtzeitig ausreichend bekannt gemacht werden. Das Ziel einer Befragung sollte nicht zu umfassend und weitreichend definiert werden. Bürgerbefragungen sollten auch fester Bestandteil der Entwicklungsstrategie einer Kommune sein. Beachtenswert ist auch, daß der Wille besteht, seitens der Verwaltungsführung die kommunale Umfrage sorgfältig zu planen, die durch die Auswertung gewonnenen Erkenntnisse ernst zu nehmen und gegebenenfalls Veränderungsprozesse durchzuführen. Qualität und Kosten sollten hierbei auch sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

Tab. 2: Ziele der Beispielstädte, die bei der Bürgerbefragung verfolgt wurden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Alle Städte haben sich mehr oder weniger Gedanken über ihre Fragestellung, Zielsetzung und deren Kontext gemacht und wie oben dargestellt dies auch beachtet.

2.2 Träger der Befragungen

Abb. 5: Träger der Befragungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.1 Durchführung der Befragung durch die Verwaltung

Bei dieser Art der Durchführung ergeben sich folgende Vor - und Nachteile:

Vorteile:

- Geringe Kosten im Vergleich bei Hinzuziehung externer Berater.
- Dies ist die weitreichendste Variante, um das Personal aktiv an der Befragung

beteiligen zu können. Zum Beispiel in einer Arbeitsgruppe zur Fragebogenkon-

zeption, Befragungsdurchführung und Ergebnisinterpretation.

- Höhere Akzeptanz der Befragung, wenn die Mitarbeiter/Innen aktiv an der

Aktion beteiligt werden.

Nachteile:

- Bieten im Vergleich zu anderen Varianten den meisten Ressourceneinsatz dar.
- Es besteht die Möglichkeit, daß sich eine ungeeignete Einflußnahme ergeben

könnte und somit das Ergebnis der Befragung verfälscht wird.

Eine interne Befragung ist nur empfehlenswert, wenn einer der Mitarbeiter sowohl statistische, als auch sozialwissenschaftliche Vorkenntnisse hat. Außerdem sollte die notwendige technische Ausstattung bei einer Kommune vorhanden sein. Beispielsweise Softwareprogramme wie Excel oder Word, oder spezielle Statistikprogramme für die Auswertung wie SPSS oder SPS. Statistikstellen verfügen meistens über dieses Know-how. Jedoch nicht jede Behörde hat eine Statistikstelle mit entsprechenden technischen Mitteln noch Mitarbeiter mit speziellen Kenntnissen in diesem Bereich. Für diese Behörden empfiehlt es sich, Hilfestellungen von außen zu holen. Sei es durch externe Berater oder zum Beispiel der ZUMA in Mannheim[20] oder mit Hilfe von Studenten, die eine Diplomarbeit in diesem Bereich schreiben.

2.2.2 Durchführung der Befragung durch externen Berater

Solche externen Berater können beispielsweise Unternehmensberatungen, Umfrage-, Marktforschungs- und Sozialforschungsinstitutionen sein. Diese führen die Befragung von Anfang an selbst durch, ohne daß die Kommune aktiv mitwirkt.

[...]


[1] Vgl. Anlage 9, S. 1 - 8.

[2] Deutscher Städtetag: Methodik kommunaler Bürgerumfragen. Eine Arbeitshilfe zur Vorbe-

reitung, Durchführung und Auswertung. DST- Beiträge zur Statistik und Stadtforschung,

Reihe H, Heft 44, Köln 1997, S. 13 (im folgenden zitiert als „Methodik kommunaler Bürgerum-

fragen“).

[3] Stuttgart: Lebensqualität in Stuttgart, Bürgerumfrage 1997.

[4] Karlsruhe: Karlsruhe im Urteil seiner Bürger/Innen, Umfrage zur Stadtentwicklung 1992.

[5] Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung: Kundenbefragungen,

ein Leitfaden, KGSt-Bericht 13/1997, Köln 1997, S. 9 (im folgenden zitiert als

„KGSt-Bericht 13/1997“).

[6] Hagen: Die Stadtverwaltung im Urteil der Bürger, Publikumsbefragung 1990.

[7] KGSt-Bericht 13/1997, S. 17.

[8] Kißler, Leo/Bogumil, Jörg/Wiechmann, Elke: Das kleine Rathaus, Kundenorientierung und Pro-

duktivitätssteigerung durch den Bürgerladen Hagen, Baden-Baden 1994, S. 26.

[9] Bretschneider, Michael: Kundenbefragungen als Instrument der Verwaltungsmodernisierung.

In: Bretschneider, Michael (Hrsg.): Materialsammlung zum Seminar: Bürger - Politik - Verwal-

tungsreform, Berlin 1997, S. 4.

[10] Solche Bereiche sind zum Beispiel: Einwohnerwesen, Gewerbewesen, Personenstandswesen,

Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen und Stadtpark.

[11] KGSt-Bericht 13/1997, S. 3 - 7.

[12] Ebenda, S. 3 - 7.

[13] Bretschneider, Michael: DEMOS - Eine Datenbank zum Nachweis kommunaler Umfragen auf

dem Weg zum Analyseinstrument. In: ZA-Information 38, Köln 1996: Zentralarchiv für empi-

rische Sozialforschung, S. 59 -75.

[14] Ebenda, S. 59 -75.

[15] Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung: Das Verhältnis von Politik und

Verwaltung im Neuen Steuerungsmodell, KGSt-Bericht 10/1996, Köln 1996, S. 35 - 41.

[16] Reichard, Christoph/Wollmann, Hellmut: Kommunalverwaltung im Modernisierungsschub ?,

Basel 1996, S. 186.

[17] Auf eine weitere Unterscheidung der Begriffe Bürger und Kunde soll hier in der Diplomarbeit

nicht eingegangen werden. Jedoch hat die KGSt und die Unternehmensberatung Fulte und

Fingerle verschiedene Arten von Kunden beschrieben. Vgl. Anlage 9, S. 9 - 10.

[18] Vgl. Anlage 7, Frage Nummer 3.

[19] Deutscher Städtetag, Methodik kommunaler Bürgerumfragen, S. 16.

[20] Weitere wichtige Informationsmöglichkeiten über kommunale Umfragen in der Bundesrepublik

Deutschland sind: Zentralarchiv für Empirische Sozialforschung in Köln, Deutsches Insti-

tut für Wirtschaftsförderung in Berlin und Deutsches Institut für Urbanistik in Berlin.

Ende der Leseprobe aus 115 Seiten

Details

Titel
Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Bürgerbefragungen. Bestandsaufnahme und kritische Analyse anhand von Beispielen aus der Praxis
Hochschule
Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg; ehem. Fachhochschule Ludwigsburg
Note
1,2
Autor
Jahr
1999
Seiten
115
Katalognummer
V241
ISBN (eBook)
9783638101837
Dateigröße
738 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Anlageband fehlt 528 KB
Schlagworte
Befragungen
Arbeit zitieren
Anja Leonhardt (Autor:in), 1999, Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Bürgerbefragungen. Bestandsaufnahme und kritische Analyse anhand von Beispielen aus der Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/241

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