Düfte - Eine Untersuchung zu Patrick Süskind: Das Parfum


Examensarbeit, 2003

82 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Gliederung

2 Der Autor: Patrick Süskind
2.1 Die Biografie
2.2 Die Bibliografie

3 Die inhaltliche Darstellung
3.1 „Das Parfum- Die Geschichte eines Mörders“

4 Methoden der Parfümherstellung
4.1 Die Destillation
4.2 Die Mazeration
4.3 Die Enfleurage
4.4 Die Expression

5 Darstellungen der Duftstoffgewinnung im Roman
5.1 Die Destillation
5.2 Die Mazeration
5.3 Die Enfleurage

6 Roman versus Realität

7 Der Gestank in der Stadt

8 Die geschichtliche Entwicklung der Düfte
8.1 Die Bedeutung des Wortes „Parfüm“
8.2 Vom „per fumum“ zum Parfüm

9 Der Gesamtgeruch des Menschen

10 Erotik und Parfüm

11 Schluss

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Den Roman von Patrick Süskind „Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders“ habe ich Anfang der 90er Jahre das erste Mal gelesen. Aufgrund des kriminalistischen Inhaltes hatte mich das Buch gefesselt, doch eine konkretere Interpretation hatte nicht stattgefunden.

Während meiner Ausbildung zur Friseurin beschäftigte ich mich im Rahmen des Deutschunterrichts ausführlicher mit dem Buch. Durch die intensivere Auseinandersetzung mit Süskinds Werk, entdeckte ich neben der Kriminalität weitere fesselnde und interessante Aspekte.

So entstand die Motivation zum Abschluss meines Kosmetologie(Körperpflege-) Studiengangs meine Examensarbeit über den Roman zu verfassen. Die folgende Untersuchung legt ihren Schwerpunkt auf die Verbindung zwischen Roman und Körperpflege im weitesten Sinne. Daher wird eine literarische Analyse außer Acht gelassen.

In dieser vorliegenden Arbeit mit dem Titel „Düfte. Eine Untersuchung zu Patrick Süskinds Roman „Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders“ sollen die Aspekte aufgezeigt werden, die in einem engen Assoziationszusammenhang mit den Worten „Duft“ und „Parfüm“ stehen. Ein Schwerpunktthema ist dabei die Herstellung von Duftstoffen. Bei der Bearbeitung dieses Themenbereiches geht es hauptsächlich darum, inwieweit Patrick Süskind die Herstellungsmethoden von Duftstoffen in seinem Roman realistisch darstellt. Um dies nachvollziehen zu können, wird der Leser dieser Arbeit über die verschiedenen (historischen) Methoden der Gewinnung von Duftstoffen informiert. Dabei kommt es mir darauf an, herauszufinden, welche Methoden P. Süskind in seinem Roman verwendet. Sind es Herstellungsmethoden, wie sie auch in der Realität angewandt wurden? Beschreibt P. Süskind diese Methoden ausführlich oder ist ihre Darstellung eine reduzierte oder sogar verfälschte Form?

Des Weiteren habe ich mir die Aspekte aus dem Roman herausgesucht, die im engen Zusammenhang zum Thema „Düfte“ stehen. Dazu gehören die Bereiche „Gestank“, „Körpergerüche“ und die Verwendung von Parfüm.

Auch diese im Roman erscheinenden Themen möchte ich auf ihren Realitätsbezug prüfen.

Die Stichworte „Parfüm“ und „Gestank“ stehen sich im Roman gegenüber. Das sind zwei Extreme, die die Handlung kontrastreich und spannend gestalten. Und innerhalb von Gestank und Wohlgerüchen befindet sich eine einzige Person, die keinen Eigengeruch ausströmt! Dazu kommt noch, dass diese Person einen überaus sensiblen Geruchssinn hat. So ergibt sich augenscheinlich ein konstruiertes Kontrastsprogramm, dass Süskind in seiner Phantasie zusammengestellt hat. Somit gewinnt der Leser des Romans den Eindruck, dass der Roman ohne einen Bezug zur Realität aufgebaut wurde.

Dies ist der Grund dafür, die Untersuchung zum Realitätsgehalt des Romans durchzuführen.

2 Der Autor: Patrick Süskind

2.1 Die Biografie

Der Autor des Buches „ Das Parfum“ Patrick Süskind wurde am 26. März 1949 in Ambach (am Starnberger See) geboren. Patrick Süskind ist der zweite Sohn von Annemarie und Wilhelm Emanuel Süskind.

Das literarische Interesse hat Süskind vermutlich von seinem Vater, der Schriftsteller und Journalist war. Patrick Süskinds

Vater schrieb Romane und verfasste Artikel über die deutsche Sprache. Wilhelm Emanuel Süskind starb im Jahr 1970.

Im Alter von sechs Jahren besucht Patrick Süskind die Volksschule von Holzhausen und anschließend das Gymnasium. Nach dem Abitur leistet Patrick Süskind seinen Wehrersatzdienst (Zivildienst)1.

Ab 1968 studiert er dann in München Geschichte, wie sein Vater. Das Studium schließt Patrick Süskind 1974 mit dem Magister ab.

Während der Studienjahre verbringt P. Süskind ein Auslandstudienjahr in Aixen- Provence (Frankreich). In dieser Zeit beschäftigt sich P. Süskind mit der französischen Sprache und Kultur2. Diese Kenntnisse werden in dem Buch „Das Parfum“ deutlich.

Nach seinem Studium ist P. Süskind als „freier Schriftsteller“ tätig. Die Drehbücher und Prosastücke aus dieser Zeit sind der Öffentlichkeit bis heute vorenthalten geblieben. Den ersten Erfolg hat Patrick Süskind mit seinem EinPersonenstück „Der Kontrabaß“. Die Uraufführung dazu findet 1981 im Münchener Cuvilliéstheater statt. Mit dem Stück „Der Kontrabaß“ erlangt Süskind einen höheren Bekanntheitsgrad. P. Süskind wirkt unter anderem auch an Drehbüchern zu den Fernsehserien „Monaco Franze. Der ewige Stenz“ und „Kir Royal. Aus dem Leben eines Klatschreporters“ mit.

1985 dann verschafft die Veröffentlichung des Romans „Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders“ Patrick Süskind absolute Popularität.

Dieser Roman wird nicht nur Bestseller, sondern auch Longseller. P. Süskind zählt nun zu den erfolgreichsten Schriftstellern der deutschen Gegenwartsliteratur. Nach dem Erfolg des Romans „Das Parfum“ veröffentlicht P. Süskind 1987 seine Erzählung „Die Taube“. 1991 folgt dann „Die Geschichte von Herrn Sommer“.

P. Süskind ist zu der Zeit 42 Jahre3.

1996 erhält P. Süskind den Drehbuchpreis für „Rossini oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief“.

Trotz des hohen Bekanntheitsgrades ist über die Person Patrick Süskind wenig bekannt. Er gilt als zurückgezogen und öffentlichkeitsscheu. P. Süskind gibt keine Interviews und verweigert Fototermine. Sogar die Verleihung von Literaturpreisen (Gutenberg-, Tukan- und FAZ- Literaturpreis) hat der Bestseller Autor abgelehnt.

Viele Quellen über P. Süskinds Biografie vergleichen den Autor mit der Hauptfigur aus der Novelle „Die Geschichte von Herrn Sommer“. Das folgende Zitat soll die Gemeinsamkeit der beiden Männer demonstrieren: „ Ja so laßt mich doch endlich in Frieden!“4

Patrick Süskind arbeitet heute noch als freier Schriftsteller und lebt sowohl in München, Paris als auch Südfrankreich.

3. Inhaltliche Darstellung

Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“ mit dem Untertitel „Die Geschichte eines Mörders“ handelt von dem Lebensweg des Einzelgängers Jean- Baptiste Grenouille.

Der Untertitel des Romans bildet den Mittelpunkt des Buches. Die Hauptfigur Jean- Baptiste Grenouille entwickelt sich im fortlaufenden Alter zu einem Kriminellen, einem Mörder.

Sein überaus stark ausgeprägter Geruchssinn ermöglicht ihm Personen in geschlossenen Räumen zu wittern. Einige Personen werden zu seinen „Duftopfern“. Als Geruchsgenie agiert Grenouille nicht nur als Mörder, sondern er erlernt den Beruf des Parfümeurs.

Wie das Leben des Genies, aber auch des Wahnsinnigen, von Beginn seiner Geburt bis zu dessen Ende in dem Roman von P. Süskind verläuft, möchte ich im Folgenden darstellen.

3.1 Das Parfüm - Die Geschichte eines Mörders

Paris, 17. Juli 1738

An diesem Tag wird Jean- Baptiste Grenouille am Fischstand seiner Mutter geboren.

Die Geburt des Jungen gestaltet sich als etwas weniger Wundervolles, als anzunehmen ist. Grenouilles Mutter, Mitte zwanzig, ist Fischverkäuferin an einer Fischbude in der Nähe des „allerstinkendsten Ortes des gesamten Königreichs“1, dem Pariser Friedhof. Sie ist gegen die Gerüche dieses stinkenden Ortes schon abgestumpft und hofft lediglich, dass die Schmerzen der Wehen/ der Geburt vorbeigehen.

„Und als die Presswehen einsetzen, hockte sie sich unter ihren Schlachttisch und gebar dort, wie schon vier Mal zuvor, und nabelte mit dem Fischmesser das neugeborene Kind ab.“2

Grenouilles Mutter ist geschwächt durch die Anstrengung ihrer „NebenbeiGeburt“ und fällt in Ohnmacht. Sie hofft, dass auch dieses Kind zwischen den Fischabfällen um sein gerade begonnenes Leben kommt.

Anders aber als die ersten vier Geburten, die Tot- oder Halbtotgeburten waren, beginnt dieses Kind, das sich zwischen den Fischabfällen befindet, zu schreien. Nachdem Grenouilles Mutter von ihrer Ohnmacht aufwacht, blutverschmiert und mit einem Messer in der Hand, wird sie wegen versuchten Kindsmordes verurteilt und einige Wochen nach der Geburt geköpft (enthauptet).

Das Waisenkind Grenouille kommt in die Obhut einer staatlich bezahlten Amme. Die Amme hat ihre Schwierigkeiten mit dem Säugling, da er unersättlich ist. Zu dem Zeitpunkt der Enthauptung der leibhaftigen Mutter des Säuglings wurde er bereits von einer dritten Amme versorgt.

„Keiner wollte es länger als ein paar Tage behalten. Es sei zu gierig, hießes, sauge für zwei, entziehe den anderen Stillkindern die Milch und damit ihnen, den Ammen, den Lebensunterhalt, da rentables Stillen bei einem einzigen Säugling unmöglich sei.“3

Aufgrund einiger bürokratischer Schwierigkeiten wird entschieden, den Säugling im Kloster von Saint- Merri in der Rue Saint- Martin unterzubringen und nicht, wie eigentlich, üblich, in der Sammelstelle für Findlinge und Waisen. Im Kloster wird der Säugling auf den Namen Jean- Baptiste getauft und auf Kosten des Klosters soll die Amme Jeanne Bussie den Zögling großziehen. Doch schon kurze Zeit später bringt auch sie den Säugling zurück ins Kloster. Er sei vom Teufel besessen und rieche überhaupt nicht4.

Die Amme Jeanne Bussi überlässt dem Pater Terrier den „geruchlosen“ Säugling. Obwohl der Pater nach einigen heimlichen „Schnupperein“ an dem Säugling ebenfalls keinen Geruch feststellt, erläutert er sich dieses Phänomen auf rationale theologische Weise.

... Der Menschenduft ist immer ein fleischlicher Duft - also ein sündiger Duft.Wie sollte ein Säugling, der noch nicht einmal im Traume die fleischliche Sündekennt, riechen? Wie sollte er riechen? Duziduzi? Gar nicht!5 Die Sympathie gegenüber dem kleinen Jungen, sogar die väterlichen Gefühle, erlischen in dem Moment, in dem der Säugling Grenouille mit seinem genial ausgeprägten Sinnesorgan, der Nase, den Pater Terrier „geruchlich“ inspiziert. Es scheint, als könne der Säugling die tiefsten Gedanken des Paters erriechen. Der Pater Terrier beginnt sich vor Grenouille zu ekeln und möchte ihn loswerden, wie auch die Ammen zuvor.

Pater Terrier bringt den mittlerweile lauthals schreienden Grenouille an das andere Ende der Stadt zu der Amme Madame Gaillard. Sie wird von Pater Terrier für ein Jahr im Voraus für die Versorgung von Grenouille bezahlt. Die Unterkunft bei Madame Gaillard erweist sich für Grenouille als geeignet. Madame Gaillard ist eine emotionslose Frau, die ihren Geruchssinn bei einer Misshandlung durch ihren Vater verloren hat. Daher fällt ihr nicht auf, dass der Junge keine für Menschen typischen Ausdünstungen an sich hat. Grenouilles Geruchlosigkeit führt sogar dazu, dass Grenouille den Menschen in seinem Umfeld „unsichtbar“ erscheint, bis diese ihn tatsächlich mit ihrem optischen Sinn erfasst haben.

Grenouille wohnt bis zu seinem achten Lebensjahr bei Madame Gaillard. Der Grund für die bevorstehende Veränderung in seinem Leben ist das Ausbleiben der

Unterhaltszahlung der Kirche für Madame Gaillard. Diese verkauft Grenouille daraufhin an den Gerber Grimal.

Zu den Arbeiten eines Gerbers gehören lebensgefährliche Aufgaben wie zum Beispiel das Entfleischen verwesender Tierhäute, das Mischen von giftigen Gerbund Färbebrühen, ...6. Der Gerber Grimal setzt für diesen Arbeitsbereich mit Vorliebe Penner, herrenlose Kinder, sprich Menschen ein, für die keiner ein Interesse hat. Grenouille entspricht aufgrund seiner Zähigkeit und seinem Durchhaltevermögen dem Profil eines Gerbergehilfen.

Grenouille wird klar, dass er für den Gerber so lange nützlich ist, wie er diese niederen Arbeiten verrichten kann7.

Von einem Tag zum anderen verkapselt er wieder die ganze Energie seines Trotzes und seiner Widerborstigkeit in sich selbst, verwendet sie allein dazu, auf zeckenhafte Manier die Epoche der bevorstehenden Eiszeit zu überdauern: zäh, genügsam, unauffällig, das Licht der Lebenshoffnung auf kleinster Flamme haltend.“8

Grenouille wird so für den Gerber Grimal ein genügsamer, leistungsfähiger und unverzichtbarer Arbeiter. Vor allem nachdem Grenouille die tödliche Gerberkrankheit Milzbrand überlebt, steigt seine Unverzichtbarkeit für den Gerber. Die erworbene Resistenz gegen die Krankheit verhilft Grenouille zum Aufstieg vom Lehrling ohne Rechte zum Gesellen mit größerem Freiraum. Von diesem Moment an beginnt für Grenouille die totale Auslebung seines einzigartigen Geruchsinns. Er entdeckt Paris, die Stadt der Gerüche olfaktorisch! Die verschiedenen Gerüche, die Grenouille auf seinen Spaziergängen durch Paris wahrnimmt, spaltet er bis ins kleinste Element auf, kreiert mit allen anderen Elementen neue Duftkombinationen und verwirft sie wieder.

Anlässlich des Jahrestages der Thronbesteigung des Königs (1. September 1753) findet in Paris ein großes Feuerwerk statt. Grenouille beteiligt sich an diesem Fest, um neue Gerüche aufzunehmen.

Seine Nase nimmt einen besonders feinen Duft auf, von dem Grenouille nicht mehr ablassen kann. Die Duftquelle ist ein junges Mädchen, welches Grenouille bis auf ihren Geruch nicht weiter interessiert. Er bringt das Mädchen um und riecht sich von Kopf bis Fuß an ihr satt.

Berauscht und im Zustand völliger Glückseligkeit erlebt Grenouille seine „zweite Geburt“ und erkennt sein Lebensziel.

Mit dem heutigen Tag aber schien ihm, als wisse er endlich, wer er wirklich sei: nämlich nichts anderes als ein Genie; und dass sein Leben Sinn und Zweck und Ziel und höhere Bestimmung habe: nämlich keine geringere, als die Welt der Düfte zu revolutionieren;9

Mit dieser erworbenen Erkenntnis tritt Grenouille an den Parfümeur Baldini heran, den er als einen Kunden des Gerbers Grimals kennt, und bittet ihn, Grenouille als Lehrling in seiner Parfümerie einzustellen.

Der Parfümeur steht kurz vor seiner Geschäftsaufgabe. Doch nachdem er erkennt, wie genial Grenouille mit Düften umgeht, wittert Baldini für sein Geschäft wirtschaftlichen Aufschwung und stellt ihn ein. Baldini wird durch Grenouille zum „größten Parfümeur“ Frankreichs, der sogar den König mit seinen Duftessenzen beliefert. Grenouille dagegen erlernt eine Technik der Duftstoffgewinnung, und zwar die der Destillation. Diese Methodeneinfältigkeit reicht ihm bald nicht mehr aus. Die derzeit fehlende Möglichkeit weitere Methoden der Duftstoffgewinnung zu erlernen, hat auf Grenouilles Gesundheitszustand eine starke Auswirkung; er wird schwer krank. Ein Abkommen mit dem Parfümeur lässt ihn schließlich genesen. Baldini händigt Grenouille den Gesellenbrief aus und empfiehlt ihm, nach Grasse zu gehen, der Stadt des Parfüms, in der man ihm weiter Techniken der Duftgewinnung beibringen kann.

Grenouille fühlt sich befreit, Paris verlassen zu können. Seine Reise nach Grasse wird unterbrochen, da Grenouille immer mehr feststellt, dass ihm die Menschen und ihr Geruch zuwider sind. Er gelangt schließlich zu einem der menschenleersten Orte, den man sich vorstellen kann. Es ist der Gipfel des Vulkans „Plomb du Cantal“.

Er lag im einsamsten Berg Frankreichs fünfzig Meter tief unter der Erdewie in seinem eigenen Grab. Noch nie im Leben hatte er sich so sichergefühlt - schon gar nicht im Bauch seiner Mutter. Es mochte draußen die

Welt verbrennen, hier würde er nichts davon merken. Er begann still zu weinen. Er wusste nicht, wem er danken sollte für so viel Glück.10 In absoluter Primitivität und Einsamkeit vegetiert Grenouille sieben Jahre in der Höhle auf diesem Vulkan. Die Tage füllen sich aus mit Träumen, Gedanken und Phantasien über das Dasein seiner selbst, bis hin zu der Erkenntnis, dass er ein „geruchloser“ Mensch ist. Aufgrund des Inhaltes seiner Träume weiß Grenouille jetzt, dass er keinen eigenen menschentypischen Körpergeruch besitzt. Grenouille verlässt sein Quartier und setzt seine Reise nach langer Zeit fort. Grenouilles verwahrlostes Aussehen hat die Folge, dass er den Marquis de la Taillade- Espinasse vorgestellt wird. Dieser benutzt Grenouille, um der Öffentlichkeit seine aufgestellte Theorie über das „fluidum letale“ zu beweisen. Auch Grenouille zieht einen Nutzen aus dieser Bekanntschaft: Sein äußeres Erscheinungsbild wird durch Kleidung und Ernährung attraktiver, aber auch ein von Grenouille kreiertes, dem Menschengeruch ähnelndes Parfüm trägt dazu bei. Die Wirkung, die nun von dem eigentlich eher unscheinbaren, geruchlosen Grenouille ausgeht, ist für ihn selbst erstaunlich. Er stellt fest, dass er mit seinem Duft Menschen beeinflussen und sogar beherrschen kann. Da entsinnt Grenouille sich wieder seines Anliegens der Reise und macht sich von Montpellier auf den Weg nach Grasse.

In Grasse erfasst Grenouilles Nase einen noch atemberaubenderen Geruch als damals in Paris. Dieser Duft stammt von einem Mädchen kindlicher Schönheit. So ist für Grenouille der Duft dieses Mädchens der Inbegriff absoluter Schönheit und er hat das Verlangen diesen Duft zu besitzen. Doch Grenouille tötet dieses Mädchen nicht sofort, sondern möchte den Duft an ihr reifen lassen. Außerdem möchte er sein Können der Duftgewinnung präzisieren, damit er die bevorstehende „Ernte“ perfektionistisch ausführen kann.

Bei der Witwe Arnulfi, die mit ihrem Liebhaber und Gesellen Drout die Parfümerie führt, bekommt Grenouille eine Einstellung als Parfümeurgeselle.

Hier erlernt er die Technik der „Mazeration“ und der „kalten Enfleurage“, zwei der aufwendigsten und wirksamsten Verfahren, Düfte zu gewinnen. Zu Beginn experimentiert Grenouille mit leblosen Gegenständen wie zum Beispiel Stein oder Metall und versucht, ihnen ihren Duft abzunehmen. Er verfeinert seine Methode und beginnt, Lebewesen ihren Duft zu entnehmen. Dabei kommt es Grenouille nicht mehr darauf an, den Menschengeruch an sich zu kopieren.

Was er begehrt, war der Duft gewisser Menschen: jener äußerst seltenenMenschen nämlich, die Liebe inspirieren. Dies waren seine Opfer.“11 Grenouille weiß, dass er mit seinem Parfüm Menschen beeinflussen kann, und so entsteht der Plan, sich mit dem Duft dieser „gewissen“ Menschen unwiderstehlich zu machen.

Noch bevor das Parfüm aller Parfüms entstanden ist, hat er eine Idee, dieses Parfüm vor seiner Flüchtigkeit zu schützen. Er möchte den Duft des Mädchens in ein „Duftdiadem“ einschließen12. Für die Herstellung dieses Duftdiadems benötigt Grenouille weitere Mädchendüfte.

Dafür ermordet er „ vierundzwanzig der schönsten Jungfrauen aus allen Schichtendes Volkes13. Die Bürger von Grasse sind wegen der Morde beunruhigt und hoffen, dass die schreckliche Mordserie ein Ende findet. Grenouille hat die Basis für sein „Lebenswerk“ geschaffen und so endet die Mordserie vorerst. Antoine Richis, der Vater des schönen Mädchens mit dem himmlischen Geruch, ahnt aber, dass das noch nicht das Ende aller Morde ist. Er fürchtet zu Recht um das Leben seiner Tochter Laure.

Gesetzt nun den Fall [...], der Mörder war solch ein Sammler von Schönheit und arbeitete am Bildnis der Vollkommenheit, und sei es auch nur in der Phantasie seines kranken Hirns; gesetzt ferner, er war ein Mann von höchstem Geschmack und perfekter Methode, wie er es in der Tat zu sein schien, dann konnte man nicht annehmen, dass er auf den kostbarsten Baustein zu jenem Bildnis verzichtete, den es auf Erden zu finden gab: auf die Schönheit von Laure. Sein ganzes bisheriges Mordwerk wäre nichts wert ohne sie. Sie war der Schlußstein seines Gebäudes.“14

Antoine Richis versucht Grenouille zuvorzukommen, indem er seine Tochter Laure aus der Stadt bringt, um sie in einem anderen Ort, weit weg von Grasse, zu verheiraten. Grenouille bemerkt natürlich das Fehlen ihres einzigartigen Duftes und nimmt olfaktorisch die Verfolgung von Laure und ihrem Vater auf. In einem Gasthaus bringt Grenouille sie dann nachts um und „enfleuriert“ sie. Anschließend kehrt er nach Grasse zurück. Die Polizei ermittelt gegen Grenouille und verhaftet ihn schließlich. Er bekennt sich dazu, die Morde durchgeführt zu haben, doch seinen Antrieb für die Tat behält er für sich. Grenouille hat sein Ziel die ganze Zeit weiterverfolgt und hat das Duftdiadem fertiggestellt. An dem Tag seiner Hinrichtung trägt Grenouille einen winzigen Tropfen dieses Parfüms und die Wirkung auf die Menschen ist verheerend.

Die Menschen, die der Hinrichtung beiwohnen und Grenouille gerne tot gesehen hätten, sind ihm verfallen. Sie beten ihn an, sie lieben ihn! Damit zeigt seine Duftkreation die von ihm gewünschte Wirkung. Doch die Reaktion der Menschen auf seinen Duft läßt in Grenouille Ekel und Hass vor den Menschen aufkommen. In dieser Situation stellt er fest, „ dass er nie in der Liebe, sondern immer nur im Haß Befriedigung fände, im Hassen und Gehaßt werden.“15

Umso stärker die Liebe der Menschen für Grenouille wird, desto stärker wird sein Ekel. Und umso größer der Ekel wird, desto schwächer wird Grenouilles Körper. Grenouille hofft in dem Vater von Laure die Erlösung im Tod zu finden, doch selbst der Vater, der seine Tochter wegen Grenouille verloren hat, ist Grenouilles Duftaura verfallen.

Als Grenouille seine letzte Hoffnung der Erlösung dahin schwinden sieht, wir das Gefühl des Ekels so stark, dass er noch am Hinrichtungsort in Ohnmacht fällt.

Ausgerechnet Antoine Richis, der Vater der toten Laure, nimmt Grenouille dann mit zu sich nach Hause, um ihn von seinem Schwächeanfall erholen zu lassen. Er bittet Grenouille anschleißend bei ihm zu bleiben, da er zwischen Grenouille und seiner verlorenen Tochter Laure eine Ähnlichkeit feststelle. Grenouille aber verlässt Grasse und kehrt nach Paris zurück. Immer noch den Hass gegen die Menschen in sich tragend, geht er nachts auf einen Pariser Friedhof, Treffpunkt für Diebe, Mörder, Messerstecher, Grenouille überschüttet sich mit seinem gesamten „Parfüm der Liebe“ und begibt sich in die Nähe des Gesindels.

Dieses wird so sehr von Grenouilles Duft in den Bann der Liebe gezogen, dass es ihn zerhackt, in Stücke reißt und letztendlich „auffrisst“. Von Grenouille Körper ist nach dem kannibalischen Akt nichts mehr übrig.

Als sie es dann wagten, verstohlen erst und dann ganz offen, da mußten sielächeln. Sie waren außerordentlich stolz. Sie hatten zum ersten Mal etwas ausLiebe getan.“16

4 Methoden der Parfümherstellung

In den folgenden vier Kapiteln (Kapitel 4.1, 4.2, 4.3, 4.4) geht es mir darum, dem Leser einen Überblick über die verschiedenen Methoden der Gewinnung von Duftstoffen zu geben. Patrick Süskind stellt in seinem Roman verschiedene Verfahren der Parfümherstellung dar1. Ich werde eine ausführliche Darstellung der Methoden vornehmen, die P. Süskind in seinem Roman beschreibt. Damit der Zusammenhang zum Roman „Das Parfum“ verständlich wird, orientiere ich mich an Techniken der Duftstoffgewinnung, die im 18. Jahrhundert angewendet wurden.

Übernommen von Eugene Rimmel möchte ich die nächsten Kapitel mit folgendem Zitat von Shakespeare einleiten2:

„Dann wäre spurlos mit der Blüthen Fall Des Sommers Angedenken eingegruftet, Umschlösse nicht ein Kerker aus Krystall

Als Elixier, was in der Blüte duftet.

So schwindet zwar, in dem die Welt vereis`t. Der Blume Form, doch lebt der Blumengeist.“

4.1 Die Destillation

Im europäischen Raum, explizit in der Provence, ist das Handwerk der Parfümerie spätestens ab dem 16. Jahrhundert bekannt geworden. In der französischen Stadt Grasse existiert eine Legende über die erste Parfumdestillation.

„Hiernach soll die Gattin Heinrichs II., Katharina von Medici, den Florentiner Apotheker Francesco Tombarelli mit der Herstellung vonpflanzlichen Duftstoffen in Grasse beauftragt haben. Tombarelli habe imJahre 1595 im Hause Payan am Place de la Poissonerie eine Destillationeröffnet.“3

Die Destillation gehört zu den ersten Gewinnungsmethoden pflanzlicher Duftstoffe. Der Begriff „Destillation“ umfasst „die Reinigung und Trennung meist flüssiger Stoffe durch Verdampfung und anschließende Wiederverflüssigung“4. Diese Methode wird unter anderem auch bei der Herstellung von Alkohol angewendet.

Das ursprüngliche Destillationsverfahren für die Gewinnung von Duftstoffen wurde am offenen Feuer durchgeführt. Das Destillationsgut, Pflanzen oder Blüten, wurden mit Wasser in einem Destillierkolben aus Kupfer (genannt Alambic) erhitzt. Das Resultat des Destillationsvorganges war Wasser, welches auf seiner Oberfläche eine ölige Duftessenz trug. Diese ölige Duftessenz wurde anfänglich noch nicht von dem Kondenswasser getrennt. Das gesamte Produkt wurde als „aromatisches Wasser“ verkauft5.

Aus dieser „einfachen“ Destillation heraus entwickelte sich die Wasserdampfdestillation. Das Prinzip entspricht dem des ursprünglichen Destillationsverfahren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4.1.1 Prinzip der Wasserdampfdestillation6

Wie die Abbildung 4.1.1 zeigt, wird in einem Gefäß Wasser erhitzt, so dass Wasserdampf entsteht. Dieser Wasserdampf kann über ein verbindendes Glasrohr in das nächste Gefäß gelangen, in dem sich zum Beispiel zerkleinerte Pflanzenteile befinden. Der Dampf durchströmt den Pflanzenbrei und entzieht ihm wasserunlösliche Stoffe.

Ein Kühlsystem mit permanenter Wasserzirkulation bewirkt, dass sich der Dampf mit den Ölen in dem dritten und letzten Gefäß, „der Florentiner Flasche“, niederschlägt (kondensiert) (siehe Abbildung 4.1.1).

Die gewonnenen Riechstoffe sind wasserunlöslich. Das heißt, sie schwimmen als ölige Schicht auf der Wasseroberfläche. Dieses Ergebnis ähnelt dem der ursprünglichen Destillation. Doch diese Durchführung erweist sich als ergiebiger. Die ölige Schicht auf dem Wasser wird auch als „ätherisches Öl“ bezeichnet. Das ätherische Öl sieht rein und klar aus und erbringt einen feinen, duftigen „huillesessentielles“. Das unter dem ätherischen Öl befindliche kondensierte Wasser kann als Duftwasser verwendet werden7.

Die Dauer des Destillationsvorgangs ist abhängig von dem Destillat. Das bedeutet, umso leichter die Blüten, Hölzer oder Pflanzen (das Destillat) durch Wasserdampf ihren Duftstoff abgeben, desto kürzer ist die Dauer des Destillationsvorganges.

Ein Beispiel: Für 450 Kilogramm Lavendel benötigt man eine halbe Stunde, um das ätherische Öl zu destillieren. Im Vergleich dazu nimmt die identische Menge Sandelholz etwa 80 -100 Stunden für einen Destillationsvorgang in Anspruch. Für eine Destillation sind viele Pflanzen geeignet. Dennoch wird sie eher bei Hölzern, Rinden, Kräuter und Samen durchgeführt, die unempfindlich gegen Hitze sind.

[...]


1 vgl. Matzkowski, 2001, S. 8

2 vgl. Raab, 2000, S. 20

3 vgl. Matzkowski, 2001, S. 9

4 Süskind, 1991, S. 39

1 Süskind, 1994, S. 7

2 Süskind, 1994, S. 8

3 Süskind, 1994, S. 9

4 vgl. Süskind, 1994, S. 14

5 Süskind, 1994, S. 21

6 Süskind, 1994, S. 37

7 vgl. Süskind, 1994, S. 41

8 ebenda

9 Süskind, 1994, S. 57

10 Süskind, 1994, S. 156

11 Süskind, 1994, S. 240

12 vgl. Süskind, 1994, S. 246

13 Süskind, 1994, S. 252

14 Süskind, 1994, S. 259

15 Süskind, 1994, S. 305- 306

16 Süskind, 1994, S. 320

1 vgl. Kapitel 5

2 Rimmel, 1988, S. 261

3 Hoffmann, 1960, S. 13-14

4 Duden, 1997, S. 183

5 Hoffmann, 1960, S. 32

6 Heymann, 1994, S. 180

7 Heymann, 1994, S. 181

Ende der Leseprobe aus 82 Seiten

Details

Titel
Düfte - Eine Untersuchung zu Patrick Süskind: Das Parfum
Hochschule
Universität Osnabrück  (FB Deutsch)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
82
Katalognummer
V24084
ISBN (eBook)
9783638270519
Dateigröße
870 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit wurde im Rahmen der Ersten Staatsprüfung geschrieben.
Schlagworte
Düfte, Eine, Untersuchung, Patrick, Süskind, Parfum, Thema Das Parfum
Arbeit zitieren
Nikola Kanz (Autor:in), 2003, Düfte - Eine Untersuchung zu Patrick Süskind: Das Parfum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24084

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