Public Relations bei Markteinführungen


Diplomarbeit, 2003

410 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Danksagung

1. Einleitung
1.1 Begründung der Themenwahl
1.2 Die Ziele dieser Arbeit
1.3 Methode
1.4 Aufbau der Arbeit

2. Kommunikation und Modelle
2.1 Definition von Kommunikation
2.2 Eigenschaften des Kommunikationsprozesses
2.3 Kommunikationsmodelle
2.3.1 Die Lasswell-Formel
2.3.2 Das Shannon-und-Weaver-Modell
2.3.3 Die Konvergenztheorie von Everett M. Rogers
2.3.3.1 Definition von Diffusion
2.3.3.2 Die Basiselemente der Diffusionsforschung
2.3.3.2.1 Innovation
2.3.3.2.2 Kommunikationskanäle
2.3.3.2.3 Zeit
2.3.3.2.4 Soziales System
2.4 Massenkommunikation
2.4.1 Definition von Massenkommunikation
2.4.2 Massenkommunikationsmodelle
2.4.2.1 Das Zwei-Stufen-Modell
2.4.2.2 Themenstrukturierungs- (Agenda-Setting-) Ansatz
2.4.2.3 Gatekeeper-Forschung
2.4.2.4 Das Feldschema von Maletzke
2.4.2.5 Das materialistische Modell von Hund
2.5 Zusammenfassung

DANKSAGUNG

An dieser Stelle möchte ich all jenen Personen meinen Dank aussprechen, die aktiv dazu beigetragen haben, dass diese Arbeit zustande kam, insbesondere den Ge-sprächspartnerinnen und Gesprächspartner aus der Wirtschaft. Daher geht mein Dank an (alphabetische Reihenfolge) Mag. Hermann Becker (Porsche Holding, Salzburg), Mag. Harald J. Böhaker (Palfinger, Salzburg), Dr. Barbara Brunner (Residenz Verlag, Salzburg), Wolfgang Buchegger (Puma, Salzburg), Mag. Gerlinde Ehrenstrasser (3M, Wien), Dr. Erich Eibensteiner (Pfizer, Wien), Gabriele Faber-Wiener (Ärzte Ohne Grenzen, Wien), Veronika Fiereder (Brau Union, Linz), Mag. Barbara Fuchs-Puchner (Unilever, Wien), Mag. Stephan Gantner (DaimlerChrysler, Salzburg), Dr. Hubert Greier (Austria Tabak, Wien), Mag. Claudia Greif (Palmers, Wien), Dipl.-Ing. Karin Handorfer (Steyr-Mannlicher, Steyr), Kerstin Hintze (ColumbiaTristar, München), Mag. Silvia Holzgruber-Riess (Vis-Vitalis, Wien), Dr. Helmut Kolba (Sony, Wien), Christian Leeb (Alpenmilch Salzburg, Salzburg), Ing. Paul Leitenmüller (Römerquelle, Wien), Siegmund Loeger (Loeger Sportartikel, Tutzing), Mag. Petra Lindner (Coca Cola Company, Wien), Thomas Lutz (Microsoft, Wien), Mag. Sabine Meißnitzer (Alpenmilch Salzburg, Salzburg), Mag. Gerald Oberlik (Siemens, Wien), Ina Zur Oven-Krockhaus (TUI, Hannover), Franz Pospischil (Raiffeisenverband Salzburg, Salzburg), Mag. Andrea Reitinger (EZA 3 Welt, Salzburg), Dr. Pierre Saffarnia (Pfizer, Wien), Dr. Elisabeth Schindl (Milupa, Puch bei Hallein), Mag. Gabriela Sonnleitner (Caritas, Wien), Mag. Udo Steckholzer (Raiffeisenverband Salzburg, Salzburg), Mag. Angelika Svoboda (Nestlé, Wien) und an Carola Ullrich-Purtscher (McDonalds, Wien). Mein besonderer Dank geht an Herrn Prof. DDr. Benno Signitzer, der mich durch das Studium begleitete, meine Diplomarbeit betreute und mich dadurch in die richtigen Bahnen leitete. Danksa-gung gebührt auch all denjenigen, die mich während meiner Diplomarbeit unterstützten und motivierten. Ich denke dabei vor allem an meine Eltern, Herbert und Elisabeth Maurer, an meinen Großvater Josef Siller, an meine Großmutter Irmgard Maurer, an meine Freundin Monika Breitfuss und an meine Freunde Kerstin Weyler, Markus Sonnbichler, Marcel Koop und Edgar Wolf. Bedanken möchte ich mich auch herzlich bei Norbert Baumgärtner, der mir Informationen zum Thema zukommen ließ sowie bei Mag. Angelika Kriks für die Korrektur der Arbeit.

1. EINLEITUNG

1.1 BEGRÜNDUNG DER THEMENWAHL

Mit Interesse habe ich schon seit längerer Zeit Markteinführungen wie beispielsweise die X-Box von Microsoft, Sony’s Playstation II, A-Klasse von Mercedes, Beetle von Volkswagen sowie die Promotion neuer Kinofilme verfolgt. Für Cooper (vgl. 2002, S. 1) ist das Einführen neuer Produkte ein Krieg am Schlachtfeld der globalen Märkte. Die Waffen sind die Produkte von der Unterhaltungselektronik bis hin zu den Kartoffelchips. Gekämpft wird um höhere Marktanteile, um größere Brocken am zu verteilenden Ku-chen und um die Teilhabe an neuen Marktsegmenten. Dabei schicken die Kombattan-ten des Krieges zunächst ihre Stoßtruppen, die Verkaufs- und Marketingteams, die Werbe- und Public Relations-Experten, in die Schlacht. Ihr Budget ist ungeheuerlich; so geben die Unternehmen in den G51 -Staaten pro Tag mehr für die Einführung neuer Pro-dukte am Markt aus, als der gesamte Golfkrieg von 1991 gekostet hat. Neue Produkte bedeuten Überlebens- und Zukunftssicherung für das Unternehmen und Arbeitsplatzsi-cherung für die Mitarbeiter.

Für mich ist der Prozess der Einführung neuer Produkte, der über Erfolg und Misserfolg für ein Unternehmen entscheiden kann, eine der spannensten Herausforderungen. Public Relations sind dabei ein wichtiger Einflussfaktor. Desto verwunderlicher war es, dass ich bei der Recherche zu diesem Thema auf eine große Anzahl von Marketingbücher stieß, jedoch keine Public-Relations-Literatur speziell zu diesem Thema fand. Je mehr ich mich mit der Bedeutung von Public Relations bei Markteinführungen beschäftigt habe, desto mehr war ich von dieser Thematik fasziniert.

1.2 DIE ZIELE DIESER ARBEIT

Das generelle Ziel dieser Arbeit besteht darin dem Leser die Thematik und die theoreti-schen Grundlagen der Public Relations verbunden mit Markteinführungen näher zu bringen. Dazu ist es wichtig alle mit dem Thema verbundenen Programmbereiche (Produkt, Produktentwicklung, Marketing, Marktkommunikation) zu beschreiben. Im Speziellen liegen die Ziele der Arbeit in der Beschreibung und Darlegung der Methoden der Public Relations sowie darin auf Gefahren und Fehler bei Markteinführungen auf-merksam zu machen. Es handelt sich in meiner Diplomarbeit um eine Basisuntersu-chung mit Literaturanalyse, wozu auch 33 Experten aus unterschiedlichen Branchen befragt wurden. Die Arbeit wurde von folgenden Forschungsfragen geleitet:

1. Wie verläuft der Kommunikationsprozess über Innovationen und Neuheiten?
2. Sind die Public Relations bei Markteinführungen Teil der Produkt-PR?
3. Gibt es einen Unterschied zwischen Produkt-PR und Product Publicity?
4. Wie kann eine Definition von Public Relations bei Markteinführungen lauten?
5. Was ist eine Innovation?
6. Was ist eine Neuheit?
7. Was ist ein Produkt?
8. Was bedeutet Marketing?
9. Was ist Prämarketing und welche Rolle spielt es bei Markteinführungen?
10. Welchen Beitrag leisten die Public Relations für das Marketing?
11. Wie verläuft der Prozess der Markteinführung und bei welchen Phasen können die Public Relations einen Beitrag leisten?
12. Welche bedeutenden Kommunikationsinstrumente finden Anwendung bei Markt- einführungen?
13. Welche Unterschiede gibt es zwischen Werbung und Public Relations bei Markt- einführungen?
14. Was ist eine Produktneueinführung?
15. Was ist eine Produkteinführung?
16. Was ist eine Produktwiedereinführung?
17. Auf welche Art von Argumenten können sich die Public Relations bei Markteinführungen beziehen?
18. Wie sieht die Ausgangssituation der Public Relations in Bezug auf die Marktauf- nahme bei Markteinführungen aus?
19. Gibt es Einflussfaktoren auf die Public Relations bei Markteinführungen?
20. Kann ein Modell der Public Relations bei Markteinführungen entwickelt werden?
21. Gibt es branchenspezifische Besonderheiten bei der Markteinführung und einen Unterschied zwischen NPOs2 und Profitunternehmen?
22. Gibt es Themen, die bei den Medien besonders gut ankommen und die für die Markteinführung genutzt werden können?
23. Wann starten die Unternehmen mit den Public Relations für die Markteinführung?
24. Wie lange betreuen die Unternehmen ein Produkt mittels der Public Relations?
25. Welche internen und externen Teilöffentlichkeiten werden bei der Markteinführung angesprochen?
26. Können die Unternehmen auf Markteinführungen des Mitbewerbers reagieren? (Wie groß ist ihr Wissensvorsprung?)
27. Welche Public-Relations-Instrumente finden Anwendung bei Markteinführungen?
28. Wie hoch ist der Public-Relations-Mehraufwand von Produktneueinführungen im Vergleich zu Produkteinführungen und Produktwiedereinführungen?
29. Wie hoch ist der Public-Relations-Mehraufwand von einer Produkteinführung im Ver- gleich zu einer Produktwiedereinführung?
30. Wie stark werden die PR-Treibenden in die Entscheidung über die Markteinführung eingebunden?
31. Nehmen die Unternehmen externe kommunikationspolitische Hilfe bei Markteinfüh- rungen in Anspruch?
32. Wie hoch ist das Public-Relations-Budget im Vergleich zum gesamten Kommuni- kationsbudget bei Markteinführungen?
33. Wie hoch ist der Public-Relations-Anteil bei einer Markteinführung?
34. Wie hoch ist der Public-Relations-Anteil am Erfolg einer Markteinführung im Ver- gleich zu anderen Kommunikationsinstrumenten?
35. Zu wie viel Prozent gedenken die Unternehmen das Public-Relations-Potenzial zu nutzen?
36. Betreiben die Unternehmen eine Evaluierung der gesetzten Public-Relations- Maßnahmen?

Abschließend sollte noch darauf hingewiesen werden, dass sowohl die Begriffe ‚Public Relations’ (PR) und ‚Öffentlichkeitsarbeit’ als auch ‚Zielgruppe’, ‚Teilöffentlichkeit’ und ‚Dialoggruppe’ in dieser Arbeit synonym verwendet werden. Auf Grund der sprachlichen Vereinfachung impliziert der Begriff ‚Produkt’ im Folgenden auch Dienstleistung. Sofern es Produktneu-3, Produkt-4 und Produktwiedereinführung5 betrifft werde ich in der Diplomarbeit von Markteinführung sprechen.

1.3 METHODE

Die Untersuchung zu Public Relations bei Markteinführungen stützte sich auf die Lite-raturanalyse und auf Expertengespräche (Befragung). Die Ziele der Literaturanalyse können vielfältig sein „for instance, reviews can focus on research outcomes, theories, and/or applications. Reviews can attempt to integrate what other have done and said, to criticize pervious scholarly works, to build bridges between related topic areas, and/or to identify the central issues in a field” (Cooper 1989, S. 13). Die Literaturanalyse ist dabei Teil der Metaforschung. Ihre Aufgabe ist es Ergebnisse verschiedenster Einzelstudien systematisch zusammenzufassen und zu evaluieren. Das Ziel dabei ist es den Stand der Forschung durch eine Kombination der unterschiedlichen Erkenntnisse auf einer höheren Ebene abzubilden (vgl. Bonfadelli, Meier 1984, S. 538ff). Die Vorgehensweise der Literaturanalyse orientierte sich dabei anhand der von Cooper beschriebenen fünf Forschungsschritte.

1. problem formulation stage
2. data collection stage
3. data evaluation stage
4. analysis and interpretation stage
5. public presentation stage (vgl. Cooper 1989, S. 19f).

Vor und während des gesamten Zeitraums der Erstellung der Diplomarbeit erfolgte eine ausführliche Literaturanalyse, in welcher in elektronischen Datenbanken wie österreichischen und deutschen Universitätsbibliothekskatalogen sowie dem Internet nach themenrelevanter Literatur recherchiert wurde.

Da die „Informationsausbeute“ zu diesem Thema sehr dürftig war, führte ich zusätzlich 33 Gespräche (Befragungen) mit Expertinnen und Experten durch. Eine „Befragung bedeutet Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen. Durch verbale Stimuli (Fragen) werden verbale Reaktionen (Antworten) hervorgerufen: Das geschieht in bestimmten Situationen und wird geprägt durch gegenseitige Erwartungen. Die Ant-worten beziehen sich auf erlebte und erinnerte soziale Ergebnisse, stellen Meinungen und Bewertungen dar“ (Atteslander 1995, S. 132). Das Ziel des Experteninterviews besteht allgemein in der Generierung bereichsspezifischer und objektbezogener Aus-sagen. Der Expertenstatus ergibt sich aus der Position oder der Funktion, den die Experten in der Organisation/Unternehmen innehaben. „Experten müssen für eine bestimmte Aufgabe verantwortlich sein und dafür einen privilegierten Zugang zu den betreffenden Informationen haben“ (Scholl 2003, S. 67).

Ich wählte 306 Unternehmen aus um ein breites Spektrum der unterschiedlichen Bran-chen zu gewährleisten. Vor jedem Gespräch erfolgte eine genaue Beschäftigung mit jedem einzelnen Unternehmen, dessen Tätigkeit, Produkten und Pressepräsenz. Die Gespräche führte ich nach Wunsch der Experten entweder ‚face-to-face’ in ihrem Un-ternehmen oder telefonisch durch. Die Vorteile des persönlichen Interviews (face-to-face-Interviews) sind dabei:

- Eine geringe Abbruchwahrscheinlichkeit durch den Aufbau von ‚persönlichen Bezie- hungen’ während des Gesprächs.
- Erhöhte Akzeptanz der Befragung beim Befragten.
- Unverständliche Fragen oder Antwortvorgaben können durch den Interviewer geklärt werden.
- Bei ungenauen oder nicht passenden Antworten des Befragten kann der Interviewer in geeigneter Weise nachhaken (vgl. Scholl 2003, S. 39f).

Die Nachteile des persönlichen Interviews sind dabei:

- Großer Aufwand und hohen Kosten.
- Längere Dauer der Feldphase.
- Qualität des Interviews kann durch den Interviewer beeinflusst werden.
- Befragte können sich eingeschüchtert fühlen und ausweichend oder unehrlich antworten (vgl. Scholl 2003, S. 40f).

Das telefonische Interview basiert ebenfalls auf einer Beziehung zwischen einem Interviewer und einem Befragten. Die Vorteile des telefonischen Interviews sind dabei:

- Geringere Kosten und geringerer zeitlicher Aufwand.
- Flexiblere Handhabung.
- Kürzere Datenerhebungsphase.
- Der Interviewer kann die Qualität der Befragungsergebnisse steigern (vgl. Scholl 2003, S. 44).

„Viele Vorteile, die im Zusammenhang mit dem persönlich-mündlichen Interview aufgeführt wurden, treffen auch auf das Telefoninterview zu. Da die Gesprächsbeziehung anonymer ist - auch weil Dritte fast immer ausgeschlossen sind -, sinkt zudem die Wahrscheinlichkeit, dass die Befragten unaufrichtig antworten; außerdem ist das Gespräch konzentrierter“ (Scholl 2003, S. 44).

Die Nachteile des telefonischen Interviews sind:

- Die Fragestellungen müssen relativ einfach sein.
- Man ist auf die visuelle Vorstellungskraft des Interviewten angewiesen.
- Der Interviewer hat nur eine eingeschränkte Möglichkeit den Befragten zu motivieren bzw. eine persönliche Beziehung aufzubauen (vgl. Scholl 2003, S. 45; vgl. Brosius; Koschel 2001 S. 133).

Um die oben genannten Nachteile des telefonischen Interviews zu minimieren, wurde den Experten vor dem Gespräch der Fragebogen per Email zugesandt.

Die Befragung der Experten erfolgte durch einen Fragebogen, der als Leitfaden für das Interview diente. Bei der Konzipierung des Leitfadeninterviews „bewegt man sich auf einem Standardisierungs-Kontinuum, das je nach Forschungsgegenstand und Detailinteresse mehr oder weniger standardisiert ist“ (Brosius; Koschel 2001 S. 129). Jeder Gesprächspartner bekam 28 standardisierte Fragen7, welche auf Wunsch vor dem Gesprächstermin angefordert werden konnten (Fragen siehe Anhang Kapitel 13.3). Den Interviewten stand es dabei frei Fragen ohne Begründung abzulehnen. Bis auf zwei Fragen enthielten alle vorgegebenen Antwortkategorien, welche als Stütze für die Befragten dienen sollten. Vor dem Gespräch wies ich die Experten darauf hin, dass die vorgegeben Antwortkategorien nicht zwingend seien und er/sie zu jeder Frage An-merkungen und Kommentare, welche mir sehr willkommen waren, anbringen könne. Die zusätzlichen Bemerkungen arbeitete ich in die Auswertung ein. Bei zwei Ge-sprächspartnern von Hilfsorganisationen wurden die Fragestellungen leicht adaptiert, indem das Wort ‚Produkt’ mit ‚Kampagne’ ersetzt wurde. Am Ende der standardisierten Fragengruppe (Frage: A) bat ich die Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner Kritik und Anregungen zu äußern und ihren Gedanken zum Thema freien Lauf zu lassen. Zusätzlich zu den 28 Fragen stellte ich fünf bis zehn unternehmens-/organisa-tionsspezifische, offene Fragen, welche aber auf Grund der unterschiedlichen Thematik nicht grafisch ausgewertet, jedoch in die Arbeit eingefügt wurden. Offene Fragen (auch W-Fragen genannt) ermöglichen es den Befragten sich beliebig zu einem Bereich zu äußern. Dabei werden keine Antwortkategorien vorgegeben. Bei geschlossenen Fragen wird eine ganze Reihe von Antwortkategorien vorgegeben. Die Entscheidung, ob man offene oder geschlossene Fragestellungen verwendet hängt davon ab, ob man eine qualitative oder eine quantitative Auswertung zu dieser Frage anstrebt. Bei qualitativen Auswertungen geht es eher um Details und individuelle, subjektive Einschätzungen, weshalb man offene Fragestellungen bevorzugt (vgl. Brosius; Koschel 2001, S. 106). „Man ist hier nicht an Ergebnissen interessiert, die sich in Häufigkeit oder statistisch nachvollziehbaren Korrelationen ausdrücken, sondern an einigen wenigen Einzelfällen, die möglichst detailliert dargestellt werden sollen“ (Brosius; Koschel 2001 S. 106). Offene Fragen führen zu Antworten mit größeren Textmengen, die vor der Auswertung durch eine Kategorisierung quantifiziert werden müssen. Geschlossene Fragen geben den Befragten eine eng begrenzte Anzahl von Antwortalternativen, jedoch haben sie den Vorteil das Interview inhaltlich besser zu führen (vgl. Brosius; Koschel 2001 S. 107). Die Vorteile von einer offenen Fragestellung sind:

- höhere Komplexität,
- Erfassung vieler Randbedingungen und
- Befragte können neue Aspekte einbringen, die bis dato unberücksichtigt waren. Die Nachteile von offenen Fragestellungen sind:
- Aufwand der Auswertung,
- Zersplitterung der Antworten und
- Ergebnisverzerrung durch unterschiedliche Eloquenz der Befragten (vgl. Brosius; Koschel 2001 S. 108).

Bis auf ein Gespräch, in welchem eine Expertin die Aufnahme ablehnte, wurden alle Interviews auf Tonband aufgezeichnet. Die Dauer der Gespräche liegt zwischen 35 Minuten bis 3 Stunden. Sie fanden im Zeitraum von Mai bis Juli 2003 statt.

Die Auswertung der Daten war durch vier Schritte geprägt. (1) Dateneingabe in ein Da-tenverarbeitungsprogramm, (2) Datenbereinigung und Kontrolle der eingegebenen Daten, (3) Plausibilitätskontrolle (Stimmigkeit der Antworten) und (4) Analyse der Daten.

Aufbauend auf diese vier Phasen wurde eine grafische bzw. tabellarische Aufarbeitung der Ergebnisse durchgeführt und die Ergebnisse in Beziehung zur ursprünglichen Fra-gestellung gesetzt sowie interpretiert um schlussendlich die Forschungsfragen beant-worten zu können.

1.4 AUFBAU DER ARBEIT

Die Diplomarbeit ist nach logischen Prinzipien aufgebaut. Es handelt sich dabei um einen deduktiven Handlungsstrang, in welchem ich versucht habe, vom Allgemeinen zum Speziellen zu kommen. Die Arbeit ist in 13 Kapitel gegliedert.

- Den Anfang macht Kapitel 1 mit einer kurzen Einleitung und Vorstellung des Themas, der Methoden und Forschungsfragen sowie der Ziele der Arbeit.
- Kapitel 2 handelt von Kommunikation und themenrelevanten Kommunikations- modellen. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei die Konvergenztheorie von Rogers.
- Kommunikation ist die Basis aller kommunikationspolitischen Einführungsmaßnah men, weshalb es ein logischer Schritt war im Kapitel 3 die Theorie der Public Rela-tions abzuhandeln. Dabei stellte ich die unterschiedlichen Definitionsansätze der noch sehr jungen Public-Relations-Wissenschaft sowie die Sichtweisen und Modelle der Öffentlichkeitsarbeit vor. Ich gehe auf die allgemeinen Ziele und Aufgaben der Public Relations ein und stelle mögliche Teilöffentlichkeiten und Instrumente vor. Da es sich bei den Public Relations bei Markteinführungen um einen Teilbereich der Produkt-PR handelt, wird eine mögliche Abgrenzung zur Product Publicity aufge-zeigt. Daraufhin stelle ich Instrumente und Grundlagen der Produkt-PR vor und biete eine eigene Definition zu Public Relations bei Markteinführungen an. Den Abschluss des Kapitels bildet die Public-Relations-Konzeption, die verschiedene Schritte eines Public-Relations-Konzepts vorstellt.
- Kapitel 4 widmet sich den Begriffen Innovation und Neuheit. Was ist eine Innovation? Ist eine Innovation eine absolute Neuheit oder die Weiterentwicklung von be-reits Bekanntem? Welche Innovationsarten gibt es und was sind die Ziele einer In-novation? Wie verläuft der Prozess bis zur Aufnahme von Innovationen und welche Menschen sprechen besonders auf solche an? Löst man diese Fragen, stößt man unweigerlich auf eine andere. Was ist eigentlich neu? Was für ein Individuum neu ist, kann für ein anderes bereits ein „alter Hut“ sein. Den Abschluss bildet ein kurzer Ausblick auf Innovationen als Hilfe für die Public-Relations-Arbeit und die Innovati-onskulturen im Vergleich. Sind die Amerikaner und Japaner innovativer als die Eu-ropäer?
- Nach den Innovationen und Neuheiten folgt das Kapitel 5, in dem ich die Grundlagen zum Thema Produkt behandle. Was ist ein Produkt? Wie kann man es definieren? Es geht um die verschiedenen Produkttypologien bis hin zum Produktle-benszyklus. Welche Produktstrategien können Unternehmen einschlagen? Was ver-steht man unter Produktimages und was ist eine Marke? Kapitel 5 gibt Aufschluss über diese Fragen.
- Nach den Grundlagen zum Produkt wende ich mich im Kapitel 6 dem Marketing zu.

Der Begriff ist zwar in aller Munde, doch nur selten verstehen beide Gesprächspart-ner dasselbe darunter. Aus diesem Grund ist eine Definitionsklärung angebracht. Anschließenden werde ich die Programmbereiche des Marketings und die verschie-denen Strategien, die ein Unternehmen bei einer Markteinführung einschlagen kann, vorstellen. Den Abschluss bilden die Motive, nach welchen die Konsumenten ein Produkt kaufen.

- Kapitel 7 baut auf die Grundlagen von Kapitel 6 auf. Es beschäftigt sich mit dem Prozess der Markteinführung. Welche Schritte sind zu setzten und welche Entscheidungen zu treffen bis das Produkt auf dem Markt eingeführt werden kann? Welche Möglichkeiten haben Unternehmen in Bezug auf das Timing einer Markteinführung? Antworten gibt dieses Kapitel und macht deutlich, dass es sich dabei um einen synchron laufenden Prozess mehrerer Disziplinen handelt.
- In Kapitel 8 mache ich den Weg frei für das darauffolgende Schwerpunktkapitel. Es geht um die Marktkommunikation bei Markteinführungen. Dabei stelle ich die Frage nach den geeigneten Marktkommunikationsinstrumenten bei einer Einführung. Welchen Beitrag können Public Relations, Werbung und Verkaufsförderung leisten um dem Produkt zum Erfolg zu verhelfen? Den Abschluss bildet ein Vergleich zwischen Werbung und Public Relations bei Markteinführung.
- Kapitel 9 ist der Höhepunkt der vorliegenden Arbeit. Ich werte die Ergebnisse aus den 33 Interviews grafisch aus und ergänze sie mit Kommentaren der Expertinnen und Experten. Ich skizziere Argumentationsschwerpunkte, stelle die Ausgangssitua-tion für die Public Relations bei einer Markteinführung dar und behandle mögliche Einflussfaktoren auf die Public-Relations-Arbeit und branchenspezifischen Beson derheiten der Öffentlichkeitsarbeit. Fragen nach der Verwendung und Empfehlung von PR-Instrumenten bei Markteinführungen, nach den Zielgruppen, der Selbsteinschätzung der PR-Treibenden und zur Wirkungskontrolle der durchgeführten Maßnahmen stehen zur Debatte.
- Kapitel 10 dient der Gesamtzusammenfassung der Arbeit. Es bildet ein Resümee aus den gewonnenen Erkenntnissen und verifiziert oder falsifiziert die in der Ein- leitung aufgezählten Forschungsziele. Zudem finden sich in diesem Kapitel Vor- schläge für weitere Studien sowie eine Theoriekritik zu Grunig´s und Hunt’s Modellen.
- Kapitel 11 beinhaltet das Literaturverzeichnis
- Kapitel 12 enthält ein Tabellen- und Abbildungs- und Abkürzungsverzeichnis.
- Im Kapitel 13 finden sich der Werkstattbericht, die Vorstellung der befragten Unter- nehmen, der Fragebogen sowie das Datenblatt der Auswertung und mein tabellari- scher Lebenslauf.

2. KOMMUNIKATION UND MODELLE

Im folgenden Kapitel wird der Begriff Kommunikation definiert und für das Thema rele-vante Modelle präsentiert. Der Leser erfährt in diesem Kapitel, wie der Kommunika-tionsprozess charakterisiert werden kann und welche Elemente und Eigenschaften er enthält. Die dazu angebotenen Modelle vermittelen einen Eindruck, wie solche Pro-zesse über Neuheiten ablaufen können. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Kon-vergenztheorie von Everett M. Rogers. Dieses Kapitel dient als Vorbereitung auf das darauf folgende über Public Relations, denn Kommunikation ist ein wesentlicher Be-standteil der Öffentlichkeitsarbeit. Im Kapitel wurde eine logische Unterteilung der Definitionen und Modelle zwischen Kommunikation und Massenkommunikation ge- troffen, wodurch für den Leser die Möglichkeit besteht die (Kommunikations-) Prozesse auf individueller und auf gesellschaftlicher Basis zu unterscheiden.

Der Begriff „Kommunikation“ kommt aus dem Lateinischen „Communicatio“ und wird mit „Mitteilung“ und „Unterredung“ übersetzt. Das Verb „communicare“ hingegen bedeutet „gemeinschaftliches Tun“ oder „mitteilen“ (vgl. Drosdowski 1989a, S. 865). Unter dem Einfluss der englischen Sprache im 20. Jahrhundert errang der Begriff (communication → Kommunikation) die Bedeutung von „Verständigung“ und „Informationsaustausch“. Heutzutage findet der Begriff jedoch eine zunehmende inflationäre Verwendung. Kom-munikation ist die Grundvoraussetzung für Public Relations, die ohne diese nicht statt-finden könnten, weshalb im kommenden Kapitel kurz auf die Eigenschaften, Prozesse der Kommunikation und Massenkommunikation eingegangen wird.

2.1 DEFINITION VON KOMMUNIKATION

Laut Pürer kann Kommunikation sehr allgemein definiert werden als „verbales und/oder nonverbales Miteinander-in-Beziehung-Treten von Menschen zum Austausch von In-formationen“ (Pürer 1998, S. 18). Pürer grenzt den Begriff innerhalb der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft ein und definiert Kommunikation als einen „sich der Spra-che, Zeichen und Symbolen bedienenden Austausch von Bedeutungsgehalten zwi-schen zwei oder mehreren Personen, der auch nicht-sprachliche Elemente enthält“ (Pürer 1998, S. 17f). Dabei stellt Kommunikation einen relativ komplexen Sachverhalt dar, der mit Rückkoppelungen verbunden ist. Im weitesten Sinn umfasst der Begriff auch alle Prozesse der Übermittlung und Vermittlung von Informationen und schließt technische, biologische, psychische und soziale Informationsvermittlungssysteme mit ein. Im engeren Sinn versteht man unter Kommunikation einen Vorgang der Verständi-gung und der Bedeutungsvermittlung zwischen Lebewesen. Zwischen den Menschen ist Kommunikation zusätzlich eine Form sozialen Handelns, das mit dem subjektiven Sinn verbunden und auf das Denken, Fühlen und Handeln anderer bezogen ist.

Kommunikation besteht aus verbalen und nonverbalen Elementen. Verbale Elemente werden alle sprachlichen Formen bezeichnet, die auditiv wahrgenommen und haupt-sächlich primär rational bzw. kognitiv erfasst werden. Nonverbale Elemente sind alle nichtsprachlichen Elemente der Kommunikation wie z.B. Gestik und Mimik, die primär visuell erfasst und emotiv, gefühlsmäßig wahrgenommen werden. Kommunikation kann dabei direkt oder indirekt, wechselseitig oder einseitig und privat oder ö ffentlich vor sich gehen (vgl. Pürer 1998, S. 18).

Kommunikation bedarf zudem eines Mediums, über welches die Botschaft/Information transportiert wird. Dabei besteht jedes Medium aus einem Zeichen- und einem Signal-übertragungssystem, die zusammen funktionieren und interagieren. Pross (vgl. 1972, S. 10) unterscheidet die Medien hinsichtlich ihrer Art in primäre8, sekundäre9 und tertiäre10 Medien. Im Zentrum seiner Unterteilung steht dabei das ‚Gerät’ das benötigt wird um die Botschaft zu übermitteln bzw. zu empfangen. Burkart (vgl. 2002, S. 38) erweitert diese Einteilung um eine vierte Stufe, die gegen Ende des 20. Jahrhunderts dazuge-kommen ist und nennt sie Quartäre Medien11. Diese benötigen, gleich wie die tertiären Medien, ein Gerät beim Sender und Empfänger, jedoch beruhen sie auf der Technik der Digitalisierung.

2.2 EIGENSCHAFTEN DES KOMMUNIKATIONSPROZESSES

Jeder kommunikativ Handelnde besitzt zunächst eine allgemeine Intention etwas mit-teilen zu wollen und verfolgt dabei zwei Ziele: zum einen das konstante Ziel jeder kom-munikativen Handlung, die Verständigung, und zum anderen das variable Ziel Kommu-nikation aus einem bestimmten Interesse heraus herzustellen. Burkart weist daraufhin, dass diese Kommunikationsinteressen zwei grundsätzlich unterscheidbaren Dimensio-nen kommunikativen Handelns entstammen und unterschiedlich gewichtet sein können. Er unterscheidet zwischen inhaltsbezogenem und situationsbezogenem Interesse (vgl. Burkart 2002, S. 26ff). Laut Luhmann handelt es sich beim Kommunikationsprozess auch um einen Selektionsprozess, weil die Kommunikationspartner, die für sie wich-tigsten Informationen auswählen und interpretieren (vgl. Luhmann 1984, S. 194).

Damit es überhaupt zu einer Kommunikation kommt, braucht es einen Sender (Kom-munikator), eine Botschaft (Inhalt der Information) und einen Empfänger (Rezipienten). Bei diesem Prozess findet eine Ver- und Entschlüsselung der Botschaft durch Zeichen-systeme statt. In manchen Fällen ist für den Kommunikationsprozess ein Kanal/Medium notwendig um die Botschaft zum Empfänger zu senden (z.B. Telefon, E-Mail, Brief etc.). Zudem kann die Umgebung, in welcher sich der Prozess abspielt, Einfluss auf die Kommunikation nehmen. Luhmann spricht nur dann von einer gelungenen Kommunika-tion, wenn der Empfänger die Information aufgenommen und tatsächlich verstanden hat (vgl. Luhmann 1984, S. 194).

2.3 KOMMUNIKATIONSMODELLE

Im folgenden Abschnitt sollen Kommunikationsmodelle dargestellt werden, die für die Markteinführung von Relevanz sind. Zum besseren Verständnis erscheint es sinnvoll an dieser Stelle kurz den Modellbegriff zu reflektieren. Unter einem Modell versteht man eine “consciously simplified description in graphic form of a piece of reality. A model seeks to show the main elements of any structure or process and the relationships be-tween these elements” (McQuail; Windahl 1993, S. 2). Anders ausgedrückt ist ein Mo-dell ein theoretisches Konstrukt, mit dem versucht wird einen Gegenstand oder einen in der Realität ablaufenden Prozess in seinen Grundzügen darzustellen. Modelle haben dabei eine heuristische, prognostische, ordnende, präzisierende und vereinfachende Funktion (vgl. Merten 2000a, S. 198). Ein gutes Modell kann helfen den Themenkomplex zu organisieren, einfache heuristische Beschreibungen zu liefern, um Vorhersagen treffen zu können. Zu den Nachteilen gehört die Gefahr einer eingeschränkten Sicht-weise, welche schlussendlich zu unrichtigen Annahmen führen kann (vgl. Weyler 2002, S. 36).

2.3.1 DIE LASSWELL-FORMEL

Als eines der bekanntesten Systematisierungsmodelle gilt die Lasswell-Formel. Lasswell suchte nach einer Formulierung, mit der Kommunikationsprozesse möglichst allgemein beschrieben werden können und kam zu folgender Aussage: „Who says what in which channel to whom with what effect?“ (Lasswell 1948, S. 37). Lasswell’s Frage-pronomen sind zugleich auch eigene Forschungsbereiche in der Kommunikationswis-senschaft. So ist die Kommunikatorforschung im „who“, die Aussageforschung im „what“, die Medienforschung im „which channel“, die Rezipientenforschung im „whom“ und die Wirkungsforschung im „what effect“ enthalten (vgl. Merten 2000a, S. 162). Da das Modell sehr allgemein gehalten ist, kann es auch für die Kommunikation bei Markt-einführungen angewendet werden. In diesem Zusammenhang wäre jedoch eine Ergän-zung der Formel mit der Frage nach dem „Ziel“ sinnvoll, insbesondere bei der Produkt-vorankündigung (siehe Kapitel 9.13.2.1).

2.3.2 DAS SHANNON-UND-WEAVER-MODELL

Shannon und Weaver beschäftigten sich mit der Frage, wie ein Gespräch störungsfrei verlaufen kann. Zunächst war dieses Modell für militärische Zwecke gedacht, doch bald darauf wurde es als ein allgemeines Modell für die Kommunikationswissenschaft über-nommen. Das Hauptproblem sahen die Wissenschaftler im Kanal und in seiner Kapa-zität. Für Merten hat dieses Modell nichts mit Kommunikation zu tun, weil es eine rein technische Abbildung des Kommunikationsprozesses darstelle. Es habe den Erkennt-nisfortschritt letztendlich nicht gefördert, sondern verhindert (vgl. Merten 2000a, S. 166f).

Abbildung 1: Shannon und Weaver Modell

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(vgl. Quelle: Shannon; Weaver 1976, S. 44)

Ihrem Modell zufolge gibt es eine Nachrichtenquelle mit einer Fülle an Informationen. Der Kommunikator wählt aus diesen Informationen die für ihn relevante Botschaft aus und übersetzt (kodiert) sie in ein Signal. Dieses Signal wird daraufhin in einen Kanal eingespeist um sie zum Nachrichtenziel zu befördern. Als Beispiel für ein Signal kann der elektrische Strom und für den Kanal eine Telefonleitung dienen. Der Sender wäre, um bei diesem Beispiel zu bleiben, die Telefonanlage und die Informationsquelle das Gehirn des Kommunikators. Der Empfänger in diesem Beispiel, das Telefongerät des Rezipienten, wandelt das Signal um (dekodiert), so dass dieser die gesendete Botschaft versteht. Das Ausmaß der Störquelle entscheidet, wie gelungen die Kommunikation stattfindet. Die Störquelle in diesem Beispiel befindet sich in der Telefonleitung und würde einem Rauschen entsprechen. Dabei kann es zu einem Verlust relevanter bzw. irrelevanter Bedeutungsinhalte kommen. Shannon und Weaver machen zwischen tech-nischen und semantischen Sendern und Empfängern keinen Unterschied, was impli-ziert, dass es eine eindeutige Beziehung zwischen Wörtern und deren Bedeutungen gibt.

Dieses Modell bildet einen einseitigen, linearen Prozess ab, in dem keine Rückkopplung stattfindet. Daher ist der Empfänger vom Sender abhängig und ihm in dieser Hinsicht unterworfen. Sender und Empfänger treten als absolute Instanzen auf, die in keinen sozialpsychologischen Kontext eingeordnet und denen keine reflexiven Momente zuge-schrieben werden. Nur in dem Fall, dass die Bedeutungserfahrung des Kommunikators mit der des Rezipienten übereinstimmt, kann Kommunikation kongruent (deckungs-gleich) sein. Obwohl diese Theorie eigentlich nur technische Störquellen vorsah, wurde sie in die Kommunikationswissenschaft übernommen. Anwendungen dieser Theorie liegen also überall dort, wo man linear Menschen mit Informationen zu versorgen ver-sucht, beispielsweise Nachrichtenwesen, Propaganda, Werbung und in Teilbereichen der Public Relations. Verfechter dieser Theorie gehen von der Grundannahme aus, dass es bei der Übermittlung von Information prinzipiell nur darauf ankommt sie effektiv zu kodieren. Damit gesteht man ein, dass Manipulation möglich ist, wenn sie effektiv gestaltet ist. Diese Theorie kann z.B. bei einer Imagekampagne eingesetzt werden, bei welcher es letztendlich nur darum geht das positive Image des Auftraggebers möglichst ohne großen Verlust in den Köpfen der Zielgruppe zu platzieren. Für die Public Relations bei Markteinführungen kann eine mögliche Störquelle eine Verzerrung oder Verkürzung durch die Medien darstellen.

2.3.3 DIE KONVERGENZTHEORIE VON EVERETT M. ROGERS

Im Mittelpunkt der Diffusionsforschung stehen Innovationen und deren Verbreitung. Im Jahre 1962 brachte Everett M. Rogers sein Werk unter dem Titel ,,Diffusion of Innovations" heraus. Dabei gelang es ihm die verschiedensten Studien des Forschungszweiges zu bündeln, mit seinen eigenen Nachforschungen anzureichern um daraus eine allgemein anerkannte Theorie zu entwickeln. Da Rogers Theorie eine Nähe zur vorliegenden Arbeit hat, wird auf diese im Folgenden genauer eingegangen.

Die Konvergenztheorie geht davon aus, dass, sobald eine Innovation sich über ihren Erfinder hinaus verbreitet, ein Kommunikationsprozess stattfindet. Diffusion ist in die-sem Sinne eine besondere Form der Kommunikation, bei der die übermittelten Informa-tionen aus neuen Ideen bestehen. „Im wesentlichen beruht Diffusion also auf einem Informationsaustausch, bei dem Einzelpersonen oder Personengruppen über eine Neu-erung kommunizieren“ (Kleining 1992, S. 96). Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht steht folgende Aussage von Rogers im Zentrum der Betrachtung: ,, Communication is the process by which participants create and share information with one another in order to reach a mutual understanding" (Rogers 1995, S. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Exchange and enhancement of meaning

(Quelle: Rogers und Kincaid In: Windahl; Signitzer; Olson 1992, S. 75)

Windahl und Signitzer fügen dem hinzu, dass die Kommunikationspartner „may arrive at mutual understanding; that understanding may, but does not need to, lead to mutual agreement and possibly collective action. It is also possible that the participants will di-verge from each other in their understanding of a topic” (Windahl; Signitzer; Olson 1992, S.73). Grund dafür ist, dass die Interaktion und Kommunikation in einer sozialen Reali-tät stattfindet, also in einer Umgebung, wo es möglich ist, dass verschiedene soziale Faktoren Unterschiede hervorrufen (vgl. Windahl; Signitzer; Olson 1992, S. 73).

Das Konvergenzmodell ist dabei eine Weiterentwicklung der linearen Übertragungsmo-delle, die von einer Übermittlung von Sender an Empfänger durch Symbole ausgeht. Zwischen Massenkommunikation und interpersoneller Kommunikation unterscheidet Rogers dabei nur grob. In vielen anderen Modellen steht das Individuum im Mittelpunkt der Betrachtung. In diesem Fall wird der Blick auf die “Kommunikation“ der beiden Kommunikationspartner bzw. auf die Gruppen fokussiert (vgl. Windahl; Signitzer; Olson 1992, S. 76).

In seiner einfachsten Form sind an dem Prozess beteiligt:

1.) eine Innovation.
2.) eine oder mehrere Personen, die Kenntnis über die Innovation haben.
3.) eine oder mehrere Personen, die über diese Kenntnis noch nicht verfügen.
4.) ein Kommunikationskanal, der beide Personen oder Personengruppen verbindet und durch welchen sie Informationen über die Innovation austauschen können.

2.3.3.1 DEFINITION VON DIFFUSION

Rogers versteht unter Diffusion einen „process by which an innovation is communicated through certain channels over time among the members of a social system. It is a spe-cial type of communication, in that the messages are concerned with new ideas” (Rogers 1995, S. 5). Die Definition geht dabei von der Grundannahme aus, dass Kom-munikation zweiseitig ist: zwei oder mehr Individuen tauschen Informationen aus um Konvergenz oder Divergenz zu erreichen. Rogers verwendet den Begriff der uncer-tainty,,Ungewissheit’. Dieses Nichtwissen ist für ihn ein wesentlicher Bestandteil, der die Verbreitung der Innovation vorantreibt, da das Individuum bestrebt ist seine Unge-wissheit durch Sammeln von Informationen zu einem Sachverhalt zu verringern. Gelingt das, wird ,,entschieden", ob die Innovation nun angenommen (adopted) oder abgelehnt (rejected) wird. Dabei sieht Rogers Diffusion auch immer als eine soziale Veränderung. ,,When new ideas are invented, diffused and are adopted or rejected, leading to certain consequences, social change occurs“ (Rogers 1995, S. 6).

2.3.3.2 DIE BASISELEMENTE DER DIFFUSIONSFORSCHUNG

Das Hauptaugenmerk konzentriert sich auf die vier Basiselemente der Diffusionstheorie, die laut Rogers Innovation (innovation), Kommunikationskanäle (communication channels), Zeit (time) und Sozialsystem (social system) sind:

2.3.3.2.1 Innovation

"An innovation is an idea, practice, or object that is perceived as new by an individual or other unit of adoption” (Rogers 1995, S. 11). Unter Innovation versteht man Ideen, Verfahrensweisen oder Objekte (Produkte), die von Individuen oder Gruppenmitgliedern als neu angesehen werden. Ist z.B. eine Idee neu für den Einzelnen, dann ist es eine Innovation ungeachtet dessen, ob diese Idee bei anderen bereits bekannt ist. Vom Individuum aus betrachtet, schreibt Rogers Innovationen fünf Charakteristika zu, die die verschiedenen Adoptionsraten von Neuheiten erklären.

1. Wahrnehmbare Attribute der Innovation

"Rate of adoption is the relative speed with which an innovation is adopted by members of a social system“ (Rogers 1995, S. 206). Bezogen auf die Zeit entspricht die Adoptionsrate einer S-Kurve.

Auf die Adoptionsrate nehmen die Merkmale relativer Vorteil, Kompatibilität, Komplexi-tät, Testmöglichkeit und Beobachtbarkeit der Ergebnisse Einfluss. a.) Relativer Vorteil (Relative Advantage): ,,Relative advantage is the degree to which an innovation is perceived as being better than the idea it supersedes" (Rogers 1995, S. 212). Er bezeichnet den Vorteil, den die Innovation gegenüber vorange- gangenen Ideen hat. Hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle, zum einen ökonomi- sche Einflüsse, Adopter (ist die Innovation finanzierbar), sowie der Aspekt eines Statusobjekts. Bei Letzterem kann es laut Rogers zu einer sogenannten Overadop- tion kommen. In diesem Fall nimmt ein Individuum oder eine Gruppe eine Innovation an, obwohl sie sie eigentlich abweisen sollte (vgl. Rogers 1995, S. 213ff). b.) Kompatibilität (Compatibility): "is the degree to which an innovation is perceived as consistent with the existing values, past experiences, and needs of potential adopt- ers“ (Rogers 1995, S. 224). Kompatibilität ist das Maß, mit dem die Innovation mit den eigenen Werten, Erfahrungen und Normen vereinbar ist. Je besser die Neuheit mit diesen Attributen vereinbar ist, desto schneller geht der Adoptionsprozess. Von Bedeutung sind dabei auch die Erfahrungen mit vergangenen Innovationen. Waren diese negativ, so wirkt sich das auf die Grundstimmung des Adopters aus (vgl. Rogers 1995, S. 224ff).

c.) Komplexität (Complexity): ,,Complexity is the degree to which an innovation is per- ceived as relatively difficult to understand and use” (Rogers 1995, S. 242). Sie be- zeichnet die Schwierigkeit des Verstehens und deren Handhabung der Neuheit. Je komplexer die Innovation ist, desto langsamer wird sie angenommen werden. Die Komplexität steht im Verhältnis mit der Affinität des Nutzers der Innovation. d.) Testm ö glichkeit (Trialability): ,,Trialability is the degree to which an innovation may be experimented with on a limited basis“ (Rogers 1995, S. 243). Darunter ist die Testmöglichkeit der Innovation zu verstehen. Hier besteht ein positiver Zusammen- hang zwischen der Adoptionsrate und der Möglichkeit die Neuheit vorab einem Test zu unterziehen. Besteht die Möglichkeit des Testens, so verringert sich die Unge- wissheit des Adopters und verbessert damit die Aufnahme der Innovation durch das Individuum oder durch die Gruppe (vgl. Rogers 1995, S. 243).

e.) Beobachtbarkeit (Observability): ,,Observability is the degree to which the results of an innovation are visible to others“ (Rogers 1995, S. 244). Dies bezeichnet den Um- stand, mit dem die Ergebnisse einer Innovation für andere zu beobachten sind. Eine einfache Beobachtbarkeit wirkt sich positiv auf die Kommunikation über die Innova-tion aus.

Diese zuvor genannten Attribute stehen dabei mit Ausnahme der Komplexität in einer positiven Beziehung zur Adoptionsrate von Innovationen (vgl. Rogers 1995, S. 244).

Abbildung 3: Adoptionsbeeinflussende Variablen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Rogers 1995, S. 207)

2. Art der Innovationsentscheidungsfindung

Die Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung der Innovation hat drei Ausprä-gungen.

a.) Optionale Entscheidung: Die Innovationsentscheidung wurde von einem Individuum gefällt. Die Entscheidung war eine persönliche und wurde, wenn überhaupt, nur be- einflusst durch soziale Normen oder andere Individuen.

b.) Kollektive Entscheidung: Die Entscheidung passierte auf dem Konsens in der Adop- tergruppe.

c.) Autoritäre Entscheidung: Die Entscheidung wurde von wenigen einflussreichen Individuen gefällt.

3. Wahl des Kommunikationskanals

(siehe Kapitel 2.3.3.2.2)

4. Das soziale System

(siehe Kapitel 2.3.3.2.4)

5. Ausmaß der Maßnahmen der Change Agents.

Change Agents sind Individuen, die versuchen einen Menschen oder eine Gruppe beim Adoptionsprozess in einer gewissen Weise zu beeinflussen. Ihre Aufgabe dabei ist ein Verlangen nach einem Wechsel zu schaffen, Beziehungsaufbau für den Informations-austausch zu betreiben, Probleme zu diagnostizieren, Gründe für die Innovationsadop-tion zu schaffen, ein Handeln zu bewirken, die Adoption zu stabilisieren und Unschlüs-sigkeiten bzw. Entscheidungsänderungen zu vermeiden bzw. zu bewirken (vgl. Rogers 1995, S. 27).

2.3.3.2.2 Kommunikationskanäle

Kommunikation ist für Rogers „the process by which participants create and share in-formation with one another in order to reach a mutual understanding“ (Rogers 1995, S. 17).

Abbildung 4: Kovergenzmodell der Kommunikation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Windahl; Signitzer; Olson 1992, S. 74)

Als Kommunikationskanäle werden alle Möglichkeiten angesehen, durch die Informatio-nen von einem Individuum zum nächsten gelangen. Rogers unterscheidet dabei nur grob zwischen massenmedialer und interpersoneller Kommunikation. Als Massenme-dien werden alle Medien bezeichnet, die sich eines Massenmediums wie Radio, Televi-sion, Zeitungen etc. bedienen. Unter interpersonellen Kanälen versteht Rogers eine face-to-face-Situation zwischen zwei oder mehreren Personen. Beide sind wichtig im Verlauf einer Diffusion, aber auf verschiedenen Ebenen des Innovationsentscheidungs-prozesses. Einfluss auf die Kommunikation und der damit verbundenen Verbreitung einer Innovation hat auch der Aspekt einer homophilen oder heterophilen Struktur der Kommunikationspartner. Homophil sind Personen mit mehreren gemeinsamen Eigen-schaften wie Glauben, Erziehung, Bildung und sozialen Status. Bei einer homophilen Kommunikationsstruktur ist der Informationsaustausch effektiver, weil sich die beiden Gesprächspartner auf demselben „Level“ über die Innovation unterhalten können. Im Sinne der Diffusion (Kommunikation bei Innovation) ist es jedoch von Vorteil, wenn sie eher heterophil sind, da damit ein Austausch von Informationen mit Neuheitscharakter gewährleistet ist (vgl. Rogers 1995, S. 19).

2.3.3.2.3 Zeit

Ein weiterer Faktor im Innovationsentscheidungsprozess ist der Verlauf vom Wissen über eine Innovation bis zur Entscheidung über Annahme oder Ablehnung der Neuheit. Bei der Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung einer Innovation durchläuft das Individuum oder die Gruppe verschiedene Phasen des Innovationsentscheidungs-prozesses. Der Faktor Zeit ist dabei die Geschwindigkeit, mit welcher die Entscheidung herbeigeführt wird. Eine weitere Rolle in Bezug auf die Zeit spielt die Innovationsbereit-schaft des Individuums oder einer Gruppe (siehe Kapitel 4.6) (vgl. Rogers 1995, S. 20).

2.3.3.2.4 Soziales System

,,A social system is defined as a set of interrelated units that are engaged in joint prob-lem-solving to accomplish a common goal” (Rogers 1995, S. 23). Das soziale System und dessen Struktur nimmt ebenfalls Einfluss auf die Diffusion von Innovationen. Rogers unterteilt dabei zwischen der Kommunikationsstruktur (homophile versus hete-rophil) und der Struktur des Sozialsystems. Ein intaktes soziales System verringert die Ungewissheit und gibt Stabilität. So sind beispielsweise bestehende Normen innerhalb eines Sozialsystems ein Hinderungsgrund für die Verbreitung von Neuheiten (vgl. Rogers 1995, S. 24). Innerhalb eines sozialen Systems nehmen Individuen unterschiedli-che Rollen ein. Rogers nennt als Beispiel die Opinion Leaders (Meinungsführer). Dabei handelt es sich um Personen, die Verhalten und Einstellungen ihrer Mitmenschen be-einflussen können. Die Anwesenheit eines Opinion Leaders in einem sozialen System impliziert eine heterophile Kommunikationsstruktur, da er ansonsten nicht meinungsfüh-rend sein kann.

2.4 MASSENKOMMUNIKATION

Massenkommunikation ist ein Subbereich im Kommunikationssystem, welches durch die Massenmedien betreut wird. Die Massenmedien sind für viele Menschen Informati-ons- und Meinungsversorger. Sie berichten über politische sowie gesellschaftliche Ereignisse und dienen neben dem Informationsaustausch auch der Unterhaltung. In demokratischen Ländern haben sie neben der Informations- und Bildungsaufgabe auch eine Kritik-, Kontroll- und Sozialisationsfunktion. Sie unterstützen die zwischenmensch-liche Kommunikation und geben soziale Integration. Massenkommunikation ist aber nicht zwingend mit dem Charakteristikum der Aktualität verbunden (vgl. Pürer 1998, S. 21).

2.4.1 DEFINITION VON MASSENKOMMUNIKATION

Die Massenkommunikation richtet sich an ein breites, vorrangig anonymes Publikum, das in der Regel in keiner direkten Beziehungen zueinander steht und räumlich getrennt lebt. Die Informationen werden über Bild, Schrift und/oder Ton vermittelt. Der Kommunikation können Fernseher, Radio, Zeitung und Computer mit Internet (und anderen Netzwerken) dienen.

Maletzke liefert eine der anerkanntesten Definitionen zu diesem Begriff: „ Unter Massen-kommunikation verstehen wir jene Form der Kommunikation, bei der Aussagen ö ffent-lich, durch technische Verbreitungsmittel indirekt und einseitig an ein disperses Publi-kum vermittelt werden “ (Maletzke 1963, S. 21). Massenkommunikation weist somit fol-gende Eigenschaften auf:

- Sie ist ö ffentlich (ohne begrenzte und personell definierte Empfängerschaft).
- Sie benötigt technische Ü bertragungs- und Verbreitungsmittel (Medien).
- Sie ist indirekt (Es besteht räumliche, zeitliche oder raumzeitliche Distanz zwischen den Kommunikationspartnern).
- Sie ist einseitig (ohne Rollenwechsel zwischen Sender und Empfänger).
- Sie wendet sich an ein disperses Publikum (Das Publikum ist anonym und weder strukturiert noch organisiert) (vgl. Maletzke 1963, S. 21).

Massenmedien erfüllen laut Burkart (vgl. 2002, S. 382ff) drei Funktionen:

1. Soziale Funktion: Sozialisation, soziale Orientierung, Rekreationsfunktion (Unterhal- tung und Eskapismus), Integrationsfunktion.
2. Politische Funktion: Herstellung von Öffentlichkeit, Artikulationsfunktion, politische Sozialisations- bzw. Bildungsfunktion, Kritik- und Kontrollfunktion.
3. Ö konomische Funktion: Wissensvermittlung, Sozialtherapie, Legitimationshilfe, regenerative Funktion, herrschaftliche Funktion sowie Abhängigkeit von Quoten und Werbeeinnahmen.

2.4.2 MASSENKOMMUNIKATIONSMODELLE

2.4.2.1 DAS ZWEI-STUFEN-MODELL

Das Zwei-Stufen-Modell gehört zu der Gruppe der reflexorientierten Wirkungsmodelle. Diese gehen von den Basisannahmen aus, dass reflexive Strukturen in sozialer, sachli-cher und temporärer Hinsicht in der Gesellschaft vorhanden sind. Soziale Reflexion wäre beispielsweise die Orientierung an andere in Bezug auf Meinungen und Themen (vgl. Merten 2000b, S. 349). Die „Two-Step-Flow of Communications“-Theorie von Lazarsfeld und Katz besagt, dass die Medienbotschaften den Umweg über die Opinion Leaders gehen. Nur ein geringer Teil der Bevölkerung erhält direkt von den Massenme-dien die Informationen. In den meisten Fällen, so die Theorie, sind opinion leaders in den Vermittlungsprozess involviert. Opinion Leaders sind Meinungsführer oder Mei-nungsbildner, die stark am politischen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen und darum Botschaften positiv oder negativ beeinflussen können (vgl. Pürer 1998, S. 108).

Abbildung 5: Two-step-flow of Communication

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Burkart 2002, S. 209)

Im Fall von Public Relations bei Markteinführungen können opinion leaders helfen den Prozess der Informationsweitergabe zu beschleunigen. Im negativen Fall, wenn die opinion leaders versuchen die Einführung zu blockieren, kann sich das besonders gefährlich auf den Erfolg auswirken (siehe Kapitel 9.8.9).

2.4.2.2 THEMENSTRUKTURIERUNGS- (AGENDA-SETTING-) ANSATZ

Die Agenda-Setting-Forschung beschäftigt sich mit den Prozessen, die zur Thematisie-rung bestimmter Inhalte in den Medien führen. Der Ansatz geht davon aus, dass die Massenmedien die Fähigkeit besitzen Themen so zu gestalten (auszuwählen), dass sie besonders relevant für ihr Publikum werden. Das würde bedeuten, dass die Massen-medien mit ihrer Berichterstattung eine Tagesordnung von Themen vorgeben und da-durch relevante Themen für die Gesellschaft vorgeben (vgl. Pürer 1998, S. 109). Dieser Themenstrukturierungsansatz und die folgende Gatekeeper-Forschung sind in Hinblick auf die Expertengespräche zum Thema Medienerwähnungen interessant (siehe Kapitel 9.10).

2.4.2.3 GATEKEEPER-FORSCHUNG

Der Gatekeeper-Ansatz liefert wichtige Einsichten für die Selektion von Informationen durch Journalisten. Hierbei steht die Schleusenwärterfunktion des Journalisten im Mit-telpunkt. Journalisten wählen aus einer Menge von Informationen die für sie wichtigen Nachrichten aus. Andere Nachrichten bleiben dabei auf der Strecke. Das Ziel des Gate-keepers ist es Informationen auszuwählen, die den Erwartungen des Zielpublikums ent-sprechen. Für die Public Relations bei Markteinführungen ist es von besonderer Bedeutung die Schwelle zur „nützlichen Information“ beim Gatekeeper zu überwinden um letztendlich mit der Information zur Teilöffentlichkeit vordringen zu können (vgl. Kapitel 9.11).

2.4.2.4 DAS FELDSCHEMA VON MALETZKE

Im Mittelpunkt des Modells von Maletzke stehen die Wechselbeziehungen im Massen-kommunikationsprozess. Er ist Vertreter der Systemtheorie und verwendet deshalb den Terminus „Feld“ um die ganzheitliche Struktur des Massenkommunikationsprozesses zu betonen. Maletzke versucht dabei die Massenkommunikation mit ihren sozialpsy-chologische Aspekten abzubilden. In seinem Modell handelt es sich um ein Bezie-hungssystem zwischen den Grundfaktoren Kommunikator, Aussage, Medium und Rezi-pient. Dabei sieht Maletzke alle vier Grundfaktoren in ein- und gegenseitigen Beziehun-gen und Abhängigkeiten - unter Berücksichtigung ihrer technischen und psychologi-schen Eigenheiten - in gleicher Weise als zutreffend an (vgl. Pürer 1998, S. 150). Jeder verweist in diesem Prozess auf den anderen und wird wiederum von den anderen be-einflusst. Kommunikator und Rezipient treten damit nicht voraussetzungslos in den Kommunikationsprozess ein, sondern stets in Abhängigkeit von ihren subjektiven, psy-chischen und sozialen Dispositionen. Kommunikator und Rezipient handeln nicht unab-hängig von einander, sondern sind vom jeweiligen Fremdbild beeinflusst. Das Modell von Maletzke ist eines der wenigen, das auch spontane Antworten des Rezpienten be-achtet. Zusätzlich wird das Handeln der Kommunikatoren und Rezipienten noch von verschiedenen Zwängen beeinflusst.

Abbildung 6: Das Feldschema von Maletzke

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Burkart 2002, S. 499)

Der Kommunikator steht unter dem Zwang der Öffentlichkeit, was bedeutet, dass sein Handeln von anderen (Interessensgruppen, Parteien etc.) beobachtet wird. Er steht unter dem Druck der Aussage. (Bei jeder Aussage legt sich der Kommunikator fest.) Die Medien üben Zwang auf den Rezipienten aus, indem sie ihm bestimmte Verhaltens-und Erlebnisweisen nahe legen.

Das Modell ist für die Public Relations bei Markteinführungen aus mehrer Hinsicht interessant. Zum einen zeigt es auf, dass bei einer Produktvorankündigung, in welcher dem Kunden (Rezipienten) zuviel versprochen wird, Druck entsteht, da man sich durch die Ankündigung festlegte. Zum anderen wird ein Unternehmen, welches bereits Produkte auf dem Markt einführte, sich auf die damals gemachten Erfahrungen stützen und demnach die Strategie bestimmen. Ebenfalls ist davon auszugehen, dass die Unternehmen ein Fremdbild von ihren Zielgruppen haben und umgekehrt.

2.4.2.5 DAS MATERIALISTISCHE MODELL VON HUND

Das Modell von Wulf D. Hund aus den Jahr 1976 eignet sich besonders gut zur Kontrastierung des bereits zuvor vorgestellten Modells von Maletzke. Hund ist ein Vertreter der materialistischen Kommunikationswissenschaft und versucht im folgenden Modell massenhaft kommunizierte Nachrichten unter der Bedingung der kapitalistischen Warenproduktion darzustellen. Kurz gesagt gehen Vertreter dieser Theorie wie Hund davon aus, dass Nachrichten produziert werden um sie gewinnbringend darzubieten.

Dass diese Auffassung möglicherweise verkürzt ist, sei dahin gestellt, jedoch kann eine solche Sichtweise in Zusammenhang mit Public Relations und Markteinführungen hilf-reich sein. Zudem ist es eines der wenigen Kommunikationsmodelle, in welchen auf die Public Relations eingegangen wird. In diesem Modell ist der Kommunikator keine ein-zelne Person oder Gruppe mehr, sondern ein Nachrichtenproduktionsbetrieb, welcher der Bedingung der Kapitalverwertung unterliegt und eine Profitmaximierung anstrebt. Die Produktion der Botschaft hat nicht in erster Linie einen kommunikativen Grund, sondern vorrangig den Zweck der Verwertung von Kapital. Der Rezipient muss daher nach seiner sozialökonomisch Situation mittels Klassenlage, vorherrschenden Sozialisationsbedingungen, Schichtzugehörigkeit und sozialer Gruppenmitgliedschaften analysiert werden. Das heißt der Kommunikator versucht sich ein genaues Bild vom Rezipienten unter Zuhilfenahme der Demoskopie zu machen. Der Kommunikator versucht durch Zuhilfenahme der Public Relations das Bild beim Rezipienten vom Kommunikator zu beeinflussen. Hund sieht nicht, wie Maletzke, die wechselseitigen Fremdbilder der Kommunikationspartner (vgl. Burkart 2002, S. 551f).

Abbildung 7: Massenkommunikation unter den Bedingungen kapitalistischer Waren- produktion von Hund und Kirchhoff-Hund

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Burkart 2002, S. 511)

In Bezug auf das Thema der vorliegenden Arbeit scheint dieses Modell besonders nützlich zu sein, da die Kommunikation bei Markteinführungen ein bestimmtes, zum Großteil monetäres Ziel verfolgt.

2.5 ZUSAMMENFASSUNG

Im vorherigen Kapitel wurde der Prozess der Kommunikation skizziert und mit Hilfe von Modellen verdeutlicht. Ausgangspunkt war die Definition von Kommunikation, welche als ein Austauschprozess von Zeichen und Symbolen zur Bedeutungsübermittlung zwi-schen zwei oder mehreren Personen dargestellt werden kann. Von besonderer Bedeu-tung in diesem Kapitel war im Rahmen der Diffusionsforschung Rogers Konvergenzthe-orie (siehe Kapitel 2.3.3). Sie legt dar, wie Informationen zu Innovationen ausgetauscht werden und ist daher ein wichtiger Bestandteil für die Public Relations bei Markteinfüh-rungen, insbesondere bei Produktneueinführungen. Wird über Innovationen kommuni-ziert, so handelt es sich dabei um einen Diffusionsprozess. Für diesen Prozess bedarf es mindestens einer Innovation (oder Neuheit), einer Personen, die Kenntnis über die Innovation hat, einer Person, die diese Kenntnis noch nicht hat, und eines Kommunika-tionskanals, über den sich die beiden Personen über die Innovation informieren können. Dieser Prozess entscheidet über die Annahme oder Ablehnung der Innovation. Eine Innovation weist dabei fünf wahrnehmbare Attribute auf: (1) relativer Vorteil (der Vorteil, den sie zum Vorgänger hat), (2) Kompatibilität (das Maß, wie weit sie mit den eigenen Werten und Einstellungen übereinstimmt), (3) Komplexität (die Schwierigkeit des Ver-stehens und der Handhabung), (4) Testmöglichkeit der Innovation und (5) Beobacht-barkeit der Ergebnisse (der Umstand, wie Veränderungen durch sie für andere sichtbar werden). Für den Innovationsprozess bedarf es somit der Kommunikation. Dabei geht Rogers’ Theorie über die Kommunikation hinaus bis hin zur Entscheidungsfindung beim Konsumenten (siehe Kapitel 4.5 und 4.6). Um eine möglichst große Anzahl an Men-schen über die Markteinführung zu informieren, muss man sich der Massenkommuni-kation (siehe Kapitel 2.4) bedienen. Darunter versteht man „jene Form der Kommunika-tion, bei der Aussagen öffentlich, durch technische Verbreitungsmittel indirekt und einseitig an ein disperses Publikum vermittelt werden“ (Maletzke 1963, S. 21). Als eines von mehreren Modellen wurde das von Hund und Kirchhoff-Hund angeboten. Es beschreibt den Massenkommunikationsprozess unter den Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion und trifft daher sehr gut auf das vorliegende Thema zu (siehe Kapitel 2.4.2.5).

Im nun folgenden Kapitel wird die Dimension von Public Relations genauer erläutert. Es baut auf das Wissen über Kommunikation aus diesem Kapitel auf. Kommunikation ist ein wesentlicher Bestandteil jedes Public-Relations-Programms, weshalb es wichtig war diese Aspekte genauer zu erläutern um Public Relations in einem breiteren Kontext zu erfassen. In diesem Zusammenhang kann Roger’s Konvergenztheorie genannt werden, die auch für die Public Relations von Relevanz ist.

[...]


1 USA, Japan, Deutschland, Großbritannien und Frankreich.

2 Non Profit Organisations

3 Produktneueinführung: Ist die Einführung eines neuen Produkts (oder einer Dienstleistung), welches (welche) als solche(s) noch nicht bekannt war.

4 Produkteinführung: Ist die Einführung eines Produkts (oder einer Dienstleistung) auf den Markt, welches (welche) als solche(s) oder so ähnlich bereits bekannt ist.

5 Produktwiedereinführung: Ist die Einführung eines Produkts (oder einer Dienstleistung), welches (welche) bereits in der Vergangenheit am Markt war und jetzt wieder angeboten wird.

6 3M (Österreich); Alpenmilch Salzburg (Österreich); Ärzte Ohne Grenzen (Österreich); Austria Tabak (Österreich); Brau Union (Österreich); Caritas (Österreich); Coca Cola Company (Österreich); ColumbiaTristar, Deutschland; DaimlerChrysler (Österreich); EZA3Welt (Österreich); Loeger Sportartikel (Deutschland); McDonalds (Österreich); Microsoft (Österreich); Milupa (Österreich); Nestlé (Österreich); Palfinger (Österreich); Palmers (Österreich); Pfizer (Österreich); Porsche Holding (Österreich); Puma (Österreich); Raiffeisenverband Salzburg (Österreich); Residenz Verlag (Österreich); Römerquelle (Österreich); Siemens (Österreich); Sony (Österreich); Steyr-Mannlicher (Österreich); TUI (Deutschland); Unilever (Österreich); Vis-Vitalis (Österreich).

7 Als standardisiert werden Fragen bezeichnet, deren Antworten in Kategorien zusammengefasst werden können, um ihre Vergleichbarkeit herzustellen. (vgl. Atteslander 1995, S. 178)

8 Primäre Medien sind demnach alle verbalen und nonverbalen Mitteilungen. Dazu gehören alle Formen der sprachlichen Kommunikation sowie Gestik und Mimik und nichtsprachlich artikulierte Zeichen und Symbole. Als Beispiele lassen sich hier Sprechen, Gebärden, Fingersprache, Lachen, Weinen, Geruch, der Sprachrhythmus usw. anführen. Als zentrales Merkmal der primären Medien gilt, dass sie kein un mittelbares „Gerät“ bzw. keinen unmittelbaren „Mittler“ zwischen Sender und Empfänger benötigen.

9 Das Merkmal der sekundären Medien ist, dass sie auf Senderseite ein Gerät benötigen um die Bot schaft zu übermitteln. Beispielsweise können hier Fotos, Briefe, Bücher, Zeitungen, Plakate, Flugblätter u.a. angeführt werden.

10 Das Charakteristikum der tertiären Medien ist, dass sie auf beiden Seiten, also bei Sender und Emp-fänger, ein technisches Gerät benötigen um die Botschaft zu übermitteln. Als Beispiele können das Telefon, die Funkanlage, der Rundfunk, der Film, das Fernsehen, die Tonträger und die Speicherme- dien dienen.

11 Diese Medien setzen somit einen Computer voraus. Neu dabei ist, dass sie die starre Rollenzuschrei-bung zwischen Sender und Empfänger aufheben sowie Multimedialität (Text, Grafik, Ton und animier-tes Bild) zulassen. Als Beispiele können hier das World Wide Web, Newsgroups, Chats und E-Mails aufgezählt werden (vgl. Burkart 2002, S. 38).

Ende der Leseprobe aus 410 Seiten

Details

Titel
Public Relations bei Markteinführungen
Hochschule
Universität Salzburg  (Institut für Kommunikationswissenschaft)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
410
Katalognummer
V23949
ISBN (eBook)
9783638269483
ISBN (Buch)
9783656204916
Dateigröße
17028 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Public, Relations, Markteinführungen
Arbeit zitieren
Robert Ingo Maurer (Autor:in), 2003, Public Relations bei Markteinführungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23949

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