Ingvar Ambjörnsens Detektivgeschichte 'Die Rache vom Himmel' als Unterrichtseinheit im Deutschunterricht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

27 Seiten, Note: 1 (-)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historische Entwicklung des Kriminalromans

3. Krimis für Kinder und Jugendliche
3.1 Historische Entwicklung des Kriminalromans für Kinder
3.2 Allgemeine didaktische Überlegungen zu Krimis für Kinder und Jugendliche im Unterricht

4. Begründung der Textauswahl und der Klassenstufe

5. Das Unterrichtsmodell
5.1 Die Analyse des Textes „Die Rache vom Himmel“
5.1.1 Ingvar Ambjörnsen – der Autor
5.1.2 Der Inhalt
5.1.3 Die Erzählsituation
5.1.4 Aufbau und Struktur der Kriminalerzählung
5.1.5 Die Spannungsentwicklung
5.1.6 Das Personenarsenal
5.1.7 Abschließende Bewertung
5.2 Didaktische Analyse
5.3 Lernziele
5.4 Methodische Überlegungen

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der folgenden Hausarbeit soll auf der Basis von Ingvar Ambjörnsens Roman „Die Rache vom Himmel“ (1997) eine mögliche Unterrichtseinheit entworfen werden, die exemplarisch aufzeigt, wie sinnvoll die Verwendung von Kriminalliteratur, im Speziellen von Detektivgeschichten im Deutschunterricht, sein kann. Eine allgemeine Auseinandersetzung mit der historischen Entwicklung des Kriminalromans sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche dient dazu, das Genre besser zu verstehen und dem Leser zu verdeutlichen, welchen Voraussetzungen und welchen Veränderungen der Kriminalroman unterlag.

Im Anschluss verweisen die didaktischen Überlegungen zum Krimi auf die vielseitigen Möglichkeiten, die diese Gattung den Schülern bieten kann. Welche Aspekte bei einer Bearbeitung von Kriminalromanen im Vordergrund stehen, wird an dieser Stelle näher erläutert werden. Eine konkrete Anwendung der allgemeinen didaktischen Überlegungen folgt anhand der ausgewählten Lektüre. Durch die Textanalyse werden Struktur- und Formmerkmale des Krimis am direkten Beispiel dargestellt und die Handlung, das Personenarsenal sowie die Spannungsentwicklung kritisch hinterfragt. Das eigentliche Unterrichtsmodell entsteht abschließend aus den didaktischen und methodischen Überlegungen zur Lektüre.

2. Historische Entwicklung des Kriminalromans

Der ersten Erzählung, die dem Genre Kriminalliteratur zuzuordnen ist, dabei handelt es sich um Edgar Allen Poes „Murders in the Rue Morgue“ (1841), gehen eine Menge Vorläufer voraus, die entscheidenden Einfluss auf die heutige Form des Kriminalromans haben.

Der Gegenstand eines jeden Krimis ist das Verbrechen, insbesondere der Mord. Er lässt sich seit jeher als Motiv in der Literatur finden. Schon in antiken Dramen, wie in Euripides „Medea“ (431 v. Chr.), in der Bibel beim Brudermord Kains (1. Moses 3.4) oder in mittelalterlichen Texten ist der Mord ein gängiges Motiv. Jedoch stehen hierbei die handelnden Personen, die Schicksale und moralischen Aspekte im Vordergrund der Betrachtung.

Das eigentliche Interesse an der Aufklärung von Verbrechen konnte sich erst durch die Veränderung der Strafprozessordungen im 18. Jahrhundert entwickeln. In dieser Zeit wurde abstand genommen von der Methode, die Geständnisse durch Folter zu ermitteln. Vielmehr sollten Indizien dazu beitragen, den wahren Tathergang zu rekonstruieren. Sie wurden sogar über Geständnisse und Zeugenaussagen gestellt. (Vgl. Lange, 2002, 11)

In Verbindung mit dem wissenschaftlichen Duktus der Aufklärung wuchs das Interesse an der Verbrechensaufklärung. Besonders in Zeitungen und den so genannten Groschenromanen verkauften sich Erzählungen, in denen ungeklärte, mysteriöse Verbrechensvorgänge im Mittelpunkt stehen, besonders gut. Die sinkenden Herstellungskosten des Drucks und die zunehmende Lesefähigkeit der Bevölkerung trugen zu einer guten Vermarktung der Schauerromane Ende des 18. Jh. bei. Von der Romantik beeinflusst entwickelten sie sich weg von der Ratio der Aufklärung hin zum Übersinnlichen und Übernatürlichen. Die bekanntesten Vertreter dieser „gothic novels“ sind Horace Walpole („Schloß Otranto“, 1764), Ann Radcliff („Die Geheimnisse von Udolpho“, 1794) und Clara Reevs („Der alte englische Baron“, 1777).

In Deutschland sind es vor allem die Werke „Der Verbrecher aus Verlorener Ehre“ von Schiller (1786), E.T.H. Hoffmanns „Fräulein von Scudery“ (1819) und Anette von Droste-Hülshoffs „Die Judenbuche“ (1842), die inhaltliche und formale Merkmale des Kriminalromans aufweisen und somit als Vorläufer genannt werden müssen. (Vgl. Pleticha, 1986, 46)

Im 19. Jh. entstanden europaweit wichtige staatliche Institutionen zur Verbrechensbekämpfung wie z.B. das berühmte Scotland Yard. Somit blieb die Kriminalitätsaufklärung weiter im Fokus der Öffentlichkeit. 1841 veröffentlichte Edgar Ellen Poe seine Erzählung „Murders in the Rue Morgue“, die erstmals alle Charakteristika des Kriminalromans vereinte.

Mit C. Auguste Dupin erschaffte Poe einen individuellen Helden, der sowohl mit seinem Verstand als auch mit seiner Vorstellungskraft den Tathergang eines Verbrechens lückenlos aufklären konnte. „Wichtig ist dabei Poes Stellung zwischen Rationalismus und romantischer Imagination; beide Aspekte des menschlichen Denkens sind zur Lösung des Falls unabdingbar.“ (Dittmar, 1996, 489)

Dupin folgten ähnliche Charaktere mit gleichen Eigenschaften von anderen Autoren. Der wohl bekannteste Detektiv der Literaturgeschichte trat 1887 das erste Mal mit seinem Gehilfen Dr. Watson in Aktion – Sherlock Holmes. Der Autor Sir Arthur Canon Doyle erreichte durch die Zeitung, in der seine Geschichten in Serie gedruckt wurden, eine breit gefächerte Leserschaft, so dass sich die Detektivgeschichte mit ihren spezifischen Strukturen innerhalb kürzester Zeit zu einem viel gelesenen Genre entwickelte.

Zum Ende des 19. Jh. und Anfang des 20. Jh. entstanden eine Fülle von ähnlichen Romanen wie die bekannten Fälle der Miss Marpel oder des Hercule Perrot von Agatha Christie, die Geschichten um Vater Brown von Gilbert Keith Chesterton oder die Detektivgeschichten mit Lord Peter Wimsey von Dorothy Sayers.

In den USA wurden wenige Jahre später die so genannten „Hard-boiled-Romane“ veröffentlicht. Dabei handelt es sich um einen Krimityp, der an die Zeit der Prohibition und Verbrechersyndikate angelehnt wurde. Der Detektiv büßt seine überdurchschnittlichen Fähigkeiten in der Ratio und Imagination ein. Er wird auf einen Durchschnittsmenschen reduziert, der sich dem organisierten Verbrechen und einer korrupten Gesellschaft in den Weg stellt, womit sich deutlich Übergänge zum Problemroman abzeichnen. Bekannteste Vertreter des Hard-boiled-Typs sind unter anderem Dashiell Hammett und Raymond Chandler. (Vgl. Lange, 2001, 172)

Zwei weitere Formen des Kriminalromans kristallisierten sich in den 50er und 60er Jahren des 20. Jh. heraus. Zum einen handelt es sich um den Thriller, zu dem die berühmten James-Bond-Romane von Ian Fleming gehören, und zum anderen die Verbrechensgeschichten, in denen der Täter im Mittelpunkt des Geschehens steht. Der Leser erfährt bei diesem Krimityp eingehend die Beweggründe für das gesetzwidrige Verhalten des Täters. Neben Pierre Boileau und Thomas Narcejac ist es vor allem Patricia Highsmith, die die Verbrechensgeschichten populär gemacht hat.

Eine der neuesten Formen des Kriminalromans, die sich auch heute noch großer Beliebtheit erfreut, ist der gesellschaftskritische Kriminalroman, der in den 1960er Jahren erstmals vermehrt publiziert wurde. Obwohl sozialkritische Aspekte schon zuvor in vielen Kriminalerzählungen anzufinden waren, wurden sie nun in den Mittelpunkt gerückt. Besonderen Erfolg mit ihren sozialkritischen Romanen erzielten Maj Sjöwall und Per Wahrlöö, die „politische und soziale Konflikte in der schwedischen Wohlstandsgesellschaft“ (Lange, 2001, 172) zum Thema machten. Sjöwall und Wahlöö sind auch die Wegbereiter der skandinavischen Kriminalliteratur, die seit den 1990er Jahren mit großen Erfolgen immer wieder die deutschen Bestsellerlisten stürmen (z.B. Henning Mankell, Hakan Nesser oder Lisa Marklund).

Auch viele deutsche Schriftsteller folgten dem sozialkritischen Trend wie Hansjörg Martin, Irene Rodrian oder –ky (d. i. Horst Bosetzky).

3. Krimis für Kinder und Jugendliche

3.1 Historische Entwicklung des Kriminalromans für Kinder

Im Vergleich zur historischen Entwicklung des Kriminalromans für Erwachsene ist der Kriminalroman für Kinder eine relativ neue Entwicklung, die in ihren Vorläufern nicht so weit zurückreicht. Erst Ende des 18. Jh. entsteht generell eine spezifische Literatur für Kinder und Jugendliche, die von einem christlich-moralischen Grundprinzip durchzogen wird. Unmoralische Motive wie Erotik, Liebe und jegliche Form des Kriminellen wären in der damaligen Kinder- und Jugendliteratur nicht vorstellbar gewesen. Viele kleine Schritte waren nötig, diese moralischen Prinzipien zu durchbrechen. Den Anfang machte im Februar 1837 Charles Dickens, als er mit der Veröffentlichung seiner Geschichte um „Oliver Twist“ in der „Bentley’s Miscellany“ begann. Die 24 Fortsetzungen, die bis 1839 erschienen, gefielen nicht nur den erwachsenen, sondern auch den jugendlichen Lesern. (Vgl. Dankert, 1996, 584)

„Oliver Twist“ zeigt in seiner Struktur nur wenige Übereinstimmungen zum typischen Aufbau eines Kriminal- beziehungsweise Detektivromans für Kinder. Besonders die Rätselstruktur, die aus dem Geheimnis um Olivers Herkunft resultiert, aber auch der Mord am Ende des Romans sowie weitere Verbrechen während der Handlung sind vergleichbar mit dem Geheimnisvollen, dem Rätselhaften und dem Kriminellen einer jeden Detektivgeschichte für Kinder und Jugendliche. (Vgl. Hasubek, 1974, 27)

Nach „Oliver Twist“ sind es vor allem die Abenteuerromane „Tom Sawyers Abenteuer“ (1876) und „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ (1885) von Mark Twain, die zwar Elemente des Detektivromans wie Verbrechen und Verfolgung beinhalten, vom Aufbau aber nicht einer Detektivgeschichte entsprechen. Mit seiner Brutalität in der Darstellung von Morden gehört auch der ausdrücklich für Jugendliche verfasste Roman „Die Schatzinsel“ (1883) von Robert Louis Stevenson zu den Wegbereitern des Kriminalromans für Kinder. Ähnlich wie bei „Tom Sayers Abenteuer“ steht in diesem Roman die Schatzsuche im Vordergrund. Die dazugehörigen Geheimnisse und Rätsel fordern den Leser zum Mitraten auf. Dem moralischen Bewusstsein verpflichtet, tritt bei Stevensons auch der Kontrast zwischen dem „Guten“ und dem „Bösen“ besonders stark hervor. (Vgl. Hasubek, 1974, 30)

Die deutschen Autoren sind bezüglich des Aufgreifens von Elementen des Kriminalromans für Kinder und Jugendliche vorerst wesentlich zurückhaltender. Am deutlichsten treten diese Elemente in einem wenig bekannten Werk Karl Mays auf. Dabei handelt es sich um „Das Buschgespenst“ von 1850. Wie in einem Krimi für Erwachsene tritt hier ein Detektiv in Aktion. Unterstützung findet er bei einem Gehilfen, der eine Brücke bildet zwischen den zwei vorherrschenden Handlungssträngen. Arndt, der Held des Romans, wird seiner Rolle als Detektiv aber nicht ausreichend gerecht. Er besitzt keine überdurchschnittlich rationale Vorgehensweise und löst den Fall eher durch glückliche Umstände als durch geistige Fähigkeiten. Dem Opfer kommt währenddessen kaum eine Bedeutung zu und die Täter werden anstelle des juristischen Urteils ihrem Schicksal unterstellt. Sie sterben am Ende des Romans auf unterschiedliche Weise. (Vgl. Hasubek, 1974, 31)

Erst 1928 entsteht einer der bekanntesten Vorläufer der heutigen Detektivgeschichte für junge Leser – Erich Kästners „Emil und die Detektive“. Mit diesem speziell für Kinder und Jugendliche verfassten Roman bricht Kästner mit einigen Traditionen. Die Erwachsenenwelt wirkt nur marginal auf die betroffenen Kinder ein und wird weitestgehend aus der Handlung herausgehalten, wodurch die Sichtweise der Kinder in den Mittelpunkt rückt. Emil ist sowohl Opfer als auch Detektiv des Romans. Ihm stehen aber einige Freunde zur Seite, die ihm helfen, den Täter zu überführen, der schon zu Beginn des Romans dem Leser bekannt ist. Schauplatz der Erzählung ist die Großstadt Berlin, in der die Lebenssituation der Kinder dargestellt wird. Kästners moralischer Appell lässt sich in Emil und die Detektive ebenso ausmachen, wie in seinen anderen Romanen (zum Beispiel „Fabian“, 1931), denn „[w]ie in allen seinen Romanen (und Gedichten) ist Kästner auch hier Moralist, dessen Gesellschaftsbild nicht ohne zeittypische Konturen auskommt. Kameradschaft, Opferbereitschaft, Pflichterfüllung sind allgegenwärtig im Verhalten der Kinder. [...] Im Mittelpunkt stehen die Kinder, die sich selbst organisieren und auch ihre Probleme selbst lösen; gleichsam als die besseren Erwachsenen handeln sie unverdorbener und letztlich auch verantwortungsbewußter.“ (Eckart, 1996, 19)

Mit diesem weltweiten Erfolg legt Kästner den Grundstein für spätere Detektivromane der Kinder- und Jugendliteratur. Viele weitere junge Detektive sollten Kästners Emil folgen.

Durch den Nationalsozialismus wurden allerdings vorerst alle ähnlich gearteten Romane unterbunden. Kästners Werke wurden verbrannt und bis auf ein paar Einzeltitel, die kurz vor Beginn des Nationalsozialismus erschienen, wie „Das Rote U“ (1932) von Wilhelm Matthiessens und „Kai aus der Kiste“ (1927) von Wolfgang Durains, konnte sich das Genre der Kinder- und Jugendkrimis erst ab den 1950er Jahren wieder durchsetzen.

Zu diesem erneuten Durchbruch hat besonders Astrid Lindgren mit ihrem Meisterdetektiv Kalle Blomquist beigetragen. In drei Fällen („Kalle Blomquist - Meisterdetektiv“, 1950; „Kalle Blomquist lebt gefährlich“, 1952; „Kalle Blomquist, Eva-Lotte und Rasmus“, 1954) durchlebt der 13-jährige Kalle mit seinen beiden Freunden Eva-Lotte und Anders spannende Abenteuer. Auch vor einem Mord schreckt Kalle Blomquist nicht zurück. Der Mord ist ein Motiv, das in zuvor erschienenen Detektivgeschichten für Kinder nur selten anzutreffen war.

Etwa zeitgleich erschien auch Enid Blytons „Fünf-Freunde-Reihe“ auf dem deutschen Buchmarkt, die weltweit ein großer Erfolg wurde. „Keine der Nachfolgeserien hat es geschafft, je so erfolgreich zu sein wie die Fünf Freunde und ihresgleichen. Mögen Situationen unwahrscheinlich, Dialoge trivial, Nebensächlichkeiten ausgewälzt sein – Kinder lassen sich immer noch von den gewaltfreien und unblutigen Abenteuergeschichten der Blyton faszinieren.“ (van Nahl, 1999, 206)

Wie auch bei Kästner spielt nicht ein Detektiv die Hauptrolle in Blytons Büchern. Vielmehr ist es die Gruppe, die durch ihre unterschiedlichen Charaktere und durch Zusammenhalt und Gemeinschaftsgefühl selbst die schwierigsten Fälle lösen kann. Nach diesem Schema funktionieren auch viele weitere Krimiserien für Kinder und Jugendliche. Bei den „Drei ???“ von Robert Arthur, die ab Ende der 1960er Jahre in deutscher Übersetzung vermarktet wurden, und den vier Detektiven von „TKKG“ (ab 1979) verhält es sich ähnlich. Eine Gruppe Jugendlicher, in der jeder eine gewisse Aufgabe übernimmt, stellt sich den erwachsenen Verbrechern. Durch die einfach strukturierten Charaktere, die in den Serien weder altern noch Veränderungen durchmachen und somit wenig Tiefe besitzen, wirken die Serien nahezu zeitlos. Auch heutzutage können sich Kinder noch gut mit ihnen identifizieren. (Vgl. van Nahl, 1999, 207)

Wesentlich anspruchsvoller werden die Krimis für Kinder und Jugendliche Mitte der 1970er Jahre. Nachdem der gesellschaftskritische Kriminalroman Einzug in die Erwachsenenliteratur genommen hat, findet sich kurze Zeit später die gleiche Intention auch in Detektivgeschichten für junge Leser wieder. „In den gesellschaftskritischen Detektivgeschichten werden die Verbrechen aus den sozialen und gesellschaftlichen Umständen heraus erklärt.“ (Lange, 2002, 15)

Neben deutschen Autoren wie Max von der Grün („Vorstadtkrokodile“, 1976) oder Hansjörg Martin („Die Sache im Supermarkt“, 1977) ist auch die „Flanagan-Reihe“ (ab 1993) von Andreu Martin und Jaume Ribera besonders hervorzuheben. Die Krimiserie „Peter und der Prof“ von Ingvar Ambjörnsen, die im weiteren Verlauf noch genauer untersucht werden wird, lässt sich auch in die sozialkritischen Kriminalromane für Jugendliche einordnen. Doch nicht nur in Detektivgeschichten werden gesellschaftskritische Aspekte aufgenommen. Auch Verbrechergeschichten, die analog zu den Verbrechergeschichten für Erwachsene zu sehen sind, zeugen mehr und mehr von Kritik an sozialen Strukturen.

3.2 Allgemeine didaktische Überlegungen zu Krimis für Kinder und Jugendliche im Unterricht

In den ersten didaktischen Betrachtungen zum Kriminalroman im Deutschunterricht, die Anfang der 1970er Jahre entstanden, zeichnete sich eine klare Hinwendung zum Sozialkritischen ab. Auch wenn die Ansätze von Erika Dingeldey (1972/73), Malte Dahrendorf (1972) und Peter Nusser (1975) in sich nicht identisch sind, so wird trotzdem deutlich, „daß der wesentliche Akzent dieser didaktischen Konzeptionen auf der ideologiekritischen Analyse von Krimis liegt. Insofern stehen sie im Kontext der allgemeinen literaturdidaktischen Diskussion der 70er Jahre, die mit den Schlagwörtern ,Emanzipation’ und ,Aufklärung’ charakterisiert werden kann.“ (Lange, 1998, 757)

Während der Ansatz von Erika Dingeldy in der Betrachtung des soziologischen Erkenntniswerts stagniert, schließen Peter Nusser und Malte Dahrendorf noch andere Aspekte mit ein. Beide sehen in der Lektüre des Kriminalromans ein Mittel, um auf die Lesegewohnheiten der Kinder Einfluss zu nehmen. Besonders Nusser sieht die Chance, dass Kinder unterhaltsame, aber dennoch kritische Texte für sich entdecken. So würden sie sich mit der Zeit zu anspruchsvoller Literatur „hinauflesen“. (Vgl. Lange,1998, 758)

In allen drei Ansätzen werden andere wichtige didaktische Aspekte nicht weiter berücksichtigt. Vor allem spezifische Merkmale des Kriminalromans sowie Aufbau, Fachbegriffe und andere Struktur- und Formelemente können mit in den Unterricht einbezogen werden. Auf diese Weise wird den Schülern die Wirkung des Krimis auf den Leser und die damit verbundene Rezeption verdeutlicht. Insofern empfiehlt es sich weder Wirkung, Aufbau und Struktur noch ideologische Elemente zu vernachlässigen und beide Richtungen in die didaktischen Überlegungen aufzunehmen. Nur so erhalten die Schüler die Chance, das Genre des Krimis kennen zu lernen und zu erkennen wie ihre Lesehaltung durch den Text beeinflusst wird. Des Weiteren können sie sich mit dem Wert- und Normensystem kritisch auseinanderzusetzen, das einen wichtigen Platz in jedem Krimi einnimmt, der (aktuelle) gesellschaftliche Prozesse widerspiegelt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Ingvar Ambjörnsens Detektivgeschichte 'Die Rache vom Himmel' als Unterrichtseinheit im Deutschunterricht
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Institut für Deutsche Sprache und Literatur)
Veranstaltung
Detektivgeschichten für junge Leser
Note
1 (-)
Autor
Jahr
2003
Seiten
27
Katalognummer
V23772
ISBN (eBook)
9783638268240
Dateigröße
665 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ingvar, Ambjörnsens, Detektivgeschichte, Rache, Himmel, Unterrichtseinheit, Deutschunterricht, Detektivgeschichten, Leser
Arbeit zitieren
Oliver Bock (Autor:in), 2003, Ingvar Ambjörnsens Detektivgeschichte 'Die Rache vom Himmel' als Unterrichtseinheit im Deutschunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23772

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