Eine kurze Werkanalyse von Hermann Hesses "Unterm Rad"


Hausarbeit, 2003

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung in „Unterm Rad“
1.1. Hermann Hesse vor 1906
1.2. Parallelen zu „Unterm Rad“

2. Die Bedeutung der Figuren in „Unterm Rad“
2.1. Hauptfiguren der Erzählung
2.2. Hans Giebenrath und Hermann Heilner in Bezug zu Hesse

3. Der Lebenskonflikt Hans Giebenraths
3.1. Hans Giebenraths Selbstentfremdung
3.2. Hans Giebenraths Suche nach der eigenen Identität

4. Literaturliste

1. Einführung in „Unterm Rad“

„Unterm Rad“ gehört zu den frühen Erzählungen von Hermann Hesse. Sie entstand im Jahre 1903, wurde jedoch erst im Herbst 1905 (mit der Jahreszahl 1906 versehen) veröffentlicht.

„Unterm Rad“ nimmt im Gesamtwerk Hermann Hesses einen bedeutenden Platz ein, zum einen aufgrund der großen Beliebtheit der Erzählung – sie wurde zwischen 1906 und 1979 in 16 Sprachen übersetzt – zum anderen, weil eine starke emotionale Bindung des Autors an sein Werk deutlich erkennbar ist.

„Unterm Rad“ zeigt das Schicksal des begabten Jungen Hans Giebenrath, der unter dem Druck von Vater und Erziehern eine Rolle aufgedrängt bekommt, die ihm nicht entspricht und der er nicht standhalten kann.

So wählte Hermann Hesse den Titel „Unterm Rad“ ganz bewusst, denn die Hauptfigur Hans gerät ohne Zweifel unter das Rad des Lebens.

Hesse berichtet hier aus eigener Erfahrung, wie wir später noch deutlich feststellen werden. Der Titel seiner Erzählung galt jedoch vorwiegend seinem jüngeren Bruder Hans, der zum Vorbild des Hans Giebenrath wurde. Diesen habe man „weil er ehrlich war, fast umgebracht. Der ist auch, seit sie ihm in der Schule das Rückrat gebrochen haben, immer unterm Rad geblieben“[1], so berichtete Hesse kurz nach Fertigstellung seiner Erzählung „Unterm Rad“ im Jahre 1904.

1.1. Hermann Hesse vor 1906

Inwiefern in der Erzählung „Unterm Rad“ Aspekte aus Hermann Hesses eigener Jugend wiedergespiegelt werden, zeigt Hesses Lebensweg von 1890 bis 1898.

Hermann Hesses Leistungen in der Volksschule waren so vielversprechend, dass er 1890 mit 12 Jahren auf die Lateinschule in Göppingen kam, um sich auf das württembergische Landesexamen vorzubereiten, das die Voraussetzung für eine kostenlose Ausbildung zum evangelischen Theologen im „Tübinger Stift“ war.

Hesse bestand es 1891 als 28. von 36 Kandidaten. Die Familie war zufrieden und Hermann kam ins Klosterseminar nach Maulbronn. Zu Anfang berichtete er nur Gutes vom Klosterleben, doch am 7. März 1892 lief Hesse ohne ersichtlichen Grund aus dem Kloster davon. Als er am nächsten Tag aufgegriffen wurde, empfahl man seinen Eltern, ihn aus dem Seminar zu nehmen. Hermann sei für dieses Leben nicht geeignet und stelle eine Gefahr für seine Mitschüler dar. So kehrte dieser nach Calw zurück, isolierte sich jedoch zunehmend und man redete davon, Hesse sei geisteskrank.

Seine Eltern schickten ihn zu einem Theologen, in eine Nervenheilanstalt, ließen ihn das Gymnasium besuchen und eine Buchhändlerlehre beginnen. Doch nichts brachte Veränderung. Hesse brach alles ab, seine Eltern waren ratlos.

Erst als er im Juni 1894 begann in einer Turmuhrenfabrik in Calw zu arbeiten, verbesserte sich sein Zustand. Dort wollte ihn niemand verbessern oder ihm moralische Ratschläge erteilen, er musste lediglich seine Hände gebrauchen. Dort schien er zu sich selbst finden zu können und so dauerte das Praktikum beachtliche 14 Monate. Ein deutlicher Wendepunk in Hesses Leben.

1895 bot man Hesse eine Buchhändlerlehre in Tübingen an, die er 1898 beendete. Hesse veröffentlichte seine ersten Gedicht- und Prosabände und verfasste Artikel für diverse Zeitungen.

Nach dem Erfolg seiner ersten Veröffentlichungen, gab er im Frühjahr 1903 seine Tätigkeit als Buchhändler auf und lebte fortan als freier Schriftsteller. Nachdem er im Sommer 1903 das Manuskript des Romans „Peter Camenzind“ abgeschlossen hatte, begann er im Herbst desselben Jahres in seinem Heimatort Calw seine Erzählung „Unterm Rad“.

Darin verarbeitete er die erlebten Konflikte seiner Jugend und bewältigte somit ein unangenehmes Stück seines Lebens. Dass er so lange damit wartete, zeugt davon, wie tief die seelischen Erschütterungen gewesen sein mögen. „In der Geschichte und Gestalt des kleinen Hans Giebenrath, zu dem als Mit- und Gegenspieler sein Freund Heilner gehört, wollte ich die Krise jener Entwicklungsjahre darstellen und mich von der Erinnerung an sie befreien, und um bei diesem Versuch das, was mir an Überlegenheit und Reife fehlte, zu ersetzen, spielte ich ein wenig den Ankläger und Kritiker jenen Mächten gegenüber, denen Giebenrath erliegt und denen einst ich selbst beinahe erlegen wäre: der Schule, der Theologie, der Tradition und Autorität.“[2] Hesses Interesse an Erziehungsfragen resultierte also direkt aus seiner eigenen unglücklichen Schulzeit. So schrieb er 1904 in einem Brief an seinen Stiefbruder: „Die Schule ist die einzige moderne Kulturfrage, die ich ernst nehme und die mich gelegentlich aufregt. An mir hat die Schule viel kaputt gemacht, und ich kenne wenig bedeutende Persönlichkeiten, denen es nicht ähnlich ging. Gelernt habe ich dort nur Latein und Lügen, denn ungelogen kam man in Calw und im Gymnasium nicht durch.“[3]

„Unterm Rad“ trägt somit deutlich autobiographische Züge, wie für Hans Giebenrath war auch für Hesse und seinen Bruder Hans die „Lateinschule (…) zur Tragödie“[4] geworden.

1.2. Parallelen zu „Unterm Rad“

Der Roman „Unterm Rad“ weist viele Parallelen zu Hermann Hesses Leben auf, wobei lediglich die wichtigsten im Folgenden beschrieben werden.

Die Handlung in „Unterm Rad“ findet einerseits in einer schwäbischen Kleinstadt, andererseits im Klosterseminar in Maulbronn statt, ebenso wie es auch in Hesses Jugend der Fall war. So beschreibt er aus persönlicher Anschauung beispielsweise das Maulbronner Schulleben, das herbstliche Mosten, die Lehrlingszeit und das scheinbar idyllische Leben in einer Kleinstadt. Aber auch die Hauptpersonen und deren Namen sind sorgfältig ausgewählt worden.

Der Vorname macht den Bezug von Hans Giebenrath zu Hesses Bruder Hans deutlich, der ein ähnliches Schicksal erlitt wie Giebenrath und letztendlich Selbstmord beging. Hans Giebenraths Mit- und Gegenspieler Hermann Heilner trägt sowohl den Vornamen, als auch die Initialen von Hesse. Auch Hans` Lehrer sind größtenteils identisch mit denen Hesses, der ebenfalls ins Klosterseminar nach Maulbronn kam und dies nicht beenden konnte. Auch die anschließende Schlosserlehre hat Hesse aus seinem Leben übertragen, ihm hat diese jedoch geholfen, sein Leben in den Griff zu bekommen, bei Giebenrath scheitert dieser Versuch.

[...]


[1] Hermann Hesse in einem Brief an Karl Isenberg vom 25.11.1904

[2] Hermann Hesse in „Begegnungen mit Vergangenem“, 1953, WA 10, S. 347ff.

[3] Hermann Hesse in einem Brief an Karl Isenberg vom 25.11.1904

[4] Hermann Hesse in „Erinnerungen an Hans“, 1936, WA X, S.199ff.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Eine kurze Werkanalyse von Hermann Hesses "Unterm Rad"
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Neuere Germanistik)
Veranstaltung
Werk eines Autors: H. Hesse
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
14
Katalognummer
V23720
ISBN (eBook)
9783638267908
ISBN (Buch)
9783638759854
Dateigröße
448 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eine, Werkanalyse, Hermann, Hesses, Unterm, Werk, Autors, Hesse
Arbeit zitieren
Nicole Streich (Autor:in), 2003, Eine kurze Werkanalyse von Hermann Hesses "Unterm Rad" , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23720

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