Sigmund Freud - Die Sozialisation als Triebschicksal


Essay, 2004

13 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Einleitung

Sigmund Freud wurde 1856 in der mährischen Stadt Freiberg geboren. 1860 zog er mit seiner Familie nach Wien um und studierte ab 1873 an der medizinischen Fakultät der Universität Wien. Gemeinsam mit Josef Breuer publizierte Freud 1895 Die „Studien über die Hysterie“. 1899 erscheint „Die Traumdeutung“. 1923 erscheint eines seiner bekanntesten Werke: „Das Ich und das Es“. 1939 stirbt Freud nach langer Krankheit in London.

In den 1890er Jahren begann Freud mit Veröffentlichungen über neurologische Störungen, die er zunächst noch physiologisch erklärte. Er kam durch seine Hysterie-Forschungen zu der Überzeugung, dass ein Teil der psychischen Erkrankungen nicht auf körperliche, sondern auf psychologische Ursachen zurückzuführen sei und deshalb einer anderen Form der Behandlung als die damals übliche bedürfe. 1896 führte Freud hierfür den Begriff Psychoanalyse ein. Dabei ging es vor allem darum, die Ursachen für die psychischen Probleme aufzudecken, die nach Freud in "unbewussten" psychischen Strukturen und oftmals weit zurückliegenden Ereignissen (der Kindheit) liegen, die der Patient "verdrängt" hat. Anfangs versuchte Freud die psychischen Störungen durch Hypnose aufzuklären und zu behandeln, entwickelte aber bald ein anderes Verfahren, das mit spontanen Assoziationen des Patienten arbeitete. Auch die Traumdeutung wurde ein wichtiges Hilfsmittel der Psychoanalyse. 1900 erschien Freuds Werk "Traumdeutung".

Mit den Begriffen der "Verdrängung" und des "Unbewussten" entwickelte Freud zwei besonders wichtige Kategorien der Psychoanalyse. Seine Methode der Analyse und Therapie psychischer Krankheiten war über ihre medizinische Bedeutung hinaus von philosophischer und kulturgeschichtlicher Wichtigkeit, weil sie grundlegende Einsichten in die Triebstruktur menschlichen Verhaltens eröffnete. Als wichtigste Triebe galten dem Professor der Sexualtrieb und der Todestrieb. Triebunterdrückung sah er als die Ursache der meisten psychischen Fehlentwicklungen (Neurosen) an. Außerdem entwickelte er die Theorie des Ödipuskomplexes. (vgl. Universal Lexikon Enzyklopädie 2003)

Grundannahmen und zentrale Begriffe

Man kann die Psychoanalyse als System von Hypothesen zur menschlichen Psyche betrachten. Die Aufgabe der Psychoanalyse ist es, den unbewussten Teil des Seelenlebens aufzuklären. Allerdings ist das Unbewusste weder direkt beobachtbar noch einfach abfragbar. Deshalb deutet der Analytiker unbewusst geäußerte Assoziationen, also die nicht willentliche Verknüpfung ähnlicher Empfindungen und Vorstellungen im Bewusstsein. Dabei werden besonders Erinnerungen aus der frühen Kindheit ins Gedächtnis geholt.

Ebenfalls kann der Analytiker über die sogenannte Traumanalyse Aufschluss über Ereignisse aus frühen Kindheitsjahren erhalten.

Die Inhalte des Traums setzen sich nach Freud aus nächtlichen Sinneseindrücken, Erlebnissen des Vortags und Verdrängtem zusammen. Ferner unterscheidet er zwischen latentem Trauminhalt (dem Unbewussten oder Verdrängten) und manifestem Trauminhalt (der die Zensur des Über-Ichs durchlaufen hat). Den Übergang von latentem zu manifestem Inhalt bezeichnet Freud als Traumarbeit. C. G. Jung erweiterte die Freudsche Traumdeutung später um eine final-progressive Deutung (der Traum als Modell der Zukunft) und eine überindividuelle Deutung (der Traum als Ausdruck kollektiver menschlicher Erfahrung). (vgl Tillmann 1989)

Die Psychischen Instanzen

Das „ES

Als älteste Instanz des ,,psychischen Apparates" nach Freud (1972, S. 9) haben wir einen Teil, der aus Ererbtem, bei Geburt Mitgebrachtem und konstitutionell Festgelegtem, also vor allem aus Trieben und Körperorganisationen, besteht. Diese Provinz des Geistes nennt Freud ,,ES". Das ,,ES" funktioniert nach dem Lustprinzip, ist unbelehrbar und unausrottbar (Mühlbauer 1980, S. 36). Die Hauptkraft des ,,ES" sind die Triebe, die genbedingt durch den Zustand psychischer Erregung aktiviert werden (Brenner 1967, S. 27). Wenn also ein Zustand der Erregung erreicht ist, geht ein Bestreben hieraus hervor, diesen Zustand nach Verlassen wieder zu erreichen. Die ganze Mannigfaltigkeit der menschlichen Triebe führt Freud auf zwei Urtriebe zurück. Zum einen den ,,Erostrieb", zum anderen den ,,Destruktionstrieb" oder ,,Todestrieb".

Der ,,Erostrieb" hat zum Ziel, stets wieder größere Einheiten herzustellen und zu erhalten, sprich zu verbinden. Die Energie dazu nennt Freud die ,,Libido". Sie zeichnet sich durch die Fähigkeit der Beweglichkeit und Fixierung aus. Der Gegenpart dieses Triebes ist der ,,Destruktionstrieb". Er ist bestrebt, Zusammenhänge aufzulösen, Dinge zu zerstören und das Lebende in seinen anorganischen Zustand zu überführen. Beiden gemeinsam ist das Bestreben in einen früheren, erlebten Zustand zurückzukehren. Der ,,Erostrieb" ist bestrebt, zu Einheiten zurückzukehren, die zerstört sind und der ,,Destruktionstrieb" will eben im Zustand der Einheiten wieder die Zerstörung (Freud 1972, S 11f).

Das gesamte Spektrum menschlicher Triebe ist in der Schnittmenge der beiden Urtriebe zu finden. So sind alle beobachtbaren Erscheinungen ein Gemisch aus Eros und Destruktion.

Das „ICH“

In der ältesten Provinz des Geistes bildet sich an der Peripherie, wo später motorische Kontrolle, Wahrnehmung, Erinnerung, Affekte, Denken, Planung und Steuerung stattfinden und an der die Reize der Organe auflaufen, ein Reizschutz, der aus einer besonderen Organisation besteht. Diese Organisation wird zum Vollstrecker der Triebe aber auch steuernde Instanz. An dieser Schlüsselstelle lernt es neue Reize kennen und speichert Erfahrungen über sie im Gedächtnis. Überstarke Reize vermeidet es durch Flucht, mäßigen Reizen begegnet es durch Anpassung.

Ist das ,,ES" noch nicht auf die Erhaltung der Art und des Selbst bedacht und nur dem Lustprinzip folgend, bildet sich jetzt ein nach dem Realitätsprinzip agierender Bereich. Ihn nennt Freud das ,,ICH". Dieses ,,ICH" hat die schwierige Aufgabe übernommen, uns am Leben zu erhalten, durch Angst vor Gefahren zu schützen und zusätzlich die günstigste und gefahrloseste Art der Befriedigung unserer Triebe, mit Rücksicht auf die Außenwelt, herauszufinden und durchzuführen. Es muss also zwischen dem ,,ES" und der Außenwelt vermitteln und hat die Verfügung über alle willkürlichen Muskelbewegungen. Um diese vermittelnde Rolle spielen zu können, muss das ,,ICH" Herrschaft über das ,,ES" gewinnen und lernen, die Außenwelt zu seinem Vorteil zu verändern. Doch auch das ,,ICH" strebt nach Lust und will Unlust ausweichen. Das ,,ICH" ist dem Lustprinzip verpflichtet, muss sich aber zugleich am Realitätsprinzip orientieren (Tillmann 1989, S 57f). Es kann jedoch entscheiden, ob Triebansprüche sofort befriedigt oder auf einen günstigeren Augenblick verschoben werden, Anpassungen ermöglicht oder Abwehrmechanismen gegen Triebansprüche mobilisiert werden (Mühlbauer 1980, S. 36). Nur im Schlafzustand gibt das ,,ICH" den Führungsanspruch gegenüber dem ,,ES" frei und verzichtet auf die Organisation. Eine erwartete Unlust löst ein Angstsignal aus. Ihr Anlass wird Gefahr genannt (Freud 1972, S. 10). Die Angst ist somit ein Abwehrmechanismus des ,,ICH"; Angst vor Objektverlust, Verlust der Liebe eines Objekts, Kastrationsangst, Schuldgefühle etc.. Angst ist also ein Schutzmechanismus gegen das ,,ES" und alle anderen Instanzen. Es entsteht automatisch, sobald das ,,ICH" durch Reize überwältigt wird. Ohne Angst wäre keine Sozialisation möglich (Mühlbauer 1980, S. 43).

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Details

Titel
Sigmund Freud - Die Sozialisation als Triebschicksal
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Soziologie)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2004
Seiten
13
Katalognummer
V23691
ISBN (eBook)
9783638267670
Dateigröße
496 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sigmund, Freud, Sozialisation, Triebschicksal
Arbeit zitieren
Jana Szabo (Autor:in), 2004, Sigmund Freud - Die Sozialisation als Triebschicksal, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23691

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