Arbeitskräftemigration: Ursachen und Folgen am Beispiel der EU-Osterweiterung


Seminararbeit, 2004

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Von Kopenhagen 1993 nach Athen 2003: Der lange Weg der EU-Osterweiterung
1.1. Die Stationen der EU-Osterweiterung
1.2. Die Angst der Deutschen vor der Osterweiterung
1.3. Die bisherige Entwicklung der Arbeitskräftewanderung in der Union

2. Ursachen der Wanderung: Wanderungsanreize und Wanderungsvolumen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage in den Beitrittsländern
2.1. Theoretische Grundüberlegungen von Migration
2.1.1. Die mikroökonomische Migrationstheorie
2.1.2. Wanderungsanreize durch pull- und push-Faktoren
2.2. Die wirtschaftliche Lage ausgewählter Beitrittskandidaten
2.3. Netzwerke als wanderungsfördernder Faktor
2.4. Errechnetes Wanderungsvolumen laut dem Ifo-Institut

3. Folgen der Wanderungen für den Standort Deutschland
3.1. Das Modell internationaler Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Krugmann
3.2. Auswirkung der Migration auf den Arbeitsmarkt
3.3. Auswirkung der Migration auf das Sozialsystem

4. Lösungsansätze zur Bewältigung einer zu hohen Migrationswelle.
4.1. Mögliche Lösungsansätze des Ifo-Instituts
4.2. Lösungsansatz der EU-Komission

5. Anhang

6. Literaturverzeichnis

1. Von Kopenhagen 1993 nach Athen 2003: Der lange Weg der EU-Osterweiterung

1.1. Die Stationen der EU-Osterweiterung

Der Europäische Rat beschloss am 13. Dezember 2002 in Kopenhagen die Aufnahme von zehn Staaten aus Mittel- und Osteuropa in die Europäische Union nach einem fast zehnjährigen Verhandlungsmarathon[1]. Ebenfalls in Kopenhagen, jedoch im Jahre 1993, „verabschiedete der Europäische Rat die Kriterien für die Aufnahme neuer Mitglieder“[2] in die Europäische Union, die sog. „Kopenhagener Kriterien“. Diese umfassen je ein politisches (institutionelle Stabilität), wirtschaftliches (funktionsfähige Marktwirtschaft) und juristisches (Übernahme des Besitzstandes der Gemeinschaft, den sog. „acquis communutaire) Kriterium[3].

1998 nahm die Europäische Union mit sechs Bewerbern die Verhandlungen auf. – dies waren Estland, Polen, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern. Im Jahr 2000 kamen Lettland, Litauen, Malta, die Slowakei, Bulgarien und Rumänien zu den Beitrittsverhandlungen hinzu[4]. Im Dezember 2002 hatten schließlich alle genannten Staaten – bis auf Rumänien und Bulgarien – die Kopenhagener Kriterien und die Konvergenzkriterien der Union erfüllt. Somit wurden in Kopenhagen die Verhandlungen nach einem harten Finanzpoker um weitere Agrarzuschüsse für Polen, Tschechien, Slowenien und Ungarn, abgeschlossen.

Das Europäische Parlament plädierte am 9. April 2003 für einen Beitritt der Bewerberländer, wodurch exakt eine Woche später in Athen auf der Akropolis die feierliche Unterzeichnung der Beitrittsverträge vonstatten gehen konnte[5]. Es ist die „größte Erweiterung der Union in ihrer Geschichte“[6], die EU-Bevölkerung vergrößert sich um 75 Mio. auf 450 Mio. Menschen.

Diese Arbeit beschäftigt sich insofern mit der Osterweiterung, als dass sie die Ursachen und Folgen der aus der Osterweiterung entstehenden Arbeitskräftemigration untersucht, das erwartete Wanderungsvolumen darstellt und in diesem Zusammenhang prüft, welche Auswirken die Migranten sowohl auf das deutsche Sozialsystem wie auch auf den Arbeitsmarkt haben werden.

1.2. Die Angst der Deutschen vor der Osterweiterung

Besonders heikel ist das Wohlstandsgefälle zwischen den Alt-EU-Mitgliedern und den Neu-EU-Mitgliedern. So liegt in Lettland das BIP pro Kopf bei gerade mal 31% des EU-Durchschnitts[7]. Dieses Wohlstandsgefälle ist auch Anlass für die unzähligen Diskussionen über eine mögliche Überflutung der Arbeitsmärkte durch Migranten aus den Neu-EU-Mitgliedstaaten.

Besonders in Deutschland fürchtet man sich vor Wohlstandsverlust und Instabilität – auch durch die Öffnung der Grenzen zu Tschechien, von der man ein Übergreifen der organisierten Kriminalität befürchtet[8]. Die Möglichkeiten eines Abwanderns der Arbeitsplätze, einer Verlagerung der Produktion inländischer Unternehmen in die noch Niedrig-Lohn-Länder der Osterweiterung und Billigkonkurrenz im Baugewerbe, bei Speditionen und in vielen Dienstleistungsbetrieben besonders in grenznahen Regionen schüren die Ängste der Deutschen und auch der Österreicher[9].

1.3. Die bisherige Entwicklung der Arbeitskräftewanderung in der Union

Es war stets erklärtes Ziel der Europäischen Kommission, noch bestehende Wanderungshemmnisse abzubauen[10]. Mit der „Schaffung des Binnenmarktes wurde zum Beispiel die Freizügigkeit auch auf (...) Studenten und Rentner ausgedehnt [oder, Anm. Grasser] die gegenseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen vereinbart“[11].

Der Startschuss zur Etablierung einer Europäischen Gemeinschaft fiel 1957 mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge und der Gründung der EWG. Mit der Vollendung der Zollunion 1968 fielen nicht nur die Zölle zwischen den Mitgliedstaaten, sondern Handelsrestriktionen jeglicher Art. Zudem wurde die Freizügigkeit für Arbeitnehmer eingeführt, also die Möglichkeit, dass Arbeitnehmer sich innerhalb der EG – jetzt EU – frei bewegen und arbeiten können[12]. 1968 war dies in den sechs Gründerstaaten Frankreich, Deutschland, Belgien, Niederlande, Italien und Luxemburg möglich. Eine Zuwanderungswelle blieb nach der Zollunion ebenso aus wie nach dem Beitritt Großbritanniens, Irlands und Dänemarks 1973. Eine mehrjährige Übergangsperiode vereinbarte die EG bei der „Gewährung der vollen Freizügigkeit für griechische (1987), spanische und portugiesische Arbeitskräfte (1992)“[13]. Da aber auch hier keinerlei Wanderungsprobleme auftraten, erhielten Österreich, Schweden und Finnland bei ihrem Beitritt 1995 sofort die volle Freizügigkeit.

Erstaunlich ist, dass in den EU-Ländern durchschnittlich nicht einmal 2% aller Arbeitskräfte aus einem anderen EU-Mitgliedstaat kommen[14]. Die klassische Außenhandelstheorie findet in der EU somit ihre Bestätigung, die EU wirkt wie ein „Programm gegen Migration“[15]. Aber davon auszugehen, dass aufgrund der historischen Entwicklung der Arbeitskräftemigration auch bei der EU-Osterweiterung mit keinen größeren Wanderungsströmen zu rechen ist, ist fatal. Hierfür bedarf es nämlich einer genaueren Betrachtung der wirtschaftlichen Lage der Beitrittskandidaten, die sich wesentlich schlechter darstellt als die der Kandidaten der Süderweiterung zum Beispiel. Zudem gilt zu beachten, dass der „Wanderungsdruck aus Osteuropa vor dem Beitritt zur Union noch nicht abgebaut“[16] wurde, da sowohl der „Eiserne Vorhang“ und dann die Wanderungsbarrieren Westeuropas dies zu verhindern wussten. Zum Vergleich: bereits in den 15 Jahren vor der Süderweiterung waren netto 5,5% der spanischen und portugiesischen Bevölkerung ausgewandert[17].

2. Ursachen der Wanderung: Wanderungsanreize und Wanderungsvolumen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage in den Beitrittsländern

2.1. Theoretische Grundüberlegungen von Migration

2.1.1. Die mikroökonomische Migrationstheorie

Es wird im Folgenden gezeigt werden, dass die Hauptanreize bei der Migrationsentscheidung ökonomischen Ursprung haben. Potentielle Migranten versuchen durch Wanderungen ihren Nutzen über einen längeren Zeitraum zu erhöhen bzw. zu maximieren. Abhängig ist dieser Nutzen laut der mikroökonomischen Migrationstheorie vom „Konsum (CLt), der im Land L in jedem Jahr t des Aufenthalts erreicht werden kann, sowie von einer Reihe anderer Variablen (XLt), die den individuellen Nutzen bestimmen“[18]. Ein potentieller Migrant beginnt seine Wanderung somit erst dann, wenn der „Gegenwartswert des Nutzens in der Zielregion abzüglich der Wanderungskosten (K) den Gegenwartswert des Nutzens in der Herkunftsregion übersteigt“[19]. Zudem impliziert eine Wanderung, „dass Einkommen und Beschäftigungschancen in der Zielregion insgesamt größer sind als in der Herkunftsregion“[20]. Immerhin muss auch die Präferenz für den bisherigen Aufenthaltsort bedacht werden, welcher bei einer Migration ja verlassen wird.

[...]


[1] Vgl. Arend 2003

[2] Arend 2003

[3] Vgl. Zwick 2003

[4] Vgl. Arend 2003

[5] Vgl. Arend 2003

[6] Daniel 2003

[7] Daniel 2003

[8] Vgl. Freudenstein 2003

[9] Vgl. Freudenstein 2003

[10] Hönekopp 1999: S. 2

[11] Hönekopp 1999: S. 2

[12] Vgl. Werner 2001

[13] Werner 2001

[14] Vgl. Hönekopp 1999: S. 2

[15] Prange 2003

[16] Sinn 2001: S. xv

[17] Sinn 2001: S. xv f.

[18] Sinn 2001: S. 24f

[19] Sinn 2001: S. 25

[20] Sinn 2001: S. 27

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Arbeitskräftemigration: Ursachen und Folgen am Beispiel der EU-Osterweiterung
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Wirtschaftswissenschaften)
Veranstaltung
VWL Proseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V23663
ISBN (eBook)
9783638267427
Dateigröße
564 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Behandelt wird die Geschichte der EU-Osterweiterung und die Folgen der Erweiterung auf den europäischen Arbeitsmarkt. Mit Grafiken und Skizzen.
Schlagworte
Arbeitskräftemigration, Ursachen, Folgen, Beispiel, EU-Osterweiterung, Proseminar
Arbeit zitieren
Sebastian Grasser (Autor:in), 2004, Arbeitskräftemigration: Ursachen und Folgen am Beispiel der EU-Osterweiterung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23663

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