Risiken durch Gruppenentscheidungen der Beobachterkonferenz im Assessment Center


Hausarbeit, 2013

34 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

2 Einleitung

3 Begriffserklärung Assessment Center & Beobachtungskonferenz
3.1 Assessment Center
3.2 Beobachterkonferenz

4 Erkenntnisse über die Güte von Gruppenentscheidungen
4.1 Gruppenentscheidungen im Grundsatz
4.2 Gruppendenken.
4.3 Effekt des gemeinsamen Wissens

5 Gefahr von Fehlurteilen durch Gruppenentscheidungen im Assessment Center
5.1 Beispielsituation
5.2 Beispiel zum “Effekt des gemeinsamen Wissens”
5.3 Beispiel zum “Gruppendenken“

6 Handlungsempfehlung für die Durchführung der Beobachterkonferenz

7 Persönliche Stellungnahme zur Durchführbarkeit der Konzeptansätze

8 Literaturverzeichnis

9 Anhang

Zusammenfassung

Zentrales Thema dieser Hausarbeit sind Gruppeneinflüsse und deren Wirkung auf die Beobachterkonferenz im Assessment Center. An je einem Beispiel zum Phänomen des „Gruppendenkens“ und dem „Effekt des gemeinsamen Wissens“ werden diese Einflüsse näher erläutert. Nachfolgend werden Ursachen und Lösungsansätze thematisiert.

2 Einleitung

Bedeutung der Entscheidungen der Beobachterkonferenz im Assessment Center

Die Zielerreichung einer Organisation kann wesentlich von der „passgenauen“ Personalauswahl beeinflusst werden. So ergab eine Befragung von Organisationsvertretern (aus 590 amerikanischen Unternehmen), dass diese die Organisationsleistung beeinflusse (Delaney & Huselid, 1996)1. Ähnliche Ergebnisse lieferte eine Studie von Huselid (1995)2, die 968 Unternehmen hinsichtlich personalwirtschaftlicher Maßnahmen (zum Beispiel Personalauswahl) untersuchte und eine positive Korrelation zum finanziellen Unternehmenserfolg ausweisen konnte.

Der Person-Environment-Fit, also die generelle Passung individueller Eigenschaften (Bewerber) und Arbeitsumfeldeigenschaften (Unternehmen), ist folglich grundlegend wichtig (Kauffeld, 2011)3.

Besonders zu beachten ist in diesem Zusammenhang die Vermeidung von Alpha- (Einstellen eines ungeeigneten Bewerbers) und Beta-Fehlern (Ablehnen eines geeigneten Bewerbers) sowie deren negative Auswirkungen (Wirtschaftslexikon24, 2013)4.

Die „optimale“ Passung fördert ferner emotionale Bindung, die wiederum mit der Leistungsbereitschaft verknüpft ist (Brinkmann, D. & Stapf, H., 2005)5. Die Auswirkungen auf Motivation und Bindung von Mitarbeitern werden auch in einer Gallup-Studie erwähnt, aus welcher hervorgeht, dass nur 11% der deutschen Arbeitnehmer zufrieden im Job sind, weitere 66% Dienst nach Vorschrift machen und 23% innerlich gekündigt haben. Die volkswirtschaftlichen Kosten für daraus resultierende Fehlzeiten/Fluktuationskosten werden mit 122,3 bis 124,0 Milliarden Euro p.a. ausgewiesen (Gallup GmbH, 2001)6.

Der Auswahl einer Führungskraft kommt diesbezüglich zusätzliche Bedeutung zu, da ihr Einfluss auf Leistungsbereitschaft und Betriebsklima erheblich ist. (Jung, H. 2011)7.

Ferner kann die Beobachterkonferenz positiv zum wahrgenommenen Außenbild des Unternehmens beitragen, indem die Auswahlsituation für Bewerber stets als angenehm und fair erlebt wird (Gall, A. & Mozildio, T., 2011)8. Der geeignete Bewerber soll sich doch am Ende für und nicht gegen das Unternehmen entscheiden. Der ungeeignete Kandidat hingegen kann trotzdem potentieller Kunde oder Werbeträger sein.

Die Güte der von der Beobachterkonferenz getroffenen Entscheidungen umfasst also Entwicklungs-, Gestaltungs- und Qualitätsverantwortung auf gesellschaftlicher Ebene, deren Folgen für Wirtschaft und Privatleben von Menschen weitreichend sind.

3 Begriffserklärung „Assessment Center“ und „Beobachterkonferenz“

3.1 Assessment Center

Seinen Ursprung findet das Assessmentcenter, im weiteren Verlauf AC genannt, bei Johann B. Rieffert, dessen Ansatz die ganzheitliche Betrachtung von Kandidaten war. 1920 entwickelte er unter diesem Aspekt und im Auftrag des deutschen Reichswehrministeriums das Grundmodell des heute bekannten Auswahlverfahrens (Domsch & Jochum, 1989) 9.

Ziel des AC ist es, Kandidaten hinsichtlich ihrer sozialer und überfachlicher Handlungskompetenz einzuschätzen und einen möglichst hohen Person-Environment-Fit herzustellen. D.h. herauszufinden wer der geeignetste Bewerber für Unternehmen und künftige Aufgabe ist (Wiegand, 2008)10. Dieses „Beurteilen“ leitet sich aus dem englischen Begriff „Assessment“ ab.

Myers (Myers, 2008)11 beschreibt das AC als multiple Verfahrenstechnik zur Auswahl und Beurteilung von Mitarbeitern, bestehend aus verschiedenen eignungsdiagnostischen Instrumenten und leistungsrelevanten Aufgaben (zum Beispiel Rollenspiele, Leistungstests etc.). Das AC ist also ein multimethodales Instrument der Eignungsdiagnostik mit breiter Datenbasis in der individuellen Kompetenzmessung.

Die Kandidatenanzahl ist meist auf 6-12 Personen beschränkt (Jeserich,1981, S.34)12, die von unabhängigen Beurteilern (typischerweise 1-2 Hierarchieebenen über der Zielebene) nach bestimmten Kriterien eingeschätzt werden (Meyers, 2008)13. Auch Obermann gibt eine Personanzahl von 8-12 an (Obermann, 2006)14. Zusätzlich erwähnt er das Einzel-Assessment (Eignungsuntersuchung von nur einer Person) das in der Regel bei Führungspositionen zum Einsatz kommt (Lüdemann, 2008)15.

Zur besseren Durchführungsobjektivität sind Inhalte, Verfahren und zeitlicher Rahmen für jeden Kandidaten gleich (Arbeitskreis-AC, 1992)16. Unterschiede gibt es in der Testdauer (meist 1-4 Tage) und Bezeichnung. Typische Begriffe des AC sind Development Center, Potentialanalyse oder Talentfinder (wissen.harvardbusinessmanager.de, 2008)17.

Das AC wird zur Rekrutierung neuer Mitarbeiter sowie zur Förderung/ Beurteilung von Bestandsmitarbeitern genutzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Ablauf des AC nach Jeserich, 1981)

3.2 Beobachterkonferenz

Bei der Beobachterkonferenz trifft eine geschulte Personengruppe zusammen um die AC-Leistungsbewertung von Kandidaten vorzunehmen. Nach einer Testsituation des Bewerbers führen die Beobachter letztlich eine Beurteilungsentscheidung herbei. Bekannt sind zwei verschiedenen Herangehensweisen (Fisseni & Fennekels, 1995)18:

1. Klinisch
In der Konferenz findet ein Austausch von Informationen und eine Ergebnisdiskussion statt, die in einem Konsensurteil mündet.
2. Statistisch

Die individuellen Beobachterbeurteilungen werden verrechnet (Durchschnittsbildung aller Werte) und am Ende zu einem Gesamtergebnis zusammengeführt.

Zur Definition der Beobachterkonferenz wird hier beispielhaft auf drei Ansichten eingegangen, die grundsätzlich geltende Unterschiede und Übereinstimmungen darlegen.

Nach Jeserich sollen Personalfachleute und Führungskräfte als Beobachter fungieren (Jeserich, 1981)19. Ähnlich sieht dies der Arbeitskreis-AC und führt des weiteren Psychologen und externe Fachleute an.

Die Beobachter sollten laut ihrer Ansicht mindestens eine Hierarchiestufe über der Zielfunktion angesiedelt sein (Arbeitskreis-AC 2013)20. Jeserich betont, dass in Bezug auf das Alter und Abteilungsherkunft eine gemischte Beobachterzusammensetzung von Vorteil sei.

Obermann sieht hingegen auch künftige Vorgesetzte und Kollegen, sowie gegebenenfalls Betriebsratsmitglieder als geeignet an (Obermann, 1992)21, was die anderen beiden Quellen wiederum ablehnen.

Auch im Hinblick auf das Beobachter/ Kandidatenverhältnis gibt es unterschiedliche Ansichten. Obermann und der Arbeitskreis-AC sehen mindestens zwei Beobachter pro Bewerber als notwendig und verweisen unter dem Gesichtspunkt der Beobachterrotation auf die Objektivität (Obermann, 2006)22. Jeserich hingegen spricht von einem Beobachter/ Kandidatenverhältnis von 1:2 (Jeserich, 1981)23.

Einig sind sich alle darin, dass es einen geschulten Moderator geben muss, der Standards und Zeitabläufe steuert.

4 Erkenntnisse über die Güte von Gruppenentscheidungen

4.1 Gruppenentscheidungen im Grundsatz

Gruppenstrukturen sind Grundbestandteil unserer Gesellschaft. Menschen arbeiten oft in Teams und sind grundsätzlich Teil von Gemeinschaften, zum Beispiel Familien oder Freundeskreis (Witte 2005, S.2)24. Entscheidungen in Unternehmen werden nach meiner Erkenntnis mehrheitlich in Gruppenkonferenzen getroffen, etwa im Vorstand oder der Gewerkschaft.

Ziel der Gruppenentscheidung ist das Nutzen eines höheren Problemlösungspotentials im Vergleich zum Einzelpersonenentscheid, welches sich unter anderem aus einer breiteren Wissens-, Erfahrungs- und Informationsbasis erschließt und im Ergebnis zu ausgewogeneren Urteilen führen kann. (Myers, 2008, S.919)25. Diese Effekte konnten verschiedentlich nachgewiesen werden, zum Beispiel bei der Personalentscheidungsstudie von Stasser & Titus (1985)26.

Die heutige Forschung belegt jedoch, dass sich dieser Vorteil (Wissen, Erfahrung etc.) in Gruppen vielfach nicht durchsetzt und gerade so die in der Theorie genannte Zunahme der Entscheidungsgüte verloren geht (Schulz-Hardt, Jochims, Frey, 2002)27.

Am Beispiel von Gruppendenken und Effekt des gemeinsamen Wissens wird in dieser Arbeit auf zwei Gefahrenquellen eingegangen, die eine optimale Entscheidung blockieren können. Anschließend werden, gefolgt von einem persönlichen Fazit, Empfehlungen zur Verbesserung von Gruppenentscheidungen präsentiert.

4.2 Gruppendenken/ Groupthink

Der Begriff Groupthink oder Gruppendenken beschreibt das grundsätzliche Konsensstreben der Gruppenmitglieder, sowie deren Intention nach Harmonie/ Einigkeit innerhalb der Gruppe, was jedoch die nötige, kritische Analyse eines Sachverhaltes (zum Beispiel Beurteilung eines Kandidaten) behindert und zu realitätsfernen beziehungsweise nachteiligen Entscheidungen führen kann (Janis, 1972, S. 7)28. Derartige Fehler können etwa ungenügende Informationsverarbeitung/-suche sein, sowie unvollständige Ziel-/ Alternativüberprüfung (Janis 1982)29.

Gefördert wird das Gruppendenken unter anderem durch folgende Aspekte (Janis 1982, S. 176)30:

- Kohäsion, das heißt. wenn die Gruppe einen starken Zusammenhalt besitzt (Wir-Gefühl, oder gleicher Hintergrund).
- Situationskontext, zum Beispiel stressbelastende Situation, Wettbewerb.
- Struktureller Kontext, zum Beispiel Isolation der Gruppe,

Homogenität der Mitglieder, keine klaren Entscheidungsverfahren.

Häufige Symptome des Gruppendenkens sind Engstirnigkeit (eingeschränkte kognitive Denkweise), Selbstüberschätzung (etwa Überzeugung moralische Standards zu besitzen) und Konformitätsdruck (beispielsweise Unterdrückung anderer Denkansätze).

Sollten ein oder mehrere dieser Attribute auftreten, sind Entscheidungsfehler wahrscheinlich.

4.3 Effekt des gemeinsamen Wissens

Oftmals tauschen sich Personen primär über gemeinsames Wissen (Informationen, die bereits allen bekannt sind) aus, wodurch nicht geteiltes Wissen (Individuum) nicht geäußert wird oder weniger Aufmerksamkeit erhält (Werth & Mayer, 2008, S.364)31.

Das Versäumnis, die Vorteile ungeteilter Wissenszugewinne zu nutzen, wird als Effekt des gemeinsamen Wissens oder Pooling-Effekt bezeichnet. Die beste Lösung (zum Beispiel die Wahl des geeignetsten Kandidaten) wird aufgrund unzureichender Gesamtinformation nicht erkannt.

Strasser (1992, S.156)32 sieht eine mögliche Begründung dafür in der statistischen Wahrscheinlichkeit: Die Chance, dass Personen über jenen Sachverhalt sprechen, welcher (fast) allen bekannt ist, ist als größer anzusehen.

Eine weitere Erklärung liefert der normative Einfluss und soziale Vergleich. Er beschreibt, dass Gruppenmitglieder ihre Ansichten untereinander vergleichen und dabei versuchen positiv von der Gruppe wahrgenommen zu werden, sowie aus Gründen der Gruppenzugehörigkeit, die Erwartungen der anderen zu erfüllen (Avermaet 2002, S. 478)33. Dies führt zwar zur Mitgliedschaftsstärkung, doch steigt zugleich die Wahrscheinlichkeit, dass der Einzelne nur jene Informationen teilt, die in der Gruppe als relevant oder korrekt gelten (Wittenbaum & Park, 2001)34. Laut Greitemeyer & Schulz-Hardt (2003)35 ist das individuelle Wissen vor der Gruppenentscheidung relevant, da Personen trotz vollem Informationsüberblick oft bei ihrer originären Entscheidung bleiben.

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Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Risiken durch Gruppenentscheidungen der Beobachterkonferenz im Assessment Center
Hochschule
( Europäische Fernhochschule Hamburg )
Note
1,5
Autor
Jahr
2013
Seiten
34
Katalognummer
V233583
ISBN (eBook)
9783656505495
ISBN (Buch)
9783656505815
Dateigröße
771 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Umfangreich recherchierte Hausarbeit (Buch- und Internetquellen sowie Studienergebnisse), die neben typischen Risiken/ Symptomen des Gruppenentscheids auch weiterreichende sozialpsychologische Aspekte und deren Einfluss auf Entscheidungen beleuchtet.
Schlagworte
risiken, gruppenentscheidungen, beobachterkonferenz, assessment, center
Arbeit zitieren
Yann De Olivera (Autor:in), 2013, Risiken durch Gruppenentscheidungen der Beobachterkonferenz im Assessment Center, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/233583

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