Bestimmung der Risikoeinstellung und Anlageempfehlung


Seminararbeit, 2012

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkiirzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Absolute und Relative Risikoaversion
2.1 Grundlagen zu Nutzenfunktionen
2.2 Die Arrow-Pratt-MaBe

3 Empirische Untersuchungen zu ARA und RRA
3.1 Der Versuch von Holt & Laury
3.2 Der Versuch von Levy

4 Diskussion
4.1 Vergleich und Analyse der Experimente
4.2 Auswirkungen auf Anlageempfehlungen
4.3 Fazit

Literaturverzeichnis

Abkiirzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Nutzenfunktionen

Abb. 2: Vergleich Daten und Vorhersage

1 Einleitung

Risiko ist ein strapazierter Begriff. Es scheint in Zeiten von Finanzkrise und Atomreak- toren in den Medien wie auch in den Kopfen der Menschen allgegenwartig. Dennoch ist es keineswegs ein neues Phanomen. In seinem Buch ,,Against the Gods“ kommt Peter Bernstein zu dem Schluss, ,,risk is a choice rather than a fate“ (Bernstein, 1996:8), und dies zu erkennen macht den groBen Reiz des Themas aus.

Was soil hier unter Risiko verstanden werden? Risiko ist eine Situation, in der ver- schiedene Dinge mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten eintreten konnen. In der Entscheidungstheorie wird zudem haufig zwischen Risiko und Unsicherheit unterschie- den (French, 1986). Hier sollen beide Begriffe jedoch als gleichwertig gebraucht werden und die Frage danach gestellt werden, wie Menschen mit Risiko umgehen. Dabei stehen generell die Moglichkeiten Risikofreude, Risikoneutralitat und Risikoaversion im Raum. Wie verhalt sich ein Spieler, der sich entscheiden kann zwischen dem sicheren Gewinn von 1€ und dem Wurf einer Miinze, bei dem er bei Kopf 2€ erhalt und bei Zahl nichts? Nimmt er den sicheren Euro, so ist er risikoavers. Entscheidet er sich fur den Miinzwurf, so steht er dem Risiko positiv gegeniiber. Ist er zwischen beidem indifferent, so ist er risikoneutral.

Die vorherrschende Meinung in den Wirtschaftswissenschaften lautet, dass Menschen generell risikoavers sind. Dennoch wird in vielen grundlegenden und weithin akzeptier- ten Modellen wie dem Capital Asset Pricing Modell (CAPM) der ,,homo oeconomicus“ als Entscheider verwendet, der rational und damit risikoneutral agiert (Markowitz, 1952). Auf der anderen Seite stehen empirische Versuche, in denen immer wieder Risikoaversi- on entdeckt wird, welche sich auch mit vielen weiteren Beobachtungen aus der Realitat deckt (Binswanger, 1980; Holt and Laury, 2002). So kann man beispielsweise sowohl in den Tagesmedien als auch in der Fachliteratur immer wieder vom ,,konservativen Anle- ger“ lesen (Albrecht, 1999; Welt Online, 2012). Dabei fallt auf, dass es eine einheitliche Definition dieses Typs zwar nicht gibt, damit aber ein risikoaverser Anleger gemeint sein muss. Denn die konservative Anlagestrategie lauft darauf hinaus, in Anleihen zu investie- ren und Aktien zu meiden. Anleihen sind nun aber genau die Anlagen, die im Vergleich zu Aktien bei niedrigerer Rendite auch niedrigeres Risiko aufweisen.1

Dies fuhrt nun zu der Frage, wie Risikoaversion im Detail aussieht, ob und wie man sie messen kann, und welche Schwierigkeiten oder Grenzen dieses Konzeptes zu beobachten sind. Insbesondere soll in dieser Arbeit auf die Konzepte der Absoluten Risikoaversi- on (ARA) und der Relativen Risikoaversion (RRA) eingegangen werden. In Abschnitt 2 sollen diese Konzepte erlautert und in ihren groBeren wirtschaftswissenschaftlichen Zu- sammenhang eingebettet werden. Die praktische, mathematische Konzeption durch Nut- zenfunktionen soll dabei ebenfalls untersucht werden. Zudem soll ihre Bedeutung in der Wirtschaft, spezieller im Bereich der Anlageempfehlungen, aufgezeigt werden. Ferner sollen in Abschnitt 3 bisherige Versuche, ARA und RRA durch Experimente nachzu- weisen, vorgestellt werden. SchlieBlich sollen in Abschnitt 4 die Ergebnisse analysiert werden, um die obige Fragestellung zu beantworten und die Relevanz auf dem Gebiet der Anlageempfehlungen zu beleuchten.

2 Absolute und Relative Risikoaversion

In diesem Abschnitt sollen die Konzepte zum Thema Risikoaversion betrachtet werden. Schon zu Zeiten Daniel Bernoullis wurden Menschen als risikoavers beschrieben (Ber­noulli, 1738), doch a priori ist nicht klar, wie Risikoaversion im Detail aussieht und wie sie daher in einer wissenschaftlichen Theorie zu modellieren ist. Zudem gibt es auch an- dere Konzepte, wie das des erwahnten risikoneutralen homo oeconomicus, oder die von Kahneman und Tversky in ihrer ,,Prospect Theory“ postulierte Verlustaversion (Kahne- man and Tversky, 1979). Im Folgenden soll jedoch zunachst die in Abschnitt 1 beispiel- haft eingefuhrte Risikoaversion genauer formalisiert und analysiert werden.

Solch eine Theorie zu entwickeln ist von groBer Bedeutung, um das Entscheidungs- verhalten von Menschen in unsicheren Situationen verstehen zu konnen. Nicht zuletzt in der Welt der Finanzen spielt dieses Verhalten eine entscheidende Rolle: Wie und warum entscheiden sich Anleger fur welche Art von Anlagen? Die Risikoeinstellung und de- ren exakte Auspragungen sind dabei von groBem Interesse. Im Speziellen wird es darum gehen, welche Auswirkungen Veranderungen des Vermogens auf Anlageentscheidungen haben konnen. Besitzt man hierzu eine Theorie, kann man einerseits das Verhalten von Anlegern besser voraussagen und ihnen andererseits fundierter begriindete Empfehlungen fur Anlagen geben, die seinen Nutzen maximieren. Um dies untersuchen zu konnen, sind zuerst einige grundlegende Betrachtungen notwendig.

2.1 Grundlagen zu Nutzenfunktionen

Die bisherigen Uberlegungen sollen nun formalisiert werden. Dazu wird das ebenfalls seit Bernoulli verwendete Konzept der Nutzenfunktion, das grundlegend fUr die Entschei- dungstheorie ist, herangezogen. Das Grundmodell der Entscheidungstheorie mit Aktions- raum, Ergebnisraum etc. sowie Praferenzen und die entsprechenden Notationen werden hier als bekannt vorausgesetzt (French, 1986). Jedes Individuum soll nun eine Nutzen­funktion U besitzen, die jedem (zufalligen) Zustand X seinen Nutzen U (X) zuordnet. In der Regel wird dabei X als Vermogen oder Einkommen betrachtet und als Zufallsvariable (ZV) angesehen. Des weiteren werden Nutzenfunktionen als monoton steigend, reellwer- tig und auf dem Ergebnisraum beschrankt angenommen. Zusatzlich wird im Standard- modell meist angenommen, dass die Nutzenfunktion bestimmten Anforderungen geniigt, genauer gesagt denen des Bernoulli-Prinzips:

- Ordinalitatsaxiom: Fur drei beliebige [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] gilt:

1. Vergleichbarkeit: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], jedes Individuum soll also in der Lage sein, seine Praferenzen in irgendeiner Form anzugeben.
2. Transitivitat: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten].

- Stetigkeitssaxiom: Fiir drei Ergebnisse [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], fur die [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] gilt, existiert (fiir jedes Individuum) eine Wahrscheinlichkeit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] sodass [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten].

- Unabhangigkeitsaxiom: Wenn fiir zwei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] gilt: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] dann soll fiir jede beliebige [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und jede Wahrscheinlichkeit p gelten: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten].

Sind diese Axiome erfiillt, so spricht man auch davon, dass die Nutzenfunktion der Erwartungsnutzen-Hypothese geniigt (von Neumann and Morgenstern, 1944). Teilweise werden dazu noch weitere Axiome gefordert oder leichte Modifikationen vorgenommen, dies soll hier jedoch nicht weiter im Detail betrachtet werden. Ob diese Axiome in der Realitat erfullt sind, ist sehr umstritten (siehe u.a. Ellsberg, 1961), an dieser Stelle soll dies jedoch nicht kritisch hinterfragt werden, sondern als Einfiihrung in die Theorie dienen.

Nutzenfunktionen sind in dieser Arbeit von Bedeutung, da die Risikoeinstellung ganz elementar an der Form der Nutzenfunktion eines Individuums abgelesen werden kann. Im nachsten Abschnitt wird gezeigt werden, dass Risikoaversion durch einen konkaven Verlauf der Nutzenfunktion gekennzeichnet ist, Risikoneutralitat durch Linearitat und Ri- sikofreude durch Konvexitat (siehe Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Nutzenfunktionen (Quelle: Hofmann, 2012:19)

2.2 Die Arrow-Pratt-MaBe

Nach der kurzen Einfuhrung in das Gebiet sollen nun genauere Uberlegungen zu Nut­zenfunktionen, und wie sie als MaB fiir die Risikoeinstellung dienen konnen, angestellt werden. Dabei ist der Essay ,,The Theory of Risk Aversion“ von Kenneth Arrow (Arrow, 1971:90-120) die zentrale Arbeit zu diesem Thema. Betrachtet wird ein Individuum mit Nutzenfunktion U, es sei angenommen, dass U zweimal differenzierbar ist, ,,this is proba­bly harmless“ (Arrow, 1971: 92). Dann bezeichnet die erste Ableitung U' den Grenznut- zen des Vermbgens und die zweite Ableitung U" die Anderungsrate des Grenznutzens.

Arrow folgend soll hier nun noch einmal das in der Einleitung angesprochene Spiel betrachtet werden: Ein Individuum wahlt zwischen einem sicheren Betrag X0 und dem Miinzwurf, der hier durch die Ergebnisse X0 — h bzw. X0 + h mit jeweiliger Wahrschein- lichkeit von 50 Prozent charakterisiert werden kann. Der risikoaverse Entscheider beur- teilt nun das sichere Ergebnis hoher, formal

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Umgeschrieben erhalt man:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dies bedeutet nun aber nichts anderes, als dass die Anderungen des Nutzens (welche mit betragsmaBig gleichen Anderungen des Vermogens korrespondieren) abnehmen fur stei- gendes Vermogen. Anders ausgedriickt bedeutet dies also, dass U' eine streng monoton fallende Funktion ist, was wiederum heiBt, dass U bei Risikoaversion in der Tat eine kon- kave Funktion ist.

Aufgrund dieser Tatsache bietet es sich an, als MaB fUr die Intensitat der Risikoaver­sion in Abhangigkeit des Vermogens die zweite Ableitung der Nutzenfunktion, U", zu betrachten. Nun reprasentieren Nutzenfunktionen allerdings die Praferenzen des Indivi- duums und sind daher nur eindeutig bis auf positive, lineare Transformationen (Arrow, 1971:94). Wurde man die Funktion U nun beispielsweise mit einer Zahl [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] multipli- zieren, wiirde dies auch den Wert der zweiten Ableitung andern. Daher ist der numerische Wert U"(X) alleine kein geeignetes, aussagekraftiges MaB. Arrow lost dieses Problem dadurch, dass er U" zu der ersten Ableitung U' ins Verhaltnis setzt, wodurch er ein MaB erhalt, was nun selber invariant under positive linear transformations" (Arrow, 1971:94) ist. Damit definiert er die Absolute Risikoaversion RA (ARA) und die Relative Risikoaver­sion RR (RRA) wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Minuszeichen sorgt hier zudem dafiir, dass diese MaBe positiv sind, wenn Risiko­aversion vorliegt, da dann U"(X) < 0 gilt (und U'(X) > 0 immer gilt). Dies ist sinnvoll gewahlt, wenn man eine Kennzahl fur Risikoaversion erhalten mochte.

Desweiteren konnen diese MaBe in Anlehnung an Arrows Vorgehen auch auf einem anderen Wege hergeleitet werden (Arrow, 1971:94-95): Das Individuum bekommt ein Spiel angeboten, bei dem mit Wahrscheinlichkeit p die Summe h gewonnen und mit Wahrscheinlichkeit 1 — p dieselbe Summe verloren werden kann. In Abhangigkeit von seinem Vermogen X und dem zu gewinnenden bzw. verlierenden Betrag h soll das Indivi­duum nun eine Wahrscheinlichkeit p(X, h) nennen, bei der es gerade indifferent ist bzgl. der Annahme des Spiels, d.h. U(X) = p(X,h)U(X + h) + (1 — p(X,h))U(X — h).

Mithilfe einer Taylorentwicklung kann nun U (X + h) bzw. U (X — h) geschrieben wer­den als

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei dann R1 /h2 [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] 0 und R2/h2 [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] 0 fiir h [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] 0, da dies Terme sind, in denen nur hohere Potenzen von h auftreten. Nun konnen (6) und (7) obige Gleichung eingesetzt werden, und dies nach p aufgel¨ost werden, sodass man folgendes erh¨alt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Dabei soll hier wie ublich im Bereich der Anlagen die Volatilitat als MaB fur das Risiko einer Anlage betrachtet werden.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Bestimmung der Risikoeinstellung und Anlageempfehlung
Hochschule
Universität Hamburg
Veranstaltung
Behavioral Finance
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
22
Katalognummer
V232983
ISBN (eBook)
9783656499206
ISBN (Buch)
9783656499886
Dateigröße
617 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bestimmung, risikoeinstellung, anlageempfehlung
Arbeit zitieren
Christopher Zaage (Autor:in), 2012, Bestimmung der Risikoeinstellung und Anlageempfehlung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232983

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