Von der funktions- zur prozessorientierten Organisation


Masterarbeit, 2012

99 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Widmung

Einführender Hinweis

Ehrenwörtliche Erklärung

1. Einleitung
1.1. Zielsetzung der Arbeit
1.2. Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
1.3. Abgrenzungen

2. Grundlagen einer funktionsorientierten Organisation
2.1. Ziele und Aufgaben einer funktionsorientierten Organisation
2.2. Unterscheidung zum prozessorientierten Organisationsmodell
2.3. Historische Entwicklung der funktionsorientierten Organisation
2.4. Beurteilung der funktionsorientierten Organisation
2.5. Kritik an der funktionsorientierten Organisation

3. Grundlagen einer prozessorientierten Organisation
3.1. Ziele und Aufgaben einer prozessorientierten Organisation
3.1.1. Magisches Dreieck
3.1.2. Grundstruktur der prozessorientierten Organisation
3.1.3. Prozessmanagement
3.1.4. Werkzeuge und Methoden des Prozessmanagements
3.1.4.1. Prozessmodellierung und Visualisierung
3.1.4.2. Prozesskostenrechnung
3.1.5. PDCA-Zyklus
3.1.6. Performance Excellence nach dem TOYOTA Prinzip
3.1.7. Missverständnisse der prozessorientierten Organisation
3.2. Historische Entwicklung der prozessorientierten Organisation
3.3. Kritische Beurteilung der prozessorientierten Organisation

4. Gezielte Reorganisation von Funktions- zur Prozessorientierung
4.1. Ziele und Aufgaben der Reorganisation
4.2. Grundsätzliche Vorbereitung für die Reorganisation
4.3. Ablauf der Reorganisation von der funktions- zur prozessorientierten Organisation
4.3.1. Erhebung der IST-Prozesse
4.3.2. Ermittlung der SOLL-Prozesse
4.3.3. Prozessorientierte Reorganisation und Integration
4.4. Beurteilung der Reorganisation
4.5. Risikofaktoren der Reorganisation

5. FALLBEISPIEL: HYGBRA GmbH
5.1. Ausgangsbasis, Zielsetzung und Vorbereitungsmaßnahmen der Reorganisation bei der HYGBRA GmbH
5.2. Produktionsunternehmen HYGBRA GmbH
5.3. IST-Zustandsanalyse
5.4. Plan - Do - Check - Act
5.5. Ressourcenaufwand versus resultierende Effizienz
5.6. Erfahrungsbericht des Prozesseigners „Produktion“

6. Resümee und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Anhang

Danksagung

In diesem Abschnitt möchte ich ganz besonders meinen Eltern Katharina und Hermann Weber danken, ohne deren finanzielle und mentale Unterstützung diese Masterthesis nie zustande gekommen wäre. Weiters auch meinem Partner Dario Stojanovic, der mich immer wieder aufgeheitert und motiviert hat. Besonderer Dank gilt meinem Betreuer Herrn Mag. Klaus Eichinger für die Unterstützung und die aufschlussreichen Supervisionsgespräche. Meinen Lektoren danke ich besonders für den exzellenten Input. Meinem Kommilitonen Alfred Friess danke ich für die stetige Motivation, die interessanten Gespräche und die gemeinsamen Lernevents über die gesamte Studienzeit. Bedanken möchte ich mich ebenfalls meiner Familie, allen Freunden und Bekannten, die mich auf ihre Art und Weise bestmöglich unterstützt haben.

Widmung

Für meine Eltern

Einführender Hinweis

Zur leichteren Lesbarkeit wurde in dieser Masterthesis explizit auf die Nennung beider Geschlechter verzichtet. Es wird demnach darauf hingewiesen, dass die verwendeten männlichen Begriffe die weiblichen Formen ebenso mit einbeziehen. Der tatsächliche Firmenname wurde zu dem Zweck der Veröffentlichung auf HYGBRA GmbH (Kurzform für Hygiene Branche – fiktiver Name) geändert.

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende wissenschaftliche Arbeit mit dem Thema, „Von der funktionsorientierten zur prozessorientierten Organisation am Beispiel der HYGBRA GmbH“ selbstständig angefertigt und die damit unmittelbar verbundenen Tätigkeiten selbst erbracht habe. Ich erkläre weiters, dass ich keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle aus gedruckten, ungedruckten oder dem Internet im Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt übernommenen Formulierungen und Konzepte sind gemäß den Regeln für wissenschaftliche Arbeiten zitiert und durch Fußnoten bzw. durch andere genaue Quellenangaben gekennzeichnet. Die während des Arbeitsvorganges gewährte Unterstützung einschließlich signifikanter Betreuungshinweise ist vollständig angegeben. Die wissenschaftliche Arbeit ist noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt worden. Diese Arbeit wurde in gedruckter und elektronischer Form abgegeben. Ich bestätige, dass der Inhalt der digitalen Version vollständig mit dem der gedruckten Version übereinstimmt.

Ich bin mir bewusst, dass eine falsche Erklärung rechtliche Folgen haben wird.

Waidring, 18.05.2012

1. Einleitung

In Zeiten, in denen man um jeden Kunden kämpft und versucht kosteneffizient und am Markt flexibel zu sein, ist es umso wichtiger den Aufbau und den Ablauf seines Unternehmens zu kennen. Es ist von hoher Bedeutung im Unternehmenswachstum auch die Organisationsstrukturen anzupassen. Dies geschieht größtenteils als natürliche Reaktion der Organisation auf die Kundenbedürfnisse, Markterfordernisse oder Ähnliches. Allerdings ist man nach der Wirtschaftskrise auch nicht mehr in der Lage „nur“ auf Veränderungen zu reagieren, es müssen die Ressourcen und finanziellen Mittel gezielt eingesetzt werden um betriebswirtschaftlich verantwortungsbewusst handeln zu können. Die wichtigsten Abläufe eines Unternehmens liegen in den Kernprozessen, die maßgeblich und wertschöpfend am Erfolg des Unternehmens beteiligt sind. So sprechen wir hier über Steigerung der Effektivität (Wirksamkeit), Erhöhung der Effizienz (Wirtschaftlichkeit), Steigerung der Flexibilität und gezieltem Zeitmanagement. Unbestritten ist, dass mangelnde Qualität in eine stetige Kundenfluktuation mündet. Diese wird sehr schnell im wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens sichtbar. Daraus kann sehr schnell ein Sog werden, der das Unternehmen mehr und mehr negativ beeinflusst. Resultieren könnte möglicherweise fehlendes Kapital für Re-Investitionen, was zur Folge haben könnte, dass keine Produktflexibilität mehr gegeben ist. Zu guter Letzt kann die Mitarbeiterzufriedenheit durch fehlende Aufträge ebenfalls enorm dabei abnehmen. Um diesen Kreislauf zu meiden, können professionelles Prozessmanagement und der gezielte Einsatz von Ressourcen Abhilfe schaffen und nachhaltig die Organisation zu mehr Flexibilität und Wirtschaftlichkeit führen. Das ist unter anderem der Grund dafür, dass immer mehr Unternehmen ihre Organisationsstruktur von der Funktionsorientierung zur Prozessorientierung reorganisieren und dadurch die an sie gestellten Anforderungen (von Stake-, Shareholdern oder dem Markt) erfüllen oder gar übertreffen können. Damit sind also Unternehmen selbst „Herr der Lage“ und können den Kreislauf des Leverage- oder Dominoeffektes unterbrechen, bzw. sich erst gar nicht hinein begeben. Die HYGBRA GmbH wurde als Familienunternehmen im Jahr 1971 gegründet und ist ein etabliertes mittelständisches Unternehmen auf dem Weg zum Konzern mit einem ausgesprochen starken Markenbewusstsein im Bereich der professionellen Hygiene. Aufgrund des wirtschaftlichen Erfolges in den letzten Jahrzenten wächst das Unternehmen zu einem internationalen Konzern heran, der bereits Marktführer in Österreich ist. Das Wachstum wird weiter vorangetrieben, denn so lautet die Vision, eine starke und unabhängige Marke zu sein, die durch Innovation und Service überzeugt und dies auch über die Landesgrenzen hinaus. Die vier strategischen Geschäftsfelder der Firma HYGBRA GmbH sind die waschraumHYGIENE, küchenHYGIENE, objektHYGIENE und wäscheHYGIENE, die alle Kernkompetenzen und das „Know-How“ des Unternehmens in sich vereinen. Dieses Unternehmen ist auch gestützt von einer starken Unternehmenskultur, so wird auch sehr auf die definierten Werte der Firma HYGBRA GmbH geachtet:

„Wir bei der HYGBRA GmbH haben Werte, an denen wir uns orientieren und die unsere Firmenkultur prägen.

Wir bei der HYGBRA GmbH setzen auf Qualität. Wir sind davon überzeugt, dass nur die beste Qualität den Hygieneanforderungen von heute gerecht wird. Der Kunde verdient es, die bestmöglichen Produkte zu bekommen.

Wir bei der HYGBRA GmbH schauen hoffnungsvoll in die Zukunft. Hygienebedürfnisse entwickeln sich weiter. Mit Innovationsgeist und Freude erarbeiten wir die richtigen Lösungen und gestalten gemeinsam die Hygienewelt von morgen.

Wir bei der HYGBRA GmbH leben die Begeisterung. Innovation und Service machen uns zum perfekten Partner in allen Belangen der professionellen Hygiene. Das spürt man - in den Produkten - in den Gesprächen - im Miteinander.

Wir bei der HYGBRA GmbH bauen auf Tradition. Als eigentümergeführtes Familienunternehmen bekennen wir uns zum Standort Zell am See. Pioniergeist und Verantwortung haben uns in vier Jahrzehnten zum international erfolgreichen Hygieneprofi gemacht.

Das Wichtigste ist und bleibt der Mensch – der zentrale Wert bei der HYGBRA GmbH. Wertschätzung, respektvoller Umgang miteinander und Achtung voreinander sind wichtige Voraussetzung für gute Zusammenarbeit.“ [1]

Das Unternehmen positioniert sich durch Innovation, die Produktion und ein sehr starkes Vertriebsnetz in den strategischen Geschäftsfeldern als Komplettanbieter am Markt. Als höchstes Augenmerk gilt es, den Kunden hervorragende Qualität und exzellenten Service zu bieten. Aufgrund der breiten Produktpalette, der unterschiedlichsten Entwicklungs- und Produktionsbereiche und der diffizilen Versorgungskette, wird in der Firma HYGBRA GmbH in einer sehr komplexen und umfangreichen Struktur gearbeitet. Natürlich existieren bereits Abläufe im Unternehmen, allerdings befindet sich die Firma HYGBRA GmbH noch tief verwurzelt im funktionsorientierten Denken und Handeln mit denen es erfolgreich geworden ist. Nun hat die Unternehmensleitung den Schritt in Richtung vermehrter Prozessorientierung gemacht, um relevante Abläufe effizienter zu gestalten. Es soll eine transparente Unternehmensstruktur geschaffen werden, um die Firma HYGBRA GmbH noch erfolgreicher werden zu lassen und in der Zukunft die Märkte globaler zu erobern. Das persönliche Interesse zeichnet sich durch die Herausforderung ab, die man der Verfasserin dieser Arbeit zu teil werden ließ, Prozessmanagement in der HYGBRA GmbH zu etablieren und laufende Optimierungen durchzuführen. Grundsätzlich besteht der erste Teil der Aufgabenstellung darin, die vorhandenen Strukturen den Prozessen anzupassen. Daher ist der Weg von der Funktions- zur Prozessorientierung im wissenschaftlichen wie im praktischen Vorgehen als Hauptaufgabe des Prozessmanagers anzusehen.

1.1. Zielsetzung der Arbeit

Das wissenschaftliche Ziel dieser Masterthesis ist es, beide Organisationsvarianten zu eruieren und miteinander zu vergleichen. In weiterer Folge soll der Fokus auf den theoretisch effizientesten und effektivsten Weg der Reorganisation von Funktions- zu Prozessorientierung gerichtet werden. Weiters sollen anwendbare Methoden und Instrumente erhoben werden, die man bei der Umsetzung beachten sollte. Das gesamte Spektrum soll auch zeigen, wie man die Ergebnisse der Reorganisation nachhaltig und kontinuierlich beibehalten und weiterentwickelt kann. Gesucht wird nach einem Weg, der ohne hohen Aufwand von Ressourcen durchführbar ist. Das praktische Ziel ist die Einbringung der theoretischen Ansätze und in Folge auch die Umsetzung in die HYGBRA GmbH, mit dem angestrebten Endziel, dass Ihre gesamte Mikroökonomie prozessorientiert denkt und handelt. Visionär betrachtet soll es im Total Quality Management münden und auf dem Weg ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess stattfinden, der laufend für optimale Ergebnisse, sowohl im Produktionsprozess als auch in anderen Geschäftsprozessen, sorgen soll. Für das Total Quality Management werden bereits bei der Reorganisation die Weichen gestellt, welche ebenfalls Einfluss auf die Vorgehensweise und die Umsetzung zur prozessorientierten Organisation nehmen.

1.2. Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit

Primär werden die Grundlagen und Zielsetzungen der Funktions- und der Prozessorientierung genauer hinterfragt. Dabei werden beide Organisationsmodelle so untersucht, dass sich letztendlich ein Benchmark aus beiden Varianten ergibt und somit eruiert werden kann, welche Maßnahmen notwendig sind, um eine Reorganisation erfolgreich durchzuführen. Neben dem theoretischen Weg wird im Anschluss der praktische Weg bei der HYGBRA GmbH erörtert. Als Beispiel wurde hier ein Produktionsprozess gewählt, um anhand dieses Prozesses zu zeigen, wie die Vorbereitungen, der Ressourcenaufwand, die Umsetzung und das Ergebnis in der Praxis aussehen. Außerdem wird ein Interview mit dem Prozessverantwortlichen geführt, um auch die operative Vorbereitung und Realisierung, die Hürden, mögliche Widerstände und die gesammelten Eindrücke zu erläutern, um Schwierigkeiten sowie Erfolgserlebnisse aufzuzeigen.

Daraus ergibt sich die zentrale Frage: Wie führt man am effektivsten und effizientesten eine Reorganisation einer Unternehmung von einer ursprünglich funktions- hin zur prozessorientierten Organisation durch?

1.3. Abgrenzungen

Da das Thema Reorganisation von funktions- zur prozessorientierten Organisation in der Literatur breit diskutiert wird, kann nur schwerpunktmäßig auf die wichtigsten Ansichten, Möglichkeiten und Theorien eingegangen werden. Auch sollen hier die allgemeinen Grundlagen beider Modelle erläutert werden, die sich als kompatibel für die HYGBRA GmbH erweisen und damit verwendet werden können. Somit wird ein möglicher theoretischer Weg, aus den Augen der Verfasserin, beschrieben. Des Weiteren werden in dieser Arbeit auch Standards der EN ISO 9001:2008[2] zum Teil berücksichtig und implementiert, da die HYGBRA GmbH gedenkt, sich in nächster Zeit nach selbiger zertifizieren zu lassen. Es wird allerdings darauf verzichtet, näher auf die Grundlagen der EN ISO 9001:2008 einzugehen, da sie nicht wesentlich zur Reorganisation beitragen und die Standardisierungen nur vorbereitend auf die Zertifizierung berücksichtigt werden. Grundsätze der Organisations- und Arbeitspsychologie fließen in dieser Arbeit mit ein, da der Weg der Reorganisation ohne menschliche Ressourcen nicht durchführbar wäre; allerdings werden diese vorab nicht erläutert. Sollte eine zusätzliche Erklärung erforderlich sein, wird der entsprechende Sachverhalt im jeweiligen Zusammenhang erklärt und auf weiterführende Literatur verwiesen. Des Weiteren werden für die Reorganisation Bewertungssysteme erarbeitet, die jedoch nur den Nachweis der Effizienz bringen sollen. Es wird darauf verzichtet, sich eingehend mit dem Thema Controlling zu beschäftigen, da es ausschließlich begleitend den Erfolg oder Misserfolg der Umsetzungsmaßnahmen darstellt.

2. Grundlagen einer funktionsorientierten Organisation

2.1. Ziele und Aufgaben einer funktionsorientierten Organisation

„[E]in Unternehmen, das seine Märkte – die existierenden wie die potentiellen – nicht in Bezug auf die Funktion begreifen kann, wird kaum die Zukunft gestalten können.“[3]

Die Funktionsorientierung, oder auch Aufbaustruktur genannt, ist sozusagen die Basis aller Organisationen. Primär sind dort hierarchische Strukturen zu finden, die aufgrund der dadurch resultierenden Transparenz für Kunden und Lieferanten als auch intern für die Mitarbeiter unabdingbar sind. Somit gilt es sich bei jeder Unternehmensgründung auch die Frage der Struktur zu stellen. Daher ist bei Gründungen eine hierarchische Aufbaustruktur in der Regel unumgänglich, um primär das Grundkonzept zu gestalten. Oftmals werden dadurch folgende grundlegende Gestaltungsbereiche (vgl. Abb. 1), je nach Branche und Tätigkeit des Unternehmens, gewählt und etabliert.[4]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gestaltungsbereiche der Aufbauorganisation[5]

Folglich sollte die Fragestellung, hinsichtlich der Gestaltung einer Aufbauorganisation, in Richtung Spezialisierung gehen. Welche Aufgaben fallen an? Welche Stellen und Abteilungen sind dafür obligatorisch, um diese auszuführen? Im Bezug auf die Koordination sollten die Aspekte der Zusammenarbeit der Gruppen und Mitarbeiter, Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse, Standardisierung der Abläufe und Koordinationsmechanismen in den Vordergrund gestellt werden. Dadurch wird ersichtlich, ob von allen Beteiligten im Sinne des Unternehmens agiert wird. Bei der Konfiguration liegt der Schwerpunkt in der Ermittlung des Grundaufbaus der Stellen und Abteilungen, wobei hierbei zusätzlich der Aspekt der Arbeitsteilung zu beachten ist. Es sollten die Fragen gestellt werden, wie stark die Arbeiten zu differenzieren sind und wann und wo die Ausführung stattfinden soll.[6]

Die meistgewählte Grundlage der funktionsorientierten Organisation ist, basierend auf dem Einlinien-, oder Mehrliniensystem, die Einteilung in Bereiche deren Aufgaben gleich oder ähnlich sind (z.B. Beschaffung, Logistik, Produktion, Vertrieb, usw.).

Das Einliniensystem ist so strukturiert, dass jeder Mitarbeiter einen direkten Vorgesetzten hat und somit nur von einer übergeordneten Stelle Anweisungen und Arbeitsaufträge erhält. Dieses System wird deshalb auch „Prinzip der Einheit der Auftragserteilung“ genannt und auch dementsprechend gelebt. Diese Organisationsform ist besonders bei Klein- und Mittelständischen Betrieben unabdingbar und erfreut sich aufgrund dieser klaren Strukturen dadurch großer Beliebtheit. Beim Mehrliniensystem (Funktionssystem) hat jeder Mitarbeiter mehrere unmittelbare Vorgesetzte von denen er seine Aufträge erhält („Mehrheit der Auftragserteilung“). Dadurch wird das Mehrliniensystem auch als „Prinzip des kürzeren Weges“ bezeichnet und folglich ist die Umsetzung des Mehrliniensystems im Vergleich als komplexere Organisationsform einzustufen.[7]

Hierbei gilt meist als ausschlaggebend, dass Führungskräfte spezialisiert sind und durch kurze Weisungswege Informationen nicht Reibungsverlusten zum Opfer fallen. Auch dieses System wird vorzugsweise in klein- und mittelständischen Unternehmen verwendet; allerdings ist aufgrund der Komplexität auf die Abgrenzung der Zuständigkeiten zu achten, da diese nur schwer nachzuvollziehen sind.

Für beide dieser Organisationsformen bedarf es eines homogenen Leistungsprogramms und stabilen Absatzmärkten. Die verschiedenen Bereiche richten sich natürlich nach der jeweiligen Branche in der das Unternehmen tätig ist.[8]

Die nachfolgende Abbildung 2 soll veranschaulichen, wie sich ein Organigramm unter Berücksichtigung beider Varianten zusammensetzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Einlinien- und Mehrliniensystem[9]

Natürlich können die Strukturen einer Organisation durch differenzierende Gesichtspunkte gebildet werden. Dies gilt auch für die Hierarchieebenen, die, obwohl sie sich in derselben Organisation befinden, trotzdem voneinander in ihrer Struktur abweichen können. Klassisch in der Organisationslehre wird zwischen der funktionalen und der divisionalen Organisation unterschieden. Die funktionale Organisation teilt sich anhand der Spezialisierung auf der obersten Hierarchieebene durch die unterschiedlichen Aufgaben auf. In Abbildung 3 ist ein Beispiel der klassischen funktionalen Organisation dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Funktionale Organisation[10]

Bei einer divisionalen Organisation wird die Spezialisierung der obersten Hierarchieebene ganz klar nach Objekten (beispielsweise Produkte, regionale Märkte oder auch Kunden) strukturiert. Ein Beispiel der divisionalen Organisation ist in der folgenden Abbildung in Abhängigkeit etwaiger Märkte dargestellt. Meistens wird bei der Bildung von Divisionen auch Ergebnisverantwortung für das jeweilige Objekt (Produkt, Markt, Kunde, etc.) delegiert. Somit erhalten die Divisionen erhöhte Autonomie und der Koordinationsaufwand für die Unternehmensführung sinkt.[11]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Divisionale Organisation[12]

Hier kann man auch von sogenannten Profit Centern sprechen.

2.2. Unterscheidung zum prozessorientierten Organisationsmodell

Wenn von der Aufbauorganisation (Funktionsorientierung) und der Ablauforganisation (Prozessorientierung) gesprochen wird, sind folglich auch markante Unterschiede festzustellen. Die maßgeblichste Differenzierung zwischen beiden Varianten ist folgender:
Die prozessorientierte Organisation braucht nicht die funktionsorientierte Organisation als Grundlage. Vielmehr kann sie ganz ohne Bereiche und Abteilungen existieren und umgekehrt als Basis der Aufbauorganisation dienen. Bei dieser Form wird die Organisationsstruktur an den Prozessen ausgerichtet. So entsteht ein funktionsübergreifender Charakter, denn während die Ablauforganisation die ganzheitliche Vorgangsbearbeitung zum Ziel hat, strebt die Aufbauorganisation nur eine bestimmte Aufgabenerfüllung innerhalb eines funktionalen Spezialisierungsbereiches an.[13]

In Folge dessen wird bei der Ablauforganisation von Tätigkeitsorientierung und bei der Aufbauorganisation von der Bildung von organisatorischen Potenzialen, gesprochen. Basierend auf diesem Ansatz steht bei der Ablauforganisation somit der Prozess der Nutzung der organisatorischen Potentiale im Vordergrund. Die systematische Regelung von Tätigkeiten und deren Wechselwirkungen sind Bestandteile der prozessorientierten Organisationsstruktur; dies wird bei der funktionsorientierten Struktur meist ganz außer Acht gelassen. Die Differenzierung von Struktur und Prozess hatte anfangs Prioritätsprobleme zur Folge, wobei nach dem Stand der heutigen Erkenntnisse klar ist, dass Struktur statisch und unbeweglich, Prozesse hingegen dynamisch und flexibel sind. Ein weiterer prägnanter Unterschied ist, dass die Aufbauorganisation zusehends die Kundenperspektive vernachlässigt, hingegen die Ablauforganisation den Kundennutzen vorrangig behandelt und die Prozesse anhand von Kundenanforderungen und Kundenzufriedenheit wertschöpfend ausrichtet. Abbildung 5 veranschaulicht die Aufteilung einer klassischen Aufbauorganisation mit ihrer Gesamtaufgabe (Gesamtziel des Unternehmens). Sie zeigt auch, wie die resultierenden Teilaufgaben generiert werden und die gewichtete Zuordnung der Abteilungen bzw. jeweiligen Stellen entsteht.[14]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese[15]

In Abbildung 6 wird hingegen dargestellt, wie der Zusammenhang zwischen Struktur und Prozess aussieht, wenn sich das organisatorische System anhand der Prozesse ausrichtet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Zusammenhang von Struktur und Prozess[16]

Neben den wichtigen Faktoren wie Qualität und Kosten ist aufgrund des Aufstieges der amerikanischen und japanischen Neugestaltungsansätze auch der Faktor Zeit immer prägnanter geworden. Folglich ist es den Unternehmen meist wirtschaftlich nicht mehr möglich, sich den Luxus eines starren Schemas der Aufbauorganisation zu leisten.[17]

Zusammenfassend kann also behauptet werden, dass sich die traditionelle funktionsorientierte Organisation durch ihren „insularen“ Aufbau und den auf spezifizierten Tätigkeiten reduzierten, durch Arbeitsteilung geprägten, Wertschöpfungsprozess auszeichnet. Dadurch ergeben sich viele Schnittstellen mit enormen Reibungsverlusten und daraus resultierend Kommunikationsprobleme. Die klassische Ausrichtung dieser Organisationsstruktur ist vertikal nach den einzelnen Funktionen innerhalb des Unternehmens strukturiert. In Abbildung 8 wird verdeutlicht wie eine Organisation in Funktionen bzw. in Abteilungen gegliedert ist, die jeweils unabhängig voneinander ihre - „vom Management gesteckten Ziele“ - verfolgen. Die einzelnen Abteilungen versuchen funktionsorientiert ihre Abteilungsziele zu erfüllen ohne dabei das Gesamtergebnis des Unternehmens, nämlich den größtmöglichen Gewinn zu erwirtschaften zu beachten. Der Nachteil dieser eigennutzorientierten Arbeitsweise ist, dass nicht der Kunde im Fokus steht, sondern nur die einzelnen Arbeitsergebnisse forciert werden. Dabei wird allerdings keine Rücksicht auf die Auswirkungen des Handelns auf die gesamte Wertschöpfungskette genommen. Im Kontrast dazu steht die prozessorientierte Organisation für die durchgängige Assoziation der abteilungsübergreifenden Aufgaben mit den Unternehmenszielen und der gemeinsamen Ausrichtung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und Erhöhung der Effizienz der Wertschöpfungskette. Der Schwerpunkt liegt auf der Reduktion der Schnittstellen um die Problematik der Funktionsorientierung zu unterbinden oder gar zu vermeiden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Funktionsziele versus Prozessziele[18]

In diesem Zusammenhang werden Funktionsbereiche bezeichnet, bei denen ein Zuständigkeits- oder Verantwortungswechsel stattfindet, als Schnittstellen. Bei einer funktionsorientierten Organisation sind den Mitarbeitern zwar deren Kompetenz im jeweiligen Bereich klar, allerdings sind ihnen die Aktivitäten und Zusammenhänge entlang der Prozesskette zum Teil unbekannt. Dies resultiert häufig aus den vorher erwähnten Reibungsverlusten und Kommunikationsschwierigkeiten und weniger aus fehlendem Interesse. Aufgrund dieser Tatsache kommt es vermehrt zu funktionsübergreifenden Unterbrechungen oder Störungen innerhalb des Prozesses. Durch die meist ausschließliche Betrachtung der Teilschritte werden die Auswirkungen auf die Effizienz der gesamten Organisation nicht erkannt. An dieser Stelle sind eine sehr hohe Fehlerhäufigkeit und eine laufende Unterbrechung der Prozesskette anzutreffen. Ein funktionsorientiertes System lässt keinen Aufschluss über den Zusammenhang der verschiedenen Abläufe eines Prozesses und schon gar nicht des Gesamtprozesses zu. Es fördert vielmehr die Entstehung bzw. das Vorhandensein von Prozessinseln, die in Folge dessen durch die Bereichsgrenzen die Prozesskette unterbrechen. Diese Problematik behindert die Koordination, verzögert Entscheidungen, steigert das Misstrauen, unterbindet Kooperationen und vieles mehr. Demzufolge werden Qualitätsverluste sichtbar, die aus Zeit und Informationsverlusten zwischen den Bereichen resultieren, die zum Teil unnötige Kosten entstehen lassen und für das Gesamtunternehmen somit nicht wirtschaftlich sind. In diesem Zusammenhang ist nicht nur die Kommunikation der operativen Ebene betroffen, sondern auch der Informationsaustausch zwischen den unterschiedlichen hierarchischen (operativen, planenden und leitenden) Ebenen der Organisation. In Folge dessen entstehen die Probleme sowohl horizontal als auch vertikal. Diese resultieren aus fehlender Prozesssicht in einem höheren Koordinationsaufwand und der Häufung von nicht wertschöpfenden Tätigkeiten. Demgegenüber steht die prozessorientierte Organisation, die Schnittstellen tendenziell als Nahtstellen betrachtet und diese im Sinne der Prozesse einsetzt. Erwähnenswert ist überdies hinaus, dass die Abläufe eines Unternehmens komplexer werden je größer die Organisation ist. Dadurch wird die Dynamik der Prozesse behindert. Meist wird dieser Problematik mit der Erhöhung der Abteilungszahl und der dadurch unmittelbaren Verkleinerung der Lenkungsbereiche entgegen gewirkt. Jedoch ist dies nur eine scheinbarere Transparenz nach außen. Durch die Erhöhung der Anzahl der Schnittstellen und der damit meist verbundenen Vervielfachung der Hierarchieebenen zeigen sich diese Maßnahmen im Unternehmen eher Dynamik hemmend als fördernd. Hinsichtlich gezielten Prozessmanagements wird die prozessorientierte Organisation durch die Umsetzung von stringenten Unternehmensprozessen an Komplexität abnehmen. Der Zuwachs von Abteilungen oder Bereichen bewirkt das Gegenteil.[19]

2.3. Historische Entwicklung der funktionsorientierten Organisation

Rückblickend auf die Anfänge der Industrialisierung haben zu Beginn des 20. Jahrhunderts drei Personen maßgeblich zur Entwicklung der funktionsorientierten Organisation beigetragen. Ihr Einfluss war so prägnant, dass heute, mehr als hundert Jahre später, in vielen Betrieben immer noch erfolgreich nach ihrem funktionalen und arbeitsteiligen Prinzip gearbeitet wird. Es handelt sich um Henri Fayol (1841 – 1925), Frederick Winslow Taylor (1856 – 1915) und Henry Ford (1863 – 1947).

Am bekanntesten sind wohl der nach Henry Ford benannte „Fordismus“ und der nach Frederick Winslow Taylor benannte „Taylorismus“, auf deren Grundsätzen die funktionsorientierte Organisation hauptsächlich beruhen. Akzentuierend im Taylorismus und Fordismus sind die Industrialisierung und die kapitalistische Produktion der Arbeitsorganisation mit dem Trend zur Massenfertigung. Angesichts der fehlenden Fachkräfte zu Zeiten Taylors war sein Ansatz, die Arbeitsleistung zu steigern ohne dabei die Belastung des Menschen substanziell zu erhöhen. Seine Prinzipien waren nicht komplex aber dennoch revolutionär. Es war die klare Definition der Bewegungsfolge im richtigen Tempo, die akribische Auswahl und das Einweisen der Arbeiter direkt am Arbeitsplatz und die Erzeugung von Motivation und Zufriedenheit durch Leistungsentlohnung, die ihm zu mehr wirtschaftlichen Erfolg verhalfen. Folglich betrachtete Taylor die Organisation nicht als gesamtes, sondern versuchte aus heutiger Sicht isolierte Optimierungen durchzuführen. Dadurch entstand eine strukturierte, leistungsorientiere Fertigung, die auch als Akkordarbeit bekannt ist. Ein Mitdenken der Arbeiter wird dabei nicht verlangt; dies impliziert, dass Taylor die Arbeitsplatzoptimierung zur Steigerung der Produktivität wesentlich wichtiger waren als der Faktor Mensch. Im Gegensatz zu Taylor war für Ford, aufgrund der Marktlage der damaligen Zeit, eine Optimierung der Produktion fast unabdingbar. Um wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben gingen Fords Überlegungen dahin, sich vom Mitbewerb mittels Modellvielfalt zu differenzieren und trotzdem eine leistbare Massenproduktion zu gewährleisten. Eine seiner bekanntesten Aussagen, die diese Strategie unterstreichen, war:

„Ich beabsichtige ein Automobil für die Menge zu bauen. Es wird groß genug sein, um die Familie mitzunehmen, aber klein genug, dass ein einzelner Mann es lenken und versorgen kann. Es wird aus dem allerbesten Material gebaut, von den allerbesten Arbeitskräften gefertigt und nach den einfachsten Methoden, die die moderne Technik zu ersinnen vermag, konstruiert sein. Trotzdem wird der Preis so niedrig gehalten werden, dass jeder der ein anständiges Gehalt verdient, sich ein Auto leisten kann, um mit seiner Familie den Segen der Erholung in Gottes freier, reiner Luft zu genießen.“[20]

Fords Ansätze waren ähnlich wie Taylors indem er primär die Zerlegung der Arbeitsabläufe mit Zeit- und Bewegungsstudien durch Dissoziation von planenden und ausführenden Tätigkeiten als Priorität sah. Beide förderten die Spezialisierung der Arbeitsplätze, durch das Replizieren der vorgefertigten Teile und der Kostenminimierung in der Produktion. Somit konnten sie die Erschwinglichkeit der Produkte für den Konsumenten gewährleisten. Weiters sprach sich Henry Ford für einen streng hierarchischen Aufbau der Organisation durch zahlreiche Ebenen aus. Er gab durch die simple Fertigung auch ungelernten Einwanderern Arbeit und konnte deshalb auch das Lohnniveau senken. Erwähnenswert ist bei Ford auch, dass er sich sehr stark mit der Benutzerfreundlichkeit und dem effizienten Gebrauch seiner Produkte für den Konsumenten auseinandergesetzt hat und dadurch sehr starke Kundenorientierung bewies. Einer der wichtigsten Unterschiede aber zwischen dem Taylorismus und dem Fordismus ist, dass Ford durch die Implementierung der Fließbandfertigung den Kontrollaufwand stark reduzierte. Wohingegen dieser bei Taylor noch sehr stark vorherrschte.[21]

Markant und ebenfalls erwähnenswert ist noch die Herangehensweise von Henri Fayol, der die Industrialisierung ebenfalls maßgeblich beeinflusst hat. Die fünf Hauptdimensionen nach Fayol lassen sich wie folgt beschreiben: Hierarchie und Autorität, Spezialisierung der Arbeitsteilung, Kontrollspanne, beratende bzw. entscheidende Positionen und Zentralisierung. Dies ergibt das klassische, hierarchische Organisationssystem, dass disziplinär und autoritär durch das Management geführt und von den Mitarbeitern durch starke Aufgabenteilung und deren häufige Wiederholung schneller und effizienter durchgeführt wird. Die Leistung wird durch das Management streng kontrolliert und daraus ergeben sich wiederum die zukünftigen Unternehmensziele.[22]

2.4. Beurteilung der funktionsorientierten Organisation

In der Zeit, in der die Diskussionen über Managementtechniken und Führungsstile entbrannten, wurden gleichzeitig Überlegungen in Richtung der Mannigfaltigkeit von Unternehmensstrukturen angestellt. Auf Basis von objektiven Bedingungen der organisatorischen Konstellation wurde reflektiert, ob ein Bezug auf die eine oder andere Beschaffenheit einer bestimmten Unternehmensstruktur hergestellt werden kann. Diese Betrachtungsweise kann als Problematik der Managementforschung ausgelegt werden. Auch in anderen Wissenzweigen, beispielsweise der Unternehmenstheorie und der Organisationssoziologie, wurden neue Erkenntnisse erlangt. Die Problematik wird darin verdeutlicht, dass die zunehmende Vielschichtigkeit der Unternehmensumwelt, die Vermutung zulässt, dass lediglich eine einzige, allgemein gültige Unternehmensform, für die Organisation verwendbar ist. Es gibt verschiedene Thesen zu diesem Thema, die beispielsweise den soziotechnischen Ansatz verfolgen, oder auch jene, die, aufgrund der Steigerung der Umweltturbolenzen, anpassungsfähigere Systematik als notwendig erachtet werden. Ansoff und Brandenburg äußerten sehr signifikant, dass die Entwicklung von Organisationen vier Strukturmodelle durchläuft: das Funktions-, das Sparten-, das Projekt- und das Matrixmodell. Laut Ansoff und Brandenburg treten diese vier Modelle, reagierend auf die Zunahme der Komplexität der Ordnungsstrukturen aufeinanderfolgend in Kraft. Jede einzelne Organisationsform trägt, unter Berücksichtigung der Gegebenheiten und den Kriterien des betrachteten Unternehmens zum Anstieg der Effizienz bei. Das erste Kriterium setzt Stabilität der Größenordnung und Ausprägung in Produktion und Absatz auch über längere Zeit voraus. Das zweite Kriterium tritt zum Vorschein, wenn aufgrund notwendiger Flexibilität, kurzfristig und effektiv entschieden werden muss. Dies geschieht beispielsweise, wenn Änderungen des Marktes, Aktionen vom Mitbewerb, etc. die Organisation regelrecht dazu zwingen anpassungsfähig zu sein. Komplexer wird es im dritten Kriterium, da dies strategische Agilität voraussetzt. Dies kann beispielsweise bei sozialen und rechtlichen Veränderungen oder durch technologische Diskreditierungen eintreten. Somit wirkt sich diese strategische Elastizität nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ auf die Produktion aus. Das komplexeste Kriterium der vier, reagiert auf die kontinuierlich notwendigen Strukturänderungen, die sich durch aktuelle und einschneidende Veränderungen in Entwicklung und Steuerung der Produktion zeigen. Hier wird dem vierten Kriterium abverlangt, auf die Diversitäten kontinuierlicher und unabsehbarer Organisationsveränderungen effizient zu reagieren. Beispielsweise werden durch Etablierung von Softwaresystemen, Zunahme der Relevanz von Technologie, Forschung und Entwicklung, etc. Maßnahmen erforderlich. Abbildung 8 veranschaulicht die vier Kriterien und untermauert die These von Ansoff und Brandenburg, dass zwischen den Effizienzkriterien und den vier Organisationsmodellen eine funktionale Umschlüsselung besteht.[23]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[24] Abbildung 8: Zusammenhänge zwischen Situation, Effizienzbedingungen und Organisationsmodell

2.5. Kritik an der funktionsorientierten Organisation

Es wird seit einigen Jahren, nicht zuletzt nach der Neuerung der EN ISO 9001:2008, die Prozessorientierung voraussetzt und heftige Kritik an der funktionsorientierten Organisation geübt. Dabei sollte man nicht vergessen, dass sich diese Organisationsform über viele Jahre, speziell bei klein- und mittelständischen Betrieben, bewährt und sich deshalb so flächendeckend etabliert hat.

Natürlich hat, wie jedes Modell, auch die funktionale Organisation ihre Nachteile.
Beispielsweise werden dadurch das Bereichsdenken und der Egoismus gefördert.
Durch das „Abgeben“ der Tätigkeitsverantwortung, sobald der Arbeitsschritt in der jeweiligen Abteilung bzw. dem jeweiligen Bereich erledigt ist, kommen vermehrt die Worte „Bring- und Holschuld“ zu Tage. Somit wird bei Misserfolg nur nach Schuldigen gesucht und es werden kaum Lösungsansätze, schon gar nicht gemeinsam, erarbeitet. Die Führungskräfte sind aufgrund mangelnder Delegation überlastet, da sie glauben, besser sein zu müssen, als ihre Mitarbeiter und daher dazu neigen so viel wie möglich selbst zu erledigen. Weiters fehlt durch die Konzentration auf die jeweiligen Bereiche die nötige Marktnähe. Es wird größtenteils eine sehr eingeschränkte Sichtweise praktiziert, wodurch sich kein Prozessdenken etablieren kann. Die Dienstwege sind aufgrund der disziplinarischen Struktur lang und durch die vielen Schnittstellen wird eher auf Problemanalyse als auf Lösungsfindung eingegangen.[25]

In der Regel drücken sich die Probleme oft auch durch die langen Wege zwischen „oben“ und „unten“, ungleiche Verantwortungsbereiche in der Führungsebene, zu viele Lenker in Stab und Linie und konkurrierendes Verhalten der gesamten Belegschaft durch die strikte Arbeitsteilung aus. Dadurch werden Informationen oft nur teilweise und fehlerhaft vermittelt; es fehlt allen an Überblick über die Organisation und dieses Denken in Positionen behindert die Dynamik von Arbeitsabläufen.[26]

Ein weiterer Nachteil der funktionsorientierten Organisation ist die Intransparenz. Durch ihre primäre Stellenorientierung, die insuffiziente Konformität der Teilziele, die unzulängliche Koordination dezentraler Wertschöpfungsaktivitäten, die ressourcenorientierten Leistungsziele und die geteilte Planung der Wertschöpfung werden eine synchronisierte Abwicklung der Prozesse, das Erreichen der Gesamtziele und die Optimierung des ganzheitlichen Unternehmens gehemmt.[27]

Überdies macht, aus Prozesssicht, die funktionsorientierte Struktur einer Organisation den Anschein einer künstlichen Aufteilung des Gesamtsystems. Reibungsverluste zwischen den Funktionsstellen, verbunden mit Konflikten zwischen den Stelleninhabern, sind vorprogrammiert und sind keineswegs der Effizienz eines Unternehmens dienlich.[28] Die zunehmende Komplexität von Organisationen erfordert also mehr als nur eine Struktur und qualifiziertes Personal; vielmehr bedarf es in der heutigen Zeit der Änderung der Denkweise in Richtung der Abläufe und einer Verschlankung des Organisationsapparates, um als Gesamtunternehmung effizient und effektiv zu wirtschaften, um Kundenbedürfnis zu erfüllen und um Kundenzufriedenheit zu ernten. Die funktionsorientierte Organisation ist zwar mit Nachteilen behaftet, wird aber für manche Organisationen bzw. Neugründungen trotzdem immer praktikabel sein und bleiben. Die grundsätzliche Frage, welche Organisation das Management haben bzw. aufbauen will, obliegt nach wie vor den betreffenden Personen und der erhofften wirtschaftlichen Leistung.

[...]


[1] (Inhaber, 2010)

[2] Definition EN ISO 9001:2008: Qualitätsmanagementsystem, dass nicht Produkte, sondern abhängig von unternehmensinternen Abläufen und Dokumentationen zur Qualitätssicherung das Unternehmen zertifiziert.

[3] (Fischer, 2005) S. 347 zitiert nach Abell 1980, S. 29ff

[4] Vgl. (Fiedler, 2010) S.9

[5] (Fiedler, 2010) S.9

[6] Vgl. (Fiedler, 2010) S.5

[7] Vgl. (Behr & Tyll, 2003) S.4 und S.2

[8] Vgl. (Behr & Tyll, 2003) S.4

[9] (Behr & Tyll, 2003) S.2

[10] (Becker, Kugeler, & Rosemann, 2008) S.234 (leicht modifiziert)

[11] Vgl. (Becker, Kugeler, & Rosemann, 2008) S.234ff

[12] (Becker, Kugeler, & Rosemann, 2008) S.235 (leicht modifiziert)

[13] Vgl. (Fließ, von der Oelsnitz, & Weibler, 2006) S.23f

[14] Vgl. (von der Oelsnitz, 2009 ) S.108

[15] (von der Oelsnitz, 2009 ) S.110

[16] (von der Oelsnitz, 2009 ) S.111

[17] Vgl. (von der Oelsnitz, 2009 ) S. 180ff

[18] (Jochem, Mertins, & Knothe, 2010) S.58 (leicht modifiziert)

[19] Vgl. (Jochem, Mertins, & Knothe, 2010) S.57ff

[20] (Zollondz, 2006 ) S.69 zitiert nach Henry Ford 1923, S.84

[21] Vgl. (Zollondz, 2006 ) S.60ff

[22] Vgl. (Kirchler, 2008) S.48f

[23] Vgl. (Bonazzi & Tacke, 2008) S.242f

[24] (Bonazzi & Tacke, 2008) S.243

[25] Vgl. (Behr & Tyll, 2003) S.3

[26] Vgl. (Doppler & Lauterburg, Change Management. Den Unternehmenswandel gestalten.11. Auflage, 2005) S.139

[27] Vgl. (Hellmich & Specht, 2003) S.51

[28] Vgl. (Hinz, 2007) S.275

Ende der Leseprobe aus 99 Seiten

Details

Titel
Von der funktions- zur prozessorientierten Organisation
Hochschule
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt  (School of Management, Organizational Development and Technology)
Veranstaltung
Prozessmanagement/ Change Management
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
99
Katalognummer
V232677
ISBN (eBook)
9783656487425
ISBN (Buch)
9783656492900
Dateigröße
1890 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
organisation
Arbeit zitieren
MAS Pamela Hildegard Weber (Autor:in), 2012, Von der funktions- zur prozessorientierten Organisation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232677

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