Der Nordrisalit des Pergamonaltars.

Die Meeresgottheiten der Gigantomachie


Seminararbeit, 2013

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Entstehung des Pergamonaltars

3. Darstellungsart der Gigantomachie

4. Beschreibung der Friesabschnitte am Nordrisalit

5. Quintessenz

6. Bibliographie

Anhang

1. Einleitung

Die vorliegende Studienarbeit „Der Nordrisalit des Pergamonaltars. Die Meeresgottheiten der Gigantomachie“ widmet sich der Beschreibung und Gestaltungsanalyse der dargestellten Meeresgottheiten am nördlichen Westfries der Altaranlage aus Pergamon. Entstanden ist die Idee zu dieser Semesterarbeit innerhalb des Seminars „Der Pergamonaltar – eine hellenistische Kultanlage und ihre Rezeption“ im Sommersemester 2013 im Fachbereich Klassische Archäologie.

Nach einer kurzen Erläuterung des geschichtlichen Entstehungshintergrundes des Pergamonaltars folgen Informationen über die allgemeine Gestaltung des Frieses, die in die detaillierte Beschreibung der beiden Friesabschnitte am Nordrisalit überleiten. Zusätzlich wird eine Charakterisierung der sechs dargestellten Gottheiten bezüglich ihres griechisch, mythologischen Hintergrundes benannt. Das Ziel dieser Ausarbeitung ist es, durch die bildliche Analyse beider Friesabschnitte, mit Bezug auf den mythologischen Hintergrund, eine Charakterisierung der Meeresgottheiten hinsichtlich ihrer Gestaltung im Kampf gegen die Giganten zu geben, welche als Quintessenz dieser Arbeit abschließend zusammengefasst formuliert wird.

2. Entstehung des Pergamonaltars

„Von 263 an war Eumenes I. der Lenker der Geschicke Pergamons, bis Attalos 241 […] bis 197 die Nachfolge antrat. Ihm folgte Eumenes II. […] [welcher] […] Zeitgenosse von Antiochos III. dem Großen [war], der sich in Syrien der römischen Macht widersetzte. Nachdem Antiochos III. in der Schlacht von Magnesia am Sipylos besiegt wurde, mußte [sic!] er den Frieden von Pamela annehmen, der im Jahre 188 die vorherrschende Rolle Roms im Vorderen Orient verankerte. Die Könige von Pergamon verstanden es ihrerseits stets, mit der römischen Macht zu leben, und das verschaffte ihrer Herrschaft ungeachtet der unruhige Zeitläufte eine bemerkenswerte Stabilität“ (Stierlin:1986,25 – Anm.d.Verf.). „Der künstlerische und architektonische Aufschwung Pergamons beruhte […] auf einem wirksamen politischen System und einer vollen Schatzkammer. Diese beiden Faktoren machten Pergamon zu einer der prunkvollsten Städte der Antike“ (ibd.,26). Unter König Eumenes II. entstand der große Altar mit dem Pergamonfries. Ein Bauwerk, welches durch die besondere architektonische und bildhauerische Gestaltung „[…] über die kultische Funktion eines Altars weit hinausgeht“ (PäD:1991,18). Die Geschichte der Stadt Pergamon und einige Baubefunde weisen darauf hin, dass dieser Altar zwischen 164 und 156 v. Chr. errichtet wurde. Nach dem 3. Makedonischen Krieg besiegten die Pergamener zu dieser Zeit - unter Eumenes II. - die Galater ohne römische Unterstützung. Daher wird „in Erinnerung an die Siege und an den Beistand der Götter“ der Pergamonaltar 165/164 v.Chr. geweiht worden sein – nachdem sich dieser seit 197 v.Chr. in einem Bauprozess befand. Auch die Ausgestaltung des Mittelstückes am Ostfries verweist auf die Entstehungszeit. Dort ist zwischen Heras Gespann mit vier Flügelpferden von Zeus das einzige Schild des gesamten Frieses in Frontalansicht dargestellt. (Vgl.ibd.,18u.22) Darauf ist ein zwölfstrahliges makedonisches Schild zu erkennen – ein Verweis auf die „erfolgreiche Teilnahme der Pergamener am 3. Makedonischen Krieg, der 168 v. Chr. zugunsten Roms und des verbündeten Pergamons zu Ende ging“ (PäD:1991,22).

Bei der Architektur des großen Altars handelt es sich um eine Kombination eines massiven Sockels mit umlaufenden 2,30 Meter hohen Skulpturenfries und einer ionischen Säulenhalle als Oberbau. Die westlich ausgerichtete Bauseite wird durch eine 20 Meter breite Freitreppe unterbrochen, so dass zwei Vorsprünge entstehen: die nördlichen und südlichen Risalite. (Vgl.ibd.,18) Beide Risalite nehmen sowohl aus optischer als auch aus architektonischer Sicht eine hervortretende Rolle dieses hellenistischen Bauwerkes ein, aber auch durch die Darstellungen des Kampfhöhepunktes auf beiden Innenseiten – „ […] einige Giganten [haben] die ionische Säulenfront des Palastes auf dem Gipfel des Olymps fast erreicht und werden in beiden Zwickeln von den Adlern des Zeus im allerletzten Augenblick an der Erstürmung des Peristylhofes mit dem Zeus-Altar als dem imaginären Sitz des Göttervaters gehindert“ (Grüßinger u.a.:2011,218).

Die Stirn- und Treppenseiten beider Risalite sind jeweils „als sich zusammenhängende Abschnitte ausgeführt worden“ (Kähler:1948,61). Alle Figurenkörper an der Stirnseite des Nordrisaliten greifen über die Fugen über; sie sind unter der Verwendung eines Bohrers gestaltet wurden, was durch die Konturen mit tiefen Furchen und Zwischenräumen unter anderen an den Haaren, Gewandfalten, Fellzotteln und Armbeugen deutlich wird. (Vgl.ibd.) „Diese einheitliche Arbeitsweise läßt [sic!] erkennen, daß [sic!] die sechs Platten nebeneinander standen, als sie […] ausgeführt wurden“ (ibd.). Im Gegensatz dazu fehlt diese „charakteristische Verwendung des Bohrers“ (ibd.) auf den inneren Treppenfriesen. Jedoch kann auch hier von einer einheitlichen Arbeitsweise an den Platten als unteilbarer Abschnitt ausgegangen werden, da die dargestellten Figuren durch diverse Eigentümlichkeiten zusammenhängen, welche auf dem Friesabschnitt der Stirnseite nicht vorhanden sind (langgezogene Faltenaugen, die dünn und tief einschneiden; große Faltenzüge die durch schmale flachere Flächen bespielt werden). (Vgl.ibd.,61f.)

Die sechs Friesplatten der Stirnseite, wie auch die Treppenfrieselemente, wurden an unterschiedlichen Orten in Pergamon gefunden; hauptsächlich in der byzantischen Mauer: die erste Platte 1883 auf der Theaterterrasse, die Fragmente der zweiten Platte im westlichen Torturm der byzantischen Mauer und am Nordrand des westlichen Marktabschnittes, die zwei Abschnitte der dritte Platte 1871 und 1874 in der byzantischen Mauer, die Bruchstücke der vierte Platte am Ortsrand der Altarterrase, und die fünfte und sechste Platte nahe beieinander im westlichen Teil der byzantischen Mauer. Die Platten von der Treppenwange befanden sich im westlichen Torturm (erste Platte), in Teilabschnitten der byzantischen Mauer (zweite, dritte und vierte Platte) und Buchstücke im Westen des Altarfundaments (zweite Platte) und am Nordrand des westlichen Marktabschnittes (vierte Platte). (Vgl.Winnefeld:1910,83f.u.87) Die Zugehörigkeit der Plattenteile war relativ leicht zuzuordnen, da die vier Treppenfriesplatten „eine ununterbrochene Folge mit der Ecke links, wo die Nebenseite der sechsten Platte der vorhergehenden, neben die erste Platte dieser Folge tritt und die Fortsetzung der Gewandfalten ihrer Anfangsfigur zeigt, so daß [sic!]die Zusammengehörigkeit der beiden Folgen zu einer fortlaufenden, um die Ecke biegenden Reihe gesichert ist“ (ibd.,86).

3. Darstellungsart der Gigantomachie

Die auf den 120 m langen pergamenischen Fries dargestellte Gigantomachie kann „[…] durchaus als Sinnbild für die erfolgreichen Kämpfe verstanden […] [werden], die [..] seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. immer wieder [von der pergamenischen Bevölkerung] gegen die einfallenden Gallierstämme zu bestehen [..] [waren]“ (PäD:1991,21 – Anm.d.Verf.). Auf dem Skulpturenfries sind die Kämpfe zwischen den Göttern und Giganten abgebildet. Gestützt auf den Epos Theogonie („Entstehung der Götter“) von Hesiod stehen diese „symbolisch für die Verteidigung der griechischen Kultur durch die pergamenischen Könige gegen die Barbaren […] und Gallier“ (Radt:2011,176f.). „Mehr als einhundert überlebensgroße Gestalten kämpfen hier in dramatischen Szenen, [wobei die] Götter und Giganten [..] in höchster körperlicher Anspannung [dargestellt sind], und [sich] besonders bei den Unterlegenen […] seelische Spannungen und Qual [zeigen]; Ausdruck des Schmerzes ist in deutlichem Realismus zum Bild geworden“ (Antike Welt:1990,75 – Anm.d.Verf.). „ […] auch die zahlreichen Göttinnen kämpfen mit, wenngleich sie nur selten durch körperlichen Einsatz ihre Gegner niederringen, sondern kühl und überlegen auf ihre Gegner blicken.“ (Kunze:1990,53f.) Jene „griechischen Reliefs spielen [..] indirekt auf historisches Geschehen an, verlagern es in die mythische Sphäre und sind dadurch […] indirekter in der Art ihrer politischen Aussage als die römischen Triumphdarstellungen“ (Radt:2011,176). „Der dramatische Kampf der Götter gegen die Giganten ist nicht als Abfolge, sondern als ein zeitgleiches, auf die dramatischen Höhepunkte des Kampfes hin gerichtetes Geschehen zu verstehen. […] [Die Friesabschnitte sind] durch thematische, mythologische, genealogische Zusammenhänge, aber auch durch kompositorische Kunstgriffe über die Ecken hinweg […] verbunden [..]“ (PäD:1991,24 - Anm.d.Verf.). Auf dem gesamten Fries kämpfen die Giganten, welche als Dämonen mit schlangenartigen Beinen dargestellt sind, gegen Zeus, „den König des jüngsten, des griechischen Göttergeschlechts, mit seinem zahlreichen olympischen Gefolge und seinen Helfern aus älteren Göttergenerationen“ (Radt:2011,176). Bei diesem Kampf um die Macht werden die Giganten am Ende durch die Götter besiegt. (Vgl.ibd.)

Bei der Gestaltung der Friese wurde nicht nur auf eine genealogische Anordnung der Göttergeschlechter aus der Theogonie, sondern auch auf die „thematische Anordnung der Kampfgruppen und kompositionelle Gesichtspunkte“ (ibd.) geachtet. Hierbei sind die Hauptgötter auf dem Ostfries visualisiert – die anderen Götter kämpfen auf den Friesen, deren Himmelsrichtung ihnen am ehesten entsprechen. Während auf der Ostseite - die Seite zum Sonnenaufgang - Zeus, Athena, Nike, Ares, Hera, Leto, Artemis, Apollon, Hekate, auf der Südseite - der Tagesseite - Sonnengott Helios, Eos die Göttin der Morgenröte, Selene die Mondgöttin und auf der Nordseite - der Schattenseite - Nachtgöttin Nyx , Streitgöttin Eris und ähnliche Wesen kämpfen ist die Westseite des Altars für die Kämpfe der Meeresgestalten vorbehalten. (Vgl.ibd.) Fünf Stufen oberhalb des Sockelbaus befindet sich die 2,3 m hohe Frieszone, die, wie die anderen Bauwerksbereiche, aus Marmor hergestellt sind. Eingegrenzt wird diese oberhalb durch ein Gesims aus Zahnschnitt. (Vgl.Antike Welt:1990,73u.75)

Betrachtet man die Darstellungsart der Friese ist besonders die enorme Plastizität beeindruckend – die dargestellten Personen und Wesen stehen frei vor dem Reliefgrund, welcher „durch tiefe Staffelung der Figuren ungreifbar gemacht“ (Radt:2011,178) wird. „[…] [Die] Figuren [scheinen] sich aus der Frieszone zu lösen und in den realen Raum einzudringen […] (Grüßinger u.a.:2011,88 – Anm.d.Verf.). Zudem zeichnet sich der Pergamonfries besonders durch die plastische Intensität jeder Einzelfigur selbst aus. (Vgl.Radt:2011,177f.) „Bis in die Einzelheiten hinein getrieben ist die Ausarbeitung, tief in den Reliefgrund hinein gehen die Faltenschwünge der Gewänder, dünn und zerbrechlich wird dort der Marmor […]. Nicht erhalten blieben verwendete andere Materialien wie etwa der Schmuck der Göttinnen, der in Bronze oder Gold gearbeitet war. Auch fehlen heute die Farben, die auf dem leicht bläulichen Marmor aufgetragen waren.“ (Kunze:1990,59) Auf den Nordrisaliten ist das hierbei das bedeutende Element Wasser dieser Götter vielfach dargestellt. „Naß [sic!] haften die Gewänder an den Körpern oder fallen in schweren Falten herab; Nereus trägt am Kopf eine Fischhaut, und die Schuhe der Doris bestehen aus Fischhaut und Flossen“(PäD:1991,45), um einige Beispiele vorweg aufzuführen.

4. Beschreibung der Friesabschnitte am Nordrisalit

Auf den Nordrisaliten im Westen der Bauanlage sind die Meeresgottheiten, aufgeteilt in drei Götterpaare, dargestellt. Angrenzend an den Nordfries nahe dem Poseidon mit seinem Gespann aus Seetieren, sind an der Stirnseite des Nordrisaliten Amphitrite, Frau des Poseidon, mit ihrem Sohn Triton im Kampf gegen vier Giganten zu sehen. An der Treppenwange befinden sich Nereus und Doris und Okeanos und Tethys im Kampf gegen drei Giganten, (Vgl.Kunze:1990,80;PäD:1991,25u.45) wobei „die Stufen der Treppe [..] in die Figurenkonzeption des Frieses bewusst einbezogen [sind]“ (Kunze:1990,47). Die Komposition der Stirnseite ist unsymmetrisch; Triton nimmt eine zentralere Position ein wie Amphitrite. Der unter Tritons „Hufen zusammenbrechende Gigant ist, dem Verlauf des Fischkörpers entsprechend, tiefer zum Boden gesunken als der Gegner von Amphitrite, der seine Bewegung im Gegensinn, aber steiler wiederholt (Kähler:1948,110). In der Friesmitte befindet sich ein zum Angriff vorangehende Gegner von Triton, welcher zugleich das figurale Übergewicht auf die linke Friesseite leitet; dadurch dass sich auf der linken Seite insgesamt vier (Triton und drei Giganten) aber sich auf der rechten nur zwei Figuren (Amphitrite und ein Gigant) befinden entsteht dieses bildliche Ungleichgewicht. (Vgl.ibd.) Die übergewichtigere, breitere Kampfgruppe befindet sich dabei an der äußeren linken Frieskante und nimmt die architektonische Eckgestaltung vertikal in der Figurendarstellung auf. Eine ähnliche Gestaltung ist auf der anstoßenden Treppenwange zu sehen. Der Angriff der Götter erhält auch hier ab der „tektonischen Kante des Baues“ (ibd.,111) seinen Ausgangspunkt; die Treppenwangenarchitektur wird zugleich für die „immanente Richtung“ (ibd.) der Kampfdarstellung aufgenommen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Nordrisalit des Pergamonaltars.
Untertitel
Die Meeresgottheiten der Gigantomachie
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Klassische Archäologie)
Veranstaltung
Epochen der Kunst und Archäologie 3
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
15
Katalognummer
V232355
ISBN (eBook)
9783656488675
ISBN (Buch)
9783656490630
Dateigröße
670 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
archäologie, geschichte, architektur, pergamonaltar, meeresgottheiten
Arbeit zitieren
Rebekka Schindehütte (Autor:in), 2013, Der Nordrisalit des Pergamonaltars., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232355

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