Anthony Downs "Ökonomische Theorie der Demokratie" und das Wahlparadox


Seminararbeit, 2007

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die „Ökonomische Theorie der Demokratie“ nach Anthony Downs
2.1 Die politischen Parteien in Downs „Ökonomischer Theorie der Demokratie“
2.2 Der Wähler in Downs „Ökonomischer Theorie der Demokratie“
2.3 Die Wahlentscheidung des rationalen Wählers
2.4 Schranken des rationalen Wählens

3. Das Wahlparadox

4. Lösungsansätze zum Wahlparadox
4.1 Downs Ansatz zur Lösung des Wahlparadoxons
4.2 Brennans und Lomaskys Ansatz zur Lösung des Wahlparadoxons
4.3 Ferejohns und Fiorinas Ansatz zur Lösung des Wahlparadoxons

5. Kritische Betrachtung der Lösungsansätze

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Bei der Bundestagswahl 2005 zum 16. Deutschen Bundestag waren in der Bundesrepublik Deutschland ca. 61,9 Millionen Menschen wahlberechtigt (Johann Hahlen 2005, Zugriff: 27.02.07). Die Wahlbeteiligung bei dieser Wahl lag laut Infratest dimap bei 77,7%. Ausgehend von diesen Werten kommt man bei entsprechender Berechnung zu dem Ergebnis, dass sich an der Bundestagswahl 2005 rund 48 Millionen Menschen beteiligt haben. Im amtlichen Endergebnis lag die CDU/CSU nach Zweitstimmen nur einen Prozentpunkt vor der SPD. Dies stellt auf den ersten Blick ein äußerst knappes Ergebnis dar. Betrachtet man das Ergebnis jedoch näher muss man feststellen, dass die CDU/CSU trotz dieses knappen Ergebnisses rund 480.000 Stimmen mehr erhalten hat, als die SPD. Der Wähler könnte sich in Anbetracht dieses Ergebnisses die berechtigte Frage stellen, wieso er den überhaupt wählen gegangen ist. Denn seine eine Zweitstimme ist selbst bei einem solch knappen Ergebnis ohne jegliche Bedeutung für den Wahlausgang. Daher gesehen könnte der rationale Wähler doch drauf verzichten wählen zu gehen und am Wahltag seinem Hobby oder anderen Sachen nachgehen. Dass der Großteil der Wähler nicht so denkt, zeigt die hohe Wahlbeteiligung. Darin besteht das Wahlparadox, mit welchem ich mich im Rahmen dieser Arbeit näher auseinandersetzen werde. Anthony Downs hat dieses Wahlparadox in seinem Werk „An Economic Theory of Democray”, welches 1968 ins Deutsche übersetzt wurde, erkannt und versucht dieses Paradox aufzulösen. Auch andere Wissenschaftler näherten sich auf unterschiedliche Weise diesem Paradox. Es stellt sich die Frage, wie und ob es Downs oder anderen Wissenschaftlern gelungen ist dieses Wahlparadox zu lösen. Um sich dem Wahlparadox zu nähern, werde ich zunächst einige wesentliche Inhalte in Downs „Ökonomischer Theorie der Demokratie“ nennen. Dies ist wichtig, um die Entstehung des Wahlparadoxons nachvollziehen zu können. Im Dritten Kapitel werde ich näher auf das Wahlparadox eingehen, bevor ich mich im Vierten Kapitel drei sehr bekannte Ansätze zur Lösung des Wahlparadoxons vorstellen werde. Vorgestellt werden sollen zum einen Downs Lösungsansatz selbst, sowie der Lösungsansatz von Brennan und Lomasky und der Lösungsansatz von Ferejohn und Fiorina. Im Fünften Kapitel erfolgt eine kritische Betrachtung dieser Lösungsansätze, bevor dann im Sechsten Kapitel ein abschließendes Fazit gezogen wird.

2. Die „Ökonomische Theorie der Demokratie“ nach Anthony Downs

Anthony Downs „Ökonomische Theorie der Demokratie“ nimmt die Inhalte der „Rational Choice Theorie“ weitest gehend in sich auf und zieht diese zur Betrachtung von Wahlverhalten heran. Downs erklärt es sich zum Ziel festzustellen, welche Form des politischen Verhaltens für die Regierung, sowie für die Bürger einer Demokratie rational ist (Downs 1968: 20). Er hat mit der „Ökonomischen Theorie der Demokratie“ einen Ansatz zur Analyse von Wahlverhalten geschaffen, der davon ausgeht, dass sich Politiker, bzw. Parteien und Wähler als rationale Akteure verhalten. Der Begriff rational bezieht sich dabei jedoch nicht auf die Ziele, sondern immer auf die Mittel, die ein Handlungsträger zum Erreichen dieser Ziele benutzt (vgl. Downs 1968: 5). Geht es nach Downs, so verhält sich ein Akteur rational, indem er seine Ziele mit dem geringsten Aufwand an knappen Mitteln zu erreichen versucht (vgl. Downs: 5) Rational verhält sich ein Akteur dann, wenn er sich wie folgt verhält (Downs 1968: 6):

1. Wenn er vor eine Reihe von Alternativen gestellt wird, ist er stets imstande, eine Entscheidung zu treffen.
2. Er ordnet alle Alternativen, denen er gegenübersteht, nach seinen Präferenzen so, dass jede im Hinblick auf jede andere entweder vorgezogen wird oder indifferent oder weniger wünschenswert ist.
3. Seine Präferenzrangordnung ist transitiv
4. Er wählt aus den möglichen Alternativen stets jene aus, die in seiner Präferenzordnung den höchsten Rang einnimmt
5. Er trifft, wenn er vor den gleichen Alternativen steht, immer die gleiche Ent- scheidung.

Downs Begriff der Rationalität bezieht sich ausschließlich auf politische und wirtschaftliche Rationalität. Würden wir den Begriff der Rationalität nicht so einschränken, so müssten wir laut Downs davon ausgehen, dass jedes Verhalten, bei dem der Akteur der Meinung war, dass der Nutzen die Kosten übersteigt, rational sei. Die Beschränkung dieses Rationalitätsbegriffes ist also nötig um tautologische Schlüsse zu vermeiden (vgl. Downs 1968: 6). Deshalb können wir bei der Suche des Verhaltens, welches für einen Akteur rational ist, nicht seine ganze Persönlichkeit mit einbeziehen. Daher ist nach Downs im Zusammenhang mit Wahlen ein Verhalten dann rational, wenn es auf das Auswählen einer Regierung ausgerichtet ist. Downs geht in seinem Modell von einer demokratischen Gesellschaft aus, in welcher periodisch Wahlen stattfinden um eine Regierung zu bilden.

Ein weiterer Inhaltspunkt in Downs Modell ist das so genannte Eigennutzaxiom. Dieses Axiom besagt, dass dem rationalen Verhalten der Akteure primär eigennützige Absichten zu Grunde liegen. Die Akteure verfolgen demnach die eigenen Interessen und ziehen diese auch den Interessen anderer vor (vgl. Downs 1968: 26). Die Verwirklichung der Interessen unterliegt jedoch immer Restriktionen (Kleinhenz 1995: 33). An welchen Präferenzen sich das Handeln der Akteure ausrichtet wird im Folgenden erläutert.

2.1 Die politischen Parteien in Downs „Ökonomischer Theorie der Demokratie“

„Eine politische Partei ist eine Gruppe von Personen, die die Kontrolle über den Regierungsapparat dadurch in ihre Hand zu bekommen suchen, dass sie in einer ordnungsgemäß abgehaltenen Wahl ein Amt erhalten“ (Downs 1968: 25). Downs geht davon aus, dass in dieser angesprochenen Gruppe von Personen, jedes Mitglied die gleichen Ziele verfolgt. Eine Partei ist demnach eine Gruppe von Politikern, in der jeder Politiker einen einzelnen Akteur darstellt. Also ist die Partei als einheitlicher einzelner Akteur zu betrachten. Das Ziel einer jeden Partei ist der Wahlsieg. Die Partei, welche als Sieger aus der Wahl hervorgeht stellt die Regierung und kommt in den Genuss der Vorteile, die mit den öffentlichen Ämtern verbunden sind. Geht es nach Downs, so ist es das einzige Ziel der eigennützigen Parteimitglieder die Macht, das Prestige und die Einkünfte, welche sie mit diesen öffentlichen Ämtern verbinden, zu erlangen (vgl. Downs 1968: 27). Downs stellt folgende Hypothese für sein Modell auf: „Die Parteien treten mit politischen Konzepten hervor, um Wahlen zu gewinnen; sie gewinnen nicht die Wahlen, um mit politischen Konzepten hervor treten zu können“ (Downs 1968: 27 f.). Diese politischen Konzepte können somit als Mittel zur Durchsetzung der Ziele betrachtet werden. Um diese Ziele zu erreichen muss die Partei gewählt werden und möglichst als Regierungsmacht aus der Wahl hervorgehen. Die Parteien versuchen die Regierungsmacht zu erlangen indem sie stets darum bemüht sind ihre Wählerstimmen zu maximieren. Das Ziel einer jeden Partei ist es demnach mehr Stimmen als jede andere Partei auf sich zu vereinigen (vgl. Downs 1968: 30).

2.2 Der Wähler in Downs „Ökonomischer Theorie der Demokratie“

Genauso rational und eigennützig wie die Parteien verhalten sich die Wähler. Nach Downs empfangen die Wähler aus den staatlichen Tätigkeiten „Ströme von Nutzen“ (Downs 1968: 35). Unter dem Begriff Nutzen fasst Downs alle Vorteile, die aus den staatlichen Tätigkeiten für den Bürger hervorgehen, zusammen (Downs 1968: 35 f.). Da jeder Wähler bestrebt ist sein Nutzeneinkommen zu maximieren und der Wähler als Mittel zur Nutzenmaximierung seine Wählerstimme einsetzen kann, geht Downs davon aus, dass jeder Wähler seine Stimme der Partei gibt, welche ihm seiner Ansicht nach in Zukunft mehr Vorteile bieten wird, als jede andere Partei (vgl. Downs 1968: 35 f.). Hieraus ergibt sich die Frage, nach welchen Kriterien der Wähler die Parteien beurteilt, bzw. wie er die Parteien miteinander vergleichen kann. Die Methoden, welcher sich der Wähler bedient um herauszufinden von welcher Partei die meisten persönlichen Vorteile hervorgehen, sollen im folgenden Punkt vorgestellt werden.

2.3 Die Wahlentscheidung des rationalen Wählers

Um die Partei zu ermitteln, von welcher das größte Nutzeneinkommen für einen selbst ausgeht, stellt der Wähler eine Vermutung an. Er untersucht, in wie Weit sich sein Nutzeneinkommen unter der Voraussetzung, dass verschiedene Parteien an der Macht wären, unterscheiden würde (vgl. Downs 1968: 37). Um für diese Untersuchung ein Ergebnis zu erlangen, ermittelt der Wähler das so genannte Parteiendifferential.[1] Das Parteiendifferential lässt sich in einem erwarteten Parteiendifferential und in einem gegenwärtigen Parteiendifferential unterscheiden. In einem Zweiparteiensystem gehen wir davon aus, dass bei der Wahl die regierende Partei A gegen die oppositionelle Partei B antritt. Zur Ermittlung des Parteiendifferentials vergleicht der Wähler den Nutzen, welchen er von den verschiedenen Parteien hätte, miteinander. Er vergleicht also, welches Nutzeneinkommen er in der kommenden Legislaturperiode unter einer regierenden Partei A oder unter einer regierenden Partei B zu erwarten hätte. Vereinfacht gesagt subtrahiert der Wähler das erwartete Nutzeneinkommen der Partei B vom erwarteten Nutzeneinkommen der Partei A. Ist das Ergebnis dieser Subtraktion positiv, so wird sich der Wähler bei seiner Wahl für Partei A entscheiden. Ist das Parteiendifferential negativ, so wird sich der Wähler für Partei B entscheiden. Ist das Parteiendifferential gleich null, so wird sich der rationale Wähler seiner Stimme enthalten (Downs 1968: 38). Da dieses Parteiendifferential lediglich auf den persönlichen Erwartungen des Wählers beruht, spricht man vom so genannten erwarteten Parteieindifferential. Der rationale Wähler weiß jedoch, dass keine Partei in der Lage sein wird, all dass, was sie den Wählern versprochen hat, auch einzuhalten (vgl. Downs 1968: 38). Da sein erwartetes Parteiendifferential nur auf Erwartungen beruht besteht für den Wähler eine gewisse Unsicherheit. Um diese Unsicherheit ein wenig einzuschränken, kann der Wähler für sich das so genannte gegenwärtige Parteindifferential ermitteln. Dieses gegenwärtige Parteiendifferential enthält im Gegensatz zum erwarteten Parteiendifferential nicht nur hypothetische Nutzeneinkommen, sondern auch ein real erhaltenes Nutzeneinkommen. Das gegenwärtige Parteiendifferential ist die Differenz zwischen dem Nutzeneinkommen, dass der Wähler in der vergangenen Legislaturperiode tatsächlich von der regierenden Partei A erhalten hat und dem erwarteten Nutzeneinkommen, dass der Wähler erhalten hätte, wenn Partei B in der vergangenen Legislaturperiode an der Macht gewesen wäre (Downs 1968: 39). Das Ergebnis dieser Subtraktion hat die Selben Auswirkungen auf die Wahlentscheidung, wie beim erwarteten Parteiendifferential. Nach Downs ist eine Wahlentscheidung, die auf solch teilweise realen Werten beruht wesentlich rationaler, als eine die auf rein hypothetischen Werten beruht. Dieses gegenwärtige Parteiendifferential bedarf nach Downs jedoch 2 auf die Zukunft ausgerichtete Modifikatoren (vgl. Downs 1968: 39) Einer dieser Modifikatoren ist der so genannte Trendfaktor. Der Wähler zieht hierbei positive oder negative Trends der Regierungspartei während der letzten Legislaturperiode zu seinem Parteiendifferential hinzu. Als zweiten Modifikator nennt Downs die Leistungsbewertung. „Das heißt, man vergleicht das Nutzeneinkommen das einem tatsächlich zufließt, mit dem, dass man erhalten würde, wenn die ideale Regierung an der Macht wäre“ (Downs 1968: 42). Das Nutzeneinkommen das für den Wähler von der bisher regierenden Partei ausgegangen ist wird also mit dem Nutzeneinkommen verglichen, welches der Wähler unter der Führung einer idealen Partei gehabt hätte. Downs geht davon aus, dass sich jeder Wähler aus den Erfahrungen, die er mit anderen Regierungen gemacht hat, eine Norm bildet. Anhand dieser Norm ist es ihm dann möglich für sich zu prüfen, ob die aktuell regierende Partei ihre Regierungsarbeit schlecht, gut oder durchschnittlich gemacht hat (vgl. Downs 1968: 44). Diese Leistungsbewertung stellt der Wähler jedoch nur an, wenn das gegenwärtige Parteiendifferential gleich null ist.

[...]


[1] Die folgenden Betrachtungen gehen von einem Zweiparteiensystem aus.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Anthony Downs "Ökonomische Theorie der Demokratie" und das Wahlparadox
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V232263
ISBN (eBook)
9783656524564
ISBN (Buch)
9783656536536
Dateigröße
458 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Wahlparadoxon, Downs, Ökonomische Theorie der Demokratie
Arbeit zitieren
Sebastian Richter (Autor:in), 2007, Anthony Downs "Ökonomische Theorie der Demokratie" und das Wahlparadox, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232263

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