Produktives Denken


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Denken im Sinne der formalen Logik
2.1. Induktive Logik

3. Denken im Sinne der Assoziationstheorie
3.1. Bildung von Assoziationen nach Aristoteles
3.2. Assoziationsdenken nach John Locke
3.3. Kritische Betrachtung der Assoziationstheorie

4. Denken im Sinne des „Produktiven Denkens“
4.1. Das Parallelogramm-Problem
4.2. Die Umstrukturierung
4.3. Die Übertragung
4.4. Heuristische Methoden

5. Schluss

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der Schule, in der Lehre, im Studium werden zwei geistige Leistungen von uns erwartet: das Verstehen und das Behalten. Weit mehr geachtet als Gedächtnis und Erinnerungsvermögen ist in unserem Kulturkreis jedoch die Fähigkeit zu denken (vgl. Guss, 1997, 64). Das folgende Referat beschäftigt sich mit verschiedenen Ansätzen, die sich alle um eine Beschreibung und Erklärung des Phänomens „Denken“ bemühen. Was mit „Denken“ gemeint ist, das weiß im Prinzip jeder hier im Raum. Was aber spielt sich dabei genau in unseren Köpfen ab? Die Denk- und Problemlösepsychologie hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesbezügliches Wissen zu präzisieren, zu erweitern, zu differenzieren und zu systematisieren (vgl. Hussy, 1993, S.9). Legen wir zunächst den Gegenstandsbereich fest, der uns in den nächsten 45 Minuten beschäftigen wird. Unter „Denken“ versteht Hussy (vgl. 1993, S. 16) nicht beobachtbare, kognitive Prozesse, ...

- ...die zielgerichtet, d.h. auf eine Lösung ausgerichtet sind;
- ...bei denen Informationen neu verknüpft bzw. geordnet werden[[1]];
- ...die über das alleinige Wahrnehmen, Abspeichern und Erinnern von Informationen hinausgehen, auch wenn diese Prozesse für das Denken notwendig sind.

Was wir durch Denken erschaffen, ist mehr als das Wahrgenommene oder bereits Bekannte. Ich möchte nun drei denkpsychologische Modelle genauer unter die Lupe zu nehmen: Das logische Denken, das Assoziationsdenken und das produktive Denken. Beginnen wir mit dem Denken im Sinne der formalen Logik, der wohl ältesten Modellierung dessen, was man als „Denken“ bezeichnet.

2. Denken im Sinne der formalen Logik

Es ist eine alte Frage, welche Rolle die formale Logik im Denkprozess spielt. Immer wieder wird die formale Logik als Garant für „richtiges“ Denken angesehen (vgl. Asanger & Wenninger, 1999, S. 100). Was aber „macht“ die Logik? Die aristotelische (traditionelle) Logik unterscheidet nur zwischen „wahr“ und „falsch“. Nichts kann danach zugleich wahr und falsch sein. Geprüft werden die formalen Bedingungen, unter denen Folgerungen wahr oder falsch sind. Dazu sucht die traditionelle Logik nach Kennzeichen, welche die Genauigkeit, Gültigkeit und Widerspruchsfreiheit von allgemeinen Begriffen, Urteilen und Schlussfolgerungen garantieren (s. Wertheimer, 1943, S. 7). Wertheimer (vgl. 1943, S. 7) zählt folgende Operationen auf, die für die traditionelle Logik charakteristisch sind:

- Definition
- Vergleich und Unterscheidung
- Analyse, Abstraktion und Verallgemeinerung o Bildung von Syllogismen[[2]] usw.

Bestimmte Kombinationen von Behauptungen ermöglichen wieder neue, richtige Behauptungen. Das Kernstück bilden die sog. Syllogismen. Die traditionelle Logik stellt verschiedene syllogistische Formen auf. Werden diese berücksichtigt, so wird die Richtigkeit einer Schlussfolgerung garantiert (vgl. Wertheimer, 1943, S. 6). Oft wird die Syllogistik auch als „deduktive Logik“ bezeichnet. Es geht hier nur um das explizite Schlussfolgern. Was aber hat das mit dem, was wir als „Denken“ bezeichnen, zu tun? Max Wertheimer fühlt sich durch die Regeln der traditionellen Logik „an ein Polizeihandbuch zur Verkehrsregelung erinnert“ (1943, S. 7). Er durchleuchtet die traditionelle Logik kritisch (vgl. 1943, S. 12). Er erkennt an, dass sie die Kritikfähigkeit fördert, da sie bei jedem Schritt Schärfe und Strenge fordert. Dennoch kann sie kein produktives Denken hervorbringen. Der Denkende denkt zwar exakt, läuft jedoch Gefahr, leer und sinnlos zu denken. J. St. Mill behauptet, dass die deduktive Logik zwar zum Aufbau einer Wissenschaft nützlich sei, jedoch kaum etwas zur Gewinnung neuen Wissens beitragen könne (vgl. Asanger & Wenninger, 1999, S. 100).

2.1 Induktive Logik

Das Kernstück des induktiven Denkens ist das Aufstellen und Prüfen von Hypothesen. Als Induktion bezeichnet man die „wissenschaftliche Methode, vom besonderen Einzelfall auf das Allgemeine, das Gesetzmäßige zu schließen“ (DUDEN Fremdwörterbuch, 1997). Schon der alte Goethe lies seinen Faust erkennen, dass die Betrachtung des Mikrokosmos der Schlüssel zum Begreifen des Makrokosmos ist (vgl. Goethe, 1808, S. 17 - 19).

Die Entwicklung des Verfahrens der Induktion führte zu neuen Vorgehensweisen, die für die Entwicklung der Naturwissenschaften grundlegend waren. Erfahrung und Experiment spielen darin eine zentrale Rolle. Der Hauptnachdruck liegt auf dem Sammeln von Tatsachen. Erfahrungsmäßig beständig verbundene Tatsachen oder Veränderungen werden studiert und die Folgen von Änderungen beobachtet (vgl. Wertheimer, 1943, S. 9). Nach Wertheimer (1943, S. 9) legt die induktive Logik zusätzlich zu den Regeln und Operationen der traditionellen Logik Wert auf:

- empirische Beobachtung, sorgfältiges Sammeln von Tatsachen,
- empirisches Studium der Probleme, Einführung experimenteller Methoden,
- Feststellung der Korrelationen zwischen Tatsachen,
- Entwicklung von Entscheidungsversuchen.

Induktion ist also Logik in der Form des Schließens aus empirischen Daten. Die Grenze der induktiven Logik liegt in der immens hohen Anzahl der zu prüfenden Hypothesen (vgl. Asanger & Wenninger, 1999, S. 100). Zur induktiven Logik fällt mir ein Zitat (eines mir leider unbekannten Denkers) ein: „ Wohin das Denken ohne Experimentieren führt - das hat uns das Mittelalter gezeigt! Dieses Jahrhundert zeigt uns, wohin das Experimentieren ohne zu Denken führt! “.

3. Denken im Sinne der Assoziationstheorie

Manche Psychologen würden sagen: „ Die Fähigkeit zu denken beruht auf der Wirksamkeit assoziativer Verbindungen; sie kann gemessen werden an der Zahl der Assoziationen, die ein Mensch erworben hat, an der Leichtigkeit und Richtigkeit, mit der er sie lernt und sich ins Gedächtnis ruft “ (Wertheimer, 1943, S. 11). Ich möchte an dieser Stelle kurz etwas genauer auf den assoziationstheoretischen Ansatz eingehen.

3.1 Die Bildung von Assoziationen nach Aristoteles

Aristoteles postulierte vor2300 Jahren drei Prinzipien der Bildung von Assoziationen:

- Kontiguität
- Ähnlichkeit
- Kontrast

Trifft eines dieser Prinzipien auf zwei Objekte oder Ereignisse zu, so werden sie im Gedächtnis verknüpft (vgl. Hussy, Denken und Problemlösen, 1993, S. 25). Die im Gedächtnis repräsentierten Verbindungen zwischen Objekten oder Ereignissen bilden nach Aristoteles die Grundlage des Denkens.

3.2 Assoziationsdenken nach John Locke

J. Locke entwarf 1689 ein Modell, in dem er den Geist (i.S.v. Seele, Verstand) als aus „einfachen Ideen“ zusammengesetzt beschreibt. Diese unzerlegbaren Elemente prägen sich durch Sinneswahrnehmung (Sensation) oder innere Wahrnehmung (Reflexion) in den Geist ein. Die geistige Tätigkeit besteht nach Locke darin, dass die einfachen Ideen durch Kombination, Inbeziehungsetzen und Abstraktion zu „komplexen Ideen“ werden. Diese komplexen Ideen stehen durch Assoziation in Verbindung (vgl. Asanger & Wenninger, 1999, S. 98).

Der Weg zum Verständnis des assoziativen Denkens liegt nach Wertheimer (1943, S. 9) im „Studium der Gesetze, nach denen die Daten verbunden werden“. Wertheimer führt eine Liste von Operationen an (vgl. 1943, S. 10), die für das Assoziationsdenken relevant sind:

- Assoziation, Erwerb von Verbindungen (...),
- Reproduktion aus früherer Erfahrung,
- Try and Error, mit Zufallserfolg,
- Lernen aufgrund wiederholten Erfolges,
- Handeln nach Maßgabe bedingter Reflexe und der Gewohnheit.

3.3 Kritische Betrachtung der Assoziationstheorie

-bwohl Wertheimer die Verdienste der Assoziationstheorie nicht leugnet, so kritisiert er vor allem die Unterschlagung des Unterschiedes zwischen „sinnvollem Denken“ und „sinnlosem Kombinieren“ (Wertheimer, 1943, S. 13). Die Schwierigkeiten beginnen für den Assoziationstheoretiker bei sinnvollen, produktiven Denkvorgängen, die er nicht zu erklären vermag.

4. Denken im Sinne des „Produktiven Denkens“

In den 20er und 30er Jahren des 20ten Jahrhunderts etablierte sich eine Gegenströmung, die den Menschen nicht mehr als bloß reagierendes Wesen auffasste: Die Gestaltpsychologie. Gestaltpsychologen sehen den Menschen als „aktives, selbstbestimmtes und geistig produktives Wesen“ (Hussy, 1993, S. 33). Interessant ist für sie vor allem der Prozess des Denkens und Problemlösens. Dieser enthält eine Reihe von Operationen und Zügen, die in der traditionellen Logik und der Assoziationstheorie nicht wirklich gesehen und beachtet werden (vgl. Wertheimer, 1943, S. 47ff.). Wertheimer nennt hier u.a. das Gruppieren, Umordnen, Strukturieren, Aufteilen in das Unterganze und wieder zusammen-sehen. Für ihn beginnt das produktive Denken „mit dem Wunsch, die innere Bezogenheit zwischen Form und Flächengröße zu erfassen (...)“ (Wertheimer, 1943, S. 48). Auch das Erfassen der funktionellen Bedeutung (Rolle) der Teile im Ganzen zählt dazu. Wertheimer fordert, dass das Denken durch die Anforderungen der Situation bestimmt sein sollte, nicht durch irgendwelche äußerlichen Einzelheiten (vgl. Wertheimer, 1943, S. 79).

Als produktives Denken bezeichnet man also schöpferisches, kreatives und einsichtiges Denken. Es geht dabei um das Begreifen eines inneren Zusammenhanges, der logischen Struktur und das Aufbau- und Beziehungsgefüge eines Problems (vgl. Guss, 1997, S. 67). Einfach gesagt bedeutet produktives Denken, dass die Bedeutungen und Beziehungen, die ein Problem ausmachen, erfasst und verändert werden.

[...]

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Details

Titel
Produktives Denken
Hochschule
Hochschule Zittau/Görlitz; Standort Görlitz  (Studiengang Kommunikationspsychologie)
Veranstaltung
Sprach- und Denkpsychologie
Note
1,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
12
Katalognummer
V23160
ISBN (eBook)
9783638263405
Dateigröße
489 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Produktives, Denken, Sprach-, Denkpsychologie
Arbeit zitieren
Christoph Obermeier (Autor:in), 2001, Produktives Denken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23160

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