Strafrechtsterminologie des Luganda - eine linguistische Analyse


Magisterarbeit, 2011

119 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungen

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Methoden
1.3.1 Datenerhebung
1.3.2 Darstellung der Daten
1.3.3 Datenauswertung
1.4 Forschungsstand

2 Einblick in die Sprache, in die Rechtsgeschichte und -publikationen Ugandas, und zum Untersuchungskorpus
2.1 Zur Sprache
2.1.1 Verbreitung
2.1.2 Status
2.1.3 Verwendung
2.2 Einführung in die Rechtsgeschichte Ugandas
2.3 Entwicklung der Rechtspublikationen in Luganda
2.4 Strafrechtssprache- eine Fachsprache?
2.5 Untersuchungskorpus
2.5.1 English-Luganda Law Dictionary
2.5.2 Ekitabo Ekiyamba Okumanya Amateeka
2.5.3 Legal Publications in an African Vernacular

3 Analyse der Strafrechtsterminologie des Luganda
3.1 Linguistische Merkmale des Luganda
3.2 Strategien der Terminologiebildung in Luganda
3.2.1 Derivation
3.2.1.1 Nominale Derivation
3.2.1.1.1 Deverbale Derivation
3.2.1.1.2 Nominalklassenwechsel
3.2.1.1.3 Deadjektiva
3.2.1.2 Verbale Derivation
3.2.1.2.1 Kausativ
3.2.1.2.2 Applikativ
3.2.1.3 Adjektivische Derivation
3.2.2 Komposition
3.2.3 Reduplikation
3.2.4 Semantische Erweiterung
3.2.5 Paraphrasen
3.2.6 Entlehnung
3.2.6.1 Lehnwort
3.2.6.2 Fremdwort
3.2.6.3 Lehnübersetzung
3.2.7 Zusammenfassung
3.3 Synonyme
3.4 Entwicklung der Strafrechtsterminologie

4 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Obutemu obugenderera okusaanyaawo ettundutundu ly´abantu nga balangibwa oluse lwabwe, eddiini yaabwe, oba langi yaabwe[1] erscheint auf den ersten Blick lediglich eine Satzkonstruktion in Luganda zu sein. In der Strafrechtsterminologie des Luganda demonstriert die obige Konstruktion jedoch die Umschreibung des Begriffs „Genozid“, die der ugandische Rechtswissenschaftler und Richter am Internationalen Strafgerichtshof Daniel Nsereko im Rechtswörterbuch auflistet. Die Konstruktion Omutemu omwendule atta omuntu omututumufu olw´ensonga z´ebyobufuzi[2] fällt ebenso in die Kategorie der umschreibenden Strafrechtstermini. Dieser mehrgliedrige Strafrechtsterminus paraphrasiert den Begriff „Mörder“, der in der Strafrechtsterminologie des Luganda jedoch auch mit anderen eigensprachlichen Mitteln wie etwa im Wege der Derivation umgesetzt wird. Neben der Umschreibung lassen sich für die Bezeichnung „Mörder“ daher auch die Deverbativa omussi und omutemu finden, die beide Anfang des 20. Jahrhunderts zum Fachwortschatz des Strafrechts gehörten und auch gegenwärtig noch im Fachsprachgebrauch anzufinden sind. Die hier demonstrierten Strafrechtstermini verschaffen den ersten Einblick sowohl in die Terminologiebildung als auch in die Entwicklung der Strafrechtstermini des Luganda, die in der vorliegenden Arbeit thematisiert werden.

1.1 Zielsetzung

In der vorliegenden Arbeit wird eine linguistische Analyse der Strafrechtsterminologie des Luganda vorgenommen. Der Fokus liegt dabei auf die Untersuchung der Terminologiebildung im Bereich des Strafrechtswesens. In erster Linie soll hier insbesondere der Frage nachgegangen werden, welche Strategien der Terminologiebildung verwendet werden. Insbesondere soll dabei herausgefunden werden, ob sich die Strafrechtsterminologie des Luganda etwa aus Begriffen zusammensetzt, die mit eigensprachlichen Mitteln gebildet werden oder ob die Strafrechtsterminologie vielmehr von englischen Lehnwörtern geprägt ist, weshalb bei der linguistischen Analyse der Strafrechtsterminologie des Luganda auch der Einfluss der englischen Sprache zu berücksichtigen ist. Zudem soll ebenfalls aufgezeigt werden, ob es mehrere Bezeichnungen für eine rechtsspezifische Bedeutung gibt, was in den Fachsprachen im Allgemeinen nicht selten der Fall ist. Da sich Fachsprachen wie Alltagssprachen generell laufend verändern und ständig mit neuem Vokabular bereichert werden, ist in diesem Zusammenhang auch interessant zu erfahren, inwieweit sich die Strafrechtsterminologie bis dato verändert hat. Es soll hierbei wenn möglich herausgefunden werden, ob Strafrechtstermini, die Anfang des 20. Jahrhunderts bzw. vor der Unabhängigkeit Ugandas von den im Königreich der Baganda tätigen Juristen verwendet wurden, auch heute noch nach der Unabhängigkeit Ugandas zum Vokabular der Strafrechtsterminologie des Luganda gehören.

Die Strafrechtsterminologie des Luganda stellt nicht nur ein interessantes Forschungsgebiet dar, sondern war bis zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Arbeit in keiner wissenschaftlichen Arbeit abgehandelt worden. Die linguistische Analyse der Strafrechtsterminologie in Luganda stellt insofern bis dato die Einzige auf diesem Gebiet dar und trägt damit zur sprachwissenschaftlichen Forschung bei.

1.2 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit gliedert sich insgesamt in vier Kapitel. Das erste Kapitel stellt die Einleitung dar, in welcher das Thema vorgestellt wird. Außerdem wird beschrieben, welche Ziele in dieser Arbeit angestrebt werden. Im ersten Kapitel wird ebenso der Aufbau der Arbeit erläutert. Ferner beschäftigt sich das einleitende Kapitel mit den in der vorliegenden Arbeit angewandten Methoden. Es wird näheres zur Datenerhebung, zur Darstellung der Daten sowie zur Datenauswertung erzählt. Weiterhin liefert dieses Kapitel einen Überblick über den Forschungsstand.

Das zweite Kapitel liefert allgemeine Informationen sowohl zum Land Uganda als auch zur Sprache Luganda und gibt einen ausführlichen Überblick über dessen Verbreitung, Status und Verwendung in Schulen, im Radio, Fernsehen und im Internet. Auf die Entstehung des britischen Rechtssystems in Uganda wird im zweiten Kapitel ebenso ausführlich eingegangen. Des Weiteren befasst sich dieses Kapitel mit der Entwicklung der Gesetzespublikationen und der Rechtsterminologie in Luganda. Ferner wird in diesem Kapitel darüber diskutiert, ob die Strafrechtssprache eine Fachsprache darstellt. Auch werden im zweiten Kapitel die einzelnen Quellen, aus welchen die Daten für meine linguistische Analyse entnommen wurden, vorgestellt. Das zweite Kapitel leitet über zum Hauptteil der Arbeit, welches das dritte Kapitel demonstriert.

Im dritten Kapitel erfolgt die linguistische Analyse der strafrechtsspezifischen Termini aus dem von mir zusammengestellten Datenkorpus. Der linguistischen Analyse geht eine kurze Beschreibung der besonderen linguistischen Merkmale des Luganda voraus, in der u.a. das Nominalklassensystem und die für Klassensprachen typischen Merkmale anhand von Beispielsätzen aus dem Luganda veranschaulicht und erläutert werden. Anschließend folgt die Analyse einzelner aus dem Datenkorpus selektierter Strafrechtstermini. Die einzelnen Strategien der Terminologiebildung werden hier anhand dieser Strafrechtstermini veranschaulicht und beschrieben. Außerdem beschäftigt sich das dritte Kapitel mit den synonymen Strafrechtstermini. Ferner wird in einem weiteren Abschnitt des Kapitels die Entwicklung der Strafrechtstermini beschrieben.

Das vierte und damit letzte Kapitel der Arbeit führt die herausgefundenen Ergebnisse der linguistischen Analyse der Strafrechtsterminologie des Luganda zusammen. Auch werden in diesem Kapitel weitere mögliche Forschungsthemen angesprochen.

Im Anhang der vorliegenden Arbeit befindet sich der gesamte zusammengestellte Datenkorpus der Strafrechtstermini in tabellarischer Form.

1.3 Methoden

1.3.1 Datenerhebung

Die für die linguistische Analyse erforderlichen Daten wurden aus insgesamt drei Quellen entnommen. Das vom Rechtswissenschaftler Daniel Nsereko verfasste Rechtswörterbuch English-Luganda Law Dictionary lieferte eine große Anzahl der Daten. Als weitere Quelle diente das in der Sprache Luganda verfasste und von der Menschenrechtsorganisation Foundation for Human Rights Initiative (FHRI) herausgegebene Handbuch zur Menschenrechtsbildung Ekitabo Ekiyamba Okumanya Amateeka[3]. Ferner wurde die Wortliste mit Rechtstermini aus dem Aufsatz Legal Publications in an African Vernacular, der vom ehemaligen Rechtsberater des Königreichs Buganda, Edwin Haydon, geschrieben wurde, herangezogen. Aus allen hier erwähnten Quellen wurden jeweils diejenigen Begriffe entnommen, die sich auf den Bereich des Strafrechts beziehen.

1.3.2 Darstellung der Daten

In allen Quellen, im Rechtswörterbuch, Handbuch zur Menschenrechtsbildung sowie in der Wortliste, sind nicht nur Strafrechtstermini enthalten, sondern erfassen zusätzlich auch Termini aus dem Öffentlichen Recht und dem Zivilrecht. Es wurde aus diesem Grund die englischen Strafrechtswörterbücher A Handbook of Criminal Law Terms von Garner (2000) und A Dictionary of Criminal Law Terms von Fletcher (2006) herangezogen, die bei der Entscheidung, ob ein Begriff dem Strafrecht oder einem anderen Rechtsgebiet zuzuordnen war, zur Orientierung dienten. Die aus den Quellen entnommenen Strafrechtsbegriffe wurden tabellarisch aufgelistet. Begriffe, die im Handbuch der Menschenrechtsorganisation mehrmals vorkommen, wurden im Datenkorpus jeweils nur einmal erfasst. Es ist auf diese Weise ein Datenkorpus, der nicht nur einen Überblick über die vorhandenen Strafrechtstermini verschafft, sondern auch die linguistische Analyse dieser erleichtert, mit insgesamt 396 Fachtermini des Strafrechts entstanden.

Der gesamte Datenkorpus befindet sich in Tabelle I im Anhang der vorliegenden Arbeit. Tabelle I ist nach den Luganda-Termini alphabetisch geordnet und gibt Aufschluss über die jeweils verwendete Wortbildungsstrategie. In der zweiten Spalte dieser Tabelle befinden sich die englischen Strafrechtstermini und in einer weiteren Spalte liegt jeweils die deutsche Übersetzung der englischen Begriffe vor. Ferner ist in einer weiteren Spalte der Tabelle die Quelle angegeben, aus der die jeweiligen Termini entnommen wurden. Bei Termini, die nicht nur im Rechtswörterbuch genannt sind, sondern zusätzlich in der Wortliste und/oder auch im Handbuch der Menschenrechtsbildung vorkommen, ist mehr als eine Quelle angegeben.

Im Anhang der vorliegenden Arbeit finden sich noch zwei weitere Tabellen. In Tabelle II sind die Synonyme aufgelistet. Um einen besseren Überblick über die in den Quellen synonym gebrauchten Termini zu bekommen, sind diese nach den deutschen Übersetzungsäquivalenten alphabetisch geordnet. In einer weiteren Spalte liegen ebenfalls die englischen Rechtsbegriffe vor. Außerdem befinden sich in zwei weitere Spalten der Tabelle II die Quellenangabe des jeweiligen Begriffs sowie Angaben zur verwendeten Wortbildungsstrategie.

In Tabelle III wird versucht, die Entwicklung der Strafrechtstermini zu reflektieren. In der ersten Spalte der Tabelle III liegen alle die im Datenkorpus aufgelisteten Strafrechtstermini alphabetisch geordnet vor. In der zweiten Spalte befinden sich die englischen Strafrechtsbegriffe. Um die Entwicklung einzelner Strafrechtstermini zu verdeutlichen und zu veranschaulichen, wurden noch zwei weitere Quellen hinzugezogen. Diese stellen zwei Wörterbücher aus den Publikationsjahren 1952 und 2009 dar. Alle Strafrechtstermini wurden in diesen Wörterbüchern nochmals nachgeschlagen. In den anderen fünf Spalten der Tabelle ist jeweils dokumentiert, in welcher Quelle die Strafrechtstermini verwendet werden bzw. ob diese in den Wörterbüchern vorkommen. Es wurde jeweils ein „Ja“ gesetzt, wenn der Terminus in der verwendeten Quelle benutzt wird. Ein „Nein“ bedeutet hingegen, dass der Terminus in der Quelle nicht vorkommt. Bei einigen Termini stehen lediglich englische oder Luganda-Begriffe. In diesen Fällen ist entweder der Luganda-Strafrechtsterminus in den Quellen mit einer anderen Bedeutung vertreten oder der englische Terminus ist dort mit einem anderen Ausdruck in Luganda umgesetzt worden. Beim ersteren findet sich in der Spalte ein englischer Ausdruck, während beim letzteren ein Luganda-Terminus steht. Ein in Klammern gesetzter Begriff bedeutet, dass dieser nicht rechtsspezifischer Natur ist.

In allen drei Tabellen ist auf die weibliche Form aus Gründen besserer Lesbarkeit verzichtet worden. So beinhalten alle männlichen Bezeichnungen auch die weibliche Form.

1.3.3 Datenauswertung

Jeder der im Datenkorpus aufgelisteten Strafrechtstermini wurden nach den in der Sprachwissenschaft vorkommenden Wortbildungsverfahren analysiert. Einige der Strafrechtstermini wurden aus dem Datenkorpus selektiert und als Beispiele im Text aufgeführt. Anhand der Beispiele wurden jene Strategien, die zur Bildung der Termini genutzt werden, veranschaulicht und beschrieben. Zur näheren Klärung hinsichtlich der Bedeutung einzelner Strafrechtstermini stand mir mein Informant zur Seite, der Luganda als Erstsprache spricht und außerdem Rechtswissenschaft studiert.

Einige der in der Tabelle II aufgelisteten synonymen Strafrechtstermini wurden ebenfalls selektiert und dienen im Text als Beispiele zur Veranschaulichung nominaler und verbaler Synyonme im Bereich des Strafrechtswesens.

Die Entwicklung der Strafrechtstermini wird in erster Linie anhand der Tabelle III aufgezeigt. Anhand einiger selektierter Strafrechtstermini wurde die Entwicklung im Text dargelegt und beschrieben. In einigen Fällen wurde auch hier mein Informant zur Klärung der Bedeutung einzelner in den Quellen vorkommenden Begriffe hinzugezogen.[4]

1.4 Forschungsstand

Luganda ist quantitativ die mit Abstand am besten erforschte und dokumentierte Sprache Ugandas. Es lassen sich eine Reihe von Arbeiten finden, die sich überwiegend mit den phonologischen und morphologischen Aspekten des Luganda auseinandersetzen. So befasst sich beispielsweise John Kalema mit den Tonklassen des Luganda (1977), während Francis Katamba und Larry Hyman Nasalität und Morphemstrukturen in Luganda (1991) untersuchen. Daneben gibt es eine umfangreiche Grammatik von Ethel Ashton (1954), die u.a. eine ausführliche Beschreibung zur Derivation in Luganda liefert und für die vorliegende Arbeit herangezogen wurde. Im Bereich der Lehnwortforschung gibt es bisher nur wenige Untersuchungen. Livingstone Walusimbi, Professor am Sprachinstitut der Makerere Universität, hat eine interessante Fallstudie über Entlehnung in Luganda herausgebracht (2002). In dieser untersucht er den Einfluss fremder Sprachen auf Luganda. Er präsentiert eine Reihe von Lehnwörtern aus dem Bereich der Religion, der Medizin, dem Geschäfts- sowie Rechtswesen und erklärt, aus welcher Sprache die einzelnen entlehnten Lexeme stammen. Sowohl Walusimbis Fallstudie als auch die Arbeit von Mosha (1971), in der die Faktoren der Entlehnung untersucht werden und erläutert wird, wie Lehnwörter in das grammatische System des Luganda integriert werden, wurden für die vorliegende Arbeit herangezogen.

Arbeiten über die Rechtssprache stellen auf dem afrikanischen Kontinent eher eine Ausnahme dar. Eine Arbeit, die sich auf die Rechtssprache in Luganda bezieht, wurde von dem ehemaligen Rechtsberater des Königreichs Buganda Edwin Haydon (1962) verfasst. Er beschreibt in dieser, welche Gesetzestexte und Rechtsvorschriften seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Luganda publiziert wurden und erläutert, wie die Bildung neuer Rechtstermini in Luganda in dieser Zeit statt gefunden hat. Ferner präsentiert er in seinem Aufsatz eine Wortliste mit Rechtstermini, die als Untersuchungskorpus für die vorliegende Arbeit diente. Einen eher linguistischen Forschungsansatz betreibt Rüdiger Köppe (1998) in seinem Aufsatz, in welchem er die Rechtsterminologie in Swahili am Beispiel des tansanianischen Eherechts analysiert und ebenso auf die Entwicklung eingeht. Andere Arbeiten über die Rechtssprache befassen sich vor allem mit der Frage, welche Sprache vor afrikanischen Gerichten verschiedener Instanzen verwendet wird.

2 Einblick in die Sprache, in die Rechtsgeschichte und -publikationen Ugandas, und zum Untersuchungskorpus

2.1 Zur Sprache

2.1.1 Verbreitung

Nördlich von Afrikas größter Wasserfläche, dem Viktoriasee, erstreckt sich Uganda, ein Land, das zwei Sprachfamilien, die nilosaharanische und die Niger-Kongo-Sprachfamilie, beherbergt. Während die nilosaharanischen Sprachen im Norden und Nordosten des Landes beheimatet sind, sind die Sprachen der Niger-Kongo-Sprachfamilie im Süden und Südwesten Ugandas verbreitet. Laut dem Ethnologue werden insgesamt 43 Sprachen in Uganda gesprochen.[5] Das Soo[6] stellt unter den in Uganda insgesamt 43 beheimateten Sprachen die Sprache mit den wenigsten Sprechern dar und wird zusammen mit 19 anderen Sprachen, die nördlich und nordöstlich des Landes gesprochen werden, der nilosaharanischen Sprachfamilie zugeordnet. Die nilosaharanische Sprachfamilie ist mit ihren schätzungsweise 8 Millionen Sprechern die kleinste Sprachfamilie Ugandas.[7] Der Großteil der in Uganda gesprochenen Sprachen gehört den Bantusprachen an, der größten sprachlichen Unterfamilie in Afrika (Jungraithmayr & Möhlig 1983: 42). Etwa 15 Millionen Menschen sind Muttersprachler der in Uganda beheimateten Bantusprachen,[8] die in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet südlich der Sahara insgesamt etwa 300 Sprachen umfasst und deren bekannteste Vertreterin das Swahili darstellt. Die Bantusprachen, die vor allem südlich des Äquators verbreitet sind, werden genealogisch dem bantoiden Zweig des Benue-Congo, einer Unterfamilie des Niger-Kongo, zugeordnet (vgl. Jungraithmayr & Möhlig 1983: 42).

Luganda ist eine der in Uganda 23 gesprochenen Bantusprachen. Sein Sprachgebiet befindet sich nordwestlich des Viktoriasees, im ehemaligen Königreich Buganda und ist umgeben von anderen Bantusprachen. Im Südwesten grenzt es an das Sprachgebiet der Bantusprache Haya, das sich bis in den nördlichen Teil von Tansania erstreckt. Schätzungsweise gibt es mehr als 500,000 Sprecher des Haya (Jungraithmayr & Möhlig 1983: 107). Regional stellt Haya eine wichtige Sprache dar (ebd.). Es ist aber außer einigen älteren Aufzeichnungen wenig über diese Sprache bekannt (ebd.). Im Westen des Sprachgebiets von Luganda sind die Bantusprachen Runyankore, Rutooro und Runyoro beheimatet. Runyankore ist mit etwa 2,3 Millionen Sprechern die zahlenmäßig größte Sprache.[9] Rutooro und Runyoro, die lexikalisch sehr ähnlich sind,[10] werden von der Regierung als eine Sprache erfasst. Die Batooro und die Banyoro, die einst eine Volksgruppe waren, akzeptieren diese Entscheidung (vgl. Walusimbi 1972). Nicht selten wird das Rutooro sogar nur als ein Dialekt des Runyoro verstanden (vgl. Walusimbi 1972:147). Nördlich des Sprachgebiets von Luganda wird das Ruuli gesprochen, das mit 160,000 Sprechern die zahlenmäßig kleinste der von Luganda benachbarten Sprachen darstellt.[11] Im Osten befindet sich das Sprachgebiet des Lusoga, das laut einer Zählung aus dem Jahr 2002 von etwa 2 Millionen Menschen gesprochen wurde.[12] Neben den benachbarten Bantusprachen gibt es noch weitere Sprachen, die unmittelbar in Kontakt mit Luganda stehen. Insbesondere im Zentrum des Sprachgebiets, in der Hauptstadt Ugandas, wo Menschen verschiedener Sprachgemeinschaften aufeinander treffen, kommt das Luganda mit verschiedenen Sprachen in Berührung. Hierzu zählen neben den nilotischen und zentralsudanischen Sprachen, etwa das Swahili, das Arabische, das Englische sowie die indischen Sprachen Hindi[13] und Gujarati[14]. Die Berührung mit diesen Sprachen führt nicht selten zur Aufnahme zahlreicher Wörter dieser Sprachen in den Wortschatz des Luganda. So wurde eine Anzahl von Wörtern in Luganda besonders aus dem Englischen, Arabischen und dem Swahili entlehnt (Walusimbi 2002: 55).

Luganda verfügt im Vergleich zu anderen in Uganda gesprochenen Sprachen nicht nur über ein sehr großes Sprachgebiet. Es ist auch mit seinen 4 Millionen Sprechern die zahlenmäßig größte Sprache Ugandas. Diese Sprecheranzahl geht aus einer Zählung des Ethnologue aus dem Jahr 2002 hervor und erfasst jedoch nur die in Uganda lebenden Menschen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass es weltweit insgesamt mehr Lugandasprecher gibt. Darüber, wie viele Sprecher es insgesamt auf der Welt gibt, kann jedoch nur vermutet werden.

Luganda wird als Erstsprache von etwa 16 Prozent der Gesamtbevölkerung Ugandas gesprochen (Criper & Ladefoged 1971: 149). Betrachtet man sich einzig und allein nur diesen Prozentsatz, so ist kaum vorzustellen, dass Luganda die zahlenmäßig größte Sprache des Landes darstellt. Zieht man jedoch noch weitere Prozentsätze anderer Sprachen heran, so wird schnell klar, dass diese Aussage seine Richtigkeit hat. Criper und Ladefoged geben in ihrem Aufsatz Linguistic Complexity in Uganda aussagekräftige Prozentsätze. Über die Hälfte der in Uganda beheimateten Sprachen werden nur von etwa 2 Prozent der Gesamtbevölkerung gesprochen (vgl. Criper & Ladefoged 1971: 148). Von den 43 Sprachen werden nur 8 Sprachen von mehr als 5 Prozent der Bevölkerung gesprochen (vgl. Criper & Ladefoged 1971: 149). Luganda ist die einzige Sprache, die von mehr als 8 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird (vgl. ebd.). Derartige Prozentsätze sind in einem sprachenvielfältigen Staat aber auch nicht anders zu erwarten. Da das Sprachgebiet von Luganda sich im Zentrum des Landes befindet, wird Luganda von vielen Menschen anderer Sprachgemeinschaften als Zweitsprache verwendet. So spricht oder versteht mindestens 65 Prozent der Bevölkerung Ugandas Luganda (Nsereko 1993: iii).

2.1.2 Status

Obgleich Luganda im Süden Ugandas den Charakter einer Lingua Franca aufweist, wird die Sprache von der Regierung nicht als Verkehrssprache des Landes anerkannt (Jungraithmayr & Möhlig 1983: 107; vgl. Mosha 1971: 233f). Betrachtet man jedoch die Geschichte von Uganda, so ist festzustellen, dass Luganda einst den Status einer Lingua Franca im gesamten Uganda innehatte. Ferner wies Luganda im Gegensatz zu ihren benachbarten Sprachen schon damals vor der Unabhängigkeit Ugandas einen Sonderstatus auf. Dieser besondere Status geht auch aus einer Vereinbarung aus dem Jahr 1900 hervor, die zwischen dem britischen Protektorat und dem ehemaligen Königreich Buganda festgelegt wurde (Ladefoged & Glick & Criper 1972: 23). In dieser Vereinbarung wurde geregelt, dass Luganda als einzige Sprache Ugandas in den politischen Institutionen sowie in allen Einrichtungen des Königreichs Buganda weiterhin verwendet werden durfte (ebd.). Diese Regelung verlieh Luganda automatisch den Sonderstatus und hob sie gleichzeitig von den anderen Sprachen ab (ebd.). Den Sonderstatus bzw. den Status als Lingua Franca hatte Luganda jedoch nicht nur auf dem Papier. Das Königreich Buganda hatte durch das besondere Verhältnis mit der britischen Krone eine Monopollstellung (Ladefoged & Glick & Criper 1972: 24). Im gesamten Uganda wurden Verwaltungsapparate errichtet, die von den Baganda verwaltet wurden (ebd.). Dies hatte zur Folge, dass Luganda nicht nur im Königreich Buganda gesprochen wurde, sondern im gesamten Land (ebd.). Auf diese Weise wurde nicht nur die Verwendung des Luganda als Lingua Franca bestrebt, sondern es wurde zudem auch Macht und Einfluss der Baganda unter der Schirmherrschaft der Briten gewährleistet. Dies wiederum sicherte den hohen Status ihrer Sprache sowie die Position als Verwaltungssprache (ebd.). Nach der Unabhängigkeit Ugandas übernahm Englisch die Position als Administrationssprache und wurde auch von der Regierung als offizielle Landessprache anerkannt (ebd. 24). Über den Status der ugandischen Sprachen hat die Regierung bisher nicht eindeutig entschieden.[15] Das Swahili, das damals und teilweise auch heute noch beim Militär und bei der Polizei verwendet wurde und wird und in diesem Bereich als Lingua Franca verstanden wird, wurde im Jahr 1927 in allen drei ostafrikanischen Staaten, Uganda, Tansania und Kenia, als offizielle Landessprache vorgeschlagen (Criper & Ladefoged 1971: 150). Der Vorschlag wurde in Uganda allerdings schnell verworfen (ebd.). Den Status der offiziellen Landessprache hat Swahili nur im Nachbarstaat Tansania (ebd.). In allen anderen Staaten des östlichen Afrikas ist Swahili als Verkehrssprache verbreitet, hat jedoch keinen offiziellen Status (Criper & Ladefoged 1971: 151). Die Einführung des Swahili in den Schulen Ugandas stieß auf weit verbreitenden Widerstand, der besonders vor allem von den Baganda herrührte (Ladefoged & Glick & Criper 1972: 24). Sie sahen nicht nur ihre politische Macht, sondern auch den Status ihrer Sprache bedroht (ebd.). Durch den Einfluss der Baganda behielt die englische Sprache die Position als offizielle Landessprache bei. Mittlerweile wird Englisch auch als Lingua Franca der gebildeten Elite bezeichnet (Criper & Ladefoged 1971: 150).

2.1.3 Verwendung

Luganda war bis zur Ankunft der ersten Missionare im Jahr 1877 eine rein gesprochene Sprache und entwickelte sich als erste Sprache des Landes zur Schriftsprache, als im Jahr 1882 die erste von Missionaren verfasste Grammatik erschien (Walusimbi 2001: 9). Weitere Grammatiken, Wortlisten und Wörterbücher in Luganda wurden im Laufe der Jahre ebenfalls gedruckt (Rowe 1969: 20). Die Missionare verbreiteten das Christentum im Land u.a. dadurch, indem sie religiöses Lesematerial in Luganda publizierten. So kam im Jahr 1896 eine Übersetzung der Bibel in Luganda heraus, die die Erste in Uganda darstellte. Erst im Jahr 1912 erschien die nächste Bibelübersetzung in Runyoro/Rutooro. Der Großteil der Bibelübersetzungen in einer lokalen Sprache wurde allerdings erst Mitte bis Ende des 20. Jahrhunderts angefertigt (Walusimbi 2001: 9). Die Missionare übernahmen ferner die Aufgabe, den Menschen Lesen und Schreiben in Luganda bei zu bringen. Da der Unterricht in der Muttersprache stattfand, wurden viele Menschen sehr schnell gebildet. Auch Menschen anderer Sprachgemeinschaften nahmen an dem Unterricht teil (Mosha 1971: 289; Walusimbi 2001: 9).

Anfang des 20. Jahrhunderts begann die Ära der Literatur in Luganda. Neben religiösen Publikationen, wurden viele historische und politische Bücher und Aufsätze publiziert (Rowe 1969: 26). Im Jahr 1901 erschien das erste in Luganda geschriebene historische Buch, Basekabaka be Buganda.[16] Dieses war Mitte des 20. Jahrhunderts neben dem Ekitabo Ekitukuvu,[17] der Bibel, wohl das am meisten bekannte Buch in Luganda, das außerdem viele Studenten nutzten um sich über die Geschichte des Königreichs Buganda zu infomieren. Eine hervorragende Übersetzung dieses Buchs in Englisch wurde von Simon Musoke am ostafrikanischen Institut für Sozialforschung angefertigt. Verfasst wurde das historische Buch von dem damaligen Premierminister Apollo Kagwa, der auch noch weitere historische Bücher geschrieben hat (Rowe 1969: 21f). Erst im Jahr 1947 wurde eine Standardisierung der Orthographie von Luganda wurde in der All-Baganda Konferenz präsentiert, die sowohl von der Buganda Regierung als auch vom britischen Protektorat anerkannt wurde (Walusimbi 2001: 10). Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden zahlreiche Bücher in Luganda publiziert und es gab im Jahr 1966 keine Sprache im gesamten Ost- und Zentralafrika, in der mehr Bücher, Zeitungen und andere Schriftstücke verfasst wurden als in Luganda. Romane waren beispielsweise sehr beliebt. Selbst das Swahili, das im Vergleich mit anderen afrikanischen Sprachen über eine große Anzahl an Buchpublikationen in der heutigen Zeit verfügt, hatte zu der Zeit weniger Buchpublikationen (Walusimbi 2001: 9). Im Vergleich mit damals gibt es gegenwärtig kaum Autoren in Uganda, die in der Muttersprache schreiben. Daneben besteht eine allgemeine Lesefaulheit, so dass sich die hohen Publikationskosten überhaupt nicht lohnen. Es ist besonders aus diesen Gründen derzeitig schwer bis unmöglich Bücher in Luganda zu finden, wenn überhaupt gibt es lugandasprachige Kinder- und Lehrbücher (Walusimbi 2001: 9).

Luganda ist eine von den sechs selektierten lokalen Sprachen Ugandas, von der Regierung auch als area languages[18] bezeichnet, die nach einer Regierungsempfehlung für das Erziehungswesen im Jahr 1992 als Unterrichtssprachen bis zur Primarstufe vier verwendet werden sollen.[19] Zu den so genannten area languages gehören neben Luganda auch Ateso/Akarimojong, Lugbara, Lwo, Runyankore/Rukiga und Runyoro/Rutooro (Walusimbi 1972: 147). Die Verwendung dieser Sprachen als Unterrichtssprachen soll nach dem Bildungsministerium jedoch nur in den ländlichen Schulen statt finden (vgl. ebd.). In den städtischen Gegenden soll das Englische weiterhin als Unterrichtssprache verwendet werden und lokale Sprachen sollen in allen Schulen weiterhin als Unterrichtsfach gelehrt werden (vgl. ebd.). Dieser Plan erscheint jedoch teilweise nur schwer umsetzbar. Zum einen fehlt für einige der selektierten Sprachen immer noch geeignetes Unterrichtsmaterial. Das Erstellen von Lehr- und Lernmaterial in den einzelnen Sprachen stellt außerdem ein kostspieliges Unterfangen dar. Zum anderen mangelt es oft an lehrendes Personal. Oftmals sind die Lehrer nur als Englisch-Lehrer ausgebildet und nicht in der Lage in der eigenen Muttersprache zu unterrichten (Walusimbi 1972: 147). Luganda wird nichtsdestotrotz weiterhin in den Grund- und weiterführenden Schulen als Unterrichtsfach gelehrt (Walusimbi 2001: 11). Zudem wird Luganda auch als Fach an der Makerere-Universität angeboten (ebd.).

In einem Land, in dem es noch immer Menschen gibt, die weder lesen noch schreiben können, spielt das Radio bei der Verbreitung von Nachrichten eine sehr große und bedeutende Rolle.[20] Besonders in den ländlichen Gebieten, wo die Menschen oftmals kein Englisch verstehen, fungiert das Radio als hervorragendes Verbreitungsmedium. Dieser Meinung war auch der damalige Premierminister Milton Obote gewesen, der im Jahr 1967 insgesamt achtzehn lokale Sprachen, darunter auch Luganda, zur Verwendung in Radioprogrammen aufrief.[21] Noch heute existieren die lokalsprachigen Radioprogrammen und sind besonders in den ländlichen Gebieten sehr beliebt (Walusimbi 2001: 10; Criper & Ladefoged 1971: 154).

Neben dem Radio fungiert auch der Fernseher generell als typisches Verbreitungsmedium von Nachrichten, den sich aber viele Menschen in Uganda nicht leisten können. Statt einem sprachenvielfältigen Programm wie im Radio, müssen sich die Menschen mit einem dreisprachigen Fernsehprogramm zufrieden geben, wobei Luganda eine der im Fernsehen verwendeten Sprachen ist. Englisch und Swahili stellen die beiden anderen Sprachen dar, in denen gesendet wird (Criper & Ladefoged 1971: 154).

Luganda verfügt im Gegensatz zu anderen Landessprachen über eine Reihe eigener Zeitungen, die sowohl wöchentlich als auch täglich erscheinen und erst Ende des 20. Jahrhunderts auf dem Markt gekommen sind. Dazu zählen die Bukedde, Bukedde ku Ssande, Kamunye, Ggwanga und Eddoboozi. Bukedde ist die Schwesternzeitung von New Vision, der führenden englischsprachigen Tageszeitung Ugandas, die im März 1986 zum ersten Mal erschien.[22] Sie ist die einzige in Luganda verfasste Zeitung, die täglich erscheint. Bukedde ku Ssande hingegen erscheint, wie der Name schon verrät, nur jeden Sonntag und auch Kamunye, Ggwanga und Eddoboozi erscheinen nur einmal wöchentlich. Neben der lugandasprachigen Zeitung Bukedde veröffentlicht New Vision noch die Regionalzeitungen, Etop, Rupiny und Orumuri, die neben den bereits erwähnten lugandasprachigen Zeitungen bisher die einzigen landessprachigen Zeitungen darstellen. Die Regionalzeitungen sind im Gegensatz zur Bukedde Wochenzeitungen. Alle landessprachigen Zeitungen bis auf Kamunye sind auch online einsehbar.[23] Anfang des 20. Jahrhunderts erschien auch einst die lugandasprachige Tageszeitung Munno, die zuletzt jedoch im Jahr 1996 gedruckt wurde (Nelson 1968: 29). Außerdem existierte noch zwischen den Jahren 1961 und 1989 die swahilisprachige Wochenzeitung Taifa Empya (Nelson 1968: 29f). Gegenwärtig gibt es aber keine swahilisprachige Zeitung in Uganda.

Im heutigen Internetzeitalter spielt trotz der bestehenden digitalen Gräben, vor allem zwischen ländlichen und städtischen Gebieten, die internetbasierte Kommunikation und Informationsverbreitung auch in Afrika eine zunehmend wichtige Rolle. Einige Organisationen haben bereits die Initiative ergriffen, das Internet als Mittel zur Förderung der lokalen Sprachen zu nutzen. So bietet die weltweit meist genutzte Suchmaschine Google etwa die Möglichkeit an, die Benutzeroberfläche auf eine afrikanische Sprache umzustellen. In nahezu 30 afrikanischen Sprachen wurde die Benutzeroberfläche bisher übersetzt. Uganda ist hier mit fünf Sprachen, darunter auch Luganda, vertreten und hat mit Südafrika,[24] das ebenfalls mit fünf Sprachen vertreten ist, mit Abstand die meisten in der Suchmaschine bereitgestellten Sprachen von Afrika. Nigeria folgt dicht mit seinen drei Hauptsprachen, Hausa, Igbo und Yoruba.[25] Des Weiteren hat der zweithäufigste genutzte Browseranbieter Mozilla seine Programme in insgesamt zehn afrikanischen Sprachen, darunter auch Luganda, übersetzt (Osborn 2010: 34f).

2.2 Einführung in die Rechtsgeschichte Ugandas

Vor der Ankunft der Europäer

In Uganda existierten vor der Ankunft der Europäer und der Errichtung des britischen Protektorats mehrere Königreiche[26] gleichzeitig, die im Gebiet der bantusprachigen Bevölkerung angesiedelt waren (Morris & Read 1966: 3). Diese hatten vergleichsweise überaus gut entwickelte und funktionierende Regierungen (Morris & Read 1966: 4). Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war das Königreich der Banyoro die einflussreichste und stärkste Regierung des Landes, die im gesamten südlichen Gebiet des Landes ihre Macht ausübte (ebd.). Doch unter der Herrschaft des damaligen herrschenden und einflussreichen Kabaka[27] übernahm das Königreich der Baganda schnell die Oberhand der Herrschaft über das Gebiet (ebd.). Zur besseren Ausübung von Macht und Kontrolle im gesamten Herrschaftsgebiet, wurde das Gebiet des Königreichs in zehn ssazas[28] geteilt, die von dem Kabaka ernannten Chefs verwaltet wurden (Morris & Read 1966: 5). In allen Verwaltungsbezirken wurden unterste Gerichte[29] erbaut, in welchem die Gesetze des Königreichs Buganda Anwendung fanden (ebd.). Im Machtzentrum des Königreichs, in der heutigen Hauptstadt Kampala,[30] befand sich der Lukiiko,[31] das bis heute noch immer seinen Sitz dort hat. Der Lukiiko fungierte damals nicht nur als gesetzgebende Gewalt, sondern auch als Gericht, in dem der damals herrschende Kabaka über Fälle entschied, die bereits die Instanzen der untersten Gerichte in den Verwaltungsbezirken durchlaufen hatten (ebd.). Dort wurden auch die Gesetze, die in den untersten Gerichten angewendet wurden, erlassen. Sowohl die Gerichtsverfahren in den Gerichten des Kabaka und im Lukiiko als auch die parlamentarischen Angelegenheiten wurden in Luganda geführt (Morris & Read 1966: 130). Auch die vom Lukiiko erlassenen Gesetze waren in Luganda verfasst.[32]

Bis zur Errichtung des britischen Protektorats und der Einführung des britischen Rechtssystems bestand im Königreich Buganda nach der obigen Darlegung bereits ein eigenes Rechtssystem mit eigenem Gerichtsaufbau und Gesetzen. Da Luganda sowohl in den Gerichten[33] als auch zur Abfassung der Buganda-Gesetze verwendet wurde, ist zu schlussfolgern, dass die Sprache einen Wortschatz von Rechtstermini aufweisen konnte.

Errichtung des britischen Protektorats und Einführung des Common Law

Der erste Kontakt mit Europa fand im Jahr 1862 statt, als der britische Offizier und Forscher John Speke auf der Suche nach der Quelle des Nils die heutige Hauptstadt Kampala erreichte (Morris & Read 1966: 6). Der weitere Kontakt geschah mit den Missionaren, die im Jahr 1877 nach Uganda kamen und in allen Landesteilen aktiv wurden (Walusimbi 2001: 9).[34] Im Jahr 1894 wurde Uganda unter britisches Protektorat gestellt (Brown & Allen 1968: 37; Morris & Read 1966: 12). Mit der Errichtung des Protektorats wurde auch ein Konsulargericht erbaut, das das Common Law, das in England, Wales und Nordirland herrschende Recht, anwendete (Morris & Read 1966: 13). Dem Konsulargericht wurde das Recht eingeräumt Gerichtsbarkeit über die eigenen Staatsangehörigen und die Schutzgenossen sowohl in Strafrechts- als auch Zivilrechtsfälle auszuüben (ebd.). Eine im Jahr 1900 erfolgte Vereinbarung zwischen dem britischen Protektorat und dem Königreich Buganda legte fest, dass das Common Law auch gleichermaßen auf die Baganda anzuwenden war (Morris & Read 1966: 15). Dem König der Baganda wurde in der Vereinbarung die Gerichtsbarkeit aller Baganda zugesprochen (ebd.). Zudem durfte er seine Herrschaft auch nur über die Baganda ausüben (ebd.).

Im Jahr 1902 wurde der oberste Gerichtshof errichtet, dem die Zuständigkeit sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht in allen Rechtsfällen eingeräumt wurde. Die Gerichtsverfahren im Konsulargericht und im obersten Gerichtshof wurden in Englisch durchgeführt. Neben dem obersten Gerichtshof wurden auch mehrere unterste Gerichte mit spezieller Zuständigkeit errichtet, die etwa für Strafrechtsfälle zuständig waren (Morris & Read 1966: 39). Auch in diesen Gerichten wurde Englisch verwendet (ebd.). Parallel zu den vom britischen Protektorat errichteten Gerichten, existierten weiterhin die Gerichte des Kabaka. Dort wurden auch weiterhin die Gesetze von Buganda bzw. die Native Laws in der Sprache der Baganda angewendet (Morris & Read 1966: 254).

Im Laufe der Jahre wurden weitere Gerichte des Königreichs Buganda in den anderen zehn hinzugekommenen Verwaltungsbezirken errichtet.[35] In sachlicher Hinsicht wurde die Zuständigkeit der Gerichte des Kabaka eingeschränkt (Morris & Read 1966: 40). Die schwerwiegendsten Verbrechen wie Tod und Mordschlag wurden nur noch im obersten Gerichtshof verhandelt (ebd.). Die Zuständigkeit der Gerichte des Königreichs Buganda erstreckte sich jedoch in personeller Hinsicht. Die Gerichte des Kabaka waren nun auch für Menschen anderer Sprachgemeinschaften zuständig (Morris & Read 1966: 41). Des Weiteren verlor der Lukiiko die Funktion als Gericht. Es bestand aber weiterhin als Parlament fort (ebd: 44).

Mit der Unabhängigkeit Ugandas im Jahr 1962 behielt das Königreich der Baganda die Vormachtstellung und Autonomie in Uganda (Morris & Read 1966: 80). Doch Milton Obote, der sich selbst zum ersten Präsidenten Ugandas erklärte, wollte seine Macht nicht mit der des Königreichs der Baganda teilen. Mit der von ihm eingeführten Verfassung wurde eine einheitliche Republik gegründet. Dies bedeutete, dass die Königreiche abgeschafft wurden (ebd: 81). Zudem wurde auch der Lukiiko aufgelöst (ebd.).

Im Jahr 1993 wurden die Königreiche von dem damaligen und noch amtierenden Präsidenten Museveni wieder eingeführt, allerdings ausschließlich unter kulturellen und zeremonielllen Aspekten. Auch die Tätigkeit im Lukiiko wurde wieder fortgesetzt. Was der Gerichtsaufbau in Uganda anbetrifft, so bestehen die vom britischen Protektorat errichteten Gerichte fort. In den Gerichten werden die Gerichtsverhandlungen weiterhin in Englisch geführt[36] und die Gesetze werden wie zuvor in Englisch erlassen. Im Lukiiko, im Parlament der Baganda, werden Gesetze in Luganda verabschiedet. Auch die Sitzungen finden in der Sprache der Baganda statt.

2.3 Entwicklung der Rechtspublikationen in Luganda

Der ugandische Rechtswissenschaftler Daniel Nsereko schreibt in dem Vorwort seines Rechtswörterbuchs, dass ein umfangreiches Gesetzeswerk über die Jahre hinweg in Uganda errichtet worden war, das überwiegend jedoch nur in Englisch verfasst war (Nsereko 1993: i). Das Gesetzeswerk beinhaltete Gesetze, die vom Parlament erlassen worden waren, Entscheidungen des obersten Gerichtshofes und zuletzt noch die Gebräuche der einzelnen Ethnien Ugandas (ebd.). Mit der Ausnahme der Gebräuche der Ethnien, die so gut wie nicht niedergeschrieben worden und schon deshalb teilweise in Vergessenheit verschwunden waren, war das Gesetzeswerk in Englisch verfasst (ebd.). Da es vor dem Erscheinen des Rechtswörterbuchs sowohl keine Übersetzungen der Gesetze als auch keine Schriften, die das Gesetz in einer lokalen Sprache erklären, gegeben hatten, waren es vielen Menschen gar nicht möglich, sich über die Rechte und Vorschriften zu informieren (ebd.).[37] Nsereko weist daraufhin, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens seines Rechtswörterbuchs[38], alle parlamentarischen und juristischen Abläufe sowie amtliche Angelegenheiten auch nur in Englisch abgewickelt wurden (ebd.). Nach der Verfassung von Uganda jedoch können parlamentarische und juristische Angelegenheiten aber auch in einer anderen Sprache geführt werden.[39]

Ein Rückblick in die Rechtsgeschichte Ugandas enthüllt, dass vor der Auflösung der Regierung des Königreichs Buganda im Jahr 1966 jedoch zahlreiche Rechtsverordnungen, Entscheidungen, Statuen und Gesetze in Luganda verfasst bzw. übersetzt worden waren (Nsereko 1993: i). Der ehemalige Rechtsberater des Königreichs Buganda Edwin Haydon schreibt, dass bestimmte Gesetzgebungen schon Anfang des 20. Jahrhunderts sowohl in Englisch als auch in Luganda publiziert worden waren (Haydon 1962: 179). Er betont, dass in der Kolonialzeit auch in anderen afrikanischen Staaten südlich der Sahara Rechtstexte in einer lokalen Sprache zur Orientierung in den afrikanischen Gerichten publiziert worden waren (Haydon 1962: 179). In keinem dieser afrikanischen Staaten waren aber die Rechtspublikationen in einer lokalen Sprache so umfangreich wie in Uganda gewesen (Nsereko 1993: ii). Seit Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur Auflösung der Regierung des Königreichs Buganda waren zahlreiche Rechtsverordnungen und Gesetze in Luganda publiziert worden, die im Laufe der Zeit auch in die englische Sprache übersetzt wurden. Aus dem Jahr 1904 sind die ersten Gesetze, die so genannten Native Laws, bekannt, die in Luganda verfasst wurden (Haydon 1962: 180). Im Jahr 1957 wurden die Native Laws überarbeitet und noch im selben Jahr zweisprachig herausgebracht (ebd.).[40] Weitere in Luganda verfasste Gesetzestexte waren die Entscheidungen des Gerichts zum Gewohnheitsrecht der Baganda, die zugunsten der Berufungsgerichten[41] und Rechtsanwälte, die kein Luganda verstanden, ebenfalls übersetzt wurden (Haydon 1962: 181). Die ersten beiden übersetzten Bände der Entscheidungen erschienen im Jahr 1958, während der dritte Band ein Jahr später publiziert wurde (ebd.). Alle Gesetzesbände wurden so gedruckt, dass die englische Übersetzung der Entscheidungen sich wie in den Native Laws auf der einen Seite und der Originaltext in Luganda auf der gegenüberliegenden Seite befand (ebd.).

Neben den zahlreichen Gesetzestexten in Luganda, die in Englisch übersetzt wurden, gab es auch eine Reihe von Gesetzestexten in der englischen Sprache, die eine Übersetzung in Luganda bedurft hatten. Hierzu zählten etwa die vom obersten Gerichtshof[42] erlassenen Gesetze, die in den untersten Gerichten des Königreichs Buganda angewendet werden sollten und daher übersetzt wurden (Haydon 1962: 182). Die Übersetzung einzelner Gesetzestexte stellte jedoch aufgrund des spezifischen Fachvokabulars eine große Herausforderung für die Übersetzer dar (Haydon 1962: 183). Sie hatten Schwierigkeiten, das passende Fachvokabular in Luganda zu finden, weshalb sie auch von Fachexperten des jeweiligen Fachbereiches unterstützt wurden (ebd.). Bei der Übersetzung des Fachvokabulars stellte sich heraus, dass bestimmte fachtechnische Begriffe aus dem Englischen in der Praxis gar nicht übersetzt wurden, sondern so verwendet wurden (ebd.). In diesen Fällen versuchten die Übersetzer zugunsten der Laien und Gerichten, die mit dem Fachvokabular nicht vertraut waren, die Bedeutung des englischen Fachbegriffs in Luganda zu übertragen (ebd.). Zusätzlich setzten die Übersetzer neben dem Luganda-Begriff noch den englischen Fachbegriff in Klammern (ebd.).

Die zahlreichen Rechtspublikationen in Luganda und Englisch trugen zur immensen Verbesserung der Arbeit in den Gerichten des Kabaka bei (Haydon 1962: 185). Nicht nur die Gerichte, sondern auch die Prozessparteien griffen auf die übersetzten Gesetzestexte zurück (ebd.). Auch haben die monatlich in Luganda stattfindenen Vorlesungen, an denen etwa Anwälte und Richter teilnahmen, die Arbeit in den Gerichten verbessert (ebd.).[43] In den Vorlesungen wurden nicht nur ausführlich das englische Recht sowie das Rechtsverfahren durchgenommen, sondern es wurden auch englische Rechtsbegriffe, die bisher unbekannt waren, erklärt (1962: 184).

Zudem ist in diesem Zusammenhang auch die Rolle der Regierung des Königreichs Buganda zu nennen, die die Rechtspublikationen in Luganda nicht nur finanziell unterstützt hatte, sondern die Übersetzung der zahlreichen Gesetze, Verordnungen und Entscheidungen in Luganda veranlasst hatte (Haydon 1962: 185). Zudem bestand ein großes Interesse an den Rechtspublikationen in Luganda,[44] die wiederum die Übersetzung von weiteren Gesetzestexten in Luganda motivierte (Haydon 1962: 185).

Gegenwärtig, etwa 17 Jahre nach dem Erscheinen des Rechtswörterbuchs, ist die Situation eine ähnliche wie sie anfangs dargelegt wurde. Die vom Gerichtshof erlassenen Gesetze sind alle in Englisch verfasst. Lediglich die vom Lukiiko, der gesetzgebenden Gewalt des Königreichs Buganda, verabschiedeten Gesetze, die nur Angelegenheiten des Königreichs Buganda betreffen, sind in Luganda verfasst.[45] Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch das Rechtswörterbuch von Daniel Nsereko, welches eine Reihe von Rechtstermini in Luganda auflistet und die Übersetzung der Statuen und anderer Rechtstexte ermöglichen soll. Das Handbuch der Menschenrechtsorganisation Foundation for Human Rights Initiative (FHRI), welches im letzten Jahr erschien, erklärt die Menschenrechte in Luganda und ermöglicht den Menschen, die der englischen Sprache nicht mächtig sind, die Gesetze zu verstehen.[46] Beide Publikationen, sowohl das Rechtswörterbuch als auch das Handbuch zur Menschenrechtsbildung können als Ergebnis der von dem OAU (Organisation of African Unity) Bureau of Languages gesetzten Ziele „to sponsor and encourage the writing of indigenous African languages for educational, commerical and communication purposes on a national, regional and continental level, and to sponsor and enourage the writing of books by African, especially in indigenous languages”, betrachtet werden (Nsereko 1993: v).

2.4 Strafrechtssprache- eine Fachsprache?

Zunächst ist einmal herauszufinden, ob die im Strafrechtswesen verwendete Sprache eine Fachsprache ist. Dem geht aber eine nähere Definition sowie Abgrenzung der Begriffe Fachsprache und Gemeinsprache voraus.

Gegenstand der Sprachwissenschaft war lange Zeit hindurch fast ausschließlich die Gemeinsprache.[47] Mittlerweile wird sich auch intensiv mit der Fachsprachenforschung auseinandergesetzt. In der Literatur finden sich unterschiedliche Meinungen, was die Definition des Begriffs „Fachsprache“ anbetrifft. Zum einen findet sich die Behauptung, dass es keine einheitliche Definition gibt: „Der Terminus Fachsprache ist, so einfach gebildet und so verständlich er zu sein scheint, bis heute nicht gültig definiert“ (Fluck 1996: 161). Diese Behauptung resultiert aus der Tatsache, dass Fachsprache als Gegensatz zur Gemeinsprache betrachtet wird und dieser selber nicht hinreichend definiert sei (vgl. Fluck 1996: 161). Zum anderen gehen mehrere Varianten für Definitionen aus der Literatur hervor. Eine der in der Literatur anzufindenden Definition ist die von Bußmann. Fachsprache ist nach ihrer Auffassung eine „sprachliche Varietät mit der Funktion einer präzisen, effektiven Kommunikation über meist berufsspezifische Sachbereiche und Tätigkeitsfelder“ (Bußmann 2002: 211). Arntz und Picht definiert die Gemeinsprache als „im ganzen Sprachgebiet gültig, allen Angehörigen der Sprachgemeinschaft verständlich, zum allgemeinen – nicht fachgebundenen – Gedankenaustausch“ (1991: 16). In der Literatur wird die Fachsprache als “Subsprache“ der Gemeinsprache erklärt. Nach Arntz und Picht sind Fachsprache und Gemeinsprache nicht völlig voneinander getrennt, sondern überlappen sich (1991: 18). Die Fachsprache zeichnet sich durch eine spezifische Auswahl an sprachlichen Mitteln (Wörter, Grammatik) aus der Gemeinsprache aus, die der Fachsprache außerdem als so genanntes Reservoir zur Bildung neuer Termini zur Verfügung steht (vgl. Engberg 1997: 5; Arntz und Picht 1991: 18).

Das offenkundigste Merkmal einer Fachsprache ist ihr spezieller Wortschatz, der in der Sprachwissenschaft als „Terminologie“ bezeichnet wird. Ein Wort gehört dann zum Wortschatz einer Fachsprache, wenn dieses die einem Terminus zugeschriebenen Eigenschaften wie: festgelegte Terminologie, Eindeutigkeit, Systematik, Präzision, Ausdrucksökonomie, stilistische Neutralität u.ä. aufweist (vgl. Fraas 1998: 429; Busse 1998: 1383). Jene Eigenschaften werden auch für die Beschreibung der Rechtssprache übernommen. Sie kann daher durchaus als Fachsprache eingeordnet werden. Zudem wird aber für die Rechtssprache noch das Merkmal der Allgemeinverständlichkeit angeführt, das in scharfem Kontrast zu den anderen genannten linguistischen Merkmalen von Fachtermini steht (vgl. Busse 1998: 1383). Nach Steger ist die Rechtssprache darüber hinaus durch die Eigenschaften wie „Würde“, „Effizienz“, „Sprachrichtigkeit“, „Klarheit“, „Kürze“, „Rücksichtnahme auf den üblichen Sprachgebrauch“ und „Sprachverständlichkeit für alle“ gekennzeichnet (1988: 126). Hier wird deutlich, dass die Rechtssprache im Gegensatz zu anderen Fachsprachen in einem anderen Verhältnis fachsprachlichen und gemeinsprachlichen Wortschatz miteinander vereint. Die Rechtssprache zeichnet sich aus durch ihre individuelle Semantik. Daum hebt hervor, dass die Rechtssprache die wenigsten Fremdwortfachworte aller Wissenschaften benutze (1981: 86).[48] Er fügt hinzu, dass die Rechtssprache vielfach gemeinsprachliche Ausdrücke als Fachtermini gebrauche, die im Vergleich zu der gemeinsprachlichen Bedeutung des Ausdrucks häufig eingeschränkt oder abweichend definiert und klar umrissen sei (1981: 86). Ferner ist noch der Aspekt der Syntax aufzuführen, der die Rechtssprache von der Gemeinsprache abgrenzt. Im Gegensatz zur Gemeinsprache zeichnet sich die Syntax der Rechtssprache durch ihre Kompliziertheit aus (vgl. Busse 1998: 1383). Die Rechtssprache wird in diesem Zusammenhang auch als Fachsprache qualifiziert.

Die Terminologie der Rechtssprache wird durch die Schaffung eigensprachlicher Neubildungen, durch die Neudefinition gemeinsprachlicher Ausdrücke oder durch die Entlehnung von Wörtern aus anderen Sprachen erweitert. Darüber, wer für die Normung von Terminologien im Bereich des Rechtswesens in Uganda zuständig ist, geht nicht aus den Arbeiten hervor. Im Aufsatz des ehemaligen Rechtsberaters des Königreichs Buganda Edwin Haydon wird aber deutlich, dass es Mitte des 20. Jahrhunderts eine gewisse Richtlinie für die Erstellung neuer Termini gegeben hat (vgl. Haydon 1962: 184). Sofern der Rechtsterminus in der Buganda Vereinbarung von 1955[49] verwendet wurde, wurde nicht etwa ein anderer Terminus gebildet, sondern der in der Vereinbarung vorhandene Rechtsbegriff sollte nach der Richtlinie in den Gerichten verwendet werden (1962: 184).

2.5 Untersuchungskorpus

Für die linguistische Analyse der Strafrechtsterminologie des Luganda wurden die folgenden drei Quellen ausgewählt: das von dem Rechtswissenschaftler Daniel Nsereko geschriebene English-Luganda Law Dictionary, das von der Menschenrechtsorganisation Foundation for Human Rights Initiative (FHRI) herausgegebene Handbuch zur Menschenrechtsbildung Ekitabo Ekiyamba Okumanya Amateeka[50] und die Wortliste rechtstechnischer Termini aus dem Aufsatz Legal Publications in an African Vernacular von Edwin Haydon, dem ehemaligen Rechtsberater im Königreich Buganda. Im Folgenden werden die Quellen einzeln vorgestellt.

2.5.1 English-Luganda Law Dictionary

Das English-Luganda Law Dictionary ist ein kompaktes und bündiges Rechtswörterbuch mit etwa 5000 Luganda-Rechtstermini aus dem Justiz-, Betriebswirtschafts- und Bankwesen, die nach ihren englischen Übersetzungs-äquivalenten nachzuschlagen sind. Neben der alphabetischen Auflistung rechts-spezifischer Termini ist im Rechtswörterbuch auch eine Zusammenstellung der wesentlichen in Uganda geltenden Gesetze beinhaltet, die ebenso nach den englischen Termini nachzuschlagen sind. Das Rechtswörterbuch wurde im Jahr 1993 publiziert. Geschrieben wurde es von dem aus Uganda stammenden Rechtswissenschaftler Daniel Nsereko, der sowohl als Professor als auch als Rechtsanwalt in Uganda und in Botswana tätig gewesen ist und im Jahr 2007 als Richter am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag berufen wurde.[51] Dort in der Berufungsabteilung des Internationalen Strafgerichtshofs arbeitet er bis heute. Daniel Nsereko hat bereits mehrere Aufsätze und Bücher zum Strafrecht und Strafrechtsverfahren, Völkerrecht und zu Menschenrechte veröffentlicht. Er ist Muttersprachler des Luganda. Das Rechtswörterbuch und eine im Jahr 1995 veröffentlichte Abhandlung über die Rechte der Menschen in Uganda, Eddembe Lyaffe[52], stellen jedoch die einzigen Publikationen dar, die in Luganda geschrieben wurden.

[...]


[1] „Mord, der beabsichtigt eine Gruppe von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder Hautfarbe zu zerstören“ (Übersetzung der Verfasserin).

[2] „Mörder, der beauftragt wird, eine bekannte Person hinsichtlich politischer Angelegenheiten zu töten.“ (Übersetzung der Verfasserin).

[3] „Das Buch, das hilft die Gesetze zu verstehen bzw. kennen zu lernen“ (Übersetzung der Verfasserin).

[4] Dies geschah in Fällen, in denen der Strafrechtsterminus in den Wörterbüchern mit einem anderen Begriff vertreten ist. Bei diesem Begriff wurde dann geklärt, ob dieser rechtsspezifischer Natur ist.

[5] Ethnologue, Uganda: http://www.ethnologue.com/show_country.asp?name=UG [25.5.2011].

[6] Einer Zählung aus dem Jahr 1972 zufolge hatte das Soo 5,000 Sprecher (http://www.ethnologue. com/show_language.asp?code=teu [27.5.2011]).

[7] Ethnologue, Uganda: http://www.ethnologue.com/show_country.asp?name=UG [25.5.2011].

[8] Ethnologue, Uganda: http://www.ethnologue.com/show_country.asp?name=UG [25.5.2011].

[9] Ethnologue, Runyankore: http://www.ethnologue.com/show_language.asp?code=nyn [25.5. 2011].

[10] Laut den Angaben aus dem Ethnologue besteht zwischen Rutooro und Runyoro eine lexikalische Ähnlichkeit von bis 93 Prozent ( http://www.ethnologue.com/show_language.asp?code=nyo).

[11] Ethnologue, Ruuli: http://www.ethnologue.com/show_language.asp?code=ruc [25.5.2011].

[12] Ethnologue, Lusoga: http://www.ethnologue.com/show_language.asp?code=xog [25.5.2011].

[13] Hindi hat einer Zählung zufolge aus dem Jahr 1994 etwa 2,200 Sprecher in Uganda gehabt. Die Sprecherzahl dürfte sich gegenwärtig erhöht haben. Ethnologue, Uganda, Hindi: http://www.ethnologue. com/show_language.asp?code=hin [30.5.2011].

[14] Gujarati wurde im Jahr 1986 von 147,000 Menschen in Uganda gesprochen. Mittlerweile dürfte sich aber die Sprecherzahl erhöht haben. Ethnologue, Uganda, Gujarati: http://www.ethnologue.com /show_language.asp?code=guj [30.5.2011].

[15] In der Verfassung von 1995 wird unter „Rights to culture and similar rights“ bestimmt, dass zu kulturellen Zwecken die Sprachwahl frei ist. Constitution 1995:31, Art. 39.

[16] Basekabaka bezeichnet die früheren Könige von Buganda.

[17] Ekitabo Ekitukuvu heißt wörtlich übersetzt „das heilige Buch“.

[18] Der Begriff area languages ist ein nicht einstimmig akzeptierter Ausdruck und wird beispielsweise von Mukama (1991) kritisiert, der der Meinung ist, dass diese Sprachen in Uganda überhaupt nicht existieren.

[19] White Paper on the Education Policy, Review Commission Report entitled „Education for National Integration“ 1992.

[20] In Uganda betrug die Analphabetenrate im Jahr 2000 noch 35 Prozent. Mittlerweile ist ein Rückgang von etwa 5 Prozent zu verzeichnen. Dieser ist besonders den Alphabetisierungskurse zu verdanken, die im gesamten Land Ugandas eingeführt wurden (UNESCO: 2000).

[21] Die siebzehn anderen lokale Sprachen sind Alur, Adhola, Lugwere, Kakwa, Karamjojang, Lukonzo, Kumam, Lango, Teso, Runyoro, Lusoga, Runyankore, Lugbara, Talinga-Bwisi, Kupsabiny, Madi, Masaaba und Lunyole (Criper & Ladefoged 1971: 154).

[22] New Vision, Company Profile: http://www.newvision.co.ug/V/ [27.5.2011].

[23] Etop: http://www.etop.co.ug/, Rupiny: http://www.rupiny.co.ug/, Orumuri: http://www.orumuri.co.ug/, Bukedde ku Ssande:http://www.bukeddekussande.co.ug/, Bukedde: http://www.bukedde.co.ug/, Ggwanga: http://www.ggwanga.co.ug/, Eddoboozi: http://www.eddoboozi.co.ug/.

[24] http://www.google.co.za/.

[25] http://www.google.co.ng/.

[26] Neben dem Königreich Buganda gab es außerdem die Königreiche der Banyoro, Ankole und Tooro (Morris & Read 1966: 3).

[27] Der Begriff „Kabaka“ bezeichnet den König der Baganda, der größten in Uganda lebenden ethnischen Volksgruppe.

[28] Ssaza wird im Allgemeinen mit dem Begriff „Verwaltungsbezirk“ übersetzt (Morris & Read 1966: 5).

[29] Die Gerichte im Königreich Buganda wurden auch als Gerichte des Kabaka bezeichnet (Morris & Read 1966: 12).

[30] Kampala wurde erst im Jahr 1962 zur Hauptstadt Ugandas erklärt. Entebbe war bis zu dem Jahr die nationale Hauptstadt gewesen.

[31] Der Lukiiko, auch als Great Lukiiko bekannt, ist das Parlament der Baganda.

[32] Siehe hierzu Abschnitt 2.3.

[33] Hier wird auch der Lukiiko eingeschlossen.

[34] Die Bemühungen der Missionare, das Christenum im gesamten Land zu verbreiten, fielen auf sehr fruchtbaren Boden. Der Islam hingegen konnte vergleichsweise wenig Fuß fassen (Morris & Read 1966: 6).

[35] In der Vereinbarung von 1900 wurden die ursprünglichen zehn Verwaltungsbezirke (oder Ssazas) auf zwanzig Bezirke erhöht (Morris & Read 1966: 15).

[36] Gerichtsverhandlungen können auch in einer lokalen Sprache geführt werden. Constitution of the Republic of Uganda, 1995, Chapter 2, Art. 6 (2).

[37] Nsereko erwähnt, dass weniger als 10 Prozent der Gesamtbevölkerung Ugandas der englischen Sprache mächtig gewesen waren (1993: i). Laut den Angaben von Voegelin und Voegelin aus dem Jahr 1977 wurde Englisch von knapp einer Millionen Menschen als Zweitsprache gesprochen: Ethnologue, Uganda, Englisch: http://www.ethnologue.com/show_language.asp?code=eng [30.5.2011]. Mittlerweile dürfte sich auch diese Sprecherzahl erhöht haben.

[38] Das vom ugandischen Rechtswissenschaftler Daniel Nsereko verfasste Rechtswörterbuch wurde im Jahr 1993 veröffentlicht.

[39] siehe dazu Fußnote 35.

[40] Auf der rechten Seite der Ausgabe befand sich der Originaltext in Luganda, während auf der linken Seite die englische Übersetzung der Native Laws gedruckt wurde (Haydon 1962: 180).

[41] Uganda, Kenia und Tansania hatten bis 1970 ein gemeinsames Berufungsgericht (Tibatemwa-Ekirikubinza 2005: viii). Dies bedeutete, dass alle in diesem Gericht stattfindenden Verhandlungen in der englischen Sprache durchgeführt wurden.

[42] Die Sprache im obersten Gerichtshof, welches vom britischen Protektorat in Uganda im Jahr 1902 errichtet worden war, war und ist bis heute Englisch. Demnach sind auch alle vom obersten Gerichtshof erlassenen Gesetze in Englisch verfasst (vgl. Morris & Read 1966: 20).

[43] Die Idee der Einführung der Vorlesungen zum Recht und Rechtsverfahren von England, die vom ehemaligen Rechtsberater des Königreichs Buganda gehalten wurden, geht auf den früheren Justizminister Owekitiibwa A.M. Gitta zurück (Haydon 1962: 184).

[44] Einige der Rechtspublikationen wurden innerhalb weniger Monate verkauft (Haydon 1962: 185). Mehr als einmal sogar wurden Rechtsbücher, die ein Wert von mehr als 100 Pfund hatten, innerhalb einer Stunde verkauft (ebd.).

[45] Bareebe & Naturinda 2011, http://allafrica.com/stories/201101101140.html [30.5.2011].

[46] Das Handbuch der Menschrenrechtsorganisation FHRI wird in Abschnitt 2.5.2 vorgestellt.

[47] Der Begriff „Gemeinsprache“ wird auch mit den Begriffen Mutter-, National-, Landes-, Umgangs- und Allgemeinsprache gleichgesetzt (vgl. Hoffmann 1987: 48).

[48] Dies lässt sich ebenso in der Strafrechtsterminologie des Luganda feststellen.

[49] Die Buganda Vereinbarung von 1955 wird zusammen mit den Buganda Vereinbarungen von 1894 bis 1955 angeführt. (The Buganda Agreement, 1955, Art 1 (1)).

[50] Die wortwörtliche Übersetzung von Ekitabo Ekiyamba Okumanya Amateeka liegt in Fußnote 3 vor.

[51] International Criminal Court, Daniel Nsereko: http://www.icc-cpi.int/Menus/ICC/Structure+of+the+ Court/Chambers/The+Judges/The+Judges/Judge+Daniel+David+Ntanda+Nsereko/Judge+Daniel+David+Ntanda+Nsereko.htm [11.1.2011].

[52] Eddembe Lyaffe heißt wörtlich übersetzt „unsere Rechte“.

Ende der Leseprobe aus 119 Seiten

Details

Titel
Strafrechtsterminologie des Luganda - eine linguistische Analyse
Hochschule
Universität Hamburg
Veranstaltung
Afrikanstik
Note
3,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
119
Katalognummer
V231416
ISBN (eBook)
9783656469810
ISBN (Buch)
9783656470670
Dateigröße
963 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
strafrechtsterminologie, luganda, analyse
Arbeit zitieren
Sandra Baensch (Autor:in), 2011, Strafrechtsterminologie des Luganda - eine linguistische Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231416

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Titel: Strafrechtsterminologie des Luganda - eine linguistische Analyse



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