Genderrevolution. Frauen als Verliererinnen des ägyptischen Umbruchs


Hausarbeit, 2013

23 Seiten, Note: 6,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historische Einordnung

3. Tahir - Platz, der kollektive Ruf nach Freiheit
a. Wünsche und Hoffnungen der Frauen
b. Sexuelle Gewalt an Frauen
c. Jungfrauentests – Gewalt durchs Militär

4. Verletzung der physischen, psychischen, sexuellen Integrität
a. Vergewaltigungen postrevolutionär
b. Fehlender polizeilicher Schutz

5. Religion und Gender
a. Religiöse Legitimierung tradierter Geschlechterrolle
b. Feministinnen mit Kopftuch – doppelte Identität

6. Social Media als Plattformen für Aufmerksamkeit

7. Perspektiven
a. Verschiedene Kräfte und Bewegungen in Ägypten
b. Anwendungshorizont der Resolution 1325, 1820 und „Say no“ - Campagne von UNIFEM
c. Selbstverteidigungskurse für Frauen

8. Fazit
a. Vergleich zur Diktatur – Bewertung und Abwägung
b. Genderrevolution
c. Massnahmen der UN

Literaturverzeichnis

Eidesstaatliche Erklärung

1. Einleitung

Der arabische Frühling im Jahre 2011, welcher so hoffnungsvoll mit „Frühling“ bezeichnet wird, veränderte auch Ägypten. Die Bilder der protestierenden Menschen auf dem Tahir-Platz in Kairo gingen um die Welt und die Menschen bejubelten den Rücktritt des Staatspräsidenten Hosni Mubarak am 11. 2. 2011 [1]. An der Revolution waren im Wesentlichen auch die Frauen beteiligt[2], welche sich nicht nur von einem politischen System befreien wollten, sondern auch Gleichberechtigung ersehnten.

Jedoch scheint die Situation für die Frauen heute schlimmer als je zuvor[3]. Daher stellt sich die Frage: Sind die Frauen die Verliererinnen des ägyptischen Umbruchs? Vielleicht bedarf es nach der politischen Revolution einer „Genderrevolution“. Doch wie könnte diese aussehen?

Diesen Fragen will diese Arbeit nachgehen. Dazu soll zunächst kurz die Situation der Frauen vor der Revolution beleuchtet werden. Um einen Vergleich herzustellen zu können, werden mögliche Aspekte der Gewalt an Frauen während der Revolution und nach der Revolution in Augenschein genommen. Zum Schluss stellt sich die Frage nach Gründen für die Gewalt und Massnahmen, die zur Verbesserung der Situation der Frauen, getroffen werden können.

2. Historische Einordnung

In der ägyptischen Geschichte ist der Kampf der Frauen um ihre Rechte nichts Neues. In vergangenen Jahrzehnten liessen sich hier auch Erfolge verzeichnen[4]. So schrieben sich beispielsweise 1929 die ersten Frauen an einer ägyptischen Universität für ein Studium ein[5]. Man erreichte 1965 das aktive Wahlrecht für Frauen und zuvor, im Jahr 1962, zog bereits die erste Frau ins Parlament ein. Vor der Revolution waren 64 der Parlamentarier Frauen, nachher nur noch sechs.[6]

Viele ägyptische Frauen sind gebildet, obwohl die Analphabetenrate 64% der Frauen beträgt[7]. Ausserdem sind 25-30% der Frauen berufstätig[8], nehmen also aktiv an der Gesellschaft teil. In all diesen Beispielen zeigen sich die bereits fortschrittliche Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in Ägypten.

Trotz Verbot der Beschneidung der Frauen im Jahre 2008 sind immer noch über 90% der ägyptischen Frauen beschnitten[9]. Dabei ist vor allem auch Mubaraks Frau in dem Kampf gegen dieses Ritual in Erscheinung getreten. Das Verbot zeigte auch gewisse Wirkungen. Viele fürchten die Strafen und führen das Ritual im Geheimen durch. Nach der Revolution aber legalisierten die Muslimbrüder faktisch wieder die Beschneidung der Frauen, da sie sie zu einer „Privatsache“ erklärten. Dementsprechend nimmt die Anzahl der Beschneidungen wieder zu[10].

Bereits vor der Revolution waren sexuelle Übergriffe oder Belästigungen für Frauen an der Tagesordnung. 2008 gaben 83% aller befragten Ägypterinnen bei einer Umfrage an, „mindestens einmal im Leben sexuell belästigt worden zu sein“. Als man Ausländerinnen, die in Ägypten leben, befragte, betrug die Zahl 98%. Ausserdem behaupteten 2/3 aller Frauen, dass sie täglich sexuelle Gewalt erleben[11].

Im Frühjahr 2011 kam es zu Massenprotesten in Ägypten, die insbesondere auf dem Tahir-Platz in der Hauptstadt Kairo stattfanden. Diese endeten nach 18 Tagen mit dem Rücktritt des ägyptischen Staatspräsidenten Hosni Mubarak[12].

3. Tahir - Platz, der kollektive Ruf nach Freiheit

a. Wünsche und Hoffnungen der Frauen

Der Tahir-Platz wurde zum Symbol der ägyptischen Revolution und steht für den Ruf nach Freiheit[13]. Mit ihm sind viele Wünsche und Hoffnungen verbunden. Jedoch scheinen nicht alle unter „Freiheit“ das Gleiche verstanden zu haben.

Die stark beteiligten Frauen erhofften sich nicht nur eine politische, sondern auch eine gesellschaftliche Veränderung. Sie träumten von Gleichstellung und sahen sich in der Tatsache, dass sie Seite an Seite mit ägyptischen Männern demonstrierten,[14] dem Ziel nahe. Sie wollten nicht mehr als Objekt sexueller Begierde verstanden werden, sondern als gleichwertige Menschen[15].

b. Sexuelle Gewalt an Frauen

Bereits auf dem Tahir-Platz, während der ägyptischen Revolution, kam es zu zahlreichen Massenvergewaltigungen und sexuellen Übergriffen auf Frauen[16]. Gewalt wurde als eine „Vernichtungswaffe gegen Frauen“ eingesetzt. Woher die Männer kamen und was ihre Motive waren, ist unklar. Manche glaubten, dass sie politisch motiviert waren, um die Proteste zu stoppen[17]. Andere sehen den Grund dafür in einer sexuellen Frustration der Männer. In jeden Fall nutzten viele die Anonymität der Masse aus, die einen anarchistischen Zustand entstehen liess, weswegen vieles straflos blieb. Hinzu kam, dass Frauen nicht wussten, an wen sie sich wenden konnten. Der Staat, gegen den sie gleichzeitig kämpften, gewährte ihnen keinen Schutz mehr[18].

c. Jungfrauentests – Gewalt durchs Militär

So genannte „Jungfrauentests“ schockierten im März 2011 die Öffentlichkeit. Im Auftrag des Militärs wurden 17 Frauen, die sich in militärischem Gewahrsam befanden gegen ihren Willen von Ärzten auf ihre Jungfräulichkeit hin untersucht. Das Militär begründete einen derartigen Eingriff in die Integrität der Frauen damit, dass sie damit verhindern wollten, dass die Frauen später behaupteten, sie seien vergewaltigt worden[19].

Amnesty International bezeichnete die „Jungfrauentests“ als „Folter“[20].

[...]


[1] vgl. Sharp, 2012, S. 45

[2] vgl. Sharp, 2012, S. 50

[3] vgl, Kelek, 2012, S. 76

[4] vgl. Kelek, 2012, S. 77

[5] vgl. Huber (kein Datum)

[6] vgl. Kelek, 2012, S. 77

[7] vgl. United Nation Statistics Division, 2012

[8] vgl. Kelek, 2012, S. 79

[9] vgl. Kelek, 2012, S. 82

[10] vgl. IGFM, 2013

[11] vgl. Kretschmer, 2013

[12] vgl. Sharp, 2012, S. 45

[13] vgl. Perthes, 2011, S. 49

[14] vgl. Perthes, 2011, S. 67

[15] vgl. Backhaus, 2013

[16] vgl. Topcu, 2013

[17] vgl. Kleber, 2012

[18] vgl. Topcu, 2013

[19] vgl. dpa, 2011

[20] Amnesty International, 2012

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Genderrevolution. Frauen als Verliererinnen des ägyptischen Umbruchs
Hochschule
Universität St. Gallen
Note
6,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
23
Katalognummer
V231085
ISBN (eBook)
9783656473909
ISBN (Buch)
9783656473961
Dateigröße
430 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
genderrevolution, frauen, verliererinnen, umbruchs
Arbeit zitieren
Christina Sohn (Autor:in), 2013, Genderrevolution. Frauen als Verliererinnen des ägyptischen Umbruchs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231085

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