Geheimdienstkooperationen und Terrorismusbekämpfung

Die Folgen des 11. September


Hausarbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Folgen des 11. September auf Intelligence-Kooperationen im Kampf gegen den Terrorismus
2.1 Kooperationen vor dem 11. September
2.1.1 Multilaterale Kooperationen
2.1.2 Plurilaterale Kooperationen
2.1.3 Bilaterale Kooperationen
2.2 Alte und neue Kooperationen nach dem 11. September
2.2.1 Wandel der bereits existierenden Kooperationen nach dem 11. September
2.2.2 Neue Kooperationen nach dem 11. September
2.3 Gründe für diese Entwicklung
2.3.1 Gleiche oder ähnliche Interessen
2.3.2 Struktur der islamistischen Terrororganisationen
2.3.3 Unterschiedliche Stärken
2.3.4 Umgehen von Hindernissen

3 Fazit

4 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Der religiös motivierte Terrorismus macht heute einen Großteil des weltweiten Terrorismus aus. Vor dem Hintergrund des Ende der 80er Jahre überwundenen Kalten Krieges, dem folgenden Zusammenbruch der Sowjetunion und der damit eng verbundenen Diskreditierung der kommunistischen Ideologie in vielen Teilen der Welt verwundert dies kaum.[1] Internationale terroristische Anschläge werden heute nicht mehr vornehmlich von ethno-nationalistischen/separatistischen Organisationen, sondern im Namen aller Weltreligionen und allzu oft im Namen des Islam verübt. Bei letzterem spricht man von islamistischem bzw. islamisch fundamentalistischem Terrorismus, der sich der Jihad[2] -Ideologie bedient. Alle weltlichen Regierungsformen werden als illegitim betrachtet und die heilige Pflicht bestehe darin, diese zu beseitigen und islamische Staaten mit der Shari’a[3] als Grundlage der Rechtsordnung zu etablieren. Als Legitimation werden Religion und Glaube für alle Handlungen herangezogen. Die Terroristen lassen sich infolgedessen „keine Schranken durch die politischen, moralischen und praktischen Zwänge auferlegen“[4], wodurch die terroristischen Aktionen noch blutiger werden als zu Zeiten, in denen ethno/separatistische terroristische Organisationen dominierten.

Zu in höchstem Maße verheerenden und mit nichts zuvor vergleichbaren internationalen Anschlägen dieser Art kam es durch vier Flugzeugentführungen am 11. September 2001, die das World Trade Center in New York, das Pentagon in Washington und ein drittes nicht vollkommen aufgeklärtes Ziel in den Vereinigten Staaten von Amerika zum Ziel hatten. Bei diesen Anschlägen fanden fast 3000 Menschen den Tod.

Nun stellte sich die Frage, wie auf einen derartigen Angriff auf die Vereinigten Staaten, auf westliche Werte wie Freiheit und Demokratie und nicht zuletzt auf die gesamte westliche Zivilisation zu reagieren sei, gab es doch keinen souveränen Staat und keine Regierung, die für diese Anschläge verantwortlich waren. US-Präsident George W. Bush kündigte schließlich in einer an den Kongress und die amerikanische Bevölkerung gerichteten Rede am 20. September 2001 den Krieg gegen den Terrorismus und gegen al-Qaida[5] an, die für die Anschläge verantwortlich gemacht wurde.[6] Inwiefern Bushs Termini „war on terror“ hier angebracht sind, soll an dieser Stelle nicht näher erörtert werden. In jedem Fall stehen in diesem Konflikt souveräne Staaten wie die USA und dessen Verbündete, auf der anderen Seite die meist in losen Zellen strukturierten international aktiven islamistischen Terroristen. Es handelt sich folglich um einen asymmetrischen Krieg.

Durch das Wesen des islamistischen Terrorismus, dessen Netzwerke und Planungen im Verborgenen stattfinden, nehmen Geheimdienste und nicht zuletzt internationale Geheimdienstkooperationen eine sehr bedeutende Rolle in diesem Krieg ein.[7] Hieraus ergeben sich einige zentrale Fragen, mit denen sich diese Arbeit befasst: Was kennzeichnet diese Intelligene[8] -Kooperationen heute? Haben sich diese nach dem 11. September in der Zahl und der Intensität verändert? Warum kooperieren Geheimdienste unterschiedlichster Staaten miteinander, wenn es um Terrorismusbekämpfung geht? Diese Arbeit soll einen Beitrag zum Verständnis der Intelligence -Kooperationen in der Terrorismusbekämpfung leisten.

2 Die Folgen des 11. September auf Intelligence-Kooperationen im Kampf gegen den Terrorismus

Aufgrund des geheimen Charakters von Intelligence ist der Zugang zu verlässlichen Quellen dieses Themengebiet betreffend leider sehr beschränkt. Wichtig ist auch die Tatsache, dass es sich bei den Kooperationen der Geheimdienste verschiedener Länder teilweise um eine Zusammenarbeit zwischen den Diensten westlicher Demokratien und von Ländern mit fragwürdigem Hintergrund (zum Beispiel die Achtung der Menschenrechte betreffend) handelt, was mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung nach sich ziehen könnte. Dies führt dazu, dass gerade im Bereich der Intelligence -Kooperationen nur ungenügend Literatur erhältlich ist. Daraus ergibt sich die Problematik, dass in vielen Fällen nicht genau auszumachen ist, seit wann eine Geheimdienstkooperation besteht. Dennoch wird hier der Versuch unternommen, auf diesem Feld eine Veränderung nach dem 11. September zu untersuchen. Im Mittelpunkt vor allem der bilateralen Kooperationen wird hierbei die USA stehen, da über die US-Geheimdienste am meisten bekannt ist und diese im Zentrum der internationalen Terrorismusbekämpfung stehen, da sie als Hauptfeind gelten.[9]

Beginnend wird die Entwicklung der Kooperationen im Intelligence -Bereich nun skizziert (2.1 und 2.2). Im Anschluss daran wird ein Versuch unternommen, die Gründe für diese Entwicklung der Kooperationsstrukturen ausfindig zu machen (2.3).

2.1 Kooperationen vor dem 11. September

Kooperationen zwischen Geheimdiensten verschiedener Länder existieren nicht erst seit den Attentaten auf das World Trade Center 2001. Sie sind vielmehr seit vielen Jahrzehnten ein nicht wegzudenkender und wichtiger Bestandteil der Geheimdienstarbeit in nahezu allen Ländern. Daher soll zunächst ein Blick auf die Welt der Intelligence -Kooperationen vor dem 11. September erfolgen. Die folgende Auflistung orientiert sich an der Art der Kooperation.

2.1.1 Multilaterale Kooperationen

An multilateralen Intelligence -Kooperationen sind mehr als zwei Geheimdienste unterschiedlicher Länder beteiligt, die auf Grundlage formeller Abkommen zusammenarbeiten. Diese sind durch ein hohes Maß an Vertrautheit, Automatismus und Umfang ihrer Geheimdienstbeziehungen gekennzeichnet. Auf die wahrscheinlich wichtigste multilaterale Kooperation, die UKUSA, wird nun im Folgenden eingegangen.[10]

Diese Kooperation, in deren Mittelpunkt von Beginn an das Sammeln von Informationen durch SIGINT[11] stand, basiert auf dem aus dem Jahre 1948 stammenden UKUSA-Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten von Amerika. Da dieses Abkommen die Zusammenarbeit der SIGINT-Dienste der beteiligten Länder regelt, nehmen der britische Dienst GCHQ und die amerikanische NSA hier eine Schlüsselrolle ein. Als Second Parties gehören Australien, Neuseeland und Kanada zu der Kooperation, wodurch das australische DSD, das kanadische CSE und das neuseeländische GCSB an der Kooperation teilnehmen. Als Third Parties traten später noch weitere Staaten wie zum Beispiel Norwegen und Schweden dem Abkommen bei, wobei die Beziehungen zu den Geheimdiensten dieser Länder als weniger intensiv eingeschätzt werden und der Zugang zu Informationen als beschränkter gilt. Zu Zeiten des Kalten Krieges schien sich diese Kooperation auf die militärische Aufklärung der Sowjetunion bzw. des Ostblocks zu konzentrieren.[12] Es ist anzunehmen, dass die SIGINT-Dienste dieser Länder auch im Bezug auf den sich in den letzten Jahrzehnten intensivierenden internationalen islamistischen Terrorismus schon vor dem 11. September zusammengearbeitet haben. Hierfür spricht, dass es sich bei den beteiligten Staaten um westliche Demokratien handelt, die Werte und Bedrohungseinschätzungen in höchstem Maße teilen und seit vielen Jahrzehnten eine sehr enge und konstante Zusammenarbeit ihrer SIGINT-Dienste pflegen. Nach dem 11. September dürfte sich diese den islamistischen Terrorismus betreffend noch intensiviert haben.

2.1.2 Plurilaterale Kooperationen

Diese Gruppen sind im Gegensatz zu multilateralen Kooperationen wesentlich loser strukturiert und basieren nicht auf formellen Abkommen. Der Intelligence -Austausch findet hier nicht automatisiert statt. Vielmehr sind spezifische Bedrohungen oder Angelegenheiten, die alle an der Kooperation teilhabenden Länder betreffen, notwendig um überhaupt zusammenzuarbeiten.[13] Gerade diese Tatsache scheint derartige Kooperationen zwischen Geheimdiensten jedoch wahrscheinlicher zu machen als Kooperationen nach dem Vorbild von UKUSA, bei denen ein höchstes Maß an Gemeinsamkeiten und nahezu identische Bedrohungseinschätzungen nicht nur Einzelfälle betreffend als Voraussetzungen für das Zustandekommen zu sehen sind. Gleichwohl bedeutet dies in logischer Konsequenz, dass plurilaterale Kooperationen wohl kaum eine ähnliche Intensität des Informationsaustausches und der Durchführung gemeinsamer Operationen - wie sie in multilateralen Kooperationen oft stattfindet - erreichen. Im Folgenden werden nun einige dieser Gruppen grob skizziert, die im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus eine Rolle spielen und bereits vor dem 11. September existierten.

Die CAZAB-Gruppe, benannt nach der ihr angehörenden Staaten Canada, Australia, New Zealand, America und Britain, ist eine dieser Kooperationen, die in den späten 60er Jahren entstanden ist. Ziel dieser Gruppe ist, die Zusammenarbeit der für Counterintelligence[14] zuständigen Geheimdienste dieser Länder zu unterstützen. Konzentrierte man sich anfangs auf die Sowjetunion, ist heute mit großer Wahrscheinlichkeit der islamistische Terrorismus das Hauptziel der Aufklärung dieser Gruppe. Die Kooperation dürfte jedoch abwechslungsreicher und unkonstanter als die auf Basis des UKUSA-Abkommens sein.[15]

In Europa hingegen existiert seit 1971 der Berner Club, dem die Direktoren verschiedener europäischer Inlandsgeheimdienste – heute etwa 17 - angehören[16], die sich jährlich treffen und gemeinsame Sicherheitsinteressen ausmachen. Konzentrierte man sich 1999 unter anderem auf das Thema Terrorismus, so dominierte 2000 die Entwicklung der verschiedenen Geheimdienste im Kontext der europäischen Integration.[17] Es erfolgt keine Berichterstattung an eine offizielle EU-Stelle und es scheint extrem unwahrscheinlich, dass ein konkreter Intelligence -Austausch zwischen allen zugehörigen Geheimdiensten stattfindet. Daher liegt die Vermutung nahe, dass dieser Club ein Forum für Vertrauensbildung und persönlichen

[...]


[1] Vgl. Hoffman, Bruce (2003): Terrorismus – Der unerklärte Krieg. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag, S. 177 ff.

[2] Jihad ist ein sehr vielschichtiger Begriff und bedeutet laut dem Koran ‚Anstrengung’, wobei er in weiten Teilen der Welt mit ‚heiliger Krieg’ übersetzt wird. Vgl. hierzu Tibi, Bassam (2002): Die fundamentalistische Herausforderung – Der Islam und die Weltpolitik. München: Verlag C.H. Beck, S. 18.

[3] Unter Shari’a wird das islamische Gesetz verstanden. Es basiert auf dem Koran, der heiligen Schrift des Islam.

[4] Hoffman (2003), S. 122.

[5] Al-Qaida (dt. die Basis) ist eine international operierende islamistische Terrororganisation, die 1988 durch Osama Bin Laden gegründet wurde. Vgl. hierzu Laqueur, Walter (2004): Krieg dem Westen – Terrorismus im 21. Jahrhundert. Berlin: Ullstein Verlag, S. 79 ff.

[6] Vgl. Wortlaut der Rede des US-Präsidenten Bush am 20.09.2001 auf www.whitehouse.gov;

zu finden unter: http://www.whitehouse.gov/news/releases/2001/09/20010920-8.html (online: 10.10.2006).

[7] Hoffman (2003), S. 284.

[8] Deutsche Übersetzungen: Geheimdienst, Aufklärung, Nachrichten.

[9] Vgl. Cogan, Charles (2004): “Hunters not Gatherers: Intelligence in the Twenty-First Century”. In: Intelligence and National Security, Jg. 19, Nr. 2, Juni 2004, S. 319.

[10] Vgl. Rudner, Martin (2004): “Hunters and Gatherers: The Intelligence Coalition Against Islamic Terrorism“. In: International Journal of Intelligence and Counter Intelligence, Jg. 17, Nr. 2, April – Juni 2004, S. 195.

[11] SIGINT ist eine Abkürzung für Signals Intelligence. Sie umfasst die Fernmelde- und elektronische Aufklärung durch technische Mittel. Vgl. hierzu auch die Beschreibung von SIGINT des BND auf www.bundesnachrichtendienst.de; zu finden unter:

http://www.bnd.bund.de/cln_027/nn_355124/sid_A93BEC6C9AF54B0AB3A9C663F69C0233/DE/Wir__Ueber__Uns/Struktur/Abteilung2/Abteilung_202.html__nnn=true (online: 10.10.2006).

[12] Vgl. Rudner (2004), S. 197.

[13] Ebd.

[14] Deutsche Übersetzung: Gegenaufklärung bzw. Spionageabwehr.

[15] Vgl. Rudner (2004), S. 208 ff.

[16] Vgl. Aldrich, Richard J. (2004): “Transatlantic intelligence and security cooperation”. In: International Affairs, Jg. 80, Nr. 4, Juli 2004, S. 738.

[17] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Geheimdienstkooperationen und Terrorismusbekämpfung
Untertitel
Die Folgen des 11. September
Hochschule
Universität zu Köln  (Seminar für Politische Wissenschaft | Lehrstuhl für Internationale Politik und Außenpolitik)
Veranstaltung
Geheimdienste in internationalen Beziehungen
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V230877
ISBN (eBook)
9783656465119
ISBN (Buch)
9783656468486
Dateigröße
548 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geheimdienste, Geheimdienstkooperation, War on Terror, Terrorismus, SIGINT, HUMINT
Arbeit zitieren
Diplom-Volkswirtin Julia Kristin Ehrhardt (Autor:in), 2006, Geheimdienstkooperationen und Terrorismusbekämpfung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230877

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