Die Memmiusrede in Sallusts Bellum Iugurthinum


Hausarbeit, 2012

10 Seiten, Note: 1, 3


Leseprobe


1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit hat die Rede des Volkstribunen C. Memmius in Sallusts Bellum Iugurthinum[1] zum Gegenstand. Diese führt den Leser mitten ins innenpolitische Geschehen Roms ein und spiegelt den Beginn des Parteienkampfs wider. In der Darstellung Sallusts wird die plebs aufgrund ihrer Lethargie (ignauia) getadelt. Nach ersten plebejischen Erfolgen (ragatio Mamilia) verliert die plebs ihre Makellosigkeit und macht sich - ähnlich der korrupten Nobilitätsclique - der Willkür schuldig.[2] In der Forschung herrscht größtenteils Einstimmung darüber, dass Sallust die größere Schuld im Parteienstreit bei korrupten Teilen des Adels verortet.[3] Die Rolle der plebs und des Volkstribunen hingegen ist kontrovers. Büchner z.B. heftet Memmius animus accusatorius an und meint, jenem gehe es nicht um die res publica und er wolle aus dem Konflikt nur politisches Kapital schlagen. Letztlich werde die res publica durch beide Parteien zerrissen.[4] Eine andere Sicht vertritt Vretska, der einräumt, die Rede sei zwar scharf und propagandistisch, er betont jedoch mehr die Berechtigung von Memmius’ Kritik und der Schärfe, mit der sie vorgetragen wird, denn das Ziel sei die Sorge um das Gemeinwesen. Die Agitation erfolge in aufklärerischer Absicht und sei präzise formuliert, deshalb wirke sie nicht destruktiv.[5] Leeman apostrophiert die Rede gar als „Idealpostulat”[6]

Diese Arbeit soll die Darstellung der plebs untersuchen. Sie orientiert sich an folgenden Fragen: Wie wird sie charakterisiert? Auf welche Weise und auf welcher Grundlage soll sie zum politischen Handeln bewegt werden? Was verrät die Sprache über den Redner selbst? Macht er nur scharf, oder wirkt er auch mäßigend?

Im ersten Schritt wird die Rede ins Gesamtwerk eingeordnet. Im Anschluss daran soll diese einer stilistischen Analyse unterzogen werden. Im Zuge dessen soll versucht werden, den vom Redner geschilderten Zustand der plebs inhaltlich zu fassen und den historischen Bezug herzustellen. Als dritter Schritt soll eine mögliche Lesart der zugeschriebenen Rolle der plebs innerhalb der res publica dargelegt werden, ebenfalls anhand einer Stilanalyse. Dieser Arbeitsschritt wird ferner ein Licht auf die Darstellung des Volkstribuns werfen. Als Letztes wird ein Fazit gezogen.

2. Hauptteil

2.1 Einordnung der Rede ins Gesamtwerk

Nach dem Proömium (1-4) und der Vorgeschichte des Krieges und den ersten Kriegshandlungen (5-19) wechselt Sallust den Schauplatz immer wieder nach Rom und thematisiert die Innenpolitik der Hauptstadt (20-42).[7] Diese werde nicht unerheblich durch Bestechungen Jugurthas beeinflusst, da Romae omnia uenalia esse (8,1). Nachdem Bestia und Scaurus einen schändlichen Frieden mit dem König abgeschlossen hatten, ist die Empörung in Rom groß. Nun tritt der Volkstribun und mit ihm die plebs auf die politische Bühne. Zuerst ist die nobilitas in der Defensive.[8] Denn Memmius erzwingt die Zitierung Iugurthas nach Rom, um eine Befragung anzustellen, die jedoch an dem ebenfalls bestochenen Volkstribunen Baebius scheitert. Erneut wird ein schändlicher Frieden vereinbart (38) und der innenpolitische Teil des Werkes schließt vorerst mit dem Parteienexkurs (41f.).

Eine der Absichten Sallusts über den Krieg mit Iugurtha zu schreiben war, quia tunc primum superbiae nobilitatis obuiam itum est (5, 2).[9] Ähnlich offenbart nun Memmius sein Motiv für seine Rede auf der contio: obuiam ire factionis potentiae animus subigit (31, 4).[10] Malitz hebt hervor, dass Sallust durch die Wahl der Redner in seinen Monographien „sich sehr bemüht hat, alle Seiten zu Wort kommen zu lassen.”[11] In der Darstellung der innenpolitischen Situation Roms kommt in der Person des Memmius die Position der popularen Strömung zu Wort. Die Rede bildet weder einen formalen noch einen inhaltlichen Einschnitt, sondern fungiert im Vorantreiben des Geschehens und betont die Entwicklung der Handlung.[12]

[...]


[1] Sallustius Crispus, C.: Catilina, Iugurtha, Historiarum fragmenta selecta, Appendix Sallustiana. Recognouit breuique adnotatione critica instruxit L. D. Reynolds. Oxford 1991.

[2] ... coepere [...] populus libertatem in lubidinem vortere (41, 5.): „Das Volk begann, seine Freiheitsrechte in Willkür umzuwandeln.”

[3] Vgl. Büchner, K.: Sallust. 2., verbesserte und erweiterte Auflage. Heidelberg 1982, S. 156; Vretska, K.: Studien zu Sallusts ‚Bellum Iugurthinum’, in: Pöschl, V. (Hrsg.): Sallust. 2., erweiterte Auflage. Darmstadt 1981 (Wege der Forschung, Bd. 94), S. 228; Uttschenko deutet die Schuldfrage überspitzt: „Die verhängnisvollen Laster [...] sind der Nobilität angeboren, und aus dieser angeborenen Bösartigkeit der Nobilität erklärt sich die Zersetzung der römischen Gesellschaft.” S. Uttschenko, S. L.: Der weltanschaulich-politische Kampf in Rom am Vorabend des Sturzes der Republik. Berlin 1956, S. 130. Aus der Reihe fällt Pöschl, der behauptet, Sallust lehne jede politische Parteibildung per se ab, da sie Zügellosigkeit und ungerechtes Verhalten mit sich bringe. Deshalb seien „an allem Unglück [...] nicht nur die Nobilität, sondern auch mindestens in gleichem Maße die Plebs und ihre Führer verantwortlich.” S. Pöschl, V.: Grundwerte römischer Staatsgesinnung in den Geschichtswerken des Sallust. Berlin 1940, S. 77f.

[4] Vgl. Büchner, Sallust, S. 156; 195.

[5] Vgl. Vretska, Studien, S. 232f.

[6] Vgl. Leeman, A. D.: Aufbau und Absicht von Sallusts Bellum Iugurthinum. Amsterdam 1957 (Mededelingen der Koninkliijke Nederlandse Akademie van Weteschappen, Afdening Letterkunde. Nieuwe Reeks, Deel 20, Nr. 8.), S. 209, hier S. 11.

[7] Ähnlich: Latte, K.: Sallust. 2., unveränderte Auflage. Darmstadt 1962 (Libelli, Bd. 116), S. 33. Schmal hingegen unternimmt eine feinere Gliederung: Nach dem Proömium rangiert er die Vorgeschichte (5-11), danach den Machtzuwachs Iugurthas (12-26), dann die erfolglose Kriegführung Roms und den Sinneswandel in Rom (27-40) und schließlich den Parteienexkurs (41-42). S. Schmal, S.: Sallust. 2., unveränderte Auflage. Hildesheim 2009 (Studienbücher Antike, Bd. 8), S. 62.

[8] perculsa omni nobilitate (32, 5)

[9]... „weil damals zum ersten Mal der Hybris der nobilitas entgegengetreten wurde."

[10]... „meine Überzeugung drängt mich, der Macht der Nobilitätsclique entgegenzutreten."

[11] S. Malitz, J.: Ambitio mala: Studien zur politischen Biographie des Sallust. Bonn 1975 (Saarbrücker Beiträge zur Altertumskunde, Bd. 14), S. 97.

[12] Vgl. Koestermann, E.: C. Sallustius Crispus: Bellum Iugurthinum. Heidelberg 1971 (Wissenschaftliche Kommentare zu griechischen und lateinischen Schriftstellern), S. 18.

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Die Memmiusrede in Sallusts Bellum Iugurthinum
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Note
1, 3
Autor
Jahr
2012
Seiten
10
Katalognummer
V230494
ISBN (eBook)
9783656463726
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
memmiusrede, sallusts, bellum, iugurthinum
Arbeit zitieren
Bernd Kühn (Autor:in), 2012, Die Memmiusrede in Sallusts Bellum Iugurthinum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230494

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