Digitale Medien an Pädagogischen Hochschulen

Mögliche Anwendungsfelder in der Lehrer/innenausbildung am Beispiel der Pädagogischen Hochschule Kärnten


Studienarbeit, 2013

76 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Ausgangslage an der PH Kärnten
2.1 Die Pädagogische Hochschule Kärnten - Viktor Frankl Hochschule
2.2 Die Rolle digitaler Medien an der PH Kärnten
2.2.1 EPICT – European Pedagogical ICT License
2.2.2 Digitales Lehren und Lernen in den Lehrveranstaltungen
2.2.3 Die Lernplattform der PH Kärnten

3 Grundlagen digitaler Medien an Pädagogischen Hochschulen
3.1 Räume für digitalen Unterricht
3.1.1 Grundlagen digitaler Bildungsräume
3.1.2 Funktionen digitaler Bildungsräume
3.1.3 Pädagogische, technische und wirtschaftliche Überlegungen
3.2 Kompetenzen für digitalen Unterricht
3.2.1 Medienkompetenz im pädagogischen Umfeld
3.2.2 Digitale Aufgaben und Kompetenzen für Lehrende
3.2.3 Digitale Aufgaben und Kompetenzen für Studierende
3.3 Ressourcen und Technologien für den digitalen Unterricht
3.3.1 Computer Based und Web Based Training (CBT und WBT)
3.3.2 Web 2.0 als Inhalt und Methode
3.3.3 Lernplattformen und Personal Learning Environments
3.3.4 Social Software und Personal Broadcasting
3.3.5 Web-Konferenzsysteme
3.3.6 Open Educational Ressources
3.4 Die Didaktik im digitalen Unterricht
3.4.1 Lerntheoretische Grundlagen für das digitale Lernen
3.4.2 Didaktisches Design: Vom Lehrziel zum didaktischen Szenario
3.4.3 Blended Learning
3.4.4 CSCL – Computer Supported Collaborative Learning
3.5 Überprüfung des Lernerfolgs
3.5.1 E-Assessments
3.5.2 E-Portfolios
3.5.3 Prüfungsformen im Web
3.6 Die Qualität von „E-Learning 2.0“
3.6.1 Der Qualitätsbegriff
3.6.2 Mögliche Maßnahmen
3.7 Fazit

4 Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: OECD Internet use for learning

Abbildung 2: Organigramm der PH Kärnten (Stand April 2013)

Abbildung 3: EPICT-Module

Abbildung 4: EPICT-Ablauf

Abbildung 5: Das LMS Moodle der PH Kärnten

Abbildung 6: Funktionen eines digitalen Bildungsraumes

Abbildung 7: Kompetenzen für digital Lehrende

Abbildung 8: Das 3E-Modell in der Hochschullehre

Abbildung 9: E-Learning 2.0 für die Pädagogische Hochschullehre

Abbildung 10: Namensnennung, Weitergabe unter gleichen Bedingungen

Abbildung 11: Lerntheorien im digitalen Bildungskontext

Abbildung 12: Blended Learning Modelle

Abbildung 13: Faktoren bei E-Assessments

Abbildung 14: Phasen der E-Portfolio-Arbeit

Abbildung 15: Phasen der Selbstevaluation

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Digitales Lernen in den Lehrveranstaltungen

Tabelle 2: Lehrzieltaxonomie nach Anderson und Krathwohl

Tabelle 3: E-Learning 1.0 und E-Learning 2.0

1 Einleitung

Die Unterstützung und Begleitung des Lernprozesses durch digitale Medien ist aus sämtlichen Bildungsbereichen und Bildungsinstitutionen mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Internetbasierte Lernmaterialien und multimediale Formen des E-Learning wurden und werden entwickelt und bieten neue Möglichkeiten des Wissenserwerbs und der didaktischen Gestaltung von Unterricht. Trotz dieser neuen Fülle von Materialien und Methoden ist das Lehren und Lernen mit digitalen Medien kein „Selbstläufer“ und es scheint noch immer beträchtlichen didaktischen, inhaltlichen, organisatorischen und qualitativen Nachholbedarf zu geben, um mit Hilfe von E-Learning Lehr- und Lernprozesse tatsächlich effizienter gestalten zu können.

Die informations- und kommunikationstechnologischen Entwicklungen der letzten Jahre bieten alle Möglichkeiten und Voraussetzungen für ein erfolgreiches virtuelles Lehren und Lernen und stellen zudem auch eine digitale, pädagogische Infrastruktur zur Verfügung, mit deren Hilfe neue Lehrkulturen, differenzierende didaktische Konzepte für heterogene Gruppen und selbstorganisierende Formen kooperativen Lernens umgesetzt werden können. Dennoch zeigen sich durch frühere und aktuelle Erfahrungen, dass das Vorhandensein von digitalen Bildungsressourcen und digitalen Lehrmethoden nicht automatisch auch zu ihrem geeigneten Einsatz führt, sondern, dass eine erprobte und evaluierte Entwicklung von sinnvollen Konzepten ein entscheidender Erfolgsfaktor bei der Umsetzung von E-Learning-Angeboten ist (vgl. Arnold, Kilian, Thillosen & Zimmer, 2011, S. 9).

Einer aktuellen OECD-Studie zum Thema „Internet Economy Outlook 2012“ zufolge ist E-Learning unter Österreichs Bevölkerung nur wenig verbreitet. Verwenden im OECD-Schnitt fast die Hälfte aller Internetnutzer das Web auch für formale Bildungs- und Weiterbildungsaktivitäten, liegt Österreich in diesem Bereich mit nur
36 % im hinteren Drittel.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: OECD Internet use for learning, (OECD, 2012, S. 116)

Obwohl in Österreich an knapp 97 % aller Schulen ein Zugang zum Internet angeboten und dieser auch von 70 % aller Schüler/innen genutzt wird, gibt es in diesem Bereich eine starke Abhängigkeit vom Bildungsniveau. Österreich gehört zu jenen OECD-Mitgliedstaaten, in denen ein großer Unterschied in der Nutzung von digitalen Medien und Internet zwischen Hochschulabsolvent/innen (94 %) und Absolvent/innen einer Pflichtschule (56 %) zu verzeichnen ist. Nur in Ländern wie Slowenien (95 % bzw. 31 %), Griechenland (84 % bzw. 18 %) und der Türkei (82 % bzw.
21 %) ist dieser Unterschied noch größer (vgl. Der Standard, 2012).

Geringe Unterschiede in der Internetnutzung gibt es hingegen bei Island und den nordischen Staaten, also Ländern, die den PISA Test 2009 mit auffällig über dem OECD-Schnitt liegenden Ergebnissen abschlossen (vgl. OECD, 2009, S. 9). Nachdem die technischen Voraussetzungen an Österreichs Schulen in den allermeisten Fällen gegeben sind, müssen die Ursachen, dass Absolvent/innen von Pflichtschulen das Internet und die digitalen Medien nur unzureichend für Bildungsmaßnahmen einsetzen können, an anderer Stelle gesucht werden. Den Pädagogischen Hochschulen kommt als Aus- und Weiterbildungsinstitution für pädagogische Berufe in diesem Umfeld daher eine ursächliche und wichtige Rolle zu. Die Implementierung von Konzepten zur Vermittlung von digitalen Kompetenzen in die Ausbildung der Pädagog/innen scheint notwendig, um den digitalen Anschluss im Pflichtschulbereich an OECD Länder nicht zu verlieren.

2 Die Ausgangslage an der PH Kärnten

Das „Bundesgesetz über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihren Studien“ hat in Österreich im Jahre 2007 zur Gründung von neun öffentlichen und fünf privaten Pädagogischen Hochschulen geführt. Mit diesem Schritt wurde auch eine Bologna-konforme Studienarchitektur eingeführt, um die Rahmenbedingungen für eine zukunftsweisende und qualitätsvolle Lehrer/innenbildung zu schaffen (vgl. Rektorenkonferenz, 2007, S. 1).

2.1 Die Pädagogische Hochschule Kärnten - Viktor Frankl Hochschule

Die Pädagogische Hochschule Kärnten (PH Kärnten) hat sich im Jahre 2007 aus der „Pädagogischen Akademie“ und dem „Pädagogischen Institut“ konstituiert und sich nach einem längeren Prozess der Leitbildentwicklung für den Namen „Viktor Frankl Hochschule“ entschieden. Die PH Kärnten fühlt sich dem Menschenbild Viktor
E. Frankls verbunden, setzt sich mit der pädagogischen Umsetzung seiner Philosophie in Tagungen, Lehrgängen und Symposien auseinander und thematisiert Frankl in Lehrveranstaltungen. In diesem Zusammenhang ist dem Leitbild der PH Kärnten zu entnehmen:

Wir orientieren uns an einem humanistischen Menschen- und Weltbild, in dessen Mittelpunkt der Mensch mit seinen Erkenntnis-, Bildungs- und Entwicklungsbedürfnissen steht. Dabei leitet uns das sinnorientierte Menschenbild Viktor E. Frankls. Das spezifisch Humane ist die geistige Dimension des Menschen als Grundlage der freien Willensentscheidung mit der daraus folgenden Fähigkeit der Stellungnahme zu Situationen und Ereignissen und der Fähigkeit zu einer verantwortlichen Lebensgestaltung. Aus der geistigen Dimension erwächst das sachliche und künstlerische Interesse, aus ihr resultieren ethisches Empfinden, soziales Erleben und Wertefühligkeit. (Fuchs, 2011)

Die PH Kärnten ist ein Bildungs- und Ausbildungszentrum für Lehrer/innen und für alle, die in pädagogischen Feldern tätig sind oder in Zukunft tätig sein werden. Sie bietet die akademische Ausbildung für die Lehrbefähigung an Volks-, Haupt- und Sonderschulen, berufsbildenden mittleren und höheren Schulen und im Bereich des Minderheitenschulwesens an.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Organigramm der PH Kärnten (Stand April 2013)

Das Studium für das Lehramt an Volksschulen, an Hauptschulen und an Sonderschulen umfasst sechs Semester und schließt mit dem akademischen Grad des „Bachelor of Education“ ab. Darüber hinaus bietet die PH Kärnten ein breites Spektrum an Fort- und Weiterbildungsangeboten für Lehrer/innen aller Schularten im Rahmen von Lehrveranstaltungen, Lehrgängen, Hochschullehrgängen und berufsbegleitenden Masterstudien an. Der naturwissenschaftliche Lerngarten „NaWiMix“ nimmt dabei eine besondere Stellung ein. Er ist Teil des Fachdidaktikzentrums für Naturwissenschaften und bietet Lehrer/innen und deren Schüler/innen Raum und Möglichkeiten, nachhaltig forschend tätig zu sein.

Die PH Kärnten verbindet Lehrer/innenbildung mit Forschung und Berufspraxis. Wichtige Elemente sind dabei die eingegliederten Praxisschulen, die sowohl Lernorte für Studierende als auch Forschungsstätten für Fragen des pädagogischen Handelns und der Schulentwicklung sind. Eine wesentliche Rolle spielt dabei auch die zunehmende Zusammenarbeit mit den Partnerinstitutionen (vgl. Wobak, 2012).

So können Studierende der PH Kärnten und Lehramtsstudierende der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt im Rahmen gemeinsamer Lehrveranstaltungen, gemeinsamer Module und gemeinsamer Lehrgänge institutionsübergreifend Kompetenzen erlangen. Zusätzlich zu diesen Angeboten vertiefen die Gründung des regionalen Fachdidaktikzentrums Informatik, die Idee der gemeinsamen Professur für Mathematik und die Kooperation in der „School of Education“ diese Zusammenarbeit.

Die vielen Kontakte zu Bildungsinstitutionen in ganz Europa werden vom internationalen Büro gepflegt und ermöglichen den Studierenden der PH Kärnten Erfahrungen in einem Auslandsstudium und mit ausländischen Studierenden zu sammeln:

The Office of International Affairs manages mobility programmes for students and staff as well as organizes international meetings in education hosting pedagogy experts from all over Europe. In addition to that, the office provides support services for international incoming students and guidance for outgoing students to plan their study abroad. The University College of Teacher Education has agreements with about 30 European universities or university colleges. New collaborations are being developed to offer an even better network of partners to our students. (Rabensteiner, 2012)

Zusätzlich organisiert die PH Kärnten zahlreiche Symposien und Tagungen und ist damit für Lehrer/innen, Studierende, Eltern, Vertreter/innen der Schulaufsicht und der Wirtschaft immer wieder Plattform für bildungspolitisch relevante Themen.

2.2 Die Rolle digitaler Medien an der PH Kärnten

Die bisher in den Studienplänen der PH Kärnten vorgesehenen Maßnahmen zur Vermittlung von digitalen Kompetenzen haben einerseits das Ziel, die Studierenden zu einem didaktisch sinnvollen Einsatz digitaler Medien in ihrem eigenen Unterricht zu befähigen und sollen andererseits zeitgemäßes wissenschaftliches Arbeiten und eine IKT-gestützte Studienorganisation ermöglichen.

Diese Maßnahmen kann man in folgende drei große Bereiche einteilen:

- EPICT als Konzept zur Vermittlung von Kompetenzen für den didaktischen Einsatz digitaler Medien in den schulpraktischen Studien;
- Verpflichtende Lehrveranstaltungen zur Aneignung von grundlegenden Fertigkeiten im Umgang mit digitalen Medien;
- Die webbasierte Lernplattform zur virtuellen Unterstützung der Lehrveranstaltungen und als Basis für alle E-Learning-Aktivitäten.

2.2.1 EPICT – European Pedagogical ICT License

EPICT ist ein weltweit eingesetztes Lehrer/innenaus- und -fortbildungsmodell, welches den didaktischen Computereinsatz in den Mittelpunkt rückt. Um das EPICT-Zertifikat zu erwerben, müssen im Rahmen eines tutoriell betreuten E-Learning- oder Blended-Learning-Szenarios in Teams vier Pflicht- und vier Wahlmodule bearbeitet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: EPICT-Module (Kysela-Schiemer, 2010, S. 16)

Die Teams erstellen dazu eine Unterrichtsplanung zu einem Pflicht- oder Wahlmodul, reichen dieses „Assignment“ bei ihrem Mentor / ihrer Mentorin ein und bekommen darauf ein Feedback mit Anregungen zur Verbesserung. Anschließend überarbeitet ein Team seine Planung, testet diese im Unterricht aus und wird dann von seinem Mentor / seiner Mentorin mit einem abschließenden Feedback für dieses entsprechende Modul zertifiziert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: EPICT-Ablauf (http://epict.virtuelle-ph.at, 2012)

Seit dem Wintersemester 2008/09 ist EPICT für alle Studierenden der PH Kärnten verpflichtend und muss im Rahmen der schulpraktischen Ausbildung vom zweiten bis zum sechsten Semester absolviert werden.

2.2.2 Digitales Lehren und Lernen in den Lehrveranstaltungen

Das Lehren und Lernen mit digitalen Medien ist auch Inhalt eigener Lehrveranstaltungen. Diese sind in den Curricula aller Studiengänge vom ersten bis zum dritten Semester vorgesehen und beinhalten verschiedene Themenbereiche rund um den didaktischen Einsatz digitaler Medien im Unterricht.

Tabelle 1: Digitales Lernen in den Lehrveranstaltungen

2.2.3 Die Lernplattform der PH Kärnten

Für die digitale Unterstützung von Lehrveranstaltungen steht den Lehrbeauftragten und den Studierenden das LMS Moodle in der aktuellen Version 2. 4 (Stand vom 10. Februar 2013) zur Verfügung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Das LMS Moodle der PH Kärnten

Zur technischen und inhaltlichen Unterstützung kann von den Lehrbeauftragten im Sinne eines First-Level-Supports ein E-Learning-Mentor konsultiert werden. Aktuell sind an der Moodle-Instanz der PH Kärnten 517 Kurse für 1031 registrierte Teilnehmer/innen aktiv, die von 10 Administrator/innen und 40 Kursverwalter/innen (Lehrer/innen mit erweiterten Berechtigungen) betreut werden.

3 Grundlagen digitaler Medien an Pädagogischen Hochschulen

Obwohl an einigen Pädagogischen Hochschulen Initiativen zur Vermittlung von digitalen Kompetenzen auch institutionell und curricular verankert sind, hängen der Erfolg und die Qualität dieser Bemühungen sehr vom Engagement der jeweiligen Lehrbeauftragten ab. Zu diesem Schluss kommt die Studie „ICT in Initial Teacher Training“ und fasst diese Ergebnisse in folgenden Aussagen zusammen:

- Derzeit sind die meisten Lehrbeauftragten an Pädagogischen Hochschulen keine Vorbilder beim Unterrichten mit digitalen Medien.
- Es herrscht Skepsis über den Mehrwert des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht und deshalb überwiegen traditionelle Formen der Lehre.
- Interessierte Lehrbeauftragte vermerken eine mangelnde pädagogische Ausbildung für den Einsatz von digitalen Medien im Unterricht.
- Lehrbeauftragte finden es aus Zeitgründen schwierig, fehlende Kompetenzen für die Nutzung von digitalen Medien nachzuholen.
- Wird die Qualität der Lehre beurteilt, fehlt in den meisten Fällen die Berücksichtigung des Einsatzes digitaler Medien und deshalb fehlt auch der Anreiz für ihre intensivere Nutzung (vgl. Hornung-Prähauser & Geser, 2010, S. 45).

Darüber hinaus werden digitale Medien häufig in erster Linie in fachverwandten Lehrveranstaltungen (Angewandte Informatik, Multimedia…) eingesetzt oder reduzieren sich auf PC und Beamer, um Inhalte wie Powerpoint-Folien oder Webseiten zu präsentieren. Die Nutzung von Lernplattformen dient laut dieser Studie in den meisten Fällen der Bereitstellung von Materialien oder der inhaltlichen Begleitung beim Selbststudium (vgl. Hornung-Prähauser & Geser, 2010, S. 45).

Es gibt zwar in Bezug auf die technische Infrastruktur (Anzahl der Computer, Internet-Zugang, Lernplattformen, Beamer…) eine breite Zufriedenheit, allerdings wird die fehlende Information über verfügbare und für die Hochschullehre geeigneten Materialien und didaktischen Methoden bemängelt:

Teacher trainers in university colleges are also rather satisfied with available digital teaching material; but some still seem to lack information about available material. Most importantly, there is a perceived lack of best practice examples of didactically sound teaching with ICT.

(Hornung-Prähauser & Geser, 2010, S. 45)

Um diesen Informationsrückstand auszugleichen, wird in diesem Kapitel ein Überblick über aktuelle Themenfelder zum Lehren und Lernen mit digitalen Medien gegeben, wobei die Auswahl dieser Themen nach den Kriterien der Aktualität und der für die Pädagogische Hochschullehre organisatorischen oder didaktischen Relevanz vorgenommen wurde. Diese Themen bilden zudem auch eine Basis für die empirische Untersuchung sowie für die abschließende Diskussion der Evaluationsergebnisse.

3.1 Räume für digitalen Unterricht

Wo kann das Lehren und Lernen mit digitalen Medien stattfinden? Welcher „Raum“ steht dafür zur Verfügung? Ähnlich wie in der Präsenzlehre muss es auch einen Ort, einen Bereich oder einen „virtuellen Raum“ geben, in dem digital gestützter Unterricht stattfinden kann. Unter einem „digitalen Bildungsraum“ versteht z.B. Arnold (2011, S. 9) nicht ausschließlich jenen virtuellen Ort, in dem die individuellen und kooperativen Bildungsprozesse stattfinden, sondern vor allem auch die Nahtstelle zwischen Informations- und Kommunikationstechnik und der didaktischen Konzeption von Lehrhandlungen.

Ein für digitale Bildungsprozesse geeigneter Lernraum muss also nicht nur die Möglichkeit bieten, Informationen und Inhalte zu vermitteln, sondern muss den gesamten Lernprozess, einschließlich der Kommunikation und der Leistungsfeststellung, abbilden können (vgl. Arnold et al., 2011, S. 54).

3.1.1 Grundlagen digitaler Bildungsräume

Der Bildungsraum, also der Ort des Lehrens und Lernens, ist in der Präsenzlehre bereits durch die vorhandenen Ressourcen (Seminarräume, Sprechzimmer, Bibliotheken…) vorgegeben. Obwohl Schulmeister (2000, S. 1) richtig feststellt, dass Lernen immer real ist, egal, ob es in realen oder virtuellen Umgebungen stattfindet, zieht die Auswahl eines digitalen Bildungsraumes doch eine Reihe von wesentlichen Konsequenzen nach sich. Vor allem seit dem wachsenden Angebot von internetbasierten Lehrinhalten hängen von der Wahl des digitalen Bildungsraumes nicht nur die organisatorischen Rahmenbedingungen des Lehrens und Lernens, die Bereitstellung und Aufbereitung der Lernmaterialien und die Kommunikationsprozesse mit den Beteiligten, sondern auch die didaktischen Umsetzungsmöglichkeiten der Lehre ab.

Grundsätzlich wäre es auch denkbar, dass die Teilnehmer/innen eines virtuellen Bildungsangebotes auch ohne eigenen digitalen Bildungsraum, also nur mit den im Internet vorhandenen Diensten (E-Mail, Chat…) kommunizieren und Inhalte austauschen, aber ein geeigneter virtueller Lernort erleichtert diesen Lernprozess erheblich. Nachdem die aktuelle OECD-Studie „Internet Economy Outlook 2012“ zu dem Ergebnis kommt, dass nur einer kleiner Teil der österreichischen Internetnutzer/innen die vorhandenen Onlinedienste auch für Bildungsaktivitäten (vgl. OECD, 2012, S. 116) nutzt, kommt einem eigenen Raum, der den gesamten Lern- und Kommunikationsprozess abbilden und damit an einem Ort konzentrieren kann, eine noch stärkere Bedeutung zu.

3.1.2 Funktionen digitaler Bildungsräume

Wie ein solcher digitaler Bildungsraum optimal aussehen soll, kann generell nicht gesagt werden, weil neben technischen und inhaltlichen Rahmenbedingungen des Bildungsangebotes auch lehr- und lernkulturelle Anforderungen und Entwicklungen berücksichtigt werden müssen. In Anlehnung an Arnold (2011, S. 59–65) und Kerres (2009, S. 101–113) können aber sechs grundlegende Funktionen angegeben werden, über die jeder digitale Bildungsraum verfügen soll:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Funktionen eines digitalen Bildungsraumes (vgl. Arnold et al., 2011, S. 59–65).

Angebot und Auskunft

Dieser Bereich ist für die Orientierung der Lernenden und für die Organisation des Lernens zentral. Hier sollen allgemeine inhaltliche Beschreibungen zu den Lernangeboten (Lernziele, Zeitpläne, Beurteilungskriterien…) positioniert werden. Da jedoch nicht immer alle Fragen vorhersehbar sind, müssen auch Möglichkeiten für persönliche Auskünfte über Foren oder Chats berücksichtigt werden. Ein Online-Hilfesystem in Form einer Liste von häufig gestellten Fragen (FAQ – Frequently Asked Questions) bietet einen guten Überblick über die wichtigsten Informationen und hilft, den administrativen Aufwand gering zu halten (vgl. Arnold et al., 2011, S. 59–65).

Planung und Verwaltung

Dieser Bereich unterstützt zunächst bei der Planung von gemeinsamen und individuellen Lernaktivitäten. Den Lernenden müssen dafür Funktionen und Werkzeuge zur Verfügung gestellt werden, mit denen sie eigene Termine sowie Gruppentermine einsehen und verwalten können. Die Möglichkeit der Einbindung von elektronischen Kalendern in standardisierten Formaten ermöglicht die Verwendung von privaten Kalendern aus dem Alltagsbereich der Lernenden und schafft mehr Übersichtlichkeit bei der Verwaltung der Termine. Ebenso ist ein Bereich zum internen Informations- bzw. Materialaustausch hilfreich, der auf individueller Ebene und auf Gruppenebene administrierbar sein soll. „Hieraus ergibt sich, dass ein LMS Funktionalitäten für die Planungs- und Entscheidungsunterstützung sowie als Organisationshilfe für die Zusammenarbeit eines Lerners und Lehrers sowie in Arbeitsgruppen mit sich bringen sollte“ (Kerres et al., 2009, S. 108).

Darüber hinaus wird in diesem Bereich die gesamte Kursverwaltung durchgeführt. Dieser Aufgabenbereich umspannt die Online-Registrierung zu bestimmten Lerninhalten, die Aufteilung der Lernenden in bestimmte Gruppen, aber auch die Möglichkeit, möglichst schnell und unkompliziert Lerninhalte und Materialien zur Verfügung zu stellen (vgl. Arnold et al., 2011, S. 59–65).

Mediathek und Ergebnisse

Mit diesen Funktionen können die Lernenden auf die für sie bestimmten Lerninhalte zugreifen und bekommen Werkzeuge zur Gestaltung des Lernprozesses zur Verfügung gestellt, wie z.B. das Hinzufügen von Lesezeichen und Anmerkungen. Die Lerninhalte sollen von den Lehrenden möglichst einfach eingestellt und aktualisiert werden können und gleichzeitig muss durch die Vergabe von Berechtigungen ein Schutz vor unbefugten Zugriffen auf die Lerninhalte gegeben sein. Um eigene Arbeiten präsentieren oder zur Bewertung freigeben zu können, müssen auch für die Lehrenden entsprechende Werkzeuge vorhanden sein. Um gemeinsame Arbeitsaufgaben online erledigen zu können, empfiehlt es sich, in diesem Bereich Online-Kooperationswerkzeuge, wie z.B. ein Wiki oder Online-Office-Tools, zur Verfügung zu stellen.

Eine Verlaufsübersicht über die bisher bearbeiteten Einheiten und eine Anzeige über den bereits erzielten Lernfortschritt sind weitere hilfreiche Funktionen. „Ein Student kann erkennen, was zu tun ist bzw. welche Lernaktivitäten vorgeschlagen werden, wie weit er fortgeschritten ist, wo er möglicherweise Defizite hat, welche weiteren Schritte vor ihm liegen“ (Kerres et al., 2009, S. 107). Wird in diesem Bereich das „User-Tracking“, also die automatische Protokollierung der Benutzeraktionen, verwendet, ist ganz besonders auf die Wahrung des Datenschutzes zu achten (vgl. Arnold et al., 2011, S. 59–65).

Schnittstellen

Dieser Bereich ist stark mit den Funktionen der „Mediathek und Ergebnisse“ verbunden, geht es doch um die Möglichkeit, aus dem digitalen Bildungsraum auf externe Anwendungen zugreifen und Inhalte austauschen zu können. Dazu zählt die Möglichkeit für Lehrende, über Autorentools eigene Inhalte zu generieren und diese zur Verfügung stellen zu können, aber auch die Funktionalität für Studierende, Lernmaterialien lokal zu bearbeiten und wieder in den Lernraum einstellen zu können.

Vor allem durch die Möglichkeiten des Web 2.0 werden die Schnittstellen zu Internetressourcen immer wichtiger: „Lern- und Arbeitsmaterialien liegen zunehmend auf ganz unterschiedlichen Servern im Internet und können sehr einfach in eine Webseite eingebunden werden“ (Kerres et al., 2009, S. 110). Die Einbettung und Synchronisation von elektronischen Kalendern in Standardformaten, die Kommunikation mit Online-Speicherdiensten und Online-Portfolios sowie die Verwendung von Multimedia-Elementen aus sozialen Netzwerken sind nur einige Beispiele für diese Schnittstellenfunktion, für die die Integration von geeigneten Import- und Exportfiltern wesentlich ist (vgl. Arnold et al., 2011, S. 59–65).

Kommunikation und Kooperation

Da die Lehrenden und Lernenden in digitalen Bildungsräumen in der Regel zeit- und ortsversetzt arbeiten, kommt der Kommunikations- und Kooperationsfunktion eine besondere Rolle zu. Zur optimalen Unterstützung des Kommunikationsprozesses sollten sowohl synchrone (Textchat, VoIP, Videokonferenz…) also auch asynchrone Kommunikationstechnologien (E-Mail, Foren…) zur Verfügung gestellt werden. Die Systemoffenheit zur Implementierung von alternativen Kommunikationswerkzeugen (Soziale Netzwerke…) sollte in diesem Bereich gegeben sein.

Für die Kooperation innerhalb eines digitalen Bildungsraumes gewinnt die soziale Komponente durch die Vergabe von spezifischen Rollen eine immer größere Bedeutung. Dazu meint Kerres (2009, S. 105):

Eine Lehrveranstaltung kann als eine soziale Inszenierung verstanden werden, in der Menschen bestimmte Rollen einnehmen. Wenn ich an einer Lehrveranstaltung teilnehme, weiß ich aus jahrelanger Teilhabe an institutionalisierten Lernangeboten, welche Rollen dort in der Regel existieren, und ich wäre recht verunsichert, wenn diese Rollen in einer Veranstaltung nicht „instantiiert“ werden, wenn z. B. nicht sichtbar wird, wer die Rolle der Lehrperson innehat. (Kerres et al., 2009, S. 105)

Neben den üblichen Rollen der „Lehrenden“ und „Lernenden“ können auch Rollen wie „Tutor/innen“, „Expert/innen“ oder „Berater/innen“ vergeben und zur Verteilung von spezifischen Aufgaben eingesetzt werden. An Rollen sind zumeist auch Rechte gebunden und je mehr Rollen ein digitaler Bildungsraum zur Verfügung stellt, umso mehr Rollen können auch für den Lernprozess vergeben werden. Ein Umstand, der auch die Kooperation unter den Lernenden in einem digitalen Bildungsraum beeinflusst, für die die Werkzeuge des Web 2.0 zudem immer wichtiger werden. So bietet das Internet neben dem „Application Sharing“, also dem gemeinsamen Bearbeiten von Inhalten mittels spezieller Software, eine immer größer werdende Anzahl von Werkzeugen zum kooperativen Bearbeiten von Aufgaben, die im gleichen Umfang auch von den Lehrenden in Anspruch genommen werden kann.

Prüfung und Evaluation

Dieser Bereich sollte auf der einen Seite den Lernenden zur Verfügung stehen, um eigene Lernleistungen zu überprüfen und Feedback zu erhalten, und auf der anderen Seite, um Lehrenden eine Möglichkeit der Erstellung von Tests und Prüfungen anzubieten. In einem digitalen Bildungsraum sind jedoch automatisch auswertbare Prüfungsaufgaben keineswegs ausreichend und es muss besonders darauf geachtet werden, dass eine Lernaktivität nicht mit einer „Prüfung“ abgeschlossen wird, sondern, dass die Lernaktivität als solche bewertet wird. Da der Lernfortschritt in einem digitalen Bildungsraum systematisch dokumentiert werden kann, sieht Kerres (2009, S. 105) darin seinen großen Vorteil: „In ihnen wird der Lernprozess selbst sichtbar und genau dieser Lernprozess kann damit auch als Leistung dokumentiert und honoriert werden“ (Kerres et al., 2009, S. 112).

Werkzeuge zur Evaluation der Lernmaterialien und der Lernbetreuung müssen ebenfalls zur Verfügung gestellt werden. Durch diese erhalten alle Beteiligten wertvolle Hinweise zur weiteren Gestaltung und Adaptierung des Lernangebotes und wenn diese den Teilnehmer/innen des Lernangebotes mitgeteilt werden, trägt das zur Transparenz und Qualitätsverbesserung bei.

Digitale Bildungsräume müssen also einem breiten Spektrum von Anforderungen genügen und zusätzlich eine offene Architektur aufweisen, um verschiedene virtuelle Bereiche und Anwendungen miteinander zu verbinden. Ein digitaler Bildungsraum soll sich also „eher zu einem Lernportal entwickeln, mit einer höheren Durchlässigkeit zum Internet, zu anderen Informationssystemen der Hochschule und der persönlichen Lernumgebung der Studierenden“ (Kerres et al., 2009, S. 112).

3.1.3 Pädagogische, technische und wirtschaftliche Überlegungen

Digitale Bildungsräume mit vielen Funktionen und Werkzeugen sind nicht zwangsläufig auch die besten. Die Auswahl eines geeigneten digitalen Bildungsraumes hat weitreichende Auswirkungen auf den Lehrbetrieb und daher sollte dieser möglichst exakt die Anforderungen der geplanten Lernszenarien unterstützen.

Auch für die zukünftige Akzeptanz des Bildungsraumes spielt die Nutzerorientierung eine entscheidende Rolle, weshalb Kierdrowski (2001, S. 22) bereits 2001 in diesem Zusammenhang von „Kundenanforderungen“ sprach, die berücksichtigt werden müssen. Für Kierdrowsky (2001, S. 22) sind die Kunden eines digitalen Bildungsraumes alle am Lernprozess beteiligten Personen, also die Entwickler/innen, die Tutor/innen, die Lernenden und die Administrator/innen. Die Berücksichtigung der Interessen und Anforderungen von solch unterschiedlichen Personengruppen kann durchaus eine Herausforderung sein.

So werden Naturwissenschaftler/innen vermutlich Formeleditoren für unverzichtbar halten, Sprachwissenschaftler/innen unterschiedliche Zeichensysteme benötigen oder Lernende die Anbindung an bestehende Netzwerke, Diskussionsgruppen oder Videoportale vorschlagen. Sämtlichen Anforderungen wird kein digitaler Bildungsraum gerecht werden, aber es gilt, diese „Kundeninteressen“ abzuwägen und dann zu entscheiden, welche Funktionen aufgrund ihres pädagogischen Mehrwertes angeboten werden können und welche ev. ohnehin im Internet zur Verfügung stehen.

Neben pädagogischen Überlegungen spielen bei der Wahl eines geeigneten digitalen Bildungsraums auch technische Details eine Rolle. Hier ist auf der einen Seite darauf zu achten, dass Kompatibilität zu den bereits in Verwendung befindlichen Systemen gegeben ist, dass auf der anderen Seite aber auch die Implementierung von neuen und offenen Technologien (Cloud Computing, Mobile Computing, Semantic Web, RFID…) möglich bleibt (vgl. e-teaching.org, 2011b).

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Details

Titel
Digitale Medien an Pädagogischen Hochschulen
Untertitel
Mögliche Anwendungsfelder in der Lehrer/innenausbildung am Beispiel der Pädagogischen Hochschule Kärnten
Hochschule
Pädagogische Hochschule Kärnten Viktor Frankl Hochschule
Veranstaltung
E-Learning
Autor
Jahr
2013
Seiten
76
Katalognummer
V230369
ISBN (eBook)
9783656464259
ISBN (Buch)
9783656467861
Dateigröße
1810 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
E-Learning, eEducation
Arbeit zitieren
M.A. Peter Harrich (Autor:in), 2013, Digitale Medien an Pädagogischen Hochschulen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230369

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