Die Deutschen in der russischen Literatur mit dem Schwerpunkt "Gogols Deutsche"

Der schmale Grat zwischen Bewunderung und Spott, Liebe und Hassliebe


Seminararbeit, 2013

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Vorgeschichte russischer Deutschenbilder
Schädigung auf alten Frieden hin, […] für den unsere und eure
2. Kurze Biografie
3. Betrachtungsweise aus der folkloristischen Sicht auf Gogol’s Deutsche
4. Gogol’s persönliche Erfahrungen mit Deutschen
5. Fremd- und Selbstbilder der Russen aus der heutigen Sicht

III. Schluss

IV. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Die vorliegende Arbeit trägt den Titel „Die Deutschen in der russischen Literatur und der schmale Grad zwischen Bewunderung und Spott, Liebe und Hassliebe“ mit dem Schwerpunkt „Gogol’s Deutsche“.

Gegenstand dieser Proseminararbeit ist das Deutschenbild in Gogol’s literarischen Werken und somit in der russischen Literatur. Die Arbeit zeigt Gogol’s bewusste Konfrontation mit dem Bild Russe-Deutscher und zeigt den tieferen Sinn in Gogol’s Absicht, seiner Verwendung. Das stereotypisierte Deutschenbild ist ein Beweis für die wachsende deutsch-russische Verbindung und zeigt ein positives sowie negatives Zerrbild in der russischen Literatur und Gesellschaft. Die Bedeutung des Themas besteht darin, dass man erkennt warum und mit welcher Absicht Gogol’ „seine“ Deutschen in seinen Werken auf verschiedene Art und Weise verwendet und eingesetzt hat. Gogol’s Absicht in der Verwendung diente nicht nur der Belustigung sondern war ein Werkzeug, das Gogol’ die Möglichkeit bot, seine Werke auf eine geniale zwei- oder sogar mehrdeutige Weise zu betrachten. Da das Deutschenbild nicht über Jahrhunderte stehen geblieben ist, sich vielmehr in einem beweglichen Prozess befindet, der von geschichtlichen und außergeschichtlichen Einflüssen abhängig ist, ist und bleibt es ein aktuelles Thema. Ich persönlich hatte vor der Beschäftigung mit diesem Thema überhaupt keine Ahnung, dass die Beziehungen zwischen den Russen und Deutschen so tiefe Wurzeln geschlagen haben. Ich hätte nie im Leben gedacht, dass das Thema „Deutsche in der russischen Literatur“ so umfangreich ist, und dass Gogol’s Deutsche so zweideutig betrachtet werden müssen. So erklärt sich auch meine Gliederung der Proseminararbeit. Da ich keinen geschichtlichen Hintergrund hatte, wollte ich verstehen warum und woher Gogol’ und Russland ein Deutschenbild haben. Meine historische Einführung beantwortet diese Frage. Durch die historische Vorgeschichte und Gogol’s Biografie wurde mir klar, woher Gogol’ ein Deutschenbild hat. Um Gogol’s Ziele in der Verwendung der Deutschen zu entschlüsseln muss man das Deutschenbild sowohl aus einer traditionell folkloristischen Sicht betrachten als auch bedenken, dass Gogol’ persönlichen Erfahrungen mit Deutschland und den Deutschen hatte. Wenn man diese drei Komponenten, die auf Vorgeschichte, Folklore und persönlichen Erfahrungen beruhen zusammenfasst, ergibt sich ein schlüssiges Bild der Deutschen. Um diese Erkenntnis abzurunden, wollte ich ein zeitgenössisches Deutschenbild im Vergleich zu den Russen anschließen, um zu betrachten, ob sich im Laufe der Jahrhunderte das Deutschenbild verändert hat. Zu meinem Erstaunen bleiben die Stereotypen und entwickeln sich immer weiter. Bei der Literatursuche hatte ich am Anfang Probleme, weil ich meine Fragen falsch gestellt habe, diese nur die Oberfläche des Themas ankratzten. Beim Herausarbeiten und Lesen befand ich mich in einer Art Zwiespältigkeit wie Gogol’. Ich hatte viel Mühe objektiv zu bleiben, weil mich die subjektiven Meinungen der Autoren enorm beeinflussten. Ich ertappte mich auf der Seite der Russen und war beleidigt, wenn die Deutschen sich abwertend über die Russen geäußert haben. Da musste ich mich auf meine persönlichen Erfahrungen mit den Deutschen besinnen und mir wurde klar, dass man nicht von den „Deutschen“ oder den „Russen“ reden kann. Es gibt zwar einige Eigenschaften, die man auf beide Völker spezifisch beziehen kann, aber man darf nicht alle über einen Kamm scheren, denn so entstehen Vorurteile, die Aversionen gegen ein Land und die dort lebenden Menschen hervorrufen. Die Schwierigkeit besteht darin, Menschen als Menschen zu betrachten und sie nicht in Schubladen zu stecken, die auf Meinungen von anderen basieren.

II. Hauptteil

1. Vorgeschichte russischer Deutschenbilder

Die ersten Quellen weisen auf, dass in der Zeit vom 9. bis zum 15. Jahrhundert sowohl die Deutschen von den Russen, als auch die Russen von den Deutschen wenig wussten und wenig übereinander zu sagen hatten. Die ersten Äußerungen über Deutsche in russischen Chroniken waren freundlicher Natur. Es bestanden mehrere Jahrhunderte hindurch lebhafte Handelsverbindungen zwischen Novgorod und den Hansestädten. Aus wirtschaftlichen und politischen Verträgen dieser Zeit ist zu sehen, dass beide Seiten einander als gleichberechtigte Partner anerkannten. Ein Auszug aus einem Vertrag des Jahres 1262, zwischen Novgorod und Lübeck weist die jeweiligen Beziehungen auf:

„Die Novgoroder sollen Handel treiben zum gotischen Ufer ohne

Schädigung, aber die Deutschen und die Goten und die ganze

Lateinische Zunge sollen Handel treiben nach Novgorod ohne

Schädigung auf alten Frieden hin, […] für den unsere und eure

Väter das Kreuz geküsst haben.“[1]

Vor der Zeit der Aufklärung hatte man in Russland vage Vorstellungen von den westlichen Völkern. Das Wirken der Kirche hatte über Jahrhunderte einen entscheidenden Einfluss auf das geistige Leben Russlands. Die Aufklärung im 18. Jahrhundert bedeutete eine Entwicklung des nationalen Bewusstseins und das russische Deutschlandbild bildete sich intensiver als je zuvor heraus. Durch die petrinischen Reformen des jungen Zaren Peter (1671-1725) kamen nicht nur zahlreiche Deutsche nach Russland sondern Handwerker, Kaufleute, Offiziere, Beamte, Professoren, Ärzte und Hauslehrer aus ganz Europa, die Peter dem Großen nach Russland folgten.

Ab diesen Zeitpunkt differierten sich die ersten ausländischen Bilder auf verschiedenen sozialen Ebenen heraus. Die Beziehung von Russen zu Deutschen entstand in der Epoche der Nationen, der nationalen und sozialen Revolutionen. Immer mehr Russen studierten in Westeuropa, immer mehr Kaufleute waren im Außenhandel beteiligt und russische Soldaten kämpften in deutschen Ländern. Die Deutschen wussten von Russen nur das, was ihre Landsleute, die in Russland lebten oder als Besucher nach Russland kamen, über das Land berichteten. Diese Informationen waren aber im begrenzten Kreis offenkundig. Wohl kamen Offiziere nach Deutschland, aber man empfand Soldaten nicht als „Vertreter einer Nation“. Somit blieben die Russen und Russland für die Deutschen ein wildes, fremdes und exotisches Volk bzw. Land. Ganz anders aber in Russland. Wer gebildet sein wollte musste die deutsche Sprache beherrschen. Die deutsche Kultur fand in Petersburg und Moskau hohes Ansehen, das Petersburger Klientel kannte die deutsche Literatur und somit Schiller und Goethe. In den Hauptstädten Petersburg und Moskau bildete sich nicht nur die ausländische Oberschicht heraus sondern auch ein neuer Stand der Gelehrten. Das einfache Volk, das an den alten Formen der Religion und der Lebensweise festhielt, fühlte sich von Peter dem Großen verraten. Er wurde als Ausländer und dem Glauben nach als Antichrist betrachtet (jeder, der nicht die russische Sprache beherrschte wurde als Teufel betrachtet und somit als Antichrist). Viele passten sich aber dem westlichen System widerwillig an. Viele erhielten ihre handwerkliche Ausbildung von ausländischen Handwerkern. Die russischen Wörter nemeckij (deutsch) und nemec (Deutscher) wurden nicht nur auf das Deutschland und die Deutschen bezogen. Alle Ausländer aus dem Westen wurden nemcy (Deutsche) genannt. Dies rührt daher, dass das Wort nemec der Stumme also, der nicht slawisch Sprechende bedeutet. Die Kluft, die die Oberschicht und das einfache Volk trennte bestand trotz allem. Die Ausländer wurden als Ausbeuter betrachtet. Die Deutschen zogen somit Hass und Neid der russischen Bevölkerung auf sich und fünfzehn Jahre nach Peters Tod mussten sie eine regelrechte Welle des Deutschenhasses erleben. Der Hass wuchs aber auch in den eigenen Reihen. Die Heiratspolitik und die verwandtschaftlichen Beziehungen in den Königshäusern spielten im weiteren Verlauf eine große Rolle. Die geistigen Verbindungen dagegen, die Beziehungen zwischen Literaten und Künstlern, Wissenschaftlern und Pädagogen entwickelte sich parallel zu den Problemen im Land. Die meisten aufgeklärten Russen waren frei von nationalistischen Vorurteilen und lernten gern von Deutschen, Franzosen, Engländern und anderen Westeuropäern.

[...]


[1] Lew Kopelew: Zur Vorgeschichte russischer Deutschenbilder S. 26.

Deutsche und Deutschland aus russischer Sicht (1)

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Deutschen in der russischen Literatur mit dem Schwerpunkt "Gogols Deutsche"
Untertitel
Der schmale Grat zwischen Bewunderung und Spott, Liebe und Hassliebe
Hochschule
Universität Potsdam
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
18
Katalognummer
V230352
ISBN (eBook)
9783656484271
ISBN (Buch)
9783656483823
Dateigröße
556 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gogol
Arbeit zitieren
M. Ed. Julia Steblau (Autor:in), 2013, Die Deutschen in der russischen Literatur mit dem Schwerpunkt "Gogols Deutsche" , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230352

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