Möglichkeiten der Systematisierung internetgestützter Karriereberatung


Diplomarbeit, 2003

94 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1 Das Arbeitsfeld der Berufs- und Karriereberatung
1.1 Quantitative Bedarfsentwicklung
1.2 Möglichkeiten der technischen Unterstützung

2 Ansprüche an die Qualität von Beratung
2.1 Herausforderung durch die DIN 33430
2.2 Forderungen nach „logischer“ Diagnostik

3 Ein Anwendungsbeispiel
3.1 Versuch einer internetgestützten Karriereberatung
3.2 Struktur der Rückmeldung
3.2.1 Ergebnisrückmeldung für Schüler
3.2.2 Ergebnisrückmeldung für junge Berufstätige und Studenten
3.3 Entwicklung eines Gutachtenerstellungsprogramms
3.3.1 Erstellung des Schülergutachtens
3.3.2 Erstellung der Gutachtens für junge Berufstätige und Studenten

4 Die Rolle von Expertenwissen bei Beratungstätigkeiten
4.1 Entstehung von Expertenwissen
4.1.1 Bedeutung des Alltagswissens für die Beratung
4.1.2 Beratung auf Basis von Fachwissen
4.1.3 Lernen an vorhandenen Modellen
4.1.4 Beratung auf Basis eigener Erfahrungen
4.2 Explikation von Entscheidungsregeln
4.2.1 Wissensakquisition mittels Interviewtechniken
4.2.2 Wissenserhebung durch Beobachtung des Experten
4.2.3 Wissensakquisition durch indirekte Erhebungsmethoden

5 Statistische Methoden zur Optimierung & Gewinnung entscheidungsrelevanter Wissensstrukturen
5.1 Verfahren
5.1.1 Diskriminanzanalyse
5.1.2 Erstellen von Entscheidungsbäumen mit Answer tree
5.2 Stichprobe und Wahl des Kriteriums
5.3 Prädiktoren
5.4 Ergebnisse der Diskriminanzanalyse
5.4.1 Führungskräfte:
5.4.2 Spezialisten
5.4.3 Selbständige / Freiberufler
5.4.4 Tätigkeit im Vertrieb
5.5 Entwicklung von Entscheidungsmodellen mit C&RT
5.5.1 Führungsposition
5.5.2 Spezialisten
5.5.3 Selbständig/ Freiberuflich
5.5.4 Vertriebler
5.6 Validitätsabschätzung der Answer tree Bäume mit Hilfe von Taylor & Russel Tafeln

6 Diskussion

7 Literatur:

1 Das Arbeitsfeld der Berufs- und Karriereberatung

1.1 Quantitative Bedarfsentwicklung

Der grundlegende Charakter von Berufs- und Laufbahnentscheidungen hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte entscheidend verändert. Die zunehmende Durchlässigkeit und Flexibilisierung von Ausbildungsgängen im Rahmen des Schulwesens vermindern in hohem Maße die Endgültigkeit einzelner Entscheidungen. Auch ein häufiges Wechseln von Schulformen, Ausbildungsgängen, Studienrichtungen und Arbeitsplätzen ist heutzutage eher üblich als ungewöhnlich. Die Berufswahl erhält somit den Charakter einer Kette von aufeinanderfolgenden Entscheidungen. wobei jede Einzelentscheidung aufgrund der recht hohen Korrigierbarkeit an Bedeutung verliert. Doch auch wenn die Entscheidung für einen bestimmten Lebensweg nicht unwiderruflich ist, steht der Betroffene in solchen Momenten den zahlreichen Möglichkeiten oft hilflos gegenüber. Eine berufswahlbezogene Beratung kann durch das Sammeln der für den Entscheidungsprozeß relevanten Informationen helfen, diese Unsicherheit zu reduzieren (Eckardt, 1977). Aus den Gesprächen mit den erfahrenen Beratern gewinnt der Klient ein Bild seiner Persönlichkeit und lernt, mit seinen Stärken und Schwächen umzugehen (Fischer & Weimann, 1999). Die Anzahl fachlich qualifizierter Berater, die diesen Prozess unterstützen können und die Entscheidung für einen Lebensweg somit auf eine fundierte Basis stellen, ist dabei jedoch erstaunlich gering.

Am Beispiel der berufswahlunterstützenden Diagnostik zeigen Wottawa und Hossiep (1997) den enormen Bedarf an qualifizierter psychologischer Beratung auf. Wenn jeder Mensch im Alter zwischen 15 und 45 Jahren nur zweimal vor einer beruflichen Neuorientierung stünde, wären das in Deutschland allein 2,2 Millionen Entscheidungen pro Jahr. Einem konservativ kalkuliertem Bedarf von 4000 Psychologen stehen jedoch nur etwa 420 bei der Bundesanstalt für Arbeit beschäftigte Psychologen gegenüber. Aktuelle Statistiken des Arbeitsamtes weisen z.Zt. ca. 230 000 Beratungsfälle bei 425 beschäftigten Psychologen pro Jahr aus (BA,2002). Dabei machen die Ratsuchenden bis 25 Jahre einen Anteil von 72% der Fälle aus. Dies sind allerdings nur die Ratsuchenden, die in Kontakt mit dem psychologischen Dienst der Bundesanstalt für Arbeit kommen. Die schätzungsweise weitaus größere Zahl der Interessierten, die sich in den zuständigen Stellen des Arbeitsamtes lediglich informieren und ihre Entscheidung dann eigenständig fällen sind in diesen Fallzahlen nicht berücksichtigt.

Folglich besteht ein starkes Missverhältnis zwischen der Anzahl berufsrelevanter Entscheidungen und der dafür zu Verfügung stehenden Experten. Dies führt in der Praxis dazu, dass der größte Teil der Berufsentscheidungen nicht auf Basis einer qualifizierten psychologischen Diagnostik oder nur gestützt auf Gespräche mit Eltern oder Freunden erfolgt. Eine Entscheidung für einen Karriereweg aus dem Bauch heraus, ohne fachlich fundierte Informationen über die eigenen Stärken und Schwächen kann jedoch sowohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft weitreichende, negative Konsequenzen nach sich ziehen. Dabei stehen die Interessen von Individuum und Gesellschaft nicht im Gegensatz zueinander. So bedeutet jeder Ausbildungswegwechsel für die Gesellschaft aber auch für das Individuum eine Verschwendung von finanziellen und zeitlichen Ressourcen. Zudem gehen der Gesellschaft bei einer Fehlbesetzung wertvolle Arbeitskräfte verloren, die in anderen Bereichen sinnvoller hätten eingesetzt werden können. Eine solche Fehlbesetzung kann sich zudem negativ auf die Zufriedenheit des Individuums mit dem Ausbildungsberuf und auf den eigenen damit verbundenen Leistungswillen auswirken. Diese nur ansatzweise dargestellten negativen Konsequenzen einer unreflektierten Berufswahl verdeutlichen bereits die Notwendigkeit einer qualifizierten Unterstützung von Schulabgängern. Es ist jedoch zu vermuten, dass der Mangel an Fachkräften in diesem Bereich aufgrund finanzieller Engpässe in den öffentlichen Kassen nicht durch Mehrbeschäftigung gelöst werden kann. Es stellt sich daher die Frage, welche Möglichkeiten es gibt, trotz Mangel an personellen und finanziellen Ressourcen, jedem Schulabgänger oder Umschüler die nötige fachpsychologische Beratung zu ermöglichen.

1.2 Möglichkeiten der technischen Unterstützung

Trotz der Existenz zahlreicher erwiesenermaßen hoch leistungsfähiger psychologischer Methoden zur Diagnostik individueller Persönlichkeitseigenschaften, Interessen und Fähigkeiten (Schmidt und Hunter, 1998) werden diese nur selten zur Fundierung psychologischer Laufbahnberatung hinzugezogen. Gründe für den mangelnden Einsatz sind dabei sicherlich die hohen personellen und finanziellen Kosten, die mit dem Einsatz von konventionellen Testverfahren verbunden sind. Daher bieten leistungsfähige computergestützte Testverfahren eine besonders attraktive Alternative, um viele Personen relativ kostengünstig untersuchen zu können.

Auch die Bundesanstalt für Arbeit, welche einen Großteil der Beratungsarbeit in diesem Bereich leistet, nutzt computergestützte Testverfahren, welche die Effizienz der Beratung steigern sollen. Nur mit Hilfe dieser technischen Hilfsmitteln ist es möglich, dem großen Bedarf an Eignungsuntersuchungen gerecht zu werden (Hilke,1993). Die computergestützte Eignungsdiagnostik hat mit der Eignungs- Untersuchungsserie für die Berufsberatung (EUB) und deren Weiterentwicklung, dem Berufswahltest (BWT), im psychologischen Dienst der Bundesanstalt für Arbeit eine lange Tradition. (Engelbrecht, 1994, 1991 & 1975). Aktuellste Entwicklung in diesem Bereich ist das DELTA- Testsystem (Hustedt, 1991). Dieses stellt im wesentlichen eine Umsetzung verschiedener paper- pencil - tests im EDV- Format dar. Unter anderem werden der Standard Progresive Matrices (SPM) von Raven und Untertests des Leistungsprüfsystems (LPS) von Horn verwendet. Eine besondere Herausforderung bei der Entwicklung war es, DELTA so zu gestalten, dass nicht nur alle gegenwärtig im Gebrauch befindlichen Verfahren verwendet werden können, sondern dass das Testsystem auch für zukünftige Untersuchungsverfahren offen bleibt. .Der Test wird von mehreren Ratsuchende gleichzeitig bearbeitet, während die individuellen Fortschritte von einem Testleiterplatz verfolgt werden können. Dabei ist es möglich dass jede Testperson, trotz gleichzeitiger Bearbeitung in der Gruppe, ein individuell auf sie zugeschnittenes Testprogramm bekommt. Die Individualisierung der Testdurchführung ist durch gezielte (ergebnisabhängige) Testauswahl (sequenzielles Testen) möglich (Hilke, 1993) Der Test ist selbsterklärend, so dass zur Testung vieler Personen, lediglich ein minimaler Personalbedarf nötig ist. Auch hier kann die Einweisung in das Verfahren durch ein verzweigtes Instruktionssystem und eine personenbezogene Auswahl der Übungsaufgaben dem Instruktionsverständnis der Testperson angepasst werden (Klinck, 2002). Die Auswertung der einzelnen Ergebnisse erfolgt automatisch und kann sofort als Grundlage für anschließende Beratungsgespräche genutzt werden. Eine detaillierte Beschreibung des DELTA Testsystems findet sich bei Hilke (1993) und Klinck (2002).

Die standardisierte Vorgehensweise bei der Testung und die Automatisierung der Auswertung gestattet es nicht nur, viele Personen zeit- und kostengünstig zu untersuchen, sie ermöglicht zudem auch Nicht- Psychologen, die Anwendung psychologischer Testverfahren. Ferner besteht die Möglichkeit, unter der Leitung eines Betreuers mehrere Personen zu testen, was zu einer erheblichen Verringerung des Personalbedarfs führt. Krönung dieses Vorgehens ist die internetgestützte Testung vieler hundert Bewerber, die abgesehen von der Entwicklungsarbeit und der folgenden Interpretation der Ergebnisse, auch ganz ohne Personaleinsatz auskommt. Auch in diesem Bereich sind bereits leistungsfähige Testplattformen entstanden (Kirbach & Montel, 2002). Durch eine standardisierte und automatisierte Ergebnisübermittlung und -auswertung ist es bereits möglich, den Klienten eine fundierte Rückmeldung über die eigenen Stärken und Schwächen zu geben und so zum Aufbau einer objektiveren Selbsteinschätzung des Ratsuchenden beizutragen.

Die Erhebung und Rückmeldung erfolgrelevanter Dimensionen allein reicht jedoch nicht aus, um dem Klienten eine wirkliche Hilfestellung bei der bevorstehenden Entscheidung zu geben. Hierzu ist es erforderlich. Die Testwerte nicht nur deskriptiv darzustellen sondern zusätzlich aus den erhobenen Einzelergebnissen Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies blieb bislang meist psychologischen Fachexperten (Berufsberatern, Personalberatern, Coaches) vorbehalten. In sogenannten ganzheitliche Karriereberatungen werden dabei auf Basis von erhobenen Testdaten und Gesprächseindrücken Empfehlungen für unterschiedliche Berufslaufbahnen gegeben (Fischer, Weinmann, 1999). Nach dem Prinzip der klinischen Urteilsbildung gelangen die Berater aufgrund ihres Fachwissens, ihrer Erfahrung und Intuition zu einem Urteil. Üblicherweise wird die klinische Vorgehensweise damit begründet, dass in der entsprechenden Fachwissenschaft keine formalisierten Entscheidungsregeln vorliegen (Jäger, 1983). Häufig herrscht auch die Vorstellung, dass Entscheidungsregeln generell nicht formulierbar sind. Problematisch ist diese Vorgehen vor allem insofern, als dass zugrundeliegende Urteilsprozesse nicht nachvollziehbar und damit evaluierbar sind. Zudem ist die Explikation von Entscheidungsstrukturen unabdingbare Voraussetzung für die technische Unterstützung von Beratungstätigkeiten.

Vor dem Hintergrund der Knappheit personeller Ressourcen ist diese technische Unterstützung jedoch dringend erforderlich. Nur so wird es langfristig möglich sein, jedem Schulabgänger und Umschüler die nötige Entscheidungsgrundlage für die Wahl eines bestimmten Lebensweges zur Verfügung zu stellen. Wie aber könnte ein solche Standardisierung aussehen? Der heutigen Stand der Technik macht es möglich, die Datenerhebung und Auswertung weitgehend automatisch zu handhaben. Auch eine automatische Erstellung einer Rückmeldung von Testergebnissen ist mittels vorgefertigten Feedbackbausteinen bereits machbar. Dazu benötigt der Computer jedoch klare Anweisungen, die weiterhin in der Verantwortung des Diagnostikers liegen.

Es muss genau festgelegt werden, welche Testwerte zu welcher Rückmeldung führen. Gleiches gilt natürlich auch für das Aussprechen von Empfehlungen. Der Computer muss mit Zuweisungsregeln „gefüttert“ werden, um korrekte Ratschläge erteilen zu können (Fiedler, 1983). Dabei stellt die Rückmeldung von Ergebnisprofilen und Merkmalskombinationen eine besondere Herausforderung dar. Denn anders als bei der sonst üblichen Rückmeldung von Einzelergebnissen mittels Bausteinen, sind für berufliche Laufbahnen, wie z.B. eine selbständige Tätigkeit, oftmals mehrere Dimensionen erfolgsrelevant.. In der Praxis erfolgt dies meist durch die Bildung gewichteter Summen. Nach dem Modell der multiplen linearen Regression kann die Bedeutsamkeit verschiedener Teilergebnisse für die Vorhersage des Gesamtergebnisses berechnet werden. Aus den gewichteten Einzelergebnissen wird so ein Summenwert gebildet, der dem Berater schließlich als Entscheidungsgrundlage dienen kann. Lineare Modell sind allerdings in sofern problematisch, als dass sich bestimmte Testwerte durch andere kompensieren lassen; dies ist jedoch nur bedingt sinnvoll.

Auch eine theoretisch denkbare Einzelauswertung aller möglichen Konfigurationen erscheint vor dem Hintergrund der Effizienzsteigerung wenig realistisch. Schon bei einer Anzahl von 10 Testskalen, die auf Prozenträngen normiert sind, würde das 100 hoch 20 mögliche Konfigurationen ergeben.

Wenn jedoch die üblichen linearen Methoden aufgrund des hohen Grades an Kompensierbarkeit ausscheiden und eine statistische Auswertung aller Einzelkonfigurationen aufgrund der großen Anzahl an Möglichkeiten uneffizient wird, stellt sich die Frage auf welcher Basis Empfehlungen für das Einschlagen eines Karriereweges gegeben werden können. Eine weitere Möglichkeit, Karriereberatung zu systematisieren, ist die Suche nach Merkmalskombinationen, die bestimmte Empfehlungen sinnvoll erscheinen lassen. Der Computer erhält dann die Information über die Beschaffenheit dieser Kombinationen und einer vom psychologischen Experten festgelegten Empfehlung.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist das Suchen nach solchen Strukturen. Dazu sollen die Daten eines sich momentan im Einsatz befindlichen internetgestützten Beratungssystems mit einer konfiguralen Analysemethode untersucht werden. Durch das Auffinden solcher Strukturen könnte die Beratung in sofern optimiert werden, dass bestimmten „Typen“ eine maßgeschneiderte Empfehlung gegeben werden kann. Die so frei werdenden personellen Ressourcen ließen sich dann für „Problemfälle“, d.h. Personen, die sich keinem bestimmten Muster zuordnen lassen, einsetzen. Das Erkennen und Dokumentieren solcher Persönlichkeitstypen stellt zudem einen wesentliche Schritt in Richtung „qualitätsbewusstes Arbeiten“ dar. Denn nur durch die genaue Darstellung von Entscheidungsgrundlagen werden diese für außenstehende Personengruppen ersichtlich und evaluierbar. Das Finden von typischen Persönlichkeitsstrukturen ermöglicht somit das Betreiben effizienter und dabei gleichzeitig qualitativ hochwertiger Beratung.

2 Ansprüche an die Qualität von Beratung

2.1 Herausforderung durch die DIN 33430

Die DIN 33430 versteht sich als Prozessnorm und beinhaltet Leitsätze für den Einsatz von Verfahren bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen. Damit beansprucht sie einen weiten Geltungsbereich. Im folgenden sollen nun die Herausforderungen beschrieben werde, die für die Beratung von Klienten bei Karriereentscheidungen besonders wichtig erscheinen.

Grundlage einer solchen Beratung sind häufig Testergebnisse in Form eines Profils. Eine einfach deskriptive Reihung der Daten ist für den Ratsuchenden oft wenig hilfreich. Vielmehr beinhaltet eine hochwertige Beratung die Erstellung von Verknüpfungen zwischen den Einzelergebnissen. Für eine solche Interpretation der Ergebnisse und die abschließende Urteilsbildung fordert die Norm die Erstellung von Entscheidungsregeln. Das bedeutet, es muss festgelegt werden, welcher Testwert bzgl. eines bestimmten Indikators zu welcher Eignungsbeurteilung führt. Üblicherweise geht eine Beratung aber noch darüber hinaus. So zieht der Berater nicht nur Schlussfolgerungen aus Einzelergebnissen, sondern vergleicht und prüft Merkmalskombinationen. Häufig lässt erst diese Zusammenschau von Teilergebnissen tiefer gehende Rückschlüsse zu. Leider zeigt die Praxis, dass viele Berater auf die Frage, wie sie zu ihren Ergebnissen gekommen sind, keine konkrete Antwort geben können und letztlich darauf verweisen, dass sie ihre Entscheidungen auf Grundlage ihres reichen Erfahrungsschatzes treffen. Um aber ein gleichbleibend gute Qualität zu sichern, müssen diese Vorgehensweisen expliziert werden. Nur so wird es langfristig möglich sein, eingefahrene Regelwerke zu überprüfen und weiter zu entwickeln. Die genaue Dokumentation der Vorgehensweisen ist hier als ein erster Schritt zur Evaluierung und Verbesserung von Beratertätigkeiten anzusehen. Die Norm fordert damit, die geistige Tätigkeit von Diagnostikern zu entmystifizieren und damit den Weg zu einer fortlaufenden Qualitätsverbesserung zu ebnen.

Die Anwendung der DIN 33430 ist grundsätzlich freiwillig, sie bietet sich aber als Vertragsbestandteil für die Auftragsverhältnisse zwischen Unternehmen und Personaldienstleistern an. Dies bietet Vorteile sowohl für die auftraggebenden Unternehmen als auch die Personaldienstleister als Auftragnehmer. Unter Bezugnahme auf die Norm kann der Auftraggeber sicher sein, eine gleichbleibend hohe Qualität eingekauft zu haben. Der Testanbieter hat hingegen die Möglichkeit, sich besser von der weniger qualifizierten Konkurrenz abzugrenzen. Stark verdichtet liefert die DIN 33430 auf 13 Seiten verbindliche Kriterien zur Beurteilung psychologischer Diagnostik und Beratung und bietet damit die Möglichkeit, das eigene Handeln zu reflektieren und ggf. Modifikationen vorzunehmen. Daher dient die Norm auch als Anregung zum selbstgesteuerten und berufsbegleitendem Lernen.

2.2 Forderungen nach „logischer“ Diagnostik

Die Forderungen der DIN 33430 sind nicht grundlegend neu. So entwickelte z. B. Hans Westmeyer bereits in seinem 1972 veröffentlichtem Buch „Logik der Diagnostik“ ein normatives Modell der Diagnostik und lenkte damit die Aufmerksamkeit der Psychologen wieder auf das eigene Handeln im Rahmen der diagnostischen Urteilsbildung. Die folgende Aussage aus dem Vorwort des Buches belegt, wie bedeutend die Forderung nach qualitativ hochwertiger Diagnostik und daraus folgenden Beratung schon damals gewesen ist: „Diagnostik in der Psychologie und Medizin ist für uns alle viel zu wichtig, als dass wir es uns leisten könnten, dem einzelnen Diagnostiker zu gestatten, seinen eigenen Regeln und Gesetzen zu folgen und Kunst als Wissenschaft und Wissenschaft als Kunst auszugeben“ (Westmeyer, 1972, S.5). Im Folgenden werden nun die wesentlichen Grundzüge eines normativen Modells nach Westmeyer geschildert.

Mit der Entwicklung dieses Modells wurde der Versuch unternommen, verbindliche Regeln zu entwickeln, die den Psychologen dabei unterstützen, einen korrekten Diagnose- und Urteilsprozess durchzuführen. Diese Regelstruktur soll zudem dazu beitragen, die komplexe Struktur rationaler klinischer Urteilsbildung deutlicher und damit nachvollziehbarer zu machen. Dabei unterscheidet Westmeyer im wesentlichen zwei Komponenten im diagnostischen Urteilsprozess. Das Explanandum (E) und das Explanans. Das Explanans setzt sich zusammen aus Antezedenzbedingungen (A) und einer diagnostischen Wissensbasis (G). Abbildung 1 beinhaltet eine Zusammenfassung der Komponenten des diagnostischen Urteilsprozesses.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Komponenten des diagnostischen Urteilsprozesses

Das Explanandum ist die Beschreibung des zu erklärenden Ereignisses. Wenn A und G gegeben sind lässt sich durch Verrechnung der beiden E prognostizieren. In einem konkreten Beratungsfall wären die Antezedenzbedingungen die Testergebnisse der Teilnehmer. Als G könnte eine wissenschaftlich fundierte Aussage über den Zusammenhang von Intelligenz und Studienleistung dienen. So könnte beispielsweise ein Forscher zu der Aussage gekommen sein, dass alle Personen mit einem IQ von unter 80 beim Versuch des Erwerbs eines universitären Abschlusses scheitern (G). Wenn also eine Person einen Intelligenzwert von unter 80 erreicht hat (A) würde die Verrechnung der beiden Komponenten die Prognose ergeben, dass die entsprechende Person auf der Universität scheitern wird. Allerdings stehen gerade in der Psychologie selten geeignete nomologische Gesetze zur Verfügung. Man muss daher mit Wahrscheinlichkeitsaussagen auskommen, was zur Folge hat, dass deterministische Aussagen kaum möglich sind. Für das oben geschilderte Beispiel würde das wie folgt aussehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Anwendungsbeispiel

In einem konkreten diagnostischen Fall ist die Situation meist um einiges komplexer. Häufig werden mehrere Testwerte einer Person erhoben, d.h. es liegen verschiedene Antezedenzbedingungen vor. Zudem gibt es eine Vielzahl von potenziell möglichen Gesetzen, die zur Erklärung und Prognose herangezogen werden können. Westmeyer beschreibt zur Verarbeitung dieser Komponenten ein diagnostisches Algorithmensystem, das aus drei Hauptkomponenten besteht:

1. Ein Prozessalgorithmus steuert den Verlauf des diagnostischen Prozesses. Er greift auf die Resultate der anderen Algorithmen zurück, verarbeitet diese und entscheidet, ob eine korrekte Diagnose gefunden wurde. Ist dies nicht der Fall steuert er die Fortsetzung der Suche oder, bei einem unvollkommenen Ergebnis, den Abbruch.
2. Ein Auswahlalgorithmus regelt die Auswahl der Gesetzmäßigkeiten aus dem rationalen Corpus zur Zeit t und die Zusammenstellung möglicher Erklärungen.
3. Der Prüfalgorithmus regelt die Prüfung diagnostischer Hypothesen.

Zu Beginn des diagnostischen Prozesses steht immer eine Ausgangsfrage. Im vorliegenden Beispiel wäre das die Frage, ob die untersuchte Person in der Lage sein wird, einen Hochschulabschluss zu erreichen. Ziel des Algorithmus ist es zu einer Diagnose - in diesem Fall zu einer Erfolgsprognose - zu gelangen. Dazu wählt der Auswahlalgorithmus aus der zur Verfügung stehenden Wissensbasis Wahrscheinlichkeitshypothesen aus und bringt sie in einen probalistischen Zusammenhang mit dem in der Ausgangsfrage besprochenen Problem und den in Frage kommenden potenziellen Diagnosen. Der Prozessalgorithmus entscheidet dann, welche Hypothese zuerst geprüft werden soll. Darauf hin steuert dieser den Prüfalgorithmus an, welcher auf Basis der Informationen des Auswahlalgorithmus Verfahren auswählt und anwendet und die Ergebnisse wiederum an den Prozessalgorithmus übermittelt. Dieser Prozess wiederholt sich solange bis er vom Prozessalgorithmus auf Basis der oben beschrieben Abbruchregeln beendet wird.

Es scheint, dass ein derart aufgearbeitetes Modell sich besonders gut zur Umsetzung computergestützter Diagnostik eignet. Jedoch ergeben sich inhaltliche Probleme, die eine Umsetzung der Forderungen Westmeyers bis heute erschweren.

Westmeyer selbst weist auf eine Hauptschwierigkeit seines Modells hin. Denn nur wenn alle für eine korrekte Diagnose erforderlichen Gesetze bekannt sind, als gut bestätigt gelten und explizit formuliert vorliegen, kommt der diagnostische Prozess zu einem befriedigenden Abschluss (Westmeyer, 1972). Die meisten Gesetze, die der Diagnostiker implizit bei seinen diagnostischen Schlussfolgerungen verwendet, erfüllen diese Voraussetzungen jedoch nicht.

Zudem stellt sich die Problematik, dass Diagnostiker Grenzwerte benötigen, ab denen sich Personen bestimmten Klassen, z.B. geeignet oder ungeeignet zuordnen lassen. Selbst empirisch hervorragend abgesichertes Fachwissen bietet diese praxisrelevanten Informationen meist nicht. Auf die praktische Relevanz von Fachwissen bei Expertenurteilen wird an späterer Stelle noch einmal genauer eingegangen.

Eine computergestützte Umsetzung der Forderungen Westmeyers scheitern derzeit weniger an der Umsetzung von algorithmischen Ablaufschritten, als am Fehlen einer adäquaten und umsetzbaren Wissensbasis. Auf Grundlage des zur Zeit zur Verfügung stehenden Wissens im Bereich psychologischer Diagnostik würde der von Westmeyer beschriebene diagnostische Prozess die angestrebten Zielzustände nicht erreichen und bestenfalls zu unvollständigen, wahrscheinlicher noch zu gar keinen Diagnosen führen (Hageböck, 1994). Westmeyer sieht als Folge des unzureichenden Wissenstandes die Hauptaufgabe des Diagnostikers in der Bereitstellung der für eine korrekte Diagnose und Prognose notwendigen Gesetze. Nur durch systematische, empirische Untersuchungen ließen sich diese Lücken füllen und die für eine computerunterstützte Diagnostik unbedingt notwendigen Datenbanken schaffen.

Trotz der vielen erschwerenden Umstände wird derzeit verstärkt an der Umsetzung von computerunterstützten Entscheidungshilfeprogrammen gearbeitet. Im folgenden soll ein solches Projekt aus dem Anwendungsalltag näher beschrieben werden. Anschließend wird die Rolle des Expertenwissens in solchen Kontexten näher betrachtet. Dabei sollen kritische Aspekte aber auch Möglichkeiten und Chancen der Verwendung von Expertenwissen aufgezeigt werden.

3 Ein Anwendungsbeispiel

3.1 Versuch einer internetgestützten Karriereberatung

Internetgestützte Testplattformen, die dem Teilnehmer eine detaillierte Rückmeldung über die eigenen Stärken und Schwächen ermöglichen sind bereits zahlreich umgesetzt worden. Internetgestützte Beratungssysteme, die über die deskriptive Rückmeldung von Testergebnissen hinaus, Schlüsse aus den vorliegenden Daten ziehen, sind allerdings eher selten. Aber gerade dieses Beratungsangebot ist im Zuge der immer komplexer werdenden Arbeitswelt und der damit verbundenen steigenden Laufbahnunsicherheit junger Berufsanfänger immer wichtiger (Blickle, 1997). Mit dem im folgenden dargestellten Projekt ist der Versuch unternommen worden, ein internetgestütztes und damit kostengünstiges Beratungssystem für junge Berufstätige, Studenten und Schüler zu entwickeln. Ziel war es dabei neben der Rückmeldung über persönliche Potenziale und Schwächen eine Beratung bezüglich der zu empfehlenden Berufslaufbahn anzubieten. Zudem ist versucht worden keine Standardlösungen vorzugeben, sondern durch die Art der Rückmeldung, die Teilnehmer zu einer selbstständigen und eigenverantwortlichen weiteren Informationssuche zu motivieren. Das auf Basis der erhobenen Daten erstellte Gutachten stellt somit für die Teilnehmer einen soliden Ausgangspunkt für die weitere Exploration aller Möglichkeiten dar.

Gerade bei der Neuentwicklung von Projekten, bei denen es noch keine Realdaten gibt, an denen sich Zuordnungen und Voraussagen berechnen lassen, ist ein hohes Maß an Expertenwissen nötig, um Entscheidungen für verschiedene Probleme zu treffen. In dem vorliegenden Anwendungsfall betrifft dies zum Beispiel die Entscheidung, welche Skalen sich zu sinnvollen Untergruppen zusammenstellen lassen oder welche Ergebniskonstellationen sich zur Empfehlung von bestimmten Berufswegen eignen. Konkrete Regeln und Zuweisungen, die besonders bei der internetgestützten Umsetzung von Beratungsprogrammen nötig sind, wurden dabei in Gesprächen von Expertengruppen festgelegt. Diese sind wohl am ehesten mit unstrukturierten Interviews zu vergleichen. Auf die Bitte hin, die persönliche Sicht bestimmter psychologisch relevanter Zusammenhänge, zu schildern, fand ein Austausch mit anderen Fachexperten statt. Dabei wurden die eigenen Überlegungen eingebracht und ein Konsens der eventuell differierenden Meinungen gesucht. Wenn man dabei die zahlreichen bisher von der psychologischen Forschung noch ungelösten Probleme bedenkt, sind zudem gewiss auch viele Komponenten des lauten Denkens eingeflossen. Denn dies ist ein gern gewählter Weg die eigenen, neuen Gedanken zu strukturieren und andere Experten in die Überlegungen mit einzubeziehen. Gezieltes Nachfragen von Kollegen kann dabei zu einer zunehmend stärkeren Explikation und Verbesserung der Zuweisungsregeln führen.

Aber auch die zahlreichen Einzelarbeiten erforderten ein hohes Maß an Expertenwissen. Dabei hat der Experte sein Fachwissen zur Generierung von Hypothesen genutzt und Entscheidungen auf Basis seines vielfältigen Erfahrungsschatzes getroffen. Um diese Erfahrungen und die darauf hin getroffenen Entscheidungen auch für Außenstehende sichtbar zu machen, sollte der Experte im Anschluss daran versuchen, die Entscheidungsregeln zu konkretisieren. Auch dies wurde im konkreten Projekt teilweise durch Einzelarbeit aber auch durch halbstandardisierte Interviews im Kollegenkreis realisiert. Im folgenden wird nun das Beratungsprojekt naher beschrieben, wobei der Fokus auf der Darstellung der Vorgehensweise des Gutachtenerstellungsprogramms liegt.

Im Zuge eines aktuellen Auftrages zur Entwicklung eines Tests zur internetgestützten Karriereberatung wurde versucht, vielen der in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten Problemen zu begegnen. Das Besondere an diesem Vorhaben ist, dass nicht nur die Rückmeldung über die Ausprägungen der Persönlichkeits- und Leistungsskalen automatisch erfolgen soll, sondern der Versuch unternommen wurde, jedem Testteilnehmer auf Basis der individuellen Profilausprägungen Empfehlungen für die berufliche Zukunft zu geben. Damit geht dieses internetgestützte Beratungssystem einen Schritt weiter als viele der bereits existierenden Testsysteme. Denn neben der Rückmeldung von Testergebnissen sollen auch auf diese individuellen Ausprägungen hin abgestimmte Empfehlungen für das Einschlagen bestimmter Karrierewege gegeben werden. Erschwert wird dieses Vorhaben durch die Vorgabe, auch Merkmalskombinationen anstelle der oft üblichen Einzelergebnisrückmeldung zu berücksichtigen.

Zielgruppe sind zum einen Schüler der verschiedenen Schulformen, die kurz vor der Wahl eines Ausbildungsplatzes oder der Aufnahme eines Studiums stehen und zum anderen junge Berufstätige und Studenten,. Damit spricht der Test genau die Personen an, nämlich die bis 25 jährigen, bei denen nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit der größte Beratungsbedarf vorliegt (s.o.). Für beide Zielgruppen wurde ein maßgeschneidertes Testverfahren entwickelt.

Für Schüler wurden verschiedene Testformen für Haupt-, und Realschüler und Gymnasiasten entwickelt. Eine allgemeine Übersicht über die erhobenen Skalen gibt Tabelle 1.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Skalen und Dimensionen der Schülertests

Um eine optimale Auswahl der in Frage kommenden Berufe zu gewährleisten, wurden im Schülertest zudem noch ein Reihe von Beruflichen Vorlieben und Interessen erhoben. Tabelle 2 enthält eine Übersicht der erhobenen Dimensionen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Übersicht der erhobenen Interessensskalen und beruflichen Neigungen

Das Verfahren für junge Berufstätige und Studenten kann internetgestützt bearbeitet werden und misst 14 Persönlichkeitsskalen. Die Ergebnisse dieser Skalen dienen schließlich der Rückmeldung über Stärken und Entwicklungspotenziale und bilden die Basis für Karriereempfehlungen.

Tabelle 3 zeigt eine Übersicht über die erhobenen Skalen und ihre Zugehörigkeit zu den Ergebnisblöcken des Tests für junge Berufsanfänger und Studenten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Skalen und Dimensionen für junge Berufsanfänger und Studenten

3.2 Struktur der Rückmeldung

Im Anschluss an die Bearbeitung des Tests erhalten die Teilnehmer dank der internetgestützten Auswertung eine zeitnahe Rückmeldung der Ergebnisse. Dazu wird ein ausführliches Gutachten erstellt, dass sich im Wesentlichen in vier Bereiche gliedern lässt: Im folgenden wird dabei zunächst die Struktur der Schülerrückmeldung und anschließende die Rückmeldung für junge Berufstätige und Studenten beschrieben.

3.2.1 Ergebnisrückmeldung für Schüler

Zu Beginn des Gutachtens wird verdeutlicht, welchen Nutzen jeder einzelne Schüler aus der persönlichen Rückmeldung ziehen kann. So erhält er zum einen eine detaillierte Beschreibung seiner Stärken und Schwächen, zum anderen werden ihm verschiedene Berufe empfohlen, die zu seiner individuellen Persönlichkeitsstruktur passen. Dabei wird jedoch darauf verwiesen, dass dies nur eine zufällige Auswahl aus einer Vielfalt verschiedener einander psychologisch sehr ähnlicher Berufe ist. Der Schüler erhält somit direkt zu Beginn den Auftrag, die Rückmeldung nicht als fertiges Lösungskonzept zu verstehen, sondern als Anleitung zum selbständigen Weiterdenken.

Im zweiten Teil des Gutachtens erhält der Schüler eine detaillierte Rückmeldung über seine individuellen Persönlichkeitsausprägungen und Leistungspotenziale. Die Darstellung erfolgt dabei in den oben dargestellten Rückmeldeblöcken. Dies hat neben einer höheren Übersichtlichkeit den Vorteil, dass anhand der Blockbezeichnungen gleich ersichtlich wird, für welche Bereiche des alltäglichen und beruflichen Lebens diese Skalen relevant sind. Die Rückmeldung erfolgt zunächst anhand eine Balkengraphik. Ein Pfeil markiert dabei den erreichten Prozentrang. Die verbale Rückmeldung unterscheidet jedoch nur zwischen einem niedrigen, mittleren und hohen Testwert, wobei die Cut off Werte bei Prozentrang 20 und 80 liegen. Zunächst wird zu jedem Skalenwert eines Blockes eine Einzelrückmeldung gegeben. Anschließend folgt eine zusammenfassende Rückmeldung über alle Skalen des Blocks. Diese ist für den Schüler besonders wertvoll, da sich aus der Kombination verschiedener Ausprägungen meist interessante Konstellationen ergeben, die weitreichende Implikationen für die spätere berufliche Tätigkeit beinhalten. Die Rückmeldungen der Ergebnisblöcke werden mit einigen Tipps und Ratschlägen zur Optimierung verschiedener Verhaltensweisen abgeschlossen.

Anschließend an die Darstellung der Leistungs- und Persönlichkeitsskalen erhält der Schüler eine Rückmeldung über die erhobenen Interessen. Diese werden anhand eines Tortendiagramms dargestellt. Dem Schüler fällt es so besonders leicht, die eigenen Hauptinteressen zu identifizieren. Die drei bedeutsamsten Interessen werden zudem noch einmal verbal zurückgemeldet. Der Fokus dieser Rückmeldung liegt dabei auf der Verdeutlichung der Bedeutsamkeit dieser Interessen für verschiedene Arbeitsbereiche. Dadurch erhält der Schüler eine wertvolle Hilfestellung. Durch die Konzentration auf die Hauptinteressen soll es ihm leichter fallen, die komplexe Berufswelt zu strukturieren und weniger passende Berufe direkt auszublenden.

Im folgenden werden dem Schüler besonders gut passende Berufe vorgestellt. Dabei wurde bewusst auf die bloße Darstellung von sonst üblichen Tätigkeitsbeschreibungen verzichtet. Die ausgewählten Berufe werden in Form eines Interviews mit einem Stelleninhaber vorgestellt. Dieser soll auf Fragen zum Berufsalltag typische Arbeitssituationen, Vorteile und Nachteile des Berufs schildern. Der Schüler hat durch diese Darstellungsweise die Möglichkeit einen wesentlich konkreteren und praxisnäheren Einblick in die Tätigkeit zu bekommen. Zudem sollten konkrete „Empfehlungen“ nach dem Schema „Werden Sie doch...“ vermieden werden, da dies unter Umständen zu Reaktanzen führen könnte und eine eigenverantwortliche Selbstexploration behindern würde. Durch die Betrachtung des Interviews aus einem gewissen Abstand heraus, kann der Schüler sich selbst in die Situation hineinfühlen und seine Entscheidung für oder gegen den vorgestellten Beruf treffen. Der Stelleninhaber dient dabei als Modell, von dem der Schüler praxisnahes Wissen vermittelt bekommt. Das Hineinfühlen in die Arbeitssituation hat zudem den Vorteil, dass der Schüler problematische Arbeitsumstände wirklich durchlebt, anstatt sie in einer Tätigkeitsbeschreibung zu überlesen und als unwichtig abzutun. Bei der Vorstellung der möglichen Berufe kann es zudem zu vielen teilweise sehr unterschiedlichen Vorschlägen kommen. Die Schüler werden dazu aufgefordert, sich erst einmal auf alle Vorschläge einzulassen und genau zu überlegen, warum ihnen manche Perspektiven nicht gefallen. Dadurch soll erreicht werden, dass die Teilnehmer sich nicht mit den vorgestellten Berufen zufrieden geben, sondern auf Basis dieser, eigene weitere Überlegungen anstellen.

Der letzte Teil des Gutachten schließt direkt an diese Überlegung an. Hier werden den Schülern Hilfestellungen für die weitere Informationssuche angeboten. Diese beinhalten eine vielfältige Sammlung von Internetlinks aber auch Tipps zum Umgang mit den vom Arbeitsamt angebotenen Informationsmaterialien.

[...]

Ende der Leseprobe aus 94 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten der Systematisierung internetgestützter Karriereberatung
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Fakultät für Psychologie, AE Methodenlehre, Diagnostik und Evaluation)
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
94
Katalognummer
V23031
ISBN (eBook)
9783638262361
Dateigröße
947 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Möglichkeiten, Systematisierung, Karriereberatung
Arbeit zitieren
Tanja Honka (Autor:in), 2003, Möglichkeiten der Systematisierung internetgestützter Karriereberatung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23031

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