Zu: Rudolf Bohren, Predigtlehre


Exzerpt, 2001

14 Seiten


Leseprobe


Rudolf Bohren: Predigtlehre

VORWORT

Schweigen brechen bis zu jener Grenze, an der das Wort geschieht

Die Bibel der Welt und die Welt der Bibel öffnen

Gesprächspartner u.a. Moltmann und Josuttis

ERSTER TEIL: ANLÄUFE

§1 PREDIGEN ALS LEIDENSCHAFT

Angesichts der heute herrschenden Müdigkeit auf der Kanzel plädiert der Verfasser für das Predigen aus Leidenschaft. Das Wort der Predigt – Wort Gottes, Menschenwort, Wort für Menschen in einem – wird zunächst als das Wort eines bestimmten Menschen gehört. Diese Predigtlehre beginnt damit, daß der Predigtlehrer sich selbst vorstellt als leidenschaftlicher Prediger.

Predigtlehre ist Lehre zur Freude
Der Prediger ist homo ludens (Prov. 8,30): Spiel
Er kann nicht „machen“, was die Predigt leisten soll.
Wagnis um Leben und Tod: Brandstifter zu sein, zu sagen „Gott“. In diesem Nichtkönnen wagen und im Wagen „können“.
Leiden (-schaft), Passion: Aus dem Predigtzwang (1.Kor 9,16) ergibt sich die Notwendigkeit der Predigtlehre
Predigthörer haben es auch schwer, zuhören ist schwerer als reden
Wunder ist und Wunder wird indem sich einer selbst wagt
Darauf warten die Gemeinden, auf eine Predigt in neuen Zungen.
Wir predigen den Kommenden, deswegen keine Passion ohne Freude!

§2 VIER VERLEGENHEITEN

Die Verlegenheit des Predigers und das Unbehagen des Hörers lassen sich auf den Nenner der Sprachlosigkeit bringen. Die Situation des Predigers wird charakterisiert als die Verlegenheit, in der er sich mit Gott, der Welt, der Kirche und sich selbst befindet.

Predigen ist fragwürdig geworden. „Der Aufwand lohnt sich nicht.“ Wir ermangeln der Kommunikation (Lange)[1]. Keine Euphorie der Machbarkeit oder der Verlegenheit!

I Die Schwierigkeit mit Gott

„Wir sollen als Theologen von Gott reden. Wir sind aber Menschen und können als solche nicht von Gott reden. Wir sollen Beides, unser Sollen und unser Nicht-Können, wissen und eben damit Gott die Ehre geben.“ (Barth 1922)

Grundfrage der Predigt bleibt die Gottesfrage. „Gott ist tot?“ Der Verlust Gottes signalisiert Gericht.

II Von Gott reden in einer sprachlosen Welt

Sprache wandert aus der Welt aus (so Schriftsteller)

III Sprachlose Kirche

Sie ist perfekter Apparat à Hermeneutik kirchlicher Institutionen fehlt. Reform der Kirche!

Perfekte Theologie à Methodenkritik der Historischen Kritik und der Kommunikationsforschung

IV Die Schwierigkeit mit sich selbst

Verfall von Gemeinschaft und Gemeinde

Studium zu wenig Homiletik, Exegese und Dogmatik klaffen auseinander (wegen Traditionsunkenntnis) à Predigtforschung!

Mit Sabbat beginnen.

§3 VORFRAGEN

Wie die Predigt Wort Gottes sein oder werden kann, ist das Grundproblem der Homiletik. Darf man da bei Definitionen stehen bleiben? Die Sprachlosigkeit erfordert eine Sprachlehre des Glaubens, der Liebe, der Hoffnung. Kann eine strenge, mehr oder weniger einseitige Methodik die Probleme noch lösen?

I Zur Definition der Predigt

Nicht einpassen, dann nicht Neues! Reformatorisch:

Praedicatio verbi dei est verbum dei

Was heißt „est“ in Bezug auf Kanon, Amt, Innere Erleuchtung?

Keine eigene Definition. „Unwissenschaftlichkeit“ hier wissenschaftlicher als abstrakte Wissenschaft.

II Zur Methode der Predigtlehre

Abstraktion und Metasprache wäre unsachlich!

Aber Schutz vor Mißbrauch der Theologie des Wortes.

Methodenvielfalt, weil jede Predigt Stückwerk ist. Essay als Form des Fragmentarischen.

Predigtlehre als Freiheitslehre. Aber auch Raum dieser Freiheit bedenken.

III Aufgabe, Anlage und Aufbau der vorliegenden Homiletik

Aufgabe: Sprachlehre von Glaube (Vergangenheit), Hoffnung (Zukunft), Liebe (Gegenwart) à Doppelgabe der Liebe bestimmt Form und Inhalt der Homiletik

Aufbau: Woher (Legitimation) à TEIL ZWEI, Gehalt & Gestalt (Zeitformen) à TEIL DREI, Person des Predigers à TEIL VIER,
Adressat à TEIL FÜNF

Eine Predigtlehre stellt sich gegen das Wunder, wenn sie sich auf die Machbarkeit beschränkt, wie wenn sie die Machbarkeit ignoriert.

Falsche Trennung von Form und Inhalt widerspricht der Zukunft Gottes, der „Alles in Allem“ (1. Kor 15,28) sein wird.

Homiletik im Kontext moderner Literatur, weil Dichtung anspricht, Sprache benutzt, die Welt zur Sprache bringt, Sprache kritisch reflektiert.

ZWEITER TEIL: DAS WOHER DER PREDIGT

§4 DER HEILIGE GEIST

Überwunden wird die Sprachlosigkeit nur durch das Kommen des Heiligen Geistes. Sein Kommen, das zu erwarten, sein Wirken, das zu entdecken und benennen ist, läßt sich in einem Vergleich zwischen Blumhardt Vater und Blumhardt Sohn beispielhaft darstellen: die konkrete Erwartung des Pfingstwunders dort und hier die Entdeckung der Geistwirksamkeit in der Welt. Es geht um die Geistesgegenwart! Für das Predigen stellt sich das Grundproblem der Homiletik jetzt als Frage nach dem Verhältnis von Göttlichem und Menschlichen im Sprachgeschehen. Was Anton A. van Ruler in seinem pneumatologischen Entwurf unter anderem in den Begriff der theonomen Reziprozität faßt, wird für diese Predigtlehre fruchtbar werden.

I Begründung der Homiletik

Die Erfahrung der Sprachlosigkeit verwehrt mit Formel „Gottes Wort als Grund und Inhalt der Predigt“ einzusetzen.

Pannenbergs Fehl-anzeige der Pneumatologie 1964

Johann Christoph Blumhardt: Ggw. Einwirken des Geistes entspricht nicht der Einwohnung wie zu Pfingsten, die wieder zu erwarten ist. „sichtbarer Feuerglanz“ (Hoffen)
Christoph Blumhardt: Er kommt, der Geist! Hagener Friedenskonferenz 1899 z.B.; „ins Stübchen hinein“ (Erfüllung)

Apg als idealisierte Geschichte des Anfangs muß um unserer Zukunft willen erzählt werden.

Nur eine neue Ankunft des Geistes wird Sprachlosigkeit überwinden, aber gibt schon ein heimliches Reden des Geistes.

II Die Bedeutung der Pneumatologie für die Homiletik

Beinahe unerforscht.

- Vorteil: Dialektische Theologie +
Menschlich-Machbares
à Neues Gewicht Prediger und Hörer

- Christologische und pneumatologische Argumentation sind zu differenzieren, weil die Ausgießung des Geistes nach der Inkarnation eine neue Tat Gottes war (van Ruler)

Der Geist wirkt in uns, an uns, mit uns:

In uns: gerade die Ausgießung & Einwohnung des Geistes (die vs christologische Enhypostasie keine Wesenseinheit ist) ermöglicht die Berücksichtigung des Menschlichen.

An uns: ich bin selbst Objekt des Heils, daraus freudige Selbstbejahung und Begeisterung für das Sein (vgl. §1)

Mit uns: Die „Theonome Reziprozität“ bezeichnet das est, den Vorgang des Wunders: Die Gegenwart des Geistes wird zur Geistesgegenwart des Sprechenden und Hörenden, ohne in ihr aufzugehen.

Pneumatologisch ist alles Machbare wunderbar: Methode, Kunst, Wissenschaft, Technik, ist Vermengung des Heils mit der Existenz des Menschen positiv, nicht ketzerisch, wirkt gegen Spiritualisierung (Blumhardt Junior): Profanes und Sakrales sind eins, jede „herrschende Methode“ kann auf ihre Problematik – ihre Götter – befragt werden. Blumhardt Senior lehrt dieses Unterscheiden der Geister, d.h. Geistwirken und Person des Heiligen Geistes.

Der Geist ist (derzeit) unperfektionistisch, fragmentarisch und polyphon und wirkt daher gegen die „Monotonie“ der Fleischwerdung (die autoritäre Episkopalstrukturen und Predigten hervorgebracht hat). Luther: „Daß eine christliche Versammlung oder Gemeine Recht und Macht habe, alle Lehre zu urtheilen.“ à Predigtkritik

Nicht nur Leidenstheologie in der Kreuzesnachfolge (Bonhoeffer?) Jesu tot wird erlitten. Der Geist leidet aktiv und ruft nach dem Advent.

Prediger Blumhardt bewahren davor, Pneumatologie in ein System einfangen zu wollen (Zukunftsaspekt/Hoffnung), van Ruler als Systematiker bewahrt davor, die Gegenwart des Hl. Geistes zu übersehen (Erkenntnis). Naja.

III Der Heilige Geist als Geber und Gabe des Wortes

Pfingsten als Zungenrede bedarf der Auslegung (Kenosis heißt: der Geist ist wortbedingt)!

Das Geheimnis des Predigers ist das Geheimnis der Gemeinde: Christus in euch (Kol).

Nach Geistempfang bringt der Jünger den Geist zur Sprache (Aktivität: zeigt Wortwahl Früchte des Geistes?), und der Geist den Jünger zum Sprechen (Passivität: Meditation §21).

„Begeisterung“ Ziel der Predigt. Enthusiasmus und Freimütigkeit nicht verdrängen, Predigtkritik ermuntern. Geist der Freiheit!

Früchte: Geist der Freude und des Lobs, aber auch Protest und Klage (Seufzen Röm 8 nach Käsemann!). Verweist auf Kriterien: welcher Geist inspiriert? à §5 und §6

§5 DER NAME

Die Begründung der Homiletik in der Lehre vom Heiligen Geist bedarf einer Ergänzung, die erläutert, daß der Geist, der das Wort gibt, nicht irgendein Geist, sondern der heilige Geist ist. Zugleich muß sie den Rechtsgrund der Predigt im Geist aus der Vielfältigkeit und Verborgenheit des Geistes ans Licht heben: Die Predigt hat ihren Rechtsgrund im Namen dessen, den sie verkündigt.

I Legitimation der Predigt im Namen

JHWH wird im nihil nisi Christus praedicandus est zu Ehren gebracht. Im Namen JHWH und den Namen (Dreifaltigkeit) hat die Predigt ihr kritisches Prinzip.

Ihre Legitimität hängt an der Identität von Name und Genannten.

II Der Name als hermeneutisches Problem

JHWH ist unübersetzbarer Name…
wie auch Christus. Zu sagen ist, was der Name bedeutet.
Kunst und Technik soll dem Namen Nachdruck verschaffen, der durch jahrhundertelangen Mißbrauch zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist à Spracherweiterung durch Verfremdung.

und unbegreiflicher Begriff (Miskotte).
Im Namen ist Jesus Gegenwärtig à Wunder.

Konkrete Poesie als Reduktion ist der Versuch, aufs Wort zurückzugehen und entdeckt damit eine neue Möglichkeit des Wortes.
Mit „Immanuel“ lerne ich sprechen, streiten gegen den Gott der Philosophen.

III Der Dienst an der Identität

Problem: mit dem Offenbarwerden des Namens geht dieser ein in die menschliche Sprache.

à Bitte um Heiligung des Namens. Predigt ernennt den Menschen zum König und Priester, damit dieser den Namen anruft.

IV Hinweis auf Kohlbrügge

Predigt Friedrich Kohlbrügges zeigt Dilemma des Predigens: Nicht nur Menschsein Jesu, sondern auch Gottsein Christi und also das Geheimnis seines Namens für unsere Zeit deuten.

V Keine Teufelspredigt

Böses nicht zum Thema machen

Der Teufel wird gerade in seiner Entmythologisierung durch Mythen ersetzt, die stets zum „Pharisäismus“ führen. (ALO: Ist „Pharisäismus“ nicht auch ein Mythos?)

§6 DIE SCHRIFT

Die Verurkundung des Namens in der Heiligen Schrift läßt nach dem Bezug des Predigens zum Ganzen der Schrift wie zum jeweiligen Text fragen. Wird das Wirken des Geistes in der Welt anerkannt, gewinnt der Kanon zur Prüfung der Geister neue Relevanz. Der alttestamentlichen Predigt kommt besondere Bedeutung zu. – Die Homilie wird als bevorzugte Gestalt der Schriftpredigt an einer Predigt von Karl Barth erläutert.

I Die Schrift als Ur-Kunde des Namens

Zur Legitimation der Predigt gehört Schrift- und Textgemäßheit. Aber Predigt ist zuerst Namensrede, dann erst Bibelrede. Kein Biblizismus!

II Die Schrift als Dokument des schenkenden Geistes

Bibel ist nicht nur kritischer Maßstab/Kritiker/Hörhelfer, sondern auch Gnadenmittel/Quelle der Inspiration/Sprachrohr.

III Das Schriftganze

Exegese analysiert und unterscheidet. Die Predigt muß synoptisch sehen.

IV Text und Textwahl

Das es primär um den Namen der Person Christi geht, kann es auch Situationspredigen geben (vgl. Invokavitpredigten Luthers), sie setzen aber intensiven Umgang mit der Schrift voraus.

Textpredigt aber Standard, dabei wählt der Text als concretissimus uns aus, von daher ist die lectio continua der Perikopenordnung vorzuziehen; sie hat auch Vorteile für die Weiterbildung der Pfarrer (Lange?), denn die kritische Gemeinde weiß, was dran kommt.

V Alttestamentliche Predigt

Ist in der Perikopenordnung zu wenig!

Kohlbrügge: in Christus ist das AT nicht alt.

Prediger soll nicht reden wie ein Rabbiner (àZweiteilung der Predigt), aber auch nicht ohne den Rabbiner: Kirche kann von der Synagoge nicht absehen, ohne ihre Verheißung zu verlieren (ein Gott).

VI Kleines Lob der Homilie

Bonhoeffer: „anspruchsvollste, aber auch sachgemäßeste Auslegungsform für den Text“

§7 WORT UND GEIST

Die bisherigen Fragestellungen werden aufgenommen in der einen Frage nach dem Verhältnis von Wort und Geist. Die Einheit beider ist Ursprung und Ziel des Predigens. Ein sprachphilosophischer und ein hermeneutischer Exkurs verdeutlichen das hermeneutische Problem: die Erweiterung der Sprache durch die Bibel. Für den Predigtstil ergibt sich eine Bevorzugung des Dramatischen gegenüber dem Aufsatzmäßigen und eine Erweiterung der Predigtformen durch die Formgeschichte.

[...]


[1] Hier Korrektur gegenüber seiner Rede von der „Baalisierung der Kirche“? Damals waren Erwartungen an die Kirche allein als heidnisch abgekanzelt worden, jetzt sieht er in ihrem Vorhandensein gerade eine Chance!

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Zu: Rudolf Bohren, Predigtlehre
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Wissenschaftlich-Theologisches Seminar)
Veranstaltung
Examensvorbereitung
Autor
Jahr
2001
Seiten
14
Katalognummer
V2301
ISBN (eBook)
9783638114080
Dateigröße
666 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rudolf, Bohren, Predigtlehre, Examensvorbereitung
Arbeit zitieren
Andreas Losch (Autor:in), 2001, Zu: Rudolf Bohren, Predigtlehre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2301

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