Bohemund von Tarent. Herausragende Persönlichkeit bei der Schlacht um Antiochia oder ein Heerführer unter vielen?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Bohemund von Tarent und die Schlacht um Antiochia
2.1 Das Leben Bohemunds bis zur Eroberung von Antiochia
2.2 Die Schlacht um Antiochia im Fokus von Bohemunds Taten

3. Die Quellenlage zur Schlacht um Antiochia
3.1 Die Figur Bohemunds im Spiegel der Quellen
3.1.1 Die Quelle der Anna Komnena
3.1.2 Die Quelle des Ibn al-Qalanisi
3.1.3 Andere Quellen

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Bohemund von Tarent war einer der schillerndsten und beeindruckendsten Führer des Ersten Kreuzzuges. Er war ein großer Heerführer und Stratege, dessen Meinung bei den anderen Fürsten viel Gewicht hatte. Mit der Herrschaftsübernahme und Gründung des Fürstentums Antiochia, hatte er einen Kreuzfahrerstaat geschaffen, der länger als alle anderen Bestand hatte. Viele Geschichtsbücher loben ihn und heben seine Taten und Werke hervor. Doch war er das alles wirklich?

Ziel dieser Arbeit ist es, herauszufinden, ob Bohemund von Tarent wirklich die herausragende Persönlichkeit war, als die er beschrieben wird[1], oder ob er nur „einer von vielen“ Heerführern war, der bei der Eroberung und Beanspruchung von Antiochia Glück hatte. Um sich dieser Fragestellung auf fundierter wissenschaftlicher Grundlage zu nähern, wird zu Anfang die Biographie Bohemunds kurz wiedergegeben und dabei ins- besondere geschaut, ob er vor Antiochia bedeutende militärische und strategische Erfolge feiern konnte. Danach folgt ein kurzer Einblick in den Eroberungsverlauf der Stadt Antiochia unter besonderer Berücksichtigung Bohemunds Taten. Schlachtenverläufe, die keine direkte Auswirkung auf Bohemund oder seine Truppen hatten, werden dabei nicht aufgeführt. Es soll lediglich der Skizzierung der groben Handlungsverläufe und der besseren Quelleneinordnung dienen.

Den Schwerpunkt der Arbeit stellt dabei der Quellenvergleich dar. Verschiedene Quellen werden auf die Erwähnung Bohemunds hin untersucht und es wird verglichen, wie er in ihnen Erwähnung findet. Das Augenmerk liegt dabei auf dem Kontext der Erwähnungen und ob es Abweichungen in der Darstellung Bohemunds gibt. Die meisten der ausgewählten Quellen befassen sich mit der Eroberung Antiochias und wurden auf Seiten der Kreuzfahrer geschrieben. Dadurch ist eine rein objektive Darstellung leider nicht gewährleistet. Aus diesem Grund wird verstärkt auf die wenigen muslimischen Quellen geschaut, auch wenn diese natürlich genauso subjektiv sind wie die Quellen der Kreuzfahrer. Als einzige nichtmilitärische Quelle wird Anna Komnenas Sichtweise auf Bohemund untersucht. Anna widmete sich der Person des Bohemund von Tarent in einem ihrer Briefe[2] ausgiebig.

Den größten Teil der Quellenarbeit nimmt dabei also nicht die Quellenkritik oder die Interpretation ein, sondern der Vergleich. Anschließend wird die aus dem Vergleich gewonnene Erkenntnis auf die Fragestellung angewendet.

Der Forschungsstand über den Ersten Kreuzzug ist sehr heterogen, da schon sehr früh damit begonnen wurde, ihn zu untersuchen. Dadurch gibt es eine Fülle von Literatur, die sich mit dem Thema auseinandersetzt. Um nicht den Überblick zu verlieren, werden in der Arbeit vier Werke als Grundlage für die geschichtliche Rahmendarstellung und zur Interpretation dienen. Dieses sind zum einen der führende deutsche Experte für die Geschichte der Kreuzzüge, Hans E. Mayer, mit seinem Werk „Geschichte der Kreuzzüge“[3] und aus dem englischen Raum, Kenneth M. Setton „A history of the Crusades“[4], Steven Runciman „A history of the Crusades“[5] und John France „Victory in the East“.[6]

Ziel dieser Arbeit ist es also nicht, neue Erkenntnisse über das Leben oder Wirken des Bohemund von Tarent zu gewinnen oder die Quellen neu zu interpretieren, sondern zu schauen, ob der Ruf, dem ihn die Geschichtsschreibung gegeben hat, anhand der Quellen haltbar ist oder nicht.

2. Bohemund von Tarent und die Schlacht um Antiochia

Das folgende Kapitel befasst sich zunächst mit dem Leben von Bohemund von Tarent und legt den Schwerpunkt dabei auf seine militärische Laufbahn. Es wird ein grober Überblick über sein Leben bis zu den Toren Antiochiens gegeben, wobei untersucht wird, ob er in früheren Schlachten eher eine führende bzw. beratende Position innehatte, oder ob er eher ein „einfacher“ Soldat war. Dadurch soll herausgefunden werden, ob es für die anderen Fürsten bei der Schlacht um Antiochien Gründe gab, seinen Worten viel Gewicht beizumessen.

Anschließend wird der Schalchtenverlauf vom Beginn der Belagerung Antiochiens bis zur Eroberung der Stadt kurz umrissen, um die dann folgenden Quellen besser einordnen zu können. Auch hier liegt wieder das Augenmerk auf Bohemunds Truppen und - sofern vorhanden - seiner Interaktion mit den anderen Heerführern.

2.1 Das Leben Bohemunds bis zur Eroberung von Antiochia

Bohemund[7] von Tarent, eigentlich Markus von Tarent, wurde wahrscheinlich um 1054[8] n. Chr. geboren und starb am 7. März 1111 n. Chr. Er wird durchgehend als imposante und beeindruckende Person beschrieben. Seine Gestalt soll dabei besonders markant und auffällig gewesen sein. Er wird als herausragend kräftiger Krieger beschrieben, der seine Mitstreiter auf dem Schlachtfeld gut um eine Haupteslänge überragte.[9] Man sagt, diese körperlichen Merkmale hätte er von seinem Vater Robert Guiscard geerbt. Guiscard kam als sechster Sohn eines normannischen Ritters ohne Anspruch und Aussicht auf ein Erbe nach Süditalien und verdiente seinen Lebensunterhalt zunächst als Straßenräuber. Über die Jahre hinweg gelang es Guiscard sich seinen eigenen Staat zu erschaffen, der in dieser Art und seiner Stabilität einzigartig war.[10] Bohemund hatte mit seinem Vater also definitiv einen strategisch qualifizierten General vor sich, der aber auch in der Lage war, politische Entscheidungen wohl überlegt zu fällen. Bohemund wurde von seinem Vater zum Ritter ausgebildet und erhielt seine Feuertaufe 1079, als er zusammen mit seinem Vater einen Aufstand niederschlug. Ein Jahr später erhielt Bohemund das Kommando über seine erste Einheit, als sein Vater einen Feldzug gegen Byzanz vorbereitete.[11] Bohemunds Kriegstross hatte dabei die Aufgabe einer Stoß- und Infiltrationseinheit, die eine wichtige Versorgungsposition sichern sollte. Er war ein Jahr auf sich alleine gestellt, bevor sein Vater mit der Hauptstreitmacht 1081 in Durazzo zu ihm stieß.[12] Dass Guiscard Bohemund eine so wichtige Aufgabe anvertraute, zeigt deutlich, dass Bohemund erfahren und ausgebildet genug gewesen sein muss, diese Aufgabe auch zu bewältigen. Nachdem Guiscard durch innenpolitische Ereignisse gezwungen wurde, sich in die Heimat zu begeben, wurde Bohemund das Kommando über die gesamte Streitmacht überantwortet. Bohemund gewann zwar einige Schlachten, war jedoch durch eine finanziell und personell bedingte Knappheit dazu gezwungen, seine Eroberungen später wieder abzutreten.[13] Außerdem erkrankten er und sein Vater sowie Teile des Heeres an Typhus. Sein Vater überlebte diese Krankheit jedoch im Gegensatz zu Bohemund nicht und verstarb 1085. Wider Erwarten bestieg jedoch nicht Bohemund den Thron, sondern sein Halbbruder Roger Borsa.[14] 1088-1089 verübte Bohemund einen Aufstand gegen seinen Halbbruder und wurde dadurch mit Tarent, Gallipoli und Brindisi belehnt und erhielt zusätzlich den Titel eines Fürsten von Tarent, was seinen späteren Namen in der Geschichtsschreibung erklärt. Danach diente er eine Zeitlang im Heer Rogers von Sizilien und schließlich im Heer seines Onkels.[15] Während der Belagerung der Stadt Amalfi (1096), zog ein Kreuzfahrerheer Richtung Bari an der Stadt vorbei und erweckte Bohemunds Aufmerksamkeit. Nach Sicht der Quellen war Bohemunds Begeisterung für den Kreuzzugsgedanken so enorm, dass er von tiefem religiösem Eifer erfasst wurde, seinen Mantel zu Kreuzen zerschnitt und sich dem Kreuzzug anschloss.[16] Bohemunds Beispiel folgten so viele Ritter und so viel Fußvolk, dass sein Onkel die Belagerung abbrechen musste.[17] Dieses Beispiel verdeutlicht sehr schön, was für ein Ansehen Bohemund unter seinen Männern genossen haben muss beziehungsweise wie charismatisch er war und über welche Überredungskunst er verfügte. Natürlich ist auch denkbar, dass sich Bohemunds Truppen auch ohne ihn dem Kreuzzug angeschlossen hätten. Jedoch führt die Geschichtsschreibung dies auf Bohemunds Vorbildfunktion zurück. Der Abzug der Soldaten wurde trotz der dadurch resultierenden Niederlage bei Amalfi seitens Rogers gebilligt, auch wenn er sie nie offiziell unterstützte.[18] Dass Bohemunds Beweggründe rein religiöser Natur waren ist allerdings zu bezweifeln. Daheim gab es für ihn keine Möglichkeit sich auszubreiten, die einzige Chance, die ihm blieb, neue Ländereien zu erobern, war es also sich dem Kreuzzug anzuschließen und im „Heiligen Land“ auf Besitztümer zu hoffen.[19] Er schwor zwar Kaiser Alexios den Lehnseid, alle früher zu Byzanz gehörigen zurückeroberten Gebiete an Alexios abzutreten, jedoch gibt es in der Gesta Francorum eine geheime Vereinbarung zwischen Alexios und Bohemund. Laut dieser würde Alexios Bohemund Antiochien überlassen. Die anderen Quellen erwähnen eine derlei Vereinbarung allerdings nicht. Ob Bohemund es von vornherein geplant hatte, Antiochien für sich zu beanspruchen oder nicht, kann also nicht abschließend geklärt werden. Allerdings lassen sich seine Beweggründe für die Teilnahme am Kreuzzug so sehr gut nachvollziehen. Ob es diese geheime Vereinbarung jemals gegeben hat, oder ob Bohemund sie nachträglich hinzufügen ließ, um seinen Anspruch auf Antiochien zu legitimieren, konnte bis jetzt nicht geklärt werden[20]. Tatsache ist jedoch, dass sein Vorhaben Fürst von Antiochien zu werden, sollte er es geplant haben, funktioniert hat.

[...]


[1] Vgl. Mayer, H.E.: „Geschichte der Kreuzzüge“, Stuttgart, 1985, S.54.

[2] Eigentlich sind diese Briefe eine Schilderung der Regierungszeit ihres Vaters Kaiser Alexios der I. Komnena.

[3] Mayer, H.E.: „Geschichte der Kreuzzüge“, Stuttgart, 1985.

[4] Setton, K.M.: „A history of the Crusades”, Madison (Wisconsin), 1969.

[5] Runciman, S.: „A history of the Crusades”, Cambridge, 1957.

[6] France, J.: „Victory in the East“, Cambridge, 1996.

[7] Bohemund ist ein Spitzname, den er von seinem Vater erhalten hatte, nachdem dieser eine Geschichte über einen Riesen namens „Boamundus giga“ hörte. (vgl. Ritchie, N.: „ Bohemund, Prince of Antioch: the Career of a Norman Crusader”, History Today, Mai 1978, S.294.)

[8] Laut „Lexikon des Mittelalters“ wurde er zwischen 1050 und 1058 geboren (Smith-Riley, John: Bohemund I. von Tarent in „Lexikon des Mittelalters“). Norwich erwähnt, dass Bohemund zu Beginn des Feldzuges gegen Byzanz 27 Jahre alt war (Norwich: Wikinger, S. 218), was bedeuten würde, dass er 1053 geboren wurde.

[9] Röhricht, R.: „Die Geschichte des Ersten Kreuzzuges“, Originalausgabe 1901, Neudruck Aalen 1968, S.70.

[10] Norwich, J.: „Die Wikinger im Mittelmeer“, übersetzt von M. von Meng, Wiesbaden 1974, S.237.

[11] Norwich, J.: „Die Wikinger im Mittelmeer“, übersetzt von M. von Meng, Wiesbaden 1974 S.215.

[12] Die Stadt spielt bei vielen Konflikten mit Byzanz eine Schlüsselrolle, da sie eine wichtige strategische Versorgungsposition auf dem Balkan bildet. Für nähere Informationen zu den Schlachten und zum Kriegsverlauf siehe Norwich.

[13] Norwich, J.: „Die Wikinger im Mittelmeer“, übersetzt von M. von Meng, Wiesbaden 1974, S.225-230.

[14] Auf die Gründe wird mangels Relevanz für diese Arbeit nicht näher eingegangen. Für nähere Informationen siehe Norwich.

[15] Norwich, J.: „Die Wikinger im Mittelmeer“, übersetzt von M. von Meng, Wiesbaden 1974, S.225-230..

[16] Röhricht, R.: „Die Geschichte des ersten Kreuzzuges“, Originalausgabe 1901, Neudruck Aalen 1968, S.70.

[17] Albert von Aachen erwähnt 10000 Ritter und 30000 Mann Fußvolk. Anna Comnena spricht lediglich von 500 Rittern. Fußvolk erwähnt sie gar nicht, jedoch ist stark davon auszugehen, dass die Fußsoldaten ihren Herren folgten.

[18] Röhricht, R.: „Die Geschichte des Ersten Kreuzzuges“, Originalausgabe 1901, Neudruck Aalen 1968, S. 51.

[19] Ritchie, N.: „ Bohemund, Prince of Antioch: the Career of a Norman Crusader”, History Today, Mai 1978, S.296.

[20] Für detaillierte Informationen, siehe z.B. H. Hagenmeyers Werke über die Gesta Francorum.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Bohemund von Tarent. Herausragende Persönlichkeit bei der Schlacht um Antiochia oder ein Heerführer unter vielen?
Hochschule
Universität Hamburg  (Geschichte)
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
16
Katalognummer
V229997
ISBN (eBook)
9783656454274
ISBN (Buch)
9783656455868
Dateigröße
532 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ziel dieser Arbeit ist es, herauszufinden, ob Bohemund von Tarent wirklich die herausragende Persönlichkeit war, als die er beschrieben wird , oder ob er nur „einer von vielen“ Heerführern war, der bei der Eroberung und Beanspruchung von Antiochia Glück hatte. Um sich dieser Fragestellung auf fundierter wissenschaftlicher Grundlage zu nähern, wird zu Anfang die Biographie Bohemunds kurz wiedergegeben und dabei ins- besondere geschaut, ob er vor Antiochia bedeutende militärische und strategische Erfolge feiern konnte.
Schlagworte
Bohemund von Tarnet, Antiochia, 1. Kreuzzug, Quellenanalyse, Quellen
Arbeit zitieren
Oliver Salewski (Autor:in), 2013, Bohemund von Tarent. Herausragende Persönlichkeit bei der Schlacht um Antiochia oder ein Heerführer unter vielen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/229997

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