Auf dem Weg zu einer allgemein anerkannten Wirkungstheorie: Illusion oder Realität?

Bestandsaufnahme der Kommunikations- und Medienwirkungsforschung


Hausarbeit, 2004

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Der Wirkungsbegriff
1.1 Abgrenzung des Wirkungsbegriffes
1.2 Begriffsdefinition

2. Das Paradigma des Stimulus-Response-Modells
2.1 Das Modell
2.2 Modellkritik

3.Weitere Kommunikationsmodelle
3.1 Der Nutzen- und Belohnungsansatz
3.2 Der transaktionale Ansatz

4.Der konstruktivistische Ansatz
4.1 Die kognitive Wirklichkeit
4.2 Die mediale Wirklichkeit

5. Zusammenfassung

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Die Medien sind es, die als entscheidender Faktor für unsere Beobachtung und Bewertung der Ereignisse der Welt und des Alltag verantwortlich sind. Keine Frage; die Medien, insbesondere das Fernsehen, haben in den letzten Jahrzehnten einen regelrechten „Boom" erfahren, wenn es um Informationsgewinnung, Unterhaltung oder Wissenszuwachs geht. Es scheint in der heutigen Zeit kaum mehr möglich zu sein, die Wirklichkeit als Mitglied einer Gesellschaft ohne den Einfluss und die Auseinandersetzung mit den Medien wahrzunehmen.

Auf diesen Grundgedanken bauen die Überlegungen der Konstruktivisten auf, die derzeit die wohl komplexesten Theorien der Kommunikationswirkungsforschung darstellen.

Dass der Weg hin zu diesem differenzierten Verständnis von Kommunikation und Wirkung jedoch mit zahlreichen Fehleinschätzungen, Modifikationen und Weiterentwicklungen gepflastert war, soll die folgende Hausarbeit veranschaulichen.

Das Hauptaugenmerk der Arbeit liegt darauf, die Entwicklung und die damit verbundenen verschiedenen Theorien der Wirkungsforschung aufzuzeigen. Im Verlauf wird deutlich werden, dass die einzelnen Modelle teilweise aufeinander Bezug nehmen und hinsichtlich ihrer Vorgänger Fortschritte und Veränderungen aufweisen.

Zunächst wird das Modell vorgestellt, das als der Beginn der modernen Kommunikationsforschung bezeichnet werden kann und bis in die heutige Zeit das Verständnis von Kommunikation dominiert. Das Stimulus-Response-Modell ist ebenso einfach wie umstritten. Da die meisten Annahmen des Ansatzes inzwischen eindeutig widerlegt wurden, ist es notwendig, in diesem Zusammenhang ausdrücklich Kritik zu äußern.

Im darauf folgenden Kapitel rücken exemplarisch zwei weitere Modelle in den Fokus, die verdeutlichen, wie schwierig es ist, den Prozess eines Kommunikationsprozesses theoretisch zu formulieren. Obwohl Elihu Katz Ende der sechziger Jahre mit seinem „Nutzen-und-Belohnungs-Ansatz“ einen deutlichen Fortschritt gegenüber dem Stimulus-Response-Modell erreicht, indem er dem Rezipienten eine aktive Rolle zuschreibt, bleiben viele wichtige Aspekte weiterhin unberücksichtigt.

Werner Früh und Klaus Schönbach sorgten Anfang der neunziger Jahre mit ihrem „Transaktionalen-Ansatz“, der im Anschluss vorgestellt werden soll, für eine weitere bedeutende Modifikation in der Kommunikations- und Medienwirkungsforschung.

Im abschließenden Kapitel der Hausarbeit werden schließlich die wichtigsten Überlegungen des konstruktivistischen Ansatzes vorgestellt. Nach Auffassung der Konstruktivisten ist die Wirkung von Medien und Kommunikation eng mit dem Aspekt der Wahrnehmung der Wirklichkeit verbunden. Das Kapitel ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil widmet sich der Vorstellungen der Grundbegriffe des Konstruktivismus und der primären Wirklichkeit, die den individuelle Prozess der Konstruktion von Wirklichkeitsentwürfen bezeichnet.

Im zweiten Teil liegt das Augenmerk auf der medial vermittelten Wahrnehmung der Wirklichkeit. Unter dem Begriff der medialen Wirklichkeit werden konstruktivistische Prozesse des Erstellens von Vorstellungen der Realität verstanden, die durch Aufbereitung und Verbreitung von Informationen durch Medienorganisationen zustande kommen.

1. Der Wirkungsbegriff

1.1 Abgrenzung des Wirkungsbegriffes

Bei der Beschäftigung mit Literatur, die Wirkung von Kommunikation im Allgemeinen und Medien im speziellen thematisiert, fällt auf, dass der Wirkungsbegriff häufig unklar und uneinheitlich verwendet wird. Einige Forscher lehnen den Begriff der Wirkung völlig ab, da er Vorstellungen einfacher Monokausalität nahe legt und den komplexen Verhältnissen massenmedialer Kommunikation nicht gerecht wird (vgl. Maletzke 1980: 99).

Aus diesem Grund sind einige Bemerkungen in Bezug auf die Definition des Begriffes unabdinglich. Stellvertretend für alle anderen sinnverwandten Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit dem Wirkungsbegriff, soll die Problematik der Verwendung und Abgrenzung zunächst anhand einer Gegenüberstellung mit dem Funktionsbegriff dargestellt werden. In einem zweiten Schritt ist er sowohl inhaltlich zu präzisieren, als auch zu kritisieren.

Die Bezeichnung einer „Wirkung“ im kommunikationswissenschaftlichen Sinn ist dem Bereich der Naturwissenschaften entlehnt. Sie wird in diesem Betätigungsfeld als eine „kausal strukturierte Ursache-Folge-Relation bezeichnet, wobei die Folge dabei als eine Wirkung von Irgendetwas verstanden wird“ (vgl. Merten 1994: 292 ). Kommunikation, sei es direkt („face-to-face“) oder indirekt, mittels eines Mediums

(Fernsehen, Radio, Brief usw.), erzeugt Wirkung in Bezug auf ein Individuum, wogegen sich der Begriff der „Funktion“ insbesondere auf größere soziale Aggregate, wie z.B. die Gesellschaft bezieht.

Kommunikation erzeugt Wirkungen beim Einzelnen, hat darüber hinaus aber Funktionen für die Gesellschaft. Bei den Wirkungen wird weiter zwischen normativen bzw. intendierten, und faktischen, tatsächlich erzielten Wirkungen unterschieden. Trotzdem erfüllt Kommunikation auch beim Individuum bestimmte Funktionen, deren Erfüllung überhaupt das Rezipieren von Medien auslöst. So erfolgt das Anschauen einer Nachrichtensendung wie der „Tagesschau“ der Informationsgewinnung. Der „Doppelpass“ im Deutschen Sportfernsehen liefert den gewünschten Kommentar zum vorabendlichen Fußball- Bundesliga-Geschehen und das Konsumieren einer der zur Zeit „boomenden“ Gerichts- oder Talkshows liefert, durch Offenlegung intimer Geständnisse und Einblicke ins Seelenleben, die ersehnte Unterhaltung.

1.2 Begriffsdefinition

Der Begriff der Wirkung hängt in der Kommunikationsforschung unmittelbar mit dem Kausalitätskonzept zusammen, welches, wie bereits erwähnt, dem Gebiet der Naturwissenschaften entstammt. Später wurde es von Psychologen aufgegriffen und als „Reiz-Reaktions-Schema“ (oder Stimulus-Response-Modell) zur Erklärung von bewussten und unbewussten Reflexen populär. Wirkung ist in diesem Kontext eine Veränderung, die sich auf die personenbezogen definierten Objektbereiche Wissen, Einstellung und Verhalten bezieht. Das klassische Wirkungsmodell, auf das im Folgenden noch ausführlich eingegangen wird, unterstellt, dass ein Kommunikator auf einen Empfänger „zielt“. Wenn es gelingt, diesen zu „treffen“, muss er, ganz im aristotelischen Sinn, über sachgerecht angewendete Rhetorik Wirkung erzielt haben (Vgl. ebd: 294).

Neben der bereits erwähnten Problematik der impliziten Monokausalitätsannahme sorgt auch die Tatsache, dass es sich in der Wirkungsforschung in den wenigsten Fällen um direkte Kausalitäten handelt für Unklarheiten. Vielmehr muss eine Fülle intervenierender Faktoren für das Wirkungsstudium beachtet werden. Dass es bis zu dieser, so banal erscheinenden Aussage jedoch ein langer Weg war, zeigt das nächste

Kapitel der Arbeit, welches sich mit dem klassischen Modell der Kommunikations- und Wirkungsforschung, dem Stimulus-Response-Modell, beschäftigt.

2. Das Paradigma des Stimulus-Response-Modells (Anlage 1)

2.1 Das Modell

"Am Beginn der Wirkungsforschung steht das Stimulus-Response-Modell" ( Klaus 1997 )

Obwohl diese These von Elisabeth Klaus weder eindeutig bewiesen, noch widerlegt werden kann, deutet sie die immense Bedeutung, die dem klassischen Wirkungsmodell bis in die heutige Zeit beigemessen wird, an. Allgemein wird der Reiz-Reaktions-Ansatz als die erste systematische Theorie zur Erfassung von Kommunikations- und Medienwirkungen verstanden. Da es historisch gesehen in den Zeitraum zwischen 1900 und 1940 fällt, wird es in der Regel mit der Phase der starken Medienwirkungen assoziiert (vgl. Schorr 2000: 55).

Durch Lasswell wurde das Modell schließlich 1927 in die (Massen-) Kommunikationsforschung eingeführt. Er vertritt die These, dass, unter dem Eindruck der Kriegspropaganda, Medien einem dispersen Publikum, Meinungen und Einstellungen einimpfen können. Massenkommunikation wird dabei als ein einseitiger Überredungszusammenhang verstanden, in dem sich Inhalte (Reize) direkt in identischem Verhalten (Reaktionen) der Rezipienten niederschlagen (vgl. Winter 1990: 10) .

Dem Modell liegen folgende drei Annahmen zugrunde:

a) Transivität: Stimuli werden, ganz im physikalischen Sinne, als Kräfte verstanden, die Masse besitzen und von ihrem Ursprung zum Ziel übertragen werden müssen. In Analogie dazu ist Kommunikation „Übermittlung“, „Transmission“, ein „Zeichenaustausch“ oder „gesellschaftliches Zwiegespräch“.
b) Proportionalität: Das Reiz-Wirkung-Modell unterstellt einen monoton wachsenden, positiven Zusammenhang zwischen der Stärke der Stimulation und der Wirkung (je Stärker die Stimulation, desto Stärker ist die Wirkung)
c) Kausalität: Zwischen Ursache und der hervorbringenden Wirkung wird ein kausaler Zusammenhang unterstellt. Wirkung kann demnach nur eintreten, wenn zuvor eine bestimmte Ursache nachgewiesen wurde. Die Ursache wird hier definiert als kommunikative Stimulation durch den Kommunikator

(Vgl. Merten 1994: 295f.)

Medienwirkungen sind demnach spezifische Reaktionen der Rezipienten auf spezifische Reizvorlagen, wobei eine Isomorphie zwischen Stimulus und Response angenommen wird. Ein gewalthaltiger Stimulus zieht im Allgemeinen eine gewalthaltige Reaktion nach sich; ein humorvoller Stimulus wird Heiterkeit nach zur Folge haben und persuative Stimuli lösen Einstellungs- oder Meinungsänderungen aus (Vgl. Esser 2000: 56) .

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Auf dem Weg zu einer allgemein anerkannten Wirkungstheorie: Illusion oder Realität?
Untertitel
Bestandsaufnahme der Kommunikations- und Medienwirkungsforschung
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Soziologisches Institut)
Veranstaltung
Einführung in die Medientheorie
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
21
Katalognummer
V22971
ISBN (eBook)
9783638261845
ISBN (Buch)
9783638759724
Dateigröße
534 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirkungstheorie, Illusion, Realität, Einführung, Medientheorie, Medien, Kommunikation
Arbeit zitieren
Alan Hansen (Autor:in), 2004, Auf dem Weg zu einer allgemein anerkannten Wirkungstheorie: Illusion oder Realität?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22971

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