Das Palästinalied von Walther von der Vogelweide


Seminararbeit, 2003

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Datierungsproblematik

3.Überlieferungsfrage

4. Formale Analyse

5. Historischer Kontext

6. Zur Interpretationsproblematik des Palästinaliedes

7. Inhaltliche Analyse der einzelnen Strophen

8. Abschließende Bemerkung

1. Einleitung

„Walther ist der vielseitigste, tiefste, männlichste lyrische Dichter Deutschlands, der mit vollstem Herzschlag für des Vaterlandes Grösse, wie für den Ring seines Mädchens zu fesseln weiß“ (Leo, 1971)

Dieses Zitat von Willibald Leo bringt das, was den Dichter Walther von der Vogelweide ausmacht, auf den Punkt. Kaum einem anderen Schriftsteller bringt die gegenwärtige Forschung mittelalterlicher Literatur mehr Interesse entgegen. Unter den zahlreichen begabten Dichtern seiner Zeit, wird er häufig zum Begabtesten auserkoren.

Das im Laufe der Jahrhunderte von der germanistischen Forschung entworfene Walther-Bild, zeigt einerseits den gefühlvollen, die Frauen-verehrenden Minnesänger, andererseits den Spruchdichter und politischen Reimeschmied. Die folgende Hausarbeit widmet sich jedoch der Analyse eines Werkes, welches keinem der drei Bereiche eindeutig zuzuordnen ist. Das „Palästinalied“ setzt seinen Schwerpunkt auf die Vergegenwärtigung religiöser Aspekte, wenn gleich es sicher auch politische Ambitionen besitzt. Gottes Huld und gesellschaftliches Ansehen gehörten untrennbar zusammen und es galt, sie in Einklang zu bringen. Dies gelingt dem Dichter, wie sich noch zeigen wird, eindrucksvoll.

Walther vergegenwärtigt den christlichen Anspruch auf die Palästinaregion, indem er, als lyrisches Ich, eine Kreuzfahrt in das Heilige Land unternimmt.

Nicht zuletzt auf Grund der ungebrochenen Aktualität, die die Thematik des „Palästinaliedes“ bis in unsere heutige Zeit erfährt, kann das Werk als eines der bemerkenswertesten, das der Wissenschaft von Walther vorliegt, bezeichnet werden.

Das Ziel der folgenden Arbeit ist es, das Lied sowohl formal, als auch inhaltlich zu analysieren. Nachdem es in einem ersten Schritt zeitlich eingeordnet wird, folgt im zweiten Teil die Auseinandersetzung mit der Überlieferungsproblematik, an der, nach Hugo Kuhn, jeder Interpretationsversuch mittelalterlicher Literatur anzusetzen hat. Anschließend rückt die formale Analyse in den Focus. Die Struktur und Metrik des Liedes wird ebenso untersucht, wie die zusätzlich überlieferte Melodie.

Um im letzten Teil der Hausarbeit zu einer eigenen Interpretation gelangen zu können, wird zuvor der historische Kontext, in welchem das Lied entstanden ist, dargestellt.

Alan Hansen Palästinalied

2. Datierungsproblematik

Walthers „Palästinalied“ offenbart keine konkreten Hinweise auf historische Ereignisse oder Begebenheiten. Dennoch lässt sich das Werk in das geschichtliche Umfeld des Kreuzzuges Friedrichs II. von 1227/29 einordnen. Ohne Zweifel wird die große Problematik der Kreuzzugsjahrhunderte angesprochen, die das Europa der Römischen Kirche bewegt hat, nämlich die Frage nach dem Besitz des Heiligen Landes Palästina.[1] Unter diesen Umständen wird das Lied auf den Frühsommer des Jahres 1229 angesetzt und als eine „publizistische Rechtfertigung“ der Palästinapolitik Friedrichs II. gedeutet“.[2]

Gestützt wird diese These durch die Tatsache, dass Friedrich II. am 18.März 1229 ein Kreuzzugsmanifest erlies, in welchem, ähnlich wie in Walthers „Palästinalied“, das Zustandekommen des Vertrages als ein weiteres Wunder Christi bezeichnet wird.[3] Bewiesen ist die Einordnung in diesen historischen Kontext damit jedoch keinesfalls. Es liegt ebenso im Bereich des Möglichen, dass die damalige Kreuzzugsbewegung im Allgemeinen gemeint ist. So wurde das Lied von anderen Wissenschaftlern, aufgrund seiner Nähe zu den Kreuzzugsmahnungen im „Ottenton“, auch beispielsweise auf das Jahr 1212 datiert. Auf die historischen Umstände wird im vierten Kapitel jedoch noch ausführlicher eingegangen.

Es ist für den weiteren Verlauf der Arbeit anzunehmen, dass Walthers „Palästinalied“ um 1229 entstanden ist, da diese Einordnung mit den plausibelsten Argumenten belegt werden kann.

Das folgende Kapitel widmet sich nun der Überlieferungsproblematik. Darüber hinaus soll auch die Frage nach der Anordnung der Strophen und deren „Echtheit“ geklärt werden.

3. Überlieferungsfrage

Die Interpretation mittelalterlicher Literatur hat bei der Überlieferung anzusetzen.[4] Demzufolge darf eine Untersuchung solcher Art auch in dieser Hausarbeit nicht fehlen. Nicht weniger als sechs Handschriften sind an der Überlieferungs-Chronik des „Palästinaliedes“ beteiligt.

Alan Hansen Palästinalied

In M (Codex Buranus) steht eine Strophe, B geht von der Existenz von sechs Strophen aus. Die „Kleine Heidelberger Liederhandschrift“ A beinhaltet sieben, die Handschriften C -auch unter der „Großen Heidelberger Liederhandschrift“ bekannt- und E weisen jeweils elf auf. Die Handschrift Z präsentiert zwölf Strophen und die Melodie. [5]

Die Anzahl der Strophen nimmt im Laufe der Zeit zu. Diese Tatsache wirft die Frage auf, ob es sich bei den neu hinzugefügten Zeilen um Echte handelt, oder ob diese erst nachträglich eingefügt wurden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Tatsache verschiedene Gründe haben kann. Es ist nicht davon auszugehen, dass ein Autor nur ein einziges Original erschaffen hat. Vielmehr muss mit Autoren-, Aufführungs-, und Überlieferungsvarianten gerechnet werden. Diesen Sachverhalt nimmt die neuere Forschung auch für das „Palästinalied an.[6] Unter diesen Umständen ist es somit nicht gestattet, echte von unechten Strophen zu unterscheiden und infolgedessen Verse unter Umständen ausscheiden zu lassen. Die moderne Forschung spricht mittlerweile neutral und wertfrei von „Dubletten“ oder „Zusatzstrophen“.[7] Textveränderungen bei Entstehung oder Aufführung lassen sich für die heutige Forschung nicht valide rekonstruieren.

Auffällig ist allerdings, dass alle Überlieferungsvarianten nicht auf die Strophen I und VI, welche als die vortragswirksamsten bezeichnet werden können und als Anfang und Schluss gelten, verzichten.[8] Das Lied wird als ein Musterbeispiel für eine Überlieferung betrachtet, da sowohl mündliche, als auch zeitlich-rezeptionsbedingte Komponenten eine Rolle spielen, was Textfassung, Strophenbestand und deren Folge anbelangt.[9] So ist zu erklären, dass auch in der Moderne unter den drei neuesten Walther-Ausgaben Uneinigkeit in bezug auf die Länge des Textes herrscht. Cormeau stellt sieben Strophen als Kern dar und rückt die übrigen ein, Ranawake, auf deren Überlieferung die folgende Hausarbeit basiert, setzt die sieben in normalem, die anderen in kleinen Druck und Schweikle schließlich lässt auf neun C-Strophen zwei in C nachgetragene folgen.[10]

Im folgenden werden, analog zur neueren Auffassung der Forschung, alle vorliegenden Strophen nach Rawanake,inklusive der Melodie, für die weitere Analyse berücksichtigt.

[...]


[1] vgl. Reichert, Hermann: Walther von der Vogelweide für Anfänger, S.209)

[2] Kommentar, S.788)

[3] vgl. ebd.

[4] vgl. Reichert, Hermann: Walther von der Vogelweide für Anfänger, S211

[5] vgl. Scholz, Manfred-Günter: Walther von der Vogelweide, S.163

[6] vgl. Reichert, Hermann: Walther von der Vogelweide für Anfänger, S.211

[7] vgl. Scholz, Manfred-Günter: Walther von der Vogelweide, S.164

[8] vgl. Reichert, Hermann: Walther von der Vogelweide für Anfänger, S.211.

[9] vgl. Scholz, Manfred-Günter: Walther von der Vogelweide S.164

[10] vgl. ebd.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Palästinalied von Walther von der Vogelweide
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Germanistisches Institut)
Veranstaltung
Proseminar: Walther von der Vogelweide
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
15
Katalognummer
V22967
ISBN (eBook)
9783638261814
ISBN (Buch)
9783638759700
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Palästinalied, Walther, Vogelweide, Proseminar, Walther, Vogelweide
Arbeit zitieren
Alan Hansen (Autor:in), 2003, Das Palästinalied von Walther von der Vogelweide, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22967

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