Die Jugendweihe in der DDR: 1954-1957


Seminararbeit, 2002

22 Seiten, Note: zwei minus


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Politischer Rahmen
2.1 Entwicklung der sowjetischen Zone nach Ende des Krieges
2.2 Entwicklung der evangelischen Kirche nach 1945

3. Die Jugendweihe vor der DDR

4. Der Kampf um Jugendweihe und Konfirmation
4.1 1954-1956: Der Anfang
4.1.1 Inhalt und Propaganda
4.1.2 Reaktionen seitens der Kirche
4.2 1957 – der Wendepunkt?
4.2.1 Die Neuformulierung des Gelöbnisses und die Rede Ulbrichts
4.2.2 Reaktionen seitens der Kirche
4.2.3 Der weitere Verlauf 1957

5. Schlußfolgerungen

Anhang: Gelöbnisse zur Jugendweihe in der DDR

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Gründung der DDR war die Gründung eines sozialistischen Staates mit dem Ziel, einen kommunistischen Staat aufzubauen. Die Regierung glaubte, dass mit der Etablierung des kommunistischen Staates die Kirche aussterben würde. Obwohl die Ausübung von Religion erlaubt wurde, wurde die Kirche von der neuen DDR-Regierung nicht gut behandelt. Nach dem zweiten Weltkrieg bis zur Gründung der DDR im Jahre 1949 wurde die Religion akzeptiert, aber danach wurden Taktiken eingeführt, um die Kirche zu unterdrücken – so zum Beispiel die Durchführung der Jugendweihe. Die Jugendweihe war eine Art Konfirmation, hatte aber keinerlei Verbindung mit der Religion, sondern war eine staatliche Zeremonie. Im Alter von vierzehn Jahren wurde durch diese Feier das Erwachsenwerden des Kindes anerkannt. Viele Familien in der ehemaligen DDR nehmen noch heute an der Jugendweihe teil; zu Zeiten der DDR aber bereitete sie der Kirche große Schwierigkeiten. Die evangelische Kirche wollte keine Kinder konfirmieren, wenn sie an der Jugendweihe teilnahmen. Auf der anderen Seite durften Kinder, die nicht an der Jugendweihe teilnahmen, die Erweiterte Oberschule nicht besuchen.

Diese Hausarbeit will den Beginn der Jugendweihe in der DDR seit der Gründung des Zentralen Ausschusses für Jugendweihe 1954 bis zum Jahr 1957 untersuchen. Innerhalb dieses Zeitraums wandelte sich die öffentliche Darstellung der Jugendweihe seitens des Staates. Man stellte die Feier zunächst als harmlos und mit der Religion vereinbar dar; da die Kirche sich aber von Anbeginn gegen die Teilnahme von Gemeindegliedern an dieser Feier wehrte, war der Staat gezwungen, sich öffentlich dazu zu äußern. Im Verlauf der Jahre 1954-1957 wird deutlich, wie sich die Jugendweihe von einem freiwilligen Akt zu einem Gelöbnis der Staatstreue wandelt, an dem man, wollte man nicht in Schwierigkeiten geraten, als Bürger der DDR teilnehmen musste.

2. Politischer Rahmen

2.1 Entwicklung der sowjetischen Zone nach Ende des Krieges

Deutschland wurde nach dem Krieg in vier Besatzungszonen aufgeteilt; Berlin in vier Sektoren. Die deutsche Staatsgewalt wurde abgeschafft, und die Siegermächte regierten. In der sowjetischen Zone gab es viele Struktureingriffe und eine starke „Säuberung“, während in der westlichen Zone kaum Entlassungen oder Verhaftungen vorgenommen wurden. 1946 gründete sich die SED als Folge der Zwangsvereinigung von KPD und SPD.

Die östlichen Länder wurden zu „Volksdemokratien“ nach dem sowjetischen Vorbild umgewandelt, und die USA hatten Angst vor einem Vordringen der Sowjetunion. Sie zögerten, sich aus Europa zurückzuziehen, und der sogenannte „Kalte Krieg“ begann um 1947.

Die britische und die amerikanische Besatzungszone schlossen sich am 1.1.1947 zur „Bizone“ zusammen, welcher mit dem Marshall-Plan materielle Hilfe zugesagt wurde. Ziel war es, die sowjetischen Herrschaftspläne einzudämmen, indem der europäische Westen gestärkt wurde. 1948 wurde dann der Fünf-Mächte-Pakt (USA, Großbritannien, Frankreich, Belgien, Luxemburg) geschlossen; als Protest dagegen zogen die Sowjets aus dem alliierten Kontrollrat aus.

Die westliche Besatzungszone wandelte sich bis Ende 1949 zu dem Staat BRD, der allerdings noch keine Souveränität hatte. Die sowjetische Besatzungszone war 1948 noch nicht vergleichbar mit Polen oder Ungarn. Bei einem Volkskongress am 30.5.1949 wurde festgelegt, welche Gruppen wie gewählt werden durften (also welche Partei wie viele Prozente erhalten durfte); nur 20 Prozent des Volkskongresses waren bürgerliche Partein. Im September 1949, nach der Gründung der BRD, willigte Stalin schließlich in die Gründung der DDR ein. Am 7.10. nahm der deutsche Volksrat die Verfassung der DDR an. Piek war Präsident dieses jungen Staates, Grothe Ministerpräsident.

Deutschland war in zwei Hälften geteilt, und diese Teilung zog sich durch das gesamte Europa, während die Angst vor einem weiteren Krieg, einem Krieg zwischen West und Ost, beständig wuchs.

2.2 Die Entwicklung der evangelischen Kirche nach 1945

Die Erziehungsmaßnahmen gegenüber den Kirchen seitens der Besatzungsmächte fielen mild aus; es blieb den Kirchen selbst überlassen, in ihrem Sinne zu handeln. Sie wurden zum „Sprachrohr des deutschen Volkes“ gegenüber den Besatzern; auch liefen materielle Hilfeleistungen über die Kirchen. Während des Naziregimes hatte sich die Kirche in viele unterschiedliche Kirchenparteien zersplittert; das Bestreben des Lutherrats war es nun, eine große Kirche zu bilden.

Im November 1945 wurde die „Stuttgarter Erklärung“ herausgegeben, eine Schulderklärung, in der zugegeben wird, daß die Kirche sich am Nationalsozialismus mitschuldig gemacht habe, weil sie „nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt“[1] habe. Man wolle nun einen neuen Anfang machen und sich gemeinsam um Frieden und Liebe in der Welt bemühen. Die Kirchenversammlung in Eisenach gründete 1948 die „Evangelischen Kirchen in Deutschland“ (EKD); vorerst wurde keine Ost/West-Trennung vorgenommen. Mit den Kontakten zur DDR wurde Probst Grüber betraut. Ab 1950 gab es als Arbeitsgemeinschaft der EKD, unter dem Vorsitz des Berliner Bischofs Dibelius, die „Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen“ (KKL) zur Behandlung DDR-spezifischer Themen. Erst 1957 kam es zum Bruch zwischen den Kirchen der DDR und der BRD.

Innerhalb der DDR gab es acht verschiedene Landeskirchen. Davon waren fünf unierte (Berlin-Brandenburg, Kirchenprovinz Sachsen, Greifswald, Anhalt, Görlitz) und drei lutherische Kirchen (Sachsen, Thüringen, Mecklenburg), womit, im Gegensatz zu Westdeutschland, nicht die lutherischen, sondern die unierten Kirchen dominierten. Innerhalb der einzelnen Landeskirchen gab es, obwohl man nach Möglichkeit versuchte, gegenüber dem Staat als geeint zu erscheinen, Unterschiede, beispielsweise bezüglich der Kirchenverfassungen. Die Kirchenstrukturen in Greifswald und Thüringen galten zum Beispiel als besonders autoritär.[2]

3. Die Jugendweihe vor der DDR

Die Bezeichnung „Jugendweihe“ kam mit der Entwicklung der freien religiösen Gemeinden auf. Diese freireligiösen Gemeinden, die aus der bürgerlich-demokratischen Bewegung entstanden waren, folgten den Ideen der Aufklärung nach Philosophen wie Kant, Lessing oder Hegel. Die Taufe wurde zur Kindsweihe und die Jugendweihe zur Konfirmation. Die Entwicklung der freireligiösen Gemeinden war in den ersten Jahrzehnten noch durch Stillstand, Gegensätze und Rückzüge geprägt[3]. Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Freidenkertum - 1881 wurde der Deutsche Freidenkerbund gegründet, zu dessen Gründern Ludwig Büchner und Wilhelm Liebknecht gehörten. Freidenkerverbände und freireligiöse Gemeinden waren eng miteinander verbunden. Beide wollten ihrem Nachwuchs ein anderes Weltbild als das des demütigen Untertanen vermitteln, was auch den Charakter der Jugendweihe veränderte. Mit dem Erstarken der Arbeiterbewegung wuchs zugleich das Bestreben, nicht nur "frei in der Religion", sondern gänzlich "frei von Religion" zu sein. Schulentlassungsfeier und Jugendweihen als Alternative zur Konfirmation wurden durchgeführt, sie überwanden zunehmend religiöse Formen und Inhalte.[4]

In der Vorbereitung auf die Jugendweihe wurde die Wichtigkeit des Wissens, des freien Denkens und des Wohls der ganzen Welt betont. Die Jugendlichen wurden verpflichtet, am Kampf für den politischen und den sozialen Fortschritt teilzunehmen.[5] Geschichtlich-ideologisch gesehen war für den Freidenkerbund das mechanistische (von der Naturwissenschaft erarbeitete) Weltbild, das den christlichen Glauben auszuschalten scheint, von großer Wichtigkeit. Der dialektische Materialismus nach Marx war einer der wichtigsten Faktoren für die Entwicklung der Freidenkerbewegung.

[...]


[1] Nicolaisen, Carsten / Schulze, Nora Andra (Bearb.), Die Protokolle des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bd.1: 1945/46 (AKZ, A, 5), Göttingen 1995, S. 60/61

[2] Heinecke, Herbert, K onfession und Politik in der DDR. Das Wechselverhältnis von Kirche und Staat im Vergleich zwischen evangelischer und katholischer Kirche, Leipzig 2002, S.292, darin: Vergleich Götz Planer-Friedrich: Einfallsstore der Stasi, in: Siegele-Wenschkewitz, Leonore (Hg.), Die evangelischen Kirchen und der SED-Staat – ein Thema kirchlicher Zeitgeschichte, S. 113 - 128

[3] Bronder, Dietrich, D ie Geschichte des Bundes Freireligiöser Gemeinden bis 1945, S.73 ff: „das innere leben der Gemeinden bot sich in den 70er und 80er Jahren des 29. Jahrhunderts trostlos dar.“

[4] www.freidenker.de, Berliner Erklärung des Deutschen Freidenkerverbandes e.V. Anhang: Aus der Geschichte der Freidenker Tradition und Erbe. 20.10.2002

[5] Bronder, Dietrich, D ie Gecshichte des Bundes Freireligiöser Gemeinden bis 1945, S.75

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Jugendweihe in der DDR: 1954-1957
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Theologische Fakultät)
Veranstaltung
Proseminar Kirchengeschichte
Note
zwei minus
Autor
Jahr
2002
Seiten
22
Katalognummer
V22923
ISBN (eBook)
9783638261500
ISBN (Buch)
9783638647724
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Jugendweihe, Proseminar, Kirchengeschichte
Arbeit zitieren
Charlotte Schwarz (Autor:in), 2002, Die Jugendweihe in der DDR: 1954-1957, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22923

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