Die Rezeption des Parsismus in der deutschen Literatur zwischen 1772 und 1886


Doktorarbeit / Dissertation, 2001

200 Seiten, Note: Opus laudabile (gut)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I. Kapitel:
Supranaturalismus, Aufklärung und die Frühgeschichte der Rezeption des Parsismus im Denken und Wirken von Johann Friedrich Kleuker
1. Vorbemerkungen
2. Die Authentizität des „Zend-Avesta“
3. Die Bedeutung der Authentizitätsproblematik

II. Kapitel:
Der Stellenwert des Parsismus im geschichtlichen Denken von Johann Gottfried Herder
1. Vorbemerkungen
2. Herders Auseinandersetzung mit den altpersischen Quellen
3. Forschung
4. „Zend-Avesta“ und das Neue Testament: Herders Sprach- und Begriffsvergleiche
5. Die Stilisierung des Urchristentums zur Naturreligion

III. Kapitel:
Johann Wolfgang Goethe und das idealisierte Bild Persiens
1. Vorbemerkungen
2. Goethes Quellen
3. Forschung
4. Zarathustra und die Depravation der Naturreligion der Perser
4.1 Das vorzoroastrische Stadium
4.2 Das nachzoroastrische Stadium
4.3 Schlußbetrachtung
5. Die altpersische Geschichte im „West-östlichen Divan“
5.1 Von den „friedlichen“ und „gesitteten“ Persern
5.2 Die orientalische Despotie
5.3 Die Geschichte der Achämeniden und Sassaniden
6. Goethes Intention bei der Auseinandersetzung mit dem Parsismus

IV. Kapitel:
Die Entwicklung der Rezeption des Parsismus in den Werken von Friedrich Spiegel
1. Vorbemerkungen
2. Die Erläuterung des „Zend-Avesta“
3. Die Tendenz der vergleichenden Sprachwissenschaft im Zeitalter Spiegels

V. Kapitel:
Die stilistische Bedeutung der Antonyme ‘gut’ und ‘böse’ in Friedrich Nietzsches „Also sprach Zarathustra“
1. Vorbemerkungen
2. Forschung
3. Nietzsche und sein Interesse am Dualismus der Zarathustra-Religion
4. ‘Gut und Böse’ als Vehikel zur Chiffrierung der Grundgedanken Nietzsches
4.1 Die Vorrede des Zarathustra
4.2 Also sprach Zarathustra. Erster Teil
4.3 Also sprach Zarathustra. Zweiter Teil
4.4 Also sprach Zarathustra. Dritter Teil
4.5 Also sprach Zarathustra.Vierter Teil

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit den verschiedenen Formen und Gestalten der Rezeption des Parsismus, der vor-islamischen Sprachen, Religionen und Kulturen Persiens, durch die deutschen Dichter, Autoren und Wissenschaftler seit der Spätaufklärung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Diese Untersuchung soll am Beispiel fünf ausgewählter Schriftsteller und Gelehrten durchgeführt werden, die alle wichtige Etappen in der Rezeption des Parsismus in Deutschland markieren. Das Hauptkriterium für die Auswahl von Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Wilhelm Nietzsche war ihre unbestreitbare Bedeutung in der Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, während die tragende Rolle von Johann Gottfried Herder, Johann Friedrich Kleuker und Friedrich Spiegel bei der Gestaltung der persischen Religionswissenschaft in Deutschland als Grund für ihre Auswahl zu betrachten ist. Der Einsatz der Arbeit in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts war zwingend, weil Herder 1772 mit der ersten europäischen „Zend-Avesta“-Übersetzung konfrontiert wurde. Mit der Herausgabe des letzten Bandes von „Also sprach Zarathustra“ mußte aber die Analyse abgeschlossen werden, weil die Geschichte, die Kulturen und Traditionen Persiens im neuen Jahrhundert der Industrialisierung und der Naturwissenschaften auf europäische Leser immer weniger Reiz ausübten.

Daß jede von den hier zu behandelnden Persönlichkeiten an einem oder an mehreren Elementen des Parsismus interessiert war und daß jede von ihnen ein besonderes Ziel bei der Beschäftigung mit dem Parsismus verfolgte, darf als entscheidende Voraussetzung dieser Rezeptionsanalyse angesehen werden. Durch die Herausstellung ihrer Interessen und Intentionen soll letzten Endes deutlich werden, daß ihre Bemühungen um den Parsismus hauptsächlich mit dem Ziel der Begründung eigener Ideen und Gedanken und der Rechtfertigung eigener Argumente in den philosophisch-weltanschaulichen Auseinandersetzungen in und mit ihrer Zeit geschahen.

I. Kapitel

Supranaturalismus, Aufklärung und die Frühgeschichte der Rezeption des Parsismus im Denken und Wirken von Johann Friedrich Kleuker

1. Vorbemerkungen

„Ein religiöser und zugleich sehr aufgeklärter Mann - ich darf ihn nennen: Mein Freund Kleuker schrieb mir vor einiger Zeit: ‘Eine gewisse Zuversicht des Herzens ist allerdings die nothwendigste Bedingung zum Glauben an Dinge einer andern Welt. Sie selbst aber ist keine Sache, die man sich geben kann, wenn man will. Sympathie mit gewissen Nichtglaubenden ist mir eben so natürlich, als Antipathie und tiefe Verachtung gegen die Schwätzer und Radoteuers, die uns nach der Seichtheit ihres eigenen Bewußtseyns weis machen wollen, man bedürfe dieser oder jener Stütze nicht, weil man alles aus sich selbst haben, selbst seinen Gott sich machen, ganz sein eigner Gott seyn könne’“.[1] Dieses Zitat stammt aus einem Aufsatz von Friedrich Heinrich Jacobi in der Literaturzeitschrift „Horen“. Mit Nachdruck belegt Jacobi an dieser Stelle die christlich-religiöse Weltanschauung und die freigeistige Wesensart des Schullehrers Johann Friedrich Kleuker.[2] Immer wieder hat der strenggläubige Kleuker versucht, seinen theologischen Standpunkt in der Diskussion um die personale Gottesvorstellung des traditionellen Christentums zu begründen und die von der biblischen Tradition vorgegebene Begrifflichkeit gegen eine poetische Sprache der Bibelauslegung zu verteidigen. Immer wieder hat der Apologet Kleuker in der Debatte über die Stellung der nicht-christlichen Religionen und deren heiligen Bücher die Vorrangigkeit des Christentums und der Bibel unterstrichen. Der Glaube des Christologen Kleuker an Jesus Christus als Mittler und Botschafter des göttlichen Willens und Ratschlusses wurde nie in Frage gestellt. Die Suche nach dem Geheimsten und Verborgensten in den Dingen und das Streben nach einer höheren Wahrheit hinter den abstrusen Formen der religiösen Riten und Zeremonien hat der Theosoph Kleuker nie aufgegeben. Bis zum Ende seines Lebens hat der Supranaturalist Kleuker den theologischen Rationalismus und die rationalistische Bibelerklärung bekämpft. Wirklich aufgeklärt war aus seiner Sicht nur der, der die christlichen Offenbarungen als göttliche Anweisungen anerkennt und sich dazu bekennt, daß der Mensch erst durch die göttliche Führung in die Lage versetzt wird, seine Vernunft einzusetzen. Im Streit um das Verhältnis zwischen Offenbarung und Vernunft vertrat Kleuker eine eindeutige Position:

„Die reine Lehre Christi steht mit der Vernunft in keinem Widerspruche; sondern in einem fortgehenden Zusammenhange“.[3]

Im Gegensatz zur rationalistischen Auffassung, wonach die göttlichen Offenbarungen der Kritik der Vernunft zu unterwerfen sind, war er der Ansicht, daß ohne göttliche Führung auf die menschliche Vernunft kein Verlaß sei. Der Mensch verfüge über eine fehlbare Vernunft und sei auf die unfehlbare göttliche Willenskundgebung angewiesen, die in den christlichen Glaubensdokumenten enthalten sei.[4] Angesichts der mannigfachen und zum Teil widerstrebenden Tendenzen in seinem Denken und in Anbetracht seiner vielseitigen Interessen kann seine „eigenartige“, „originale Persönlichkeit“, nach Werner Schütz, „nicht mit einer der geläufigen theologischen Richtungen charakterisiert werden“.[5] Die erwähnten theologischen Wege, die sich bei ihm teilweise überschneiden, deuten auf seine jeweiligen Interessen in den verschiedenen Abschnitten seines erfüllten Lebens hin.

Kleuker wurde im Jahre 1749 in Osterode am Harz geboren. Er studierte Theologie an der Georg-August-Universtät zu Göttingen. Im Wintersemester 1770/71 war er als Hauslehrer bei dem Göttinger Orientalisten Johann David Michaelis (1717-1791) tätig. Dies gab Kleuker die Möglichkeit, zu ihm in nähere Beziehungen zu treten und von seinem vielseitigen Wissen auf dem Gebiet der Orientalistik und Bibelforschung zu profitieren. Von 1772 bis 1773 bekam er die Gelegenheit, bei dem Göttinger Philologen Christian Gottlob Heyne (1729-1812) neben dem Studium der klassischen Philologie seine Interessen an Archäologie und den Mythen des Altertums zu verfolgen. Nach mehrmals mißlungenen Versuchen zum Einstieg in eine akademische Karriere wechselte er 1773 nach Bückeburg, wo er Kontakte zu Johann Gottfried Herder knüpfte und später dessen Freundschaft gewinnen konnte. Dieser regte ihn dazu an, Anquetil du Perrons „Zend-Avesta“-Übersetzung[6] ins Deutsche zu übertragen.[7] Das Kleukersche Projekt wurde 1776/77 bei Johann Friedrich Hartknoch, dem Hausverleger von Herder, in drei Bänden veröffentlicht.[8] Als das Erstlingswerk[9] des ziemlich unbekannten Wegbereiters der Rezeption des Parsismus im deutschsprachigen Raum steht die dreiteilige Übertragung des „Zend-Avesta“ im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung. Obwohl dieses Buch im Grunde genommen ein Übersetzungswerk ist, soll ihm hier große Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die hervorragende Leistung Kleukers kann nur dann genügend geschätzt werden, wenn man sich vorstellt, in welcher Zeit und unter welchen Umständen er diese Arbeit vollendet hat. Erst vierzehn Jahre zuvor, im Jahre 1762, hatte der Franzose Anquetil du Perron nach einer Abenteuerreise in Indien die „Zend“-Bücher aus Surat mitgebracht und in der königlichen Bibliothek zu Paris deponiert.[10] 1771 wurde dann die französische Übersetzung des persischen Kanons in Paris von Anquetil veröffentlicht. Diese erste europäische „Zend-Avesta“-Übersetzung entfachte das verhaltene Orientfieber der Zeit. Allein die Tatsache, daß erst achtzig Jahre später die nächste deutschsprachige Übersetzung der „Zend“-Bücher veröffentlicht wurde,[11] bezeugt die Bedeutung der ehrgeizigen Übersetzungsarbeit Kleukers und den Schwierigkeitsgrad seiner einzigartigen Leistung. Allerdings ist er scharfsinnig und mutig genug, die Fehler im Text und in der Übersetzung Anquetils zu sehen und davon zu berichten. Er ist sich der Mängel des avestischen Textes und dessen französischer Übertragung bewußt. Sein Ziel besteht jedoch darin, die Grundideen und das Gesamtsystem des Parsismus zu beleuchten:

„Mags übrigens seyn, daß der Grundtext kritische Fehler habe, auch die Uebersetzung Fehler, so haben wir doch das ganze System und das Ganze der Schriften, da giebt Eins dem Andern Licht und Begrif “.[12]

Kleukers „Zend-Avesta“-Übersetzung in drei Bänden enthält Übersetzungen der Bücher „Izeschne“[13], „Vispered“[14], „Yeschts“[15], „Sy Ruze“[16], „Vendidad“[17] und „Bun-Dehesch“[18]. Außerdem sind Übersetzungen der kurzen Beiträge Anquetils unter den folgenden Titeln den „Zend“-Büchern beigefügt worden: „Kurze Darstellung des Lehrbegrifs der alten Perser und ihres heiligen Dienstes“ (I, 1-56), „Fragmente zur Staatsverfassung der alten Perser nach Zoroasters Gesetzgebung“ (I, 57-72), „Untersuchungen über die alten Sprachen Persiens“ (II, 29-96), „Leben Zoroasters“ (III, 1-49), „Der Parsen bürgerliche und gottesdienstliche Gebräuche“ (III, 197-258), sowie zwei kleine dreisprachige Wörterbücher (III, 137-196; Zend-Pehlvi-Deutsch und Pehlvi-Persisch-Deutsch) und ein Sach- und Namenregister der drei Bände (III, 259-368).

Neben der Übersetzungsarbeit hat Kleuker kurze Vorberichte zu jedem Kapitel der „Zend“-Bücher - ca. 17 Seiten - geschrieben. Außerdem hat er im ersten Band des „Zend-Avesta“ „Vorläufige Nachrichten“ (III-XXVIII), im zweiten Band „eine Untersuchung über die antike Aechtheit der Bücher Zend-Avesta’s“ (1-24) und im dritten Band „Anmerkungen zum Bun-Dehesch“ (122-136) verfaßt.[19] In der Thematik dieser ersten Beiträge zeichnet sich sein Hauptinteresse bei der Auseinandersetzung mit dem Parsismus ab. Wie im folgenden gezeigt wird, hat Kleuker mit einer besonderen Vorliebe oft auf diesen Themenkreis zurückgegriffen und ihn in seinen späteren Werken erweitert und neubearbeitet.

Seine schöpferischen Tätigkeiten setzte er dann durch die Veröffentlichung zweier Bände „Anhang zum Zend-Avesta“[20] fort, die ebenso bei Hartknoch herausgegeben wurden. Der erste Band dieses Werkes, der 1781 erschien, besteht aus zwei Teilen und enthält Übersetzungen zweier Abhandlungen von Anquetil und einem gewissen Foucher, Mitglied der königlichen Akademie der Inskriptionen zu Paris. Gegenstand dieser Untersuchungen sind die Echtheit und der Wert der „Zend“-Bücher, das theologische System der Magier und Parsen, die Bewertung der orientalischen und griechischen Berichte über das religiöse System der Perser, das Zeitalter des Zoroaster, die Geschichte der persischen Religion und deren Gesetzgeber.

Der zweite Band des „Anhangs“ in drei Teilen „enthält keine Uebersetzungen, sondern lauter Arbeiten von mir“[21], kündigt Kleuker im allgemeinen Vorbericht an. Im ersten Teil seiner Monographie befaßt er sich unter anderem mit der Untersuchung der Beschaffenheit, der Entstehungsart und des Zeitalters der „Zend“-Bücher nach inneren und äußeren Gründen und mit der Beurteilung der von den Gegnern Anquetils erhobenen Kritik an der Echtheit und Zuverlässigkeit der „Avesta“-Urkunden. Die orientalische Philosophie wird nicht nur im ersten Teil dieses Bandes, sondern im Gesamtwerk von Kleuker zu einer zentralen Thematik. Kleuker glaubte fest daran, daß man im Orient die Urlehren der Vorwelt am vollständigsten und ursprünglichsten finden könne.[22] Dieses Thema wird uns noch im weiteren beschäftigen.

Nach einer Untersuchung über die alten Sprachen Persiens und über den Charakter und die Glaubwürdigkeit Anquetils im zweiten Teil seiner Arbeit liefert Kleuker im dritten Teil des zweiten Bandes die antiken Berichte über die Religion der Perser in chronologischer Ordnung. Er überprüft sie gründlich und vergleicht sie mit den Lehren der „Zend“-Bücher, um die Affinitäten und Differenzen zwischen beiden festzustellen. Seiner Meinung nach können die Übereinstimmungen in einigen höchst merkwürdigen Lehren und Sitten die Echtheit der „Zend“-Bücher unter Beweis stellen. Im Falle eines Widerspruchs sollen entweder die griechischen Schriftsteller falsch gesehen, gehört bzw. erklärt haben, oder die „Zend“-Bücher können nicht echt sein.[23] Den Zweck solcher Untersuchungen sieht er darin, „daß man dadurch immer mehr in den Stand gesetzt wird, die Stimmen der Vorwelt zu sammeln, und seine Kenntnisse von den geheiligsten Lehren des Alterthums, besonders den geheimern, zu erweitern, und immer mehr auf die wahren Originalideen, worauf so vieles ankommt, geführt zu werden“.[24]

Schließlich wurden 1789 seine weiteren „Zend-Avesta“-Forschungen unter dem Titel „Zend-Avesta im Kleinen“[25] herausgegeben. In dieser Schrift unterstreicht Kleuker nachdrücklich sein wissenschaftliches Verdienst um „Zend-Avesta“[26] und bekräftigt:

„Dieser Zend-Avesta im Kleinen ist indessen kein bloßer Auszug des deutschen Zend-Avesta und der beyden Bände seines Anhangs; sondern er enthält, die Auszüge des zweyten Theils ausgenommen, größtentheils Dinge, die in dem größern Werke nicht enthalten sind“.[27]

Den ersten Teil seines Werkes schreibt er unter dem Titel „Ueber den Ursprung des Zabäismus nach Anleitung der mosaischen Nachrichten“ (I, 1-20). Dann befaßt er sich nochmals mit den Fragen nach Zoroaster, seiner religiösen Stiftung und dem Alter der „Zend“-Bücher (I, 21-60). Im zweiten Kapitel dieser Schrift stellt er Auszüge aus den „Zend“-Büchern zusammen, denen er auch einige Erklärungen über die Namen und Gegenstände, welche dort vorkommen, hinzufügt (II, 1-132). Schließlich verfaßt er in Anlehnung an den Anquetilschen Artikel „Kurze Darstellung des Lehrbegrifs der alten Perser und ihres heiligen Dienstes“ (Zend-Avesta, I, 1-56) noch ein Kapitel über die Grundsätze des zoroastrischen Religionssystems, die religiösen Gegenstände und die Ausübung des Rituals bei den Parsen (III, 133-166), um „einige wesentliche Punkte dieses Systems besonders (zu) erläutern“.[28] Mit einem „Auszug aus Anquetil’s Abhandlung von den bürgerlichen und gottesdienstlichen Gebräuchen der Parsen“ (167-182) und zwei Namens- und Sachregister (183-206) beendet er das dritte und letzte Kapitel dieses Buches.

Damit wurde jene Phase in Kleukers Gelehrtenleben abgeschlossen, die in der vorliegenden Untersuchung näher in Betracht gezogen werden soll. Kleuker promovierte erst 1791 zum Doktor der Theologie und trat 1798 nach einer fast 25jährigen Tätigkeit als Lehrer das Professorenamt für Altes Testament und Symbolik in Kiel an. Er starb 1827. Sein Verdienst um die Überlieferung parsistischen Gedankenguts, die er sich von vornherein zum Ziel gesetzt hatte,[29] ist unumstritten. Die Analyse der Rezeption des Parsismus in der deutschen Literatur ist ohne eine umfassende Untersuchung der Werke des Orientalisten Kleuker[30] auf dem Gebiet des Parsismus nicht vorstellbar.

Mit den religionswissenschaftlichen Leistungen Kleukers und mit seinen Ansichten in bezug auf die Orientalistik hat sich als erster Werner Schütz ernsthaft auseinandergesetzt. Er betrachtet ihn als einen der Begründer der modernen Religionswissenschaft in Deutschland und spricht mit vollem Recht von der „bahnbrechenden Bedeutung Kleukers für die Geschichte der persischen Religionswissenschaft“.[31]

In seiner Untersuchung versucht er zunächst, die theologischen Grundanschauungen Kleukers in Kürze darzustellen, um seine „religionswissenschaftlichen Interessen in den Gesamtbereich seiner theologischen Arbeit einzuordnen“[32]. Er sieht die Motive der Bestrebungen Kleukers im religionsgeschichtlichen Bereich und seine vielseitigen Interessen auf diesem Gebiet in „Kleukers theologischer Gesamtpersönlichkeit“.[33]

Die entscheidendsten religionswissenschaftlichen Anregungen habe Kleuker von Herder und Anquetil du Perron bekommen. Die Heranziehung des „Zend-Avesta“ für die Interpretation des Neuen Testaments durch Herder, seine Sprache, sein Stil und seine Begeisterung für die alten Kosmologien hätten Kleuker stark beeinflußt. Die große Hochachtung, die Anquetil für den Orient empfand, und seine Betonung der zwingenden Notwendigkeit, bei der vergleichenden Untersuchung der Sitten, Bräuche und heiligen Gegenstände verschiedener Nationen „zwischen Identität und Ähnlichkeit, zwischen historischer Abhängigkeit und Analogie“[34] zu differenzieren, finden, nach Schütz, in den späteren religionsgeschichtlichen Arbeiten und der Methodik Kleukers eine praktische Bedeutung.

Weiterhin behandelt er in einem eigenen Kapitel die Thematik des Orientalismus und der orientalischen Philosophie. Kleuker habe versucht, historische Zusammenhänge zwischen den religionsgeschichtlich-mythologischen Elementen bei den Chaldäern, Persern, Indern, Ägyptern und jüdischen Kabbalisten aufzuzeigen, damit das Mysterium der Offenbarung eines vorchristlichen Ur-Einen, der seinen Ursprung im Orient gehabt habe, überzeugend erscheint. Schütz führt diesen Versuch auf Kleukers neuplatonisierende Gesamtauffassung der persischen Religion zurück:

„Eine neuplatonisierende Auffassung persischer Gedanken (bildet) überhaupt ein Charakteristikum seiner religionsgeschichtlichen Ansichten“.[35]

Kleukers Untersuchungen über die Emanationslehre und deren orientalischen Ursprung können unter anderem auf die Ansichten des Neuplatonikers Plotin zurückgeführt werden, der einen allem Seienden überhobenen Einen als die Ursache des Seins erkannt hat. Kleuker dürfte in Anlehnung an Plotin die auf den Dualismus des Guten und des Bösen gegründete persische Weltanschauung neuplatonisiert haben. So hat er das dualistische Religionssystem der Perser irrtümlicherweise als monotheistisch aufgefaßt.

Es ist nicht die Aufgabe der vorliegenden Untersuchung, dem Ursprung dieser Auffassung auf den Grund zu gehen und die Auswirkungen der Eroberung Persiens durch den monotheistischen Islam zu untersuchen. Eine tiefe und umfassende Erforschung dieses Problems würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Es soll hier nur darauf hingewiesen werden, daß der Glaube an einen einzigen (zoroastrischen) Gott auch bei den großen zeitgenössischen Verfechtern der Zarathustra-Religion im Iran beobachtet werden kann. Als Beispiel soll an dieser Stelle der Iraner Pourdavoud genannt werden, der als erster eine persische Übersetzung der „Gathas“ und des „Avesta“ im Iran herausgab. Der Professor der avestischen Sprache an der Teheraner Universität, der ein eifriger Bekenner des Zoroastrismus war und unter anderem in Deutschland sein Handwerk erlernt hat, hatte eine monotheistische Auffassung von der Zarathustra-Religion und sah den Kampf zwischen Gut und Böse als einen innerseelischen Konflikt des Menschen an:

„Like the Jehova of Moses, Zarathustra does not recognise any other God but one Ahura Mazda (...) He is (in the Gathas) the one Creator, the Lord Omnipotent (...) In opposition to Him there is no creator of evil in existence (...) In reality the contest is only between the spirits of goodness and evil within us in this world“.[36]

Nach der Vermittlung einer geschichtlichen Übersicht über die älteren Werke, in denen sich unter anderem Thomas Hyde[37], Christoph Meiners[38], John Richardson[39] und William Jones[40] mit dem Parsismus auseinandergesetzt haben, setzt Schütz die Untersuchung fort, um im letzten Teil seiner Arbeit unter dem Titel „Persische Religion“[41] zunächst das Problem des Alters der „Zend“-Bücher näher zu erörtern und die affirmative Haltung Kleukers zu diesen Büchern zu unterstreichen. Schütz, der in seiner Arbeit vorwiegend aus Kleukers selbständigem Werk „Anhang zum Zend-Avesta“ zitiert, lobt besonders seine religionsgeschichtliche Methodik, „auf Grund der inneren Kriterien“ die echten Partien der „Zend“-Bücher herauszustellen:

„Kleukers wesentlichstes Argument für zoroastrische Herkunft bestimmter Stücke war die anschauliche, lebendige Darstellung, wie Zoroaster noch um Anerkennung seiner Lehre kämpft, für sein Leben bei Anfeindungen fürchten muß, um Erfolg beim Könige betet, ein wichtiges Argument für die Herkunft einzelner Partien des Avesta von dem Propheten selbst“.[42]

Die Entdeckung sprachgeschichtlicher Zusammenhänge bei den etymologischen Untersuchungen der alten Sprachen ist das nächste Thema, worauf Schütz eingeht. Er ist der Ansicht, daß Kleuker aus den sprachwissenschaftlichen Untersuchungen der Herkunft und Geschichte der Wörter und ihrer Bedeutungen in den verschiedensten Sprachen nicht nur den gemeinsamen Ursprung aller Sprachen, sondern auch die einheitliche Wurzel aller Völker herleiten wollte.

Die wichtigste Leistung Kleukers auf dem Gebiet des Parsismus findet Schütz in der kritischen Prüfung der antiken Quellen über die persische Religion. Er schätzt besonders Kleukers philologische Interpretation dieser Berichte und weist darauf hin, daß nach der Darstellung Kleukers die Sprache und Ausdrucksform der antiken Berichte in mehreren Fällen von der Sprache und Ausdrucksform der zoroastrischen Urkunden abweiche.

In bezug auf Zoroaster und sein Zeitalter ist er der Ansicht, daß Kleuker prinzipiell den Meinungen Anquetil du Perrons folgte. Er bringt die Begeisterung Kleukers über Zoroaster und sein Werk mit seiner ästhetisch-metaphysischen Auffassung und mit seinem Pathos des Sturms und Drangs in Verbindung:

„Trotz der vielen rationalen Züge, die wir bei Kleuker finden, drängen sich doch hier die anderen Momente seines Denkens auf, die etwas vom Pathos des Sturms und Drangs, der Reaktion gegen die nüchterne Verständigkeit des Zeitalters, eines vielfach verworren und unklar sich regenden Neuen tragen“.[43]

Der Theologe Frank Aschoff ist bisher der einzige, der nach Werner Schütz die Person und das Lebenswerk Kleukers präzise untersucht hat. Durch Vergleich und Analyse aller nachweisbaren gedruckten Schriften, des wissenschaftlichen Nachlasses, der Vorlesungsmanuskripte und durch die Auswertung der Korrespondenz Kleukers mit seinen Freunden hat er in seiner Dissertation von 1990 versucht, die Entwicklungen im Denken Kleukers monographisch darzustellen und deren biographische Zusammenhänge zu klären.

Unter dem Titel „Die Bearbeitung des Zend-Avesta“[44] befaßt sich Aschoff mit den Ansichten und Arbeiten Kleukers auf dem Gebiet des Parsismus. Er stellt im Grunde jene Partien der Untersuchungen von Schütz, die er zur Begründung der theologischen Grundintention Kleukers benötigt, zusammengefaßt dar. Dabei beachtet er besonders vier Punkte:

a) Daß eigentlich Herder derjenige gewesen sei, der sich für die „Zend“-Bücher interessiert habe. Von ihm soll Kleuker zur Übersetzung dieser Bücher angeregt worden sein.
b) Daß Kleuker Beiträge über die Echtheit der „Zend“-Bücher verfaßt habe, um sich der alten Tendenz zu widersetzen, die den Ursprung des religiösen Gedankenguts der alten Welt nur auf die Juden und Griechen zurückführen wollte.
c) Daß Kleuker einen größeren und geheimen Sinn in den heiligen Büchern der Perser und später auch in der Bibel herausstellen wollte.
d) Und daß Kleuker von der Idee eines ursprünglichen Monotheismus zu Anfang der Menschheitsgeschichte ausging.

Die Bedeutung der Kleukerschen Arbeiten auf dem religionsgeschichtlichen Fachgebiet sieht er folglich in dessen Bemühen um „die Erhellung der christlichen Traditionen“.[45] Er fühlt sich an einer späteren Stelle veranlaßt, die Beschreibung der letzten Lebensstunden Kleukers von dessen Freund, dem Mediziner Pfaff, zu zitieren:

„Pfaff hinterließ einen eindrucksvollen Bericht über die letzten Lebensstunden Kleukers, der in einem Ausschnitt an dieser Stelle wiedergegeben sein soll: ‘Ich hatte das Glück Zeuge seiner Sterbestunde zu sein, denn ein Glück muß ich es nennen, einen ächten Christen so ruhig sterben zu sehen, wie Kleuker starb. (...) da schien eine Art von prophetischem Geist über ihn zu kommen, es war, als wenn er noch einmal die große Wahrheit verkündigen sollte, die er so oft gelehrt, vor dem Abwege zu warnen, auf welchem die Zeitgenossen irren’“.[46]

Dieses Zitat charakterisiert treffend die Grundintention Aschoffs, der am Ende seiner Arbeit versucht, Kleuker im theologischen Sinne zu rehabilitieren. Er faßt den eigentlichen Beweggrund Kleukers für die geistige Auseinandersetzung mit den verschiedenen Religionen, Sprachen und Wissenschaften in seinem Lebenswerk so zusammen:

„Hieraus spricht Kleukers Interesse für eine Universalwissenschaft, die sich zur Aufgabe macht, in allen Seinsbereichen dem Wirken des göttlichen Geistes nachzugehen. Deshalb hat sich Kleuker mit so vielen Religionen, Sprachen und Wissenschaften beschäftigt. Gewiß war für ihn die christliche Religion die größte Annäherung an das unnennbare ‘optimum maximum’“.[47]

Die folgende Untersuchung möchte der Frage nachgehen, ob und - wenn ja - inwiefern sich das Kleukersche Interesse an der Überlieferung und Rezeption des Parsismus aus seiner Position im Streit zwischen Vernunft und Offenbarung in der Aufklärungszeit erklären läßt. Außerdem soll hier geklärt werden, warum der Parsismus gerade in dieser Zeit von vielen Forschern und Autoren bearbeitet und rezipiert wurde. Durch die Behandlung der zentralen Thematik in den schriftstellerischen Werken Kleukers, nämlich der Frage der Authentizität der „Zend“-Bücher, möchte die folgende Rezeptionsanalyse einen Rahmen erarbeiten, in den die erwähnten Fragestellungen eingeordnet werden können.

2. Die Authentizität des „Zend-Avesta“

Die Frage der Zuverlässigkeit der „Zend“-Bücher und der Korrektheit der französischen Übersetzung Anquetil du Perrons war mehr als fünfzig Jahre nach dem Erscheinen der Anquetilschen „Zend-Avesta“-Übersetzung immer noch aktuell. Die Analyse der damaligen Pro- und Kontra-Meinungen ist nicht die Aufgabe der vorliegenden Arbeit. Mit der Annahme der Echtheit dieser Bücher hat bereits Karl Geldner das endgültige Urteil in bezug auf die Übersetzung Anquetils abgegeben, das auch heute noch von den Iranisten einstimmig akzeptiert wird:

„Anquetil’s Übersetzung des Avesta beruht auf der unzureichenden Pahlavi- und der noch unzureichenderen Avestakenntnis seines Lehrers, des Dastur Darab in Surat, welchen er oft genug nicht richtig verstanden haben mag. Durch seine eigene lebhafte Einbildungskraft wusste er sich aber über diese Mängel hinwegzuhelfen. In die Sprache des Originals ist er nur wenig eingedrungen. Es wäre heutigen Tages ein leichtes, seine Übersetzung im Einzelnen zu zerpflücken und als unbrauchbar zu erweisen. Aber er giebt im Grossen und Ganzen den Geist und die Ideen des Buches richtig wieder“.[48]

Die Frage der Zuverlässigkeit und Korrektheit beschäftigte für längere Zeit auch Kleuker als deutschen Übersetzer dieser Schriften. Er hatte schon die fehlerhafte Übersetzung Anquetil du Perrons ins Deutsche übersetzt,[49] die dieser nach einem mangelhaften Studium der avestischen Sprache bei seinem Lehrer in Indien gewagt hatte. Das Sprachgenie Kleuker hatte jedoch versucht, „Auszug, Duft (und) Geist“[50] dieser Schriften wiederzugeben, obwohl er die französische Übersetzung Anquetils eigentlich „vielfältig kalt und paraphrastisch“ gefunden und vermerkt hatte: „selbst die Begriffe - man fühlts durch und durch - sind ihrem heiligen Feuerelement entrissen“.[51]

In den Streit um die antike Echtheit der „Zend“-Bücher trat er aber trotzdem energisch für Anquetil du Perron ein. Kleuker gehörte zu den hartnäckigsten Verteidigern Anquetils:

„Man begreift leicht, daß diese Bücher antike Aechtheit haben können, ohne daß alle Federstriche zoroastrisch sind“.[52]

Meiner Ansicht nach war es vorerst sein Hauptanliegen, die Echtheit der „Zend“-Bücher unter Beweis zu stellen. Vor allem ist hier zu beachten, daß Kleuker in seinen Ansichten über die Echtheit der „Zend“-Bücher und in seiner Argumentationsmethodik im Prinzip die Linie Anquetil du Perrons verfolgte und sich öfter auf dessen Arbeiten bezogen hat.[53] Allerdings hat er sich wegen der „Weitläufigkeit und Umständlichkeit“[54] der Anquetilschen Untersuchungen in manchen Fragen veranlaßt gesehen, eigene Untersuchungen vorzunehmen, um die Sache genau auf den Punkt zu bringen.

Das Thema der Echtheit der „Zend“-Bücher beschäftigte ihn schon in seinem ersten Beitrag zum Parsismus.[55] Hier stimmt er zwar der Ansicht zu, daß alle Schriften Zoroasters von Alexander verbrannt worden seien und daß das heutige „Zend-Avesta“ grundsätzlich das Werk der zoroastrischen Priester sei. Die neu entstandenen Werke besitzen, nach Kleuker, jedoch zoroastrischen Charakter:

„Wenn man die Nachricht hinzufügt, daß, als einst durch einen Eroberer ihre heil. Bücher dem Feuer waren übergeben worden, die Weisen der Nation sie wieder aus den Eingebungen des Gedächtnisses derer, die sie auswendig wußten, zusammengesetzt haben sollen, nebst andern Revolutionen, die theils ihr Reich, theils ihr Gesetz erfahren hat: so wird man allerdings bedenklich zu glauben, wie er ietz ist, durch und durch von Zoroaster seyn sollte, so fest man sich auch überzeugen kann, daß die Bücher überhaupt zoroastrisch sind, und ihr System das ächte System der Philosophie sey, welches vier, fünf Jahrhunderte vor J.C. in Asien weit bekannt war“.[56]

Sein Hauptargument für die Unverfälschtheit der „Zend“-Bücher basiert in seiner ersten Untersuchung wie auch in seinen späteren Werken auf dem historisch-theologischen Gehalt dieser Urkunden, die sich für ihn zweifelsohne als historisch echt erwiesen haben:

„Außer den historischen, geographischen u.s.f. Nachrichten, die theils die Zeit des Alterthums, theils die Gegend ihrer Abfassung offenbar machen, findet sich hier eine Sammlung von theologischen, physischen, moralischen Ideen, die in der Form weder platonisch, noch gnostisch, noch manichäisch, noch hellenistisch-christlich sind, sondern die, wie aus den Bruchstücken alter Ueberlieferungen offenbar ist, fünf Jahrhunderte vor J.C. im größten Teil von Asien geglaubt wurden“.[57]

Kleuker differenziert bewußt zwischen den Schriften Zoroasters und den zoroastrischen Schriften, wie „Bundahischn“,[58] aus späteren Zeiten:

„Bundehesch, eine Kosmogonie der Parsen, ist wahrscheinlich zwar jünger als die christliche Zeitrechnung, aber dergestalt aus den Zendbüchern, mit einigen Varianten von Sagen zusammengesetzt, daß man offenbar siehet, zur Zeit der Abfassung dieses Buchs hatte man schon Jahrhunderte an alte Originalschriften in Zend geglaubt“.[59]

Um diesen bedeutenden Umstand für seine europäischen Leser zu klären, greift er auf das Beispiel der Bücher zurück, die den alten Griechen oder Salomo zugeschrieben werden, aber von ihnen nicht direkt verfaßt wurden. Er vergleicht also die „Zend“-Bücher mit den Büchern der Weisen des Altertums, um die historische Echtheit der „Zend“-Bücher hervorzuheben:

„Wir haben sokratische Schriften, und Sokrates hat doch nicht geschrieben; also ist zoroastrisch, platonisch, sokratisch, salomonisch etwas anderes als von Zoroaster, von Platon, von Sokrates, von Salomo“.[60]

Neben der Thematik der Echtheit und Zuverlässigkeit der „Zend“-Bücher hatte besonders das Buch Bundahischn bei Kleuker eine große Aufmerksamkeit gefunden, so daß er sich später veranlaßt sah, im dritten Band vom „Zend-Avesta“ dazu noch Anmerkungen zu schreiben (III, 122-136). Bundahischn scheint vor allem aus zwei Gründen für ihn aufschlußreich gewesen zu sein: Einerseits stellt er fest, daß Bundahischn jünger als die christliche Zeitrechnung sei. Er beteuert weiter, daß man darin Ähnlichkeiten mit einigen biblischen Ideen finden könne.[61] Andererseits wird in Bundahischn von dem Ursprung der Wesen und der Entstehung der Welt und der Natur gesprochen.

Seine Untersuchungen über die Echtheit der „Zend“-Bücher und die Zuverlässigkeit der Übersetzungen Anquetils setzt er in den darauffolgenden Jahren leidenschaftlich fort. Er schreibt und übersetzt mehr als 1200 Seiten und fügt diese dem „Zend-Avesta“ als Anhang bei, um seine Position zu verteidigen. Sowohl die Abhandlungen Anquetil du Perrons und Fouchers, die er im ersten Band des „Anhangs“ ins Deutsche übersetzt hat, als auch seine dreiteiligen Arbeiten im zweiten Band des „Anhangs“ haben die Echtheit und den Wert der „Zend“-Bücher zum Gegenstand. Im Vergleich zu seinem ersten Beitrag zu diesem Thema ist aber festzustellen, daß er in seinen neuen Untersuchungen viel planmäßiger vorgegangen ist.

Im ersten Teil seiner Abhandlung (II, 1, 1-50) zieht er griechisch-lateinische (1, 5-24) und orientalische Berichte (1, 25-34) sowie Reisebeschreibungen (1, 35-50) heran, um daraus zu schließen, daß gewisse Urkunden der persischen Religion unter dem Namen „Zend“, „Avesta“ oder „Zend-Avesta“ schon vor Beginn der christlichen Zeitrechnung vorhanden gewesen waren. Im dritten Teil des „Anhangs“ (II, 3, 1-200) beginnt er mit der Analyse der griechischen Quellen über Zoroaster, seine Lehren und die heiligen Gebräuche der Magier und Perser. Nach der Bearbeitung der Berichte der griechisch-römischen Schriftsteller über die Schriften Zoroasters im ersten Teil, die er, nach eigener Angabe, „bereits so vollständig behandelt (...), als vorhin noch nicht geschehen war“[62], versucht er, die Berichte der Griechen über Zoroaster, die Religion und Sacra der Perser in eine chronologische Ordnung zu bringen und diese mit dem Inhalt der „Zend“-Bücher zu vergleichen. Anhand dieser Vergleichsanalyse will er überprüfen, ob die wesentlichen Lehren der „Zend“-Bücher mit den Berichten der griechisch-römischen Schriftsteller über das religiöse System der Perser übereinstimmen. Dabei kommt er zum Ergebnis, „daß die Grundlehren der Theologie und Kosmologie, welche dem System Zor. und seiner Nachfolger nach den besten Zeugnissen der Griechen eigen gewesen seyn sollen, einerlei sind mit denjenigen, welche in den Zendb. als solche vorgetragen werden, und worauf sich alle einzelne Liturgien und Gebräuche beziehen“.[63]

Die alten Sprachen Persiens sind ein weiteres Thema, das Kleuker in seiner Monographie ausführlich bearbeitet. Im Teil 1 (II, 1, 50-58, 156-178) und Teil 2 (II, 2, 1-28) des zweiten Bandes des „Anhangs“ befaßt er sich mit dieser Thematik, um einerseits zu beweisen, daß „das Zend (...) wirklich eine alte, menschliche Sprache (war), die sich durch Analogie, Geschichte und Geographie als Sprache legitimirt, und zwar die Sprache des alten Mediens, worin Zor. gebohren war“.[64] Andererseits geht er davon aus, daß der größte Teil der zoroastrischen Schriften nicht nach der christlichen Zeitrechnung entstanden ist, weil die Zend-Sprache zu dieser Zeit bereits ausgestorben war. Um die Originale zu verstehen, war man folglich auf die Übersetzungen in „Pehlvi“ oder „Parsi“ angewiesen. Kleuker will beweisen, „daß die Sprache der Zendb. aus Zeiten herrühre, da sie verstanden wurde; daß aber Zeiten folgten, da die Originale nicht mehr verstanden werden konnten, so daß man ihnen durch Uebersetzungen in herrschende und allgemein verständliche Dialekte aufhelfen mußte, zuerst in Pehlvi und darauf in Parsi“.[65]

Im weiteren setzt er sich mit den Ansichten der Gegner Anquetils gründlich auseinander (II, 1, 67-115). Er sieht besonders in der Unwissenheit die Grundlage der Argumente der Gegner du Perrons:

„Alles, was die Gegner dieser Bücher (Zend-Avesta) bisher vorgebracht haben, gründet sich theils auf Unkunde der Sache, theils auf zufällige und ganz unwesentliche Dinge, ohne daß die wahre Natur der Sache dabei weder gekannt, noch im Geringsten berührt worden ist, daher die Urtheile selbst ganz verkehrt ausfallen mußten“.[66]

Außerdem weist er auf die Rolle der nationalen Eifersucht bei den Engändern hin. Die Gegner Anquetil du Perrons, wie Richardson oder Jones, hätten aus Eifersucht die Authentizität der „Zend“-Bücher bestritten:

„Vor allen Dingen muß ich noch erinnern, daß es seltsam scheinen kann, warum diejenigen, die als Gegner dieser Bücher aufgetreten sind, diese eben mit einer ungewöhnlichen Bitterkeit, Leidenschaft und Parteilichkeit angegriffen (...) Allein dies Phänomen erklärt sich ganz natürlich, so bald man bedenkt, wer diejenigen eigentlich sind, die diese Partei ergriffen haben. Bei den Engländern ist die Wirkung der Nationaleifersucht so sichtbar (...) Jones mußte das Werk herabsetzen, worauf ein Franzose stolz that, der, wie er glaubte, seine Nation beleidigt hatte, und Sprachen wissen wollte, die keiner in England verstand (...) Ebenso wird Richardson empfindlich, daß ein Franzose altpersische Dialekte gelernt haben will, die er nicht weiß“.[67]

Danach zählt er die wesentlichen Argumente der Gegner Anquetil du Perrons auf und widerlegt diese aus seiner Position durch Gegenargumente. Dieser „widerlegende Theil“ habe ihm „die allgemeinste Mühe“[68] gemacht. Es sind besonders vier Einwände, welche die Gegner gegen Anquetil erhoben hatten. Erstens wendeten sie ein, daß diese Bücher von einer „liturgische(n) Form“[69] geprägt seien und daher nicht echt sein könnten. Kleuker äußert folgende Vermutung für den Grund dieses unangebrachten Einwandes: „Sie (die Gegner) suchten ausgezeichnete Allgemeinsätze, und fanden dafür Gebete“.[70]

„Die Ungereimtheit des Inhalts“[71] und den mangelnden Zusammenhang zwischen den einzelnen Stellen der „Zend“-Bücher erwähnt Kleuker als nächstes. Diesem Einwand hält er entgegen, daß die Gegner Anquetils ohne Rücksicht auf den Kontext argumentiert und einzelne aus dem Zusammenhang gerissene Stücke der „Zend“-Bücher als Beweis für die Ungereimtheit der ganzen Urkunden dargestellt hätten.

Als dritten Einwand der Gegner erwähnt Kleuker die Behauptung Meiners, wonach in den „Zend“-Büchern „unbekannte, seltsame Namen, Bäume, Thiere und Menschen“[72] auftauchen, die die Ungereimtheit und vor allem aber den neueren Ursprung dieser Bücher bezeugten. Als Antwort darauf wendet er eine Doppelstrategie an: Erstens weist er auf die geheime Bedeutung der religiösen, heiligen Gegenstände und Symbole innerhalb einer Kulturgemeinschaft hin. Einem, der den altpersischen Kulturkreis nicht näher kennt, mögen die Namen, Bäume, Tiere und Menschen, von denen in den „Zend“-Büchern die Rede ist, fremdartig erscheinen, besonders wenn er für die Geheimnisse der altpersischen Religion und Kultur kein Verständnis hat. Den wahren Sinn der religiösen, heiligen Gegenstände und Sachen im Parsismus könne im Prinzip nur derjenige erkennen, der dem persischen Kulturkreis entstammt. Zweitens weist er auf eine der Grundsäulen der vergleichenden Religionsgeschichte hin:

„Geweihte Dinge und Symbole aus der Natur sind nach Zeiten und Klima sehr verschieden; und man kann sehr falsch darüber urtheilen, wenn man die geheimen Begriffe der Nation und die besondern Veranlassungen dazu nicht weiß“.[73]

Diese Namen, Bäume, Tiere und Menschen sind eigentlich nur dem altpersischen Volk in einer frühgeschichtlichen Zeit bekannt gewesen. Daher sei es verständlich, daß sie für Meiners seltsam und unbekannt erscheinen.

Um den vierten Einwand der Gegner zu widerlegen, hat Kleuker später eine selbständige Abhandlung verfaßt und die griechisch-lateinischen Berichte gründlich untersucht. Die Härte der weltanschaulichen Fronten zeigt sich hier am deutlichsten. Meiners war der Ansicht, die Griechen hätten von vielen Lehren und Gebräuchen der „Zend“-Bücher nichts berichtet. Die Neuperser hätten diese Lehren und Gebräuche, wie z.B. die Lehre der Dämonologie, entweder erfunden oder von den Indern und Muslimen übernommen.[74] Kleuker erklärt hingegen die divergenten Haltungen der Inder und Perser am Beispiel der bösen Genien und stellt fest, daß die Inder und Perser unterschiedliche Auffassungen zu diesem Thema hatten. Außerdem argumentiert er, daß die Griechen nicht alles wußten und wohl auch nicht alles aufzeichneten, was ihnen bekannt war.[75] Gegen Meiners Beharren auf der Autorität der griechischen Schriftsteller als den einzigen Quellen für die Kenntnis des persischen Altertums spricht Kleuker folglich von der Unwissenheit der alten Griechen: „Herr M. (Meiners) verstehet unter dem Alterthum ein paar Griechische Schriftsteller, die doch nicht den 10000sten Theil dessen kannten, was im Orient üblich war“.[76]

Kleuker verneint, daß die Perser ihr Wissen von den Juden geerbt hätten, um die Größe des persischen Altertums herauszustellen und die Echtheit der „Zend“-Bücher, worin dieses reflektiert ist, zu beweisen: „Durch die Magier hingegen wurden die gelehrtesten Juden veranlaßt, die Grundlehren ihrer eigenen Bücher zu erweitern“.[77] Aus der heutigen Sicht der Forschung steht fest, daß die Befreiung der Juden aus dem babylonischen Exil und die Neuerrichtung des Tempels in der achämenidischen Ära die Anlässe dafür waren, daß zoroastrisch-dualistische Aspekte in das neue jüdische Konzept aufgenommen wurden.

Im weiteren (II, 1, 115-192) versucht Kleuker noch einmal, aufgrund des theologischen Gehalts dieser Bücher und durch die Bewertung der Originalsprachen den historischen Ursprung der „Zend“-Bücher und ihre Echtheit nachzuweisen:

„Sind alle Angaben der Geschichte, sie betreffen Personen oder Begebenheiten, deren in diesen Büchern theils als vergangener theils als gegenwärtiger gedacht wird, aus keinem späteren Zeitalter, als worin die allgemeine Sage des Volkes, die Zeugnisse der Geschichte und andere Umstände diese Bücher setzen; gehen sie alle bis auf Gustasp und Zoroaster, und findet sich keine Spur von irgendeiner Person und irgendeiner Begebenheit darin, die auf das Zeitalter der Aschkaniden, Sasaniden u.s.w. wiese: so müssen diese Bücher, ihrer ersten Entstehung nach, nicht nur älter als Muhammed, sondern auch als die beiden Dynastien seyn“.[78]

Charakter und Glaubwürdigkeit Anquetils behandelt Kleuker im Anhang separat (II, 2, 31-64) und versucht, „ein treues Bild von dem Charakter dieses merkwürdigen Mannes zu geben“.[79] Schwerpunkt ist in diesem Abschnitt, daß Anquetil die bestmöglichen Manuskripte in Indien gesammelt, diese mit den anderen dort vorhandenen Manuskripten verglichen und berichtigt habe. Nach dem fleißigen Studium der Grundsprachen bei den gelehrtesten Lehrern dieser alten Sprachen habe er die gesammelten Texte sorgfältig übersetzt. An der Echtheit der „Zend“-Bücher und der Korrektheit seiner Übersetzung sei daher nicht zu zweifeln:

„Er ließ sich also eben so wenig betriegen, als hingegen seine Aufrichtigkeit und Offenherzigkeit Bürge ist, daß er von seiner Seite die Welt nicht hat betriegen wollen“.[80]

In seinem dritten und letzten Werk über den Parsismus greift Kleuker noch einmal das Thema der Echtheit und Zuverlässigkeit der „Zend“-Bücher auf. Hier begnügt er sich zunächst damit, eine kurze Übersicht über seine vorherigen Untersuchungen mit den anschließenden Resultaten zu geben (I, 30-43). Danach (I, 44-53) behandelt er noch die Aufzeichnungen von Masudi, einem arabischen Geschichtsschreiber und Schriftgelehrten aus dem zehnten Jahrhundert n. Chr., nach dem Auszug von de Guigne.[81] Die orientalischen Berichte über Zoroaster, seine Schriften und Lehren stammten entweder von den Muslimen und Neupersern oder von den Schülern und Anhängern Zoroasters, deren Tradition bis ins neunte Jh. n. Chr. reicht. Unter diesen seien die Berichte von Masudi und Schahristani besonders schätzenswert, „weil man aus ihren Berichten siehet, daß sie nicht blos allgemeine Sagen nachgeschrieben, sondern nähere Untersuchungen über diese Sachen angestellt und eigenthümliche Kenntnisse dieser Art sich erworben hatten“.[82] Masudi habe unter anderem berichtet, daß das Werk Zoroasters „auf 12000 Häute“ geschrieben worden sei. Nach seiner Überlieferung waren „bis auf Alexander (...) die Magier und persischen Könige seiner Lehre ergeben“.[83] Durch die Heranziehung solcher Berichte versucht Kleuker erneut, die Echtheit der „Zend“-Bücher zu bekräftigen.[84]

Kleukers Interesse am Parsismus zeigt sich deutlich darin, daß mehr als 500 von insgesamt über 600 Seiten seiner schriftstellerischen Arbeiten die Echtheit und Zuverlässigkeit der „Zend“-Bücher zum Gegenstand der Untersuchung haben. Nun stellt sich die Frage, welche Intention hinter seinem Interesse steht, die Echtheit der „Zend“-Bücher mit allen Mitteln nachzuweisen.

3. Die Bedeutung der Authentizitätsproblematik

Die zahlreichen Schriften der wissenschaftlich gebildeten Griechen und Römer über das persische Leben, die persische Religion und Weltanschauung bezeugen ihr starkes Interesse an der geistigen Auseinandersetzung mit Persien. Man braucht hierbei nur Pythagoras oder Plato zu erwähnen, die sich kürzer oder länger mit der geheimnisvollen Lehre Zoroasters befaßten. Die Lehre der Magier faszinierte ebenso Theopompos und Hermippos. Die religiösen und sittlichen Anschauungen der Perser waren auch Gegenstand der Forschungen von Herodot und Strabon. Nicht zuletzt soll auf die märchenhafte Lebensdarstellung des persischen Königs Kyros durch Xenophon verwiesen werden. In den Berichten der erwähnten Schriftsteller und Geschichtsschreiber und in den Werken anderer griechisch-römischer Autoren kann man über den Kult, das soziale Leben, die Sitten, Gebräuche, Gewohnheiten, Einrichtungen, Handlungen und Worte der Perser lesen, wodurch die Denkweise dieses Volkes herausgestellt wird.[85] Man fragt sich, woher eigentlich dieses große Interesse kommt? Was waren der Sinn und Zweck solcher umfangreichen Erforschungen?

In seiner Abhandlung „Indien und Europa“ hat Wilhelm Halbfass den allgemeinen Grund für das abendländische Interesse an der geistigen Auseinandersetzung mit dem Orient zusammenfassend geschildert:

„Die Suche nach ... dem ‘Orient’ im allgemeinen ist, ebenso wie die Abgrenzung dagegen, ein exemplarisches Motiv der europäischen Selbstbesinnung, Selbstdarstellung und Selbstkritik, und sie ist seit der Antike immer wieder mit der Frage nach dem Ursprung und Inhalt, nach der Identität und Kontinuität der eigenen Tradition verknüpft worden, insbesondere auch mit der Frage nach dem Grund und Anfang der Philosophie und ihrer geschichtlichen Überlieferung“.[86]

Um über die eigenen Denkstrukturen nachzudenken, das eigene Denkgebäude darzustellen und zu einer kritischen Betrachtung und Beurteilung des eigenen Denkens zu gelangen, war das Abendland, Halbfass zufolge, um den Orient bemüht und hat für ihn Interesse gezeigt. Das Abendland habe eigentlich im Orient sein Gegenbild gesucht, um sich von ihm abzuheben, und in diesem das Bild des anderen in reinster Ausprägung entdeckt. Somit habe die Auseinandersetzung mit dem Orient dem Abendland dazu verholfen, sich als eine Einheit zu definieren, um so zum Bewußtsein einer eigenen Identität gelangen zu können:

„Der Orient ist nicht nur Europa benachbart, er ist auch der Ort der größten, reichsten und ältesten Kolonien Europas, die Quelle von Europas Zivilisationen und seiner Sprachen, seines kulturellen Wettkampfes und eines seiner ältesten und am häufigsten wiederkehrenden Bilder des Anderen. Zusätzlich half der Orient Europa (oder dem Westen) sich als dessen kontrastierendes Bild, Idee, Persönlichkeit, Erfahrung zu definieren. Nichts jedoch an diesem Orient ist nur imaginativ. Der Orient ist ein integraler Teil der europäischen materiellen Zivilisation und Kultur“.[87]

Schließlich hat das Abendland nach einer Verbindung zwischen der eigenen Geistesgeschichte und dem orientalischen Altertum gesucht und im Orient den Urquell seiner eigenen Traditionen zu finden versucht. Der Theologe Kleuker hat sich in der ersten Phase seines Gelehrtenlebens weniger mit den abendländischen Traditionen auseinandergesetzt, sondern er suchte vielmehr den Urquell der christlichen Traditionen im Orient, speziell in Persien. Die Hauptquelle der orientalischen Weisheit, die das abendländische Denken seit der Antike stark beeinflußt hat, glaubte er in den persischen „Zend“-Büchern entdeckt zu haben:

„Ebenso können diese Urkunden als Denkmal des orientalischen Geistes und Asiatischen Alterthums überhaupt gebraucht werden. Originale sind und bleiben was sie sind: Werke der Natur gelten mehr als Relationen. Man kennt den mächtigen Einfluß der orientalischen Weisheit auf das System der allgemeinen Denkart vor und nach Christo: eben dieses System ist hier zu Hause. Keine Hauptidee, die sich nicht so oder so fände; dazu die eigensten Ideen des Orientalismus in solcher Mannigfaltigkeit und Fülle, daß die einzelnen Systeme der Gnostiker, Manichäer u. dadurch verständlich werden. Ueber den allgemeinen Geist der Orientalischen Philosophie gibt es bis jetzt keine reichere und zuverlässigere Quellen, als diese Urkunden: und ich zweifle, ob wir so bald welche bekommen werden“.[88]

Die Echtheit der „Zend“-Bücher ist deshalb für Kleuker von Bedeutung, weil ansonsten seine religionsgeschichtlichen Arbeiten über den Parsismus völlig zwecklos gewesen wären. Die Echtheit und Zuverlässigkeit der „Zend“-Bücher soll jedoch nur vordergründig als die zentrale Fragestellung Kleukers in seinen schriftstellerischen Werken angesehen werden. Wie im folgenden gezeigt wird, war seine Auseinandersetzung mit dem Parsismus als Bestandteil der Religionsgeschichte von Anfang an ein Mittel zum Zweck der Erhellung der christlichen Traditionen bzw. der Erhellung der in den biblischen Traditionen begründeten christlichen Wahrheit. Die Bedeutung der persischen und allgemeinen Religionsgeschichte für Kleuker ist, nach meiner Auffassung, mit Recht von Schütz und Aschoff auf seine theologische Konzeption zurückgeführt worden. Mit anderen Worten: Kleuker bemühte sich, die Echtheit der „Zend“-Bücher zu beweisen, nicht weil er an den persischen Urkunden als Offenbarungen Gottes interessiert gewesen wäre. Immerhin läßt er keinen Zweifel daran, daß aus seiner Sicht „alle angebliche Offenbarungen Gottes außer der Bibel diesen Namen nicht verdienen“.[89] Der tiefgläubige Kleuker gibt sich Mühe, die Echtheit dieser Urkunden zu beweisen, weil er dadurch eigentlich „die Wahrheit des Christenthums“ herausstellen wollte. Schon Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) hat 1778 festgestellt, daß die Schriften über die Wahrheit der christlichen Religion gewissermaßen „Modeschriften“ waren.[90] Alles habe sich um die Pro- und Kontra-Meinungen über die Wahrheit des Christentums gedreht, hatte er sich schon zehn Jahre zuvor beklagt.[91] Nun gehörte Kleuker seit der Mitte der 70er Jahre zu den Verteidigern der christlichen Wahrheit, die versucht haben, die Vorrangstellung der Offenbarung vor der Vernunft zu verteidigen und die Wahrheit und Vortrefflichkeit des Christentums vor der Vernunft zu rechtfertigen.

Um den Offenbarungsbegriff Kleukers in die Geschichte der Aufklärung einordnen zu können, ist hier ein Überblick über die herrschenden Ideen der Aufklärungszeit hinsichtlich der Beziehung zwischen Vernunft und Offenbarung notwendig. Diese Beziehung wird von den unterschiedlichen Positionen in den verschiedenen Stufen der Aufklärung nicht gleich beurteilt. Es geht an dieser Stelle darum, die Verschiedenheit der drei Hauptpositionen zu erläutern.[92] Für Christian Wolff (1679-1754) und den „Wolffianismus“ gilt die Offenbarung neben der Vernunft als ein Erkenntnisfaktor. Zwar verfügt Gott als das höchste Vernunftwesen über die letzten Wahrheiten der Schöpfung, aber der Mensch ist in der Lage, durch die logisch nachvollziehbare Analyse den wichtigsten Erscheinungen der Natur auf die Spur zu kommen. Vernunft und Offenbarung widersprechen sich, von diesem Standpunkt aus, nicht. Die Vernunft funktioniert wie ein Werkzeug zur Erschließung der Offenbarung und der Struktur der Weltordnung, die durch Gott in absoluter Vollkommenheit geschaffen worden ist. Aber nicht alle Offenbarungsinhalte und nicht alle Erscheinungen der Welt sind für die Vernunft entschlüsselbar. Für die „Neologen“ zählen nur die religiösen Vernunftwahrheiten, welche die Offenbarung beinhaltet. Sie halten an der Offenbarung zunächst fest. Die Vernunft wird von den Neologen als das Vehikel zum Verstehen der Offenbarung angesehen. Die neologische Theologie geht also davon aus, daß die wahre göttliche Offenbarung an sich vernünftig ist. Für den „Rationalismus“ sind diejenigen Offenbarungsinhalte als solche annehmbar, die mit der menschlichen Vernunft nachvollziehbar sind und der Kritik der Vernunft standhalten. Aus der Sicht der Rationalisten kann aber die Offenbarung grundsätzlich nicht Gegenstand der menschlichen Erfahrungserkenntnis werden. Sie sei mit der Vernunft nicht aufzunehmen. Deshalb kann der Vernünftige die Offenbarung nicht neben der Vernunft als einen Erkenntnisfaktor anerkennen.

Mit der supranaturalistischen Grundeinstellung Kleukers ist keine dieser aufklärerisch-philosophischen Anschauungen ganz vereinbar:

„So sehr ich (...) die ganze Art zu philosophiren (Philosophie von Wolff bis Kant) (...) selbst schätze, so wünsche ich doch nicht, daß wir bald eine Kantische Philosophie in eben dem Verstande haben möchten, wie wir weiland eine Wolfische hatten. Dergleichen sektirische Epidemieen haben zu allen Zeiten mehr geschadet, als gefruchtet“.[93]

Die theologische Haltung Kleukers zur Offenbarung ist weit von den offenbarungskritischen Tönen seiner Zeit entfernt. Im Streit zwischen Vernunft und Offenbarung beansprucht er für die göttliche Offenbarung eine absolute Vorrangstellung. Seiner Ansicht nach ist der Mensch immer und ewig von Gottes Lehren und Anweisungen abhängig und kann ohne sie seinen Lebensweg nicht finden und sein Schicksal nicht erfüllen:

„Der Mensch (kann) nicht deswegen, weil er vernünftig ist, oder es wenigstens seyn kann, einer nähern Belehrung Gottes schlechthin entbehren ...; sondern (wird) durch seine Vernunft, und zwar nicht blos in gewissen Zeiten mehr oder weniger, sondern überhaupt, darauf geführt ..., wo möglich, sichere und allbefriedigende Aufschlüsse über seine ganze und wahre Bestimmung zu wünschen“.[94]

Die Uroffenbarung an den ersten Menschen, die sich in der christlichen Offenbarung am vollständigsten manifestiere, gilt für Kleuker als die einzige Quelle für die Erkenntnis Gottes. Der Mensch habe trotz der Kraft seiner Vernunft diese göttliche Quelle der Wahrheit nötig.[95]

Die Wahrheit der Uroffenbarung und damit die Wahrheit des Christentums können aber erst dann vor der Vernunft gerechtfertigt werden, wenn zunächst der göttliche Ursprung des Christentums geschichtlich bewiesen werden könnte.[96] Zur Herausarbeitung der christlichen Wahrheit braucht man die Sicherung durch eine vernunftorientierte geschichtliche Untersuchung. Genaugenommen hätte man, nach dem Kleukerschen Verfahren, zur Feststellung des Vorhandenseins einer ursprünglichen, prähistorischen Offenbarung, worauf die christliche Offenbarung zurückgehen soll, neben der dogmatischen Richtschnur des Inhalts von Altem und Neuem Testament noch einen historischen Beweis benötigt.[97]

Ursprünglich wurde die Diskussion um „die historische Anfechtung der historischen Möglichkeit und Wirklichkeit der Offenbarung“[98] in Deutschland durch die Veröffentlichung der Fragmente des Philologen Hermann Samuel Reimarus (1694-1768) durch Lessing ausgelöst. In den darauffolgenden polemischen Auseinandersetzungen hat Lessing die Gelegenheit gefunden, in mehreren Streitschriften seine eigene Stellungnahme zur genannten Problematik zu äußern. Lessing beharrt darauf, daß die Wahrheit der Offenbarung aus inneren Gründen nachgewiesen werden soll,[99] und lehnt daher die historische Verteidigung der Offenbarung strikt ab. Die Wahrheit der göttlichen Aufschlüsse offenbart sich, so Lessing, durch die Geisteskraft und die eigene Erfahrung. Die Echtheit und Wahrheit der christlichen Offenbarung könne so anhand einer philologischen Auseinandersetzung mit der biblischen Erzählung herausgestellt werden. Diese sei aber erst dann möglich, wenn das Dogma der Verbalinspiration und die Verkoppelung von christlichem Geist und Buchstaben der Schrift aufgehoben werden. Seiner Meinung nach kann letztendlich keine historische Wahrheit, auch die besterwiesene nicht, in anschaulicher Form dargelegt werden, und „so kann auch nichts durch historische Wahrheit demonstriert werden“.[100]

Später hat Immanuel Kant (1724-1804) erklärt, daß „eine unmittelbare göttliche Offenbarung“ im Sinne der geschichtlichen Religionen überhaupt nicht Gegenstand der menschlichen Erfahrung sein könne. „Der Gott“ offenbare sich „in uns“ auf natürliche Weise, und unsere Vernunft ist der einzige „Ausleger“ seiner Offenbarung. Daher ist diese natürliche Vernunftreligion unabhängig von den „historische(n) Beweise(n)“. Man könne nur von „einer an uns ergangenen Lehre“ sprechen.[101] Diese „gelehrte Religion“ stütze sich auf „Geschichte“ und fordere die historische Untersuchung.[102]

Nach der Auffassung Kleukers aber finden sich in allen historisch nachweisbaren Offenbarungen Gottes Spuren von der Uroffenbarung an den ersten Menschen wieder. Diese Spuren geben sich vor allem in der christlichen Offenbarung zu erkennen. Die Aufgabe der Vernunft bestehe zunächst in der Überprüfung der historischen Echtheit der geschichtlichen Offenbarungen. Sie dient als ein Mittel zur Erkenntnis der Offenbarungswahrheit. Wenn, wie im Falle des Parsismus, zunächst die Echtheit der heiligen Urkunden durch eine vernunftorientierte Untersuchung festgestellt wird, dann ist man berechtigt zu versuchen, anhand des Parsismus den göttlichen Ursprung des Christentums nachzuweisen. Diesen göttlichen Ursprung will Kleuker im Parsismus entdeckt haben, weil gerade im Parsismus „die Sacra der berühmtesten alten Völker gewissermaassen ... zusammenlaufen, und weil der ächte Magismus viele geheime Kenntnisse der Vorwelt in sich faßt“.[103] Genau aus diesem Grund ist die Echtheit und Zuverlässigkeit der persischen Urkunden für ihn von wesentlicher Bedeutung.

Nun stellt sich die Frage, welche Ideen und Gedanken in den persischen Urkunden vorhanden sind, die Kleuker bei der Rekonstruktion der Geschichte des Urchristentums nach seinem Verständnis und bei der Herausarbeitung der christlichen Wahrheit behilflich sein konnten. Wie sind diese Ideen und Gedanken von ihm rezipiert worden?

Um diese Fragen zu beantworten, muß vorher die Stellungnahme des Apologeten Kleuker zur gesamten religionsgeschichtlichen Entwicklung dargestellt werden. Kleuker ist davon überzeugt, daß das Christentum auf die eine, ursprüngliche, einfache und wahre Lehre zurückzuführen ist, die zum Teil schon lange bei den Chaldäern, Indern und Ägyptern Geltung hatte. Diese Lehre soll aus der Zeit vor der Sintflut stammen und „wurde unter denen, welche die Bibel das Geschlecht der Göttlichen nennt, als ein heiliges Vermächtnis von Vater auf Sohn fortgeerbt“.[104]

Kleuker ist unter anderem im ersten Teil seines späteren Werkes „Zend-Avesta im Kleinen“ auf diese Frage eingegangen.[105] Für ihn steht am Anfang der Schöpfung die göttliche Uroffenbarung, die dem ersten Menschen die Erkenntnis des wahren Schöpfers und Regenten der Welt eingegeben hat. Man habe ursprünglich an einen „hohen Unsichtbaren“ geglaubt.[106] Kleuker fragt sich: „wie verlor sich aber jener ursprüngliche Glaube?“[107] Die Wahrheit der ersten Offenbarung ging wegen der Sinnlichkeit des Menschen verloren. Daher mußte das ganze Menschengeschlecht mit Ausnahme der Familie Noah zugrunde gehen. „Daß diese Abweichung (vom wahren Glauben) sehr früh geschehen sey, zeigt Moses selbst, ob er gleich den eigentlichen Zeitpunkt derselben nicht angiebt (...) So viel siehet man, daß selbst zu den Zeiten Abrahams die Idee eines höchsten Gottes, der Herr Himmels und der Erde sey, noch nicht erloschen gewesen (war)“.[108] Nach dem Fall des Menschen wurde der Glaube an den wahren Schöpfer in Chaldäa noch weiter getrübt. Die Menschen hätten die himmlischen Erscheinungen für den wahren Gott gehalten, so daß sie „zu Folge einer ursprünglichen Sage, daß der höchste sich durch lichte Erscheinungen offenbare und Ansichten seiner selbst gebe, bald auf den Gedanken kamen, daß die leuchtenden Körper am Himmel dergleichen Erscheinungen göttlicher Naturen darstellten“.[109] Die Inder und Ägypter hätten auch die himmlischen Erscheinungen angebetet, obwohl in deren Schulen die ursprüngliche, wahre Lehre noch lange Geltung hatte.[110] Schließlich erschien Mose und verkündete die Religion des einen wahren Gottes. Diesen Gott (Jahwe) bezeichnete er als den Höchsten, „den Gott der Götter, den Größten von allen Göttern“.[111] Der Gottesgesandte und Volkslehrer Jesus von Nazareth habe zum Schluß die Wahrheit der Uroffenbarung und das Gesetz der Sittlichkeit am vollkommensten verkündet. Die Entwicklung der Religion habe sich auf das Christentum zubewegt und im Christentum ihre Erfüllung gefunden.[112]

Alle Religionen des Orients seien also ursprünglich aus dem Zabäismus, der Religion der Chaldäer, entstanden oder davon ausgegangen.[113] Auch Zoroaster habe sein religiöses System auf den Zabäismus gegründet.[114] Den Parsismus sieht Kleuker in direkter Folge des Zabäismus. Die Sehnsucht nach dem wahren Gott bei den Chaldäern habe sie auf dem Hintergrund der erwähnten ursprünglichen Sage dazu bewegt, in den göttlichen Erscheinungen am Himmel den Gott zu suchen und so die Sterne zu vergöttern. Dem Zabäismus sei daher ein zwar einfacher, aber doch immer ein wahrer Glaube an eine Gottheit vorhergegangen.[115] Der Naturdienst der Zabier wurde später durch Zoroaster reformiert und vergeistigt. Obwohl Zoroaster die Offenbarungen seines Gottes Ormuzd verkündet habe, hat er keinen Anspruch auf die Begründung einer neuen Lehre erhoben:

„Indem Zoroaster, ohngeachtet er sich ganz eigentlicher Offenbarungen Ormuzds rühmte, dennoch behauptete, daß seine Lehre nicht neu, sondern das uralte Lichtgesetz sey, welches von den besten und weisesten Menschen der Vorzeit erkannt und befolgt worden (...)“.[116]

Die Idee eines uralten Lichtgesetzes, das, nach der Kleukerschen Rezeption des „Zend-Avesta“, von Zoroaster nur eine neue Gestalt bekommen haben soll, beruht unter anderem auf einer Stelle von „Jescht-Farvardin“ (XCIII). Diese Stelle ist entscheidend wichtig um festzustellen, welcher Gedanke des „Zend-Avesta“ von Kleuker rezipiert wurde und auf welche Weise dies geschah:

„Ruhm den Feruers,[117] die von dir kommen! Diesen starken Seelen - Feruers allen heiligen, Reinen die gewesen sind!

Diesen Feruers denen ich, o Ormuzd, Izeschne heilige, allen diesen Reinen, denen ich Zoroasters Gesez verkündigt habe - das erste Gesez - himmlisch, ganz heilig; diesen Feruers der Poeriodekeschans[118] und derer, die seit dem Weltbeginn durchs Ohr Offenbarung bekommen haben; diesen reinen heiligen Seelen, dem heiligen Gesez ganz und gar unterthan - sing’ ich Lob! (...)

Wo es in Oertern - Straßen - Städten - Provinzen Menschen gibt, die mit Reichthum des Verstandes das Wort (Avesta) lesen, deren Seelen durch und durch rein sind - die rühm’ ich hoch durch Izeschne, ich Zoroaster - der ganzen wirklichen Welt Destur (Verkünder der Lehre) - des Urgesezes Diener!“[119]

Man sieht, daß Zoroaster sich eindeutig als Diener des Urgesetzes bezeichnet. Die Frage ist, welches Urgesetz hier eigentlich gemeint ist. Nach „Zend-Avesta“ soll man unter dem Urgesetz die göttliche Offenbarung an „Djemschid“,[120] den altpersischen Heros, verstehen:

„Ormuzd sprach: der reine Djemschid, Haupt der Völker und der Heerden, war, o heil. Zoroaster, der Erste Mensch, der mich suchte, wie du jetz thust. Ihm habe ich entschlossen das Gesez des Gottes Zoroaster“.[121]

Vor „Djemschid“ ist „Hom“, der Urquell der Reinigkeit und des Lebens, vom göttlichen Urgesetz unterrichtet worden. „Hom“ hat das Gesetz auf den Bergen gepredigt, und als erster Mensch hat „Djemschid“ nach dem göttlichen Willen die Predigt von „Hom“ vernommen:

„Du bist Erster, o grosser Hom, dem Ormuzd (...) mit dem reinen Gesez der Mazdeiesnans (Ormuzdverehrer) - gegeben hat“.[122]

Nach „Zend-Avesta“ soll Zoroaster das uralte Gesetz verkündet haben, das von Ormuzd zuerst dem „Hom“ und dann dem „Djemschid“ mitgeteilt wurde. Wenn Zoroaster von einem alten Urgesetz spricht, hat er gewiß die „Hom“-“Djemschid“-Predigt im Sinne. Ob das zoroastrische Urgesetz mit der alttestamentarischen Lehre der Uroffenbarung Gottes an den ersten Menschen vereinbar sei, ist die Frage, die Kleuker gemäß seinem theologisch-metaphysischen Blick mit Ja beantwortet. Folglich will er dieses alte Gesetz unverkennbar an die jüdisch-christlichen Offenbarungen anknüpfen. In die „Zend“-Bücher projiziert er in der Tat die Vorgeschichte der jüdisch-christlichen Offenbarungen.

Dies führt ihn zu einer zweiten Strategie der Verteidigung der christlichen Offenbarungswahrheit. Hierzu setzt er sich mit einer der entscheidendsten Fragen seiner Zeit, der Frage nach Ursprung und Anfang der Dinge, auseinander. Die Antwort auf diese Frage glaubt er, nach seinem alten Grundsatz: „alle Quellen der Erkenntnis zu versuchen, um das, was sie irgend Schmackhaftes liefern, daraus zu nutzen“,[123] im Buch Bundahischn gefunden zu haben. Die Bedeutung des Buches Bundahischn liegt in seinen kosmogonischen Entwürfen und seiner spekulativen Metaphysik, die Kleuker zur Herausarbeitung der Theologie der Offenbarungsreligionen verholfen hat. Nach dem persischen Kanon hat alles in der Natur und im Weltganzen einen Haupt- und Mittelpunkt: Menschen haben „Gayomart“[124], Berge haben „Alburz“[125], Wasser haben „Arduisur“[126] usw. Nichts kann aus Nichts entstehen. „Alles hat nach Zend-Avesta Urkeim“, betont er.[127] Die logische Folge der These vom Urkeim aller Dinge aus einem Ur-Ersten ist für den Theologen Kleuker die Notwendigkeit des Daseins eines einzigen Gottes, aus dem die ganze Schöpfung hervorgegangen ist. Dem Parsismus sowie allem Aberglauben und dem Götzendienst liege daher der Glaube an eine einzige wahre Gottheit zugrunde.[128] Nach der Kleukerschen Rezeption des Bundahischn sollen auch die geschichtlichen Offenbarungen auf eine vorgeschichtliche Uroffenbarung, auf „das uralte Lichtgesetz“ zurückzuführen sein.

Zusammengefaßt wendet Kleuker also zwei Strategien an, um den göttlichen Ursprung und somit die Wahrheit des Christentums anhand der persischen Urkunden zu beweisen:

a) Er verknüpft die zoroastrische und die jüdisch-christlichen Offenbarungen miteinander und mit der alttestamentarischen Uroffenbarung an den ersten Menschen.
b) Er geht auf die zeitgemäße Frage nach dem Anfang und dem Wesen der Welt ein, zieht kosmogonisches Material aus Bundahischn hinzu, um den geschichtlichen Offenbarungen auf den Grund gehen zu können und den gemeinsamen Ursprung aller Offenbarungen Gottes herauszustellen.

Die apologetische Haltung Kleukers kann einerseits in Anbetracht der fortschreitenden rationalistischen Bewegungen innerhalb des deutschen Aufklärungsprozesses als „Hyperorthodoxismus“[129] bezeichnet werden. Andererseits muß sie aufgrund ihrer universalistischen Züge und im Verhältnis zur dogmatischen Theologie seiner Zeit als eine liberale Haltung angesehen werden. Kleukers radikales supranaturalistisches Grundschema wird in der Praxis durch seine religionsgeschichtlichen Neigungen intellektuell gefärbt. In der Spätaufklärung stellt er sich durch seine Bemühung um die Verteidigung des göttlichen Ursprungs der christlichen Offenbarung gegen den Zeitgeist. Er beobachtet mit Sorge, daß „die Anzahl der Verehrer und Liebhaber der Philosophie dieses Namens (Kantische), welche für die nächste Generation leicht den Ton angeben könnten, wächst“.[130] In den vorherrschenden Strömungen seiner Zeit spürt er die Gefahr des Verlustes des christlichen Glaubens und folglich die Gefahr der Alleinherrschaft der Vernunft. Zur Erhellung der christlichen Offenbarungswahrheit und zur Bekämpfung der rationalistischen Offenbarungskritik seiner Zeit bedient er sich des Parsismus.

II. Kapitel

Der Stellenwert des Parsismus im geschichtlichen Denken von Johann Gottfried Herder

1. Vorbemerkungen

„Ein edler Mann, begierig, zu ergründen

Wie überall des Menschen Sinn ersprießt,

Horcht in die Welt, so Ton als Wort zu finden

Das tausendquellig durch die Länder fließt.

Die ältesten, die neuesten Regionen

Durchwandelt er und lauscht in allen Zonen (...)

Wo sich’s versteckte, wußt er’s aufzufinden,

Ernsthaft verhüllt, verkleidet leicht als Spiel;

Im höchsten Sinn der Zukunft zu begründen

Humanität sei unser ewig Ziel (...)“[131]

Kein Geringerer als Johann Wolfgang Goethe hat das Lebensziel Herders so umfassend gewürdigt. Er habe auf der Suche nach dem tausendquelligen Fluß der Offenbarung, der durch die verschiedenen Länder fließt, mit dem Herzen in das Innere des Weltalls geschaut. Er habe die älteren und neueren Regionen der Welt aufgespürt und sei überall dem Sinn der Schöpfung des Menschengeschlechts nachgegangen. Sein Ziel habe er schließlich erreicht, den Sinn der Schöpfung habe er entdeckt und ihn schlicht als die Humanität[132] bezeichnet.

Der erste Schritt Herders auf diesem Weg war wohl die Bekanntschaft mit Johann Georg Hamann (1730-1788), einem der bedeutendsten Geister seiner Zeit, der die Welt als Wunder und Zeichen voll Sinn und voll Göttlichkeit betrachtete. Ein jedes Buch war für ihn eine Bibel bestehend aus heiligen Wörtern. Jedes gesprochene oder geschriebene Wort hatte, nach seiner Auffassung, göttlichen Ursprung. Er vertrat die Ansicht, Gott spreche den Menschen immer menschlich an. Der Mensch habe das Vermögen, in seinem Inneren das lebendige Wort Gottes zu vernehmen. Er habe die Anlage, mit den Sinnen die göttliche Vorgabe wahrzunehmen. Durch die menschliche Sprache trete eigentlich das Gotteswort in Erscheinung. Das oft unverständliche Orakel Hamann war ein Leben lang bestrebt, durch die ständige Beobachtung seiner innerseelischen Vorgänge und durch die andauernde Suche nach den treffenden Wörtern ein taugliches Sprachrohr für das Gotteswort zu werden. Auf der Basis seiner christlichen Überzeugung vom göttlichen Ursprung aller Wörter konnte es später seinem Freund und Schüler Herder gelingen, eine Methode der ästhetischen Einfühlung des geschichlichen Lebens anhand der biblischen Überlieferungen zu entwickeln.

Hamann war aber nicht der einzige, der auf das Denken und das Wirken des jungen Herder einen bleibenden Einfluß ausüben konnte. Herder war auch von dem Philosophen Anthony Shaftesbury (1671-1713) besonders fasziniert. Seine platonisch-neuplatonische Gesinnung hatte eine bestimmende Wirkung auf den Verfasser der „Ältesten Urkunde“ und blieb bis zum Ende seines Lebens die Grundlage seines historischen Sinnes.[133] Unter Shaftesburys Einfluß konnte Herder die Welt und Natur als ein lebendiges System empfinden, das sich nach den ewigen Gesetzen der göttlichen Weisheit, Güte und Schönheit bewegt, in Gott seine Einheit findet und in der individuellen Erfahrung seine Mannigfaltigkeit darlegt. Herders mythisierte Historik basiert auf seinem unerschütterlichen Glauben an einen „unsichtbare(n) himmliche(n) Licht- und Feuergeist, der alles Lebendige durchfließt und alle Kräfte der Natur vereinigt“.[134] Dieser geschichtsbestimmende göttliche Lichtgeist habe die Entwicklung des Individuums in der Natur und der Geschichte vorgezeichnet. Jedes historische Phänomen dient in diesem geschichtlichen Determinismus als Mittel im großen Plan Gottes und offenbart auf natürliche Weise das Handeln Gottes in und durch die Geschichte. Die ältesten geschichtlichen Überlieferungen, wie die chaldäisch-persischen oder die christlich-biblischen Offenbarungen, würden das Dasein dieses schaffenden und wirkenden Wesens bezeugen, das vom Uranfang an die Menschen auf die Bahn der Humanität geleitet habe. Herders Absicht besteht darin, im ästhetisch-nachempfindenden Vorgang des historischen Verstehens der Überlieferungen und Offenbarungen, die von ihm als wahr vorausgesetzt werden, zum Keim und dem einheitlichen Prinzip der Welt zu gelangen, ihre inneren Bestimmungen aufzuspüren und Gottes Absicht und Plan zu erkennen.

Schließlich hat der junge Aufklärer Herder in ähnlicher Weise wie David Hume (1711-1776) versucht, das gesamte menschliche Leben zu erfassen. Das philosophische Interesse am Menschen führte Herder wie Hume zu historischer Beobachtung und brachte ihn dazu, Geschichtsforschung als ein solches Beobachten aufzufassen. Die Beschäftigung mit der Vergangenheit wurde also von beiden als ein Mittel begriffen, um das menschliche Leben zu erfassen. Im Gegensatz zu Hume durften aber Herders Untersuchungen der Religionen und Traditionen den Wert des Christentums nicht herabmindern. Die Verbreitung der aufklärerischen Idee des Zusammenhangs aller Religionen durch Herder sollte letzten Endes die Höhe und Vorzüglichkeit des Christentums unter Beweis stellen.

Johann Gottfried Herder[135] (1744-1803) wurde als Sohn eines Schullehrers und Küsters in der ostpreußischen Stadt Mohrungen geboren und studierte Theologie an der Universität Königsberg. Dort besuchte er 1762 die philosophischen und naturwissenschaftlichen Vorlesungen Immanuel Kants und schloß intensive Freundschaften mit Hamann und Hartknoch. Im gleichen Jahr veröffentlichte er sein erstes Gedicht „Gesang an Cyrus“, das die Befreiung der Juden aus dem babylonischen Exil durch den persischen König zum Inhalt hatte. 1764 nahm er in Riga die Tätigkeit als Lehrer und Prediger auf, die er vier Jahre später in Bückeburg fortsetzte. Auf dem Wege nach Bückeburg machte er in Hamburg mit Lessing und in Straßburg mit Goethe Bekanntschaft. Durch Goethes Vermittlung wurde er 1776 als Generalsuperintendent nach Weimar berufen, wo er 1803 verstarb. Seine Ideen zur persischen Religionsgeschichte finden sich in verschiedenen seiner Werke: „Älteste Urkunde des Menschengeschlechts“[136] (1774), „Erläuterungen zum Neuen Testament aus einer neueröfneten Morgenländischen Quelle“[137] (1775), „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“[138] (1787), „Persepolis. Eine Muthmaassung“[139] (1787), „Persepolitanische Briefe“[140] (1798).

Die Auseinandersetzungen Herders mit dem Parsismus erfolgen in zwei verschiedenen Phasen. In der ersten Phase seiner Beschäftigung mit dem Parsismus wird das heilige Buch der Perser zum Mittelpunkt seines Interesses. In der zweiten Phase interessiert er sich mehr für die persischen Inschriften und Denkmäler von Persepolis. Die Bücher des „Zend-Avesta“ und die Inschriften von Persepolis bilden die eigentlichen Forschungsquellen für die Untersuchung des Parsismus. Er befaßt sich mit beiden Quellen. Das vorliegende Kapitel verfolgt das Ziel einer Untersuchung der Interessen und Absichten Herders in der ersten Phase seiner Auseinandersetzung mit der Geschichte, Religion und Tradition der Perser. Im vierten Abschnitt dieses Kapitels werden daher die Interessen Herders bis zum Erscheinen der „Ideen“ dargestellt. Im fünften Abschnitt werden dann seine Intentionen bis zu diesem Zeitpunkt problematisiert. Herders Interessen und Intentionen nach dem Jahre 1787 können aus methodischen Gründen nicht separat behandelt werden. Im folgenden wird lediglich die Bedeutung der Abbildungen und Skulpturen von Persepolis für sein Ästhetik-Verständnis in Grundzügen erläutert.

2. Herders Auseinandersetzung mit den altpersischen Quellen

Schon im ersten Band der „Aeltesten Urkunde des Menschengeschlechts“ greift Herder das Thema ‘Parsismus’ auf. Im dritten Teil dieses Bandes, unter anderem im kurzen Beitrag zum Parsismus, ist sein besonderes Interesse zu erkennen, „die alte Theorie von der Abkunft aller antiken Religionen von einer ursprünglichen Offenbarung zu verfechten“.[141] Die bereits erschienene Anquetilsche „Zend-Avesta“-Übersetzung ist ihm zu dieser Zeit bekannt, und er schwärmt vom „sonderbaren Eifer eines Mannes, der zu dieser Gesandtschaft (Sammeln der Manuskripte des „Zend-Avesta“) geschaffen schien“.[142] Er ist der Ansicht, daß das System der zoroastrischen Religion „idealisch“[143] sei und Zoroaster im „Zend-Avesta“ „einen Roman der Schöpfung“ erdichtet, die Schöpfung Gottes „abstrahiert“ und eine Welt „des schwärmenden Ideals“ geschaffen habe.[144] Am Ende läßt er allerdings keinen Zweifel, aus welcher Motivation er sich mit dieser Welt auseinandersetzt:

„In Zoroaster liegt also welch ein neuer und lauterer, älterer, Erklärungskommentar zum Neuen Testament, als Philo und Plato (...)“.[145]

Um dies für seine Leser anschaulich zu machen, verfaßt er ein Jahr später die Abhandlung „Erläuterungen zum Neuen Testament“. Ziel dieser Schrift ist, den gemeinsamen Ursprung der Sprache Zoroasters im „Zend-Avesta“ und der Sprache des Evangelisten Johannes in dem nach ihm benannten Evangelium aufzuzeigen. Beide gehen, nach Herder, auf die Sprache der Chaldäer zurück. Durch eine vergleichende und hermeneutische Auslegung der Schöpfungs- und Ideengeschichten in den „Zend“-Büchern und im Johannes-Evangelium versucht er schließlich, dem Ursprung der Offenbarung auf die Spur zu kommen. Diese Thematik steht im Mittelpunkt der vorliegenden Rezeptionsanalyse.

Seinen ersten Arbeiten auf dem Gebiet des Parsismus folgt eine zwölfjährige Pause. Im Jahre 1787 geht Herder im dritten Teil seiner Abhandlung „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“ zunächst noch einmal auf das Thema der Authentizität der von Anquetil du Perron gesammelten „Avesta“-Manuskripte ein. Ohne die Echtheit dieser Urkunden zu bestreiten, distanziert er sich nun deutlich von seiner euphorischen Stellungnahme vor zwölf Jahren. Obwohl er davon ausgeht, daß die parsistischen Ideen mit den christlichen und brahmanischen Ansichten vermischt worden seien, hält er auch an dieser Stelle an der Echtheit der Grundgedanken und des Gesamtsystems der „Zend“-Bücher fest:

„Aber als Bücher fügen sie (die Zend-Urkunden) sich so wenig zu manchen andern Nachrichten von der Religion dieses Volkes; sie tragen auch so offenbare Merkmale einer Vermischung mit spätern Meinungen der Brahmanen und Christen an sich, daß man nur den Grund ihres Lehrgebäudes für ächt anerkennen ... mag“.[146]

Das politische System im alten Persien ist hier das zentrale Thema der Ausführungen Herders über den Parsismus. Vor allem läßt sich feststellen, daß er zwischen dem Aufstieg des persischen Imperiums zu einer politischen Weltmacht und dem Aufblühen des Zoroastrismus in der Anfangszeit der achämenidischen Ära eine Verbindung erkannt hat: Das persische Volk war „durch Siege beinahe bis zum höchsten Gipfel der Ueppigkeit“[147] aufgestiegen. Das persische Königsreich verlangte deshalb „ein durchdachteres System oder Ceremoniel der Religion“.[148] Für das Ziel der Aufrechterhaltung und der Erweiterung des Macht- und Einflußbereiches des persischen Imperiums war es notwendig, daß die religiösen und ethischen Gebote der persischen Staatsreligion Hand in Hand mit den politisch-militärischen Erfolgen ausgebaut wurden. Dies soll, nach Herder, durch Zoroaster realisiert worden sein. Außerdem stellt Herder mit Bezug auf eine persepolitanische Abbildung fest, daß alle sittlichen Gebote dieser von Zoroaster gegründeten persischen Religion wie die Reinlichkeit, die Anpflanzung nützlicher Bäume oder die Ausrottung der schädlichen Tiere wie die religiösen Gebote des Perserreiches politisch gewesen seien:

„Wie die sieben Fürsten um den Thron des Königs stehen, so stehen die sieben Geister vor Gott und verrichten seine Befehle durch alle Welten. Ormuzd, das gute Lichtwesen hat mit dem Fürsten der Finsterniß Ahriman unaufhörlich zu kämpfen, in welchem Kampf ihm alles Gute dient; ein Staatsbegrif, der selbst durch Personificationen der Feinde Persiens, die im Zend-Avesta durchgängig als Diener Ahrimans, als böse Geister erscheinen, in sein völliges Licht tritt“.[149]

Tatsache ist aber, daß die zeitbedingte Erweiterung der religiösen und sittlichen Gebote der altpersischen Staatsreligion nicht, wie es von Herder angenommen wird, durch Zoroaster in die Tat umgesetzt wurde. Auch daß der persische Prophet zu diesem Zweck vom König „Darius“ Hystaspes beauftragt und unterstützt wurde, entspricht nicht den geschichtlichen Fakten. Es war nicht Zoroaster, der im persischen Reich aus dem Aberglauben und den „alte(n) Nationalbegriffe(n) und Meinungen“[150] die Grundlagen der Staatsreligion bildete. Dies alles geschah in Wirklichkeit nach Zoroaster. Folgerichtig hat auch die Tatsache, daß die Gebote dieser Staatsreligion zur Erreichung politischer Ziele instrumentalisiert wurden, mit Zoroaster und seiner Religionsstiftung nicht das geringste zu tun. Wir werden dem persischen Propheten nicht gerecht, wenn wir die nachzoroastrischen Entwicklungen der persischen Religion mit seiner lebensfördernden Reformation in Verbindung bringen. Es war die für die persische Throne „erfunden(e)“ nachzoroastrische Religion, die ausschließlich dem Despotismus der persischen Herrscher diente. Diese „politische Religion“[151] hatte mit dem Untergang des persischen Reiches „ihre Zeit überlebt“.[152]

Im Jahre 1787 wurden auch die neueren Forschungsergebnisse Herders auf dem Gebiet der persischen Kunstgeschichte unter dem Titel „Persepolis. Eine Muthmaassung“ in der dritten Sammlung der „Zerstreuten Blätter“ veröffentlicht. Diese Schrift will grundsätzlich die Bedeutung und den Sinn der zahlreichen Figuren in Persepolis erläutern. Die Reisenden haben, nach Herder, die Altertümer nur abgebildet und beschrieben, aber keiner von ihnen hat eine Erklärung für sie gefunden oder nähere Untersuchungen über ihre Zusammenhänge angestellt. Um eine solche Unternehmung durchzuführen, sieht er sich veranlaßt, unter anderem auf die Bücher des „Zend-Avesta“ zurückzugreifen, weil er davon ausgeht, daß die avestischen Bücher, die aus späterer Zeit stammen, die liturgischen Kommentare der älteren Bilder von Persepolis beinhalten. Er versucht also, für die Erklärung der Abbildungen die einheimischen Berichte zu verwenden. Für ihn ist fraglich, ob man den Zeugnissen der alten Griechen und der benachbarten „Morgenländer“ über die Abbildungen von Persepolis überhaupt glauben darf. Deshalb versucht er, den Zusammenhang zwischen den tierischen und menschlichen Figuren auf den Ruinen von Persepolis zu klären und den geistigen Hintergrund dieser Abbildungen zu schildern, ohne die griechisch-lateinischen Berichte heranzuziehen:

„Wir können ihn (den Sinn der Figuren in Persepolis) nirgend als in der Tradition der Morgenländer selbst suchen, so wie wir ja die alten Denkmale der Griechen nicht aus einer fremden, sondern aus ihrer eigenen Mythologie erläutern“.[153]

Die Monumente und Darstellungen auf den Ruinen von Persepolis zeigen, seiner Ansicht nach, die Königsgeschichten und die Taten des mythischen Begründers des persischen Reiches „Djemschid“ in der Vorgeschichte Persiens. Im Einklang mit seiner Auffassung vom göttlich-natürlichen Ursprung der künstlerischen Hervorbringungen der älteren Völker des Orients bezeichnet er den Palast von Persepolis an dieser Stelle als eine der „ewigen Tafeln menschlicher Kunst“.[154]

Sein letztes Großwerk auf dem Gebiet des Parsismus, „Persepolitanische Briefe“, besteht aus 16 Briefen, die an die Wissenschaftler und Forscher seiner Zeit gerichtet waren, welche sich kurz- oder langfristig mit der persischen Religionsgeschichte und mit den Abbildungen auf den Ruinen von Persepolis auseinandergesetzt hatten. Die kunsthistorisch wichtigsten Themen dieser Briefe sind folgende:

a) Die zentrale Frage nach dem Alter der persischen Ruinen beschäftigt Herder schon im zweiten Brief, der an Tychsen[155] gerichtet ist. Es geht hier um die Datierung des ersten Baus des persischen Palastes. Nach Herder soll Persepolis zum ersten Mal in der Zeit des „Darius“ erbaut worden sein: „Persepolis ist unter „Darius“ Hystaspes gebaut; ich kann es erweisen; ich gebe eine Geschichte der persischen Bildnerei u. Baukunst“.[156]

Nach dem ersten Brief dieser Sammlung an Niebuhr sollen aber die Paläste von Persepolis nach dem Sturm Alexanders im Partherreich wiederaufgebaut worden sein.[157] Die Thematik der Datierung des ersten Baus und des Wiederaufbaus der persischen Paläste gewinnt im Hinblick auf die Ästhetik Herders an Bedeutung. Seiner Ansicht nach sind diejenigen Denkmäler, die vor allem in den frühgeschichtlichen Epochen entstanden sind, der Ausdruck des Lebens und die Manifestationen der Natur. Sie hätten ihren Ursprung im Volksleben. Es mag sein, daß Persepolis im Partherreich wiedergebaut wurde, aber von wesentlicher Bedeutung für Herder war nachzuweisen, daß die Abbildungen in Persepolis als Kunstdenkmäler, die das Leben des persischen Volkes widerspiegeln, zum ersten Mal in den frühgeschichtlichen Zeiten durch die Perser selbst und aufgrund ihrer Bedürfnisse geschaffen worden seien.

b) Der dritte Brief von Herder richtet sich an Heyne.[158] Die persische Kunst von Persepolis ist auch das zentrale Thema dieses Briefes. Persien habe in den zweihundert Jahren der Dauer des persischen Reiches „den ansehlichsten Strich der alten Kunstwelt“ gemacht.[159] Die Perser hätten schon vor den Parthern, vor Beginn der Kolonialherrschaft der Griechen, große Kunst besessen. Sie waren, nach Herder, in Besitz „eine(r) bilderreiche(n) Mythologie, der die ganze Natur ein glänzend-streitendes Heldenheer gegen das Böse, gegen Ungeheuer der Schöpfung war“.[160] Man sieht hier noch deutlicher, worauf es Herder in dieser Debatte ankommt. Die Perser sind, aus seiner Sicht, schon vor dem Sturm der Griechen und der Bestellung der griechischen Baumeister im Besitz hoher Kunst gewesen. Die bildreiche unsterbliche Kunst von Persepolis deutet auf das Leben des persischen Volkes hin, das seine aktuelle Wirklichkeit durch die Sprache der Kunst zum Ausdruck gebracht habe. Persepolis ist für Herder der Ort, an dem die Urmythologie der Perser über die Heldentaten „Djemschids“ in einer natürlichen Bildsprache durch die persischen Künstler zum Ausdruck gebracht worden ist. (Die mythische Figur „Djemschid“ wird von ihm sogar für „Darius“, den Begründer des Achämeniden Reiches, gehalten.) Die Mythologie „Djemschids“, die in einer Bildersprache auf den Wänden von Persepolis dargestellt worden ist, gilt so gesehen als ein Werk der Natur. Diese Mythologie ist in der Zeit des „Djemschid“ bzw. „Darius“ entstanden, sonst durfte sie nicht als Produkt der Natur angesehen werden. Wenn Herder die Entstehung von Persepolis in eine spätere Zeit gelegt hätte, hätte er nicht behaupten können, daß diese Bauten und Abbildungen Naturprodukte seien, denn nur das, was zur Urzeit gehört, kann aus seiner Sicht ein Naturprodukt sein.

c) Im fünften Brief, an Stieglitz[161] gerichtet, setzt sich Herder mit dem Charakter der Baukunst in Persepolis auseinander. Er vertritt hier die Ansicht, daß der Baucharakter eine spezifisch persische Art aufweise. Dabei mißachtet er die Tatsache, daß Persepolis eigentlich von den ägyptischen, babylonischen, assyrischen, medischen und griechischen Gefangenen gebaut wurde. Nach dem Sturm Alexanders wurde Persepolis in der Partherzeit nicht von persischen Hirtenkriegern, sondern von den Griechen und nach griechischem Muster wiederaufgebaut. Die Sassaniden waren in bezug auf die Künste ebenso barbarisch und nahmen Kunst aus Griechenland und Rom zum Vorbild.[162] Ob man nun vom persischen Charakter der Baukunst in Persepolis sprechen kann, ist sehr fragwürdig. Herder ist aber der Meinung, daß zwar der große persische König „Darius“ für den Bau des riesigen Palastes in Persepolis die Künstler und Bauarbeiter aus verschiedenen Nationen in Dienst genommen habe, dennoch sei der Palast im Grunde ein typisch persisches Bauwerk: „Perser, Meder, Babylonier, Aegypter und Griechen, allesamt Unterthanen des großen Königs, konnten zu ihrem Bau angewandt werden; zu einem Bau aber nach persischer Weise“.[163] Die griechische Kunst habe der persischen Kunstpracht in ihrer äußeren Gestaltung gedient.[164] So hätten die Parther beim Wiederaufbau des persischen Palastes den griechischen Geist in Dienst genommen. „Der griechische Geschmack, d. i. Einfalt, Bestimmtheit, Ordnung und Leben“ habe seine Spuren auf allen Wänden und auf allen Figuren in Persepolis hinterlassen.[165] Daher bezeichnet er das Partherreich vom Charakter der Kunst her als „halbgriechisch“.[166]

d) Herder betont auch in einem Brief an Meyer[167] die Einfachheit der abgebildeten Darstellungen. Die Abbildungen der symbolischen Gestalten auf den Wänden und Steinen von Persepolis seien jedem „Perserkind“ verständlich gewesen. Sie symbolisieren die Vorstellungen der Perser in höchster Einfachheit und im offenen Naturlicht:

„Wenn nach der Landesreligion Streit gegen das Böse die tägliche Pflicht eines Jeglichen war, wenn der Knabe schon, sobald er zum Mann angenommen wurde, den Streitgürtel anlegen mußte, und man das Böse unter keiner andern Gestalt als der Dews, d. i. der Skorpionen und auszurottenden Ungeheuer kannte, wenn hierüber tausend Erzählungen umhergingen und dem Könige seine Ahnen nicht anders als Temuras, Feriduns, Rustams u. f. als Bezwinger der Ungeheuer dieser und anderer Art vorgestellt wurden; sprächen die Bilder nicht durch sich selbst jedem Perserkinde verständlich?“[168]

[...]


[1] Jacobi, Zufällige Ergießungen eines einsamen Denkers in Briefen an vertraute Freunde, 14.

[2] Zu Leben und Werk vgl. Aschoff, 1991.

[3] Kleuker, Einige Belehrungen über Toleranz, Vernunft, Offenbarung, Theologie, 21-22.

[4] Vgl. Kleuker, Neue Prüfung und Erklärung, II, 18-20.

[5] Schütz, 9.

[6] Zend-Avesta, Ouvrage de Zoroastre, Contenant les Idées Théologiqus, Physiques & Morales de ce Législateur, les Cérémonies du Culte Religieux qu ‘il a établi, & plusieurs traits importans relatifs à l’ancienne Histoire des Perses: Traduit en Francois sur l´Original Zend <...> Par Anquetil Du Perron, 2 Bde., Paris 1771.

[7] Vgl. Stephan, Herder in Bückeburg und seine Bedeutung für die Kirchengeschichte, 164.

[8] Zend-Avesta, übers. v. Kleuker, 3 Bde., Riga, 1776-1777.

[9] Die „Zend-Avesta“-Übersetzung ist eigentlich das erste Werk Kleukers auf dem orientalistischen Fachgebiet, in dem er unter anderem einen eigenen Beitrag publiziert hat. Fast parallel dazu hat er auch sein erstes theologisches Werk veröffentlicht; vgl. Aschoff, 35, 46-50.

[10] Vgl. Zend-Avesta, übers. v. Kleuker, I, S. XXIV.

[11] Avesta, die heiligen Schriften der Parsen, zum ersten Male im Grundtexte sammt der Huzvaresch-Übersetzung herausgegeben von Friedrich Spiegel, 3 Bde., 1852, 1859, 1863.

[12] Zend-Avesta, übers. v. Kleuker, I, S. XX.

[13] “Das Wort bedeutet ‘Opfer’, ‘Verehrung’. Es handelt sich um eine Sammlung von Texten, die zum Ritual des zoroastrischen Gottesdienstes gehören. Die von Zarathustra selbst gedichteten Gesänge, seine ‘Verspredigten’, wie man sie sehr ungenau genannt hat, die 17 Gathas (...) nehmen im Yasna eine zentrale Stelle ein und sind jetzt Y. 28-34, 43-46, 47-50, 53 zu lesen“, zit. n.: Widengren, Die Religionen Irans, 4.

[14] Ebd.: „Vispered, eine kleine Sammlung von Gebeten und liturgischen Texten ... Der Name bedeutet ‘alle Herren’“.

[15] Ebd.: „Die Yaschts, die Opfergesänge, die zum Preise verschiedener Gottheiten gedichtet sind“.

[16] Sy-Ruze (dreißig Tage) gehört jetzt zu den Pahlavi-Texten von Khorda-Avesta (Das kleine Avesta). Anquetil hat Yaschts und das Khorda-Avesta unter dem Titel Yascht Sades zusammengefaßt. Nach Geldner werden Sy-ruze-s „hauptsächlich am dreißigsten Tag nach dem Tod eines Menschen“ aufgesagt; zit. n.: Awestaliteratur, 8.

[17] „Es ist hauptsächlich eine Sammlung von Religionsgesetzen ... Der Name bedeutet ‘das Gesetz gegen die Dämonen’“, zit. n.: Widengren, Die Religionen Irans, 4.

[18] Ebd. 5.: „Bundahischn, ‘Grundlegung’, d. h. ‘Schöpfung’ (...) Es handelt sich um ein kosmologisches Kompendium, das darüber hinaus die Geschichte der Welt von der Schöpfung bis zum Ende und zur Erneuerung schildert“.

[19] 1786 erschien die zweite, neubearbeitete und erweiterte Auflage vom ersten Band des „Zend-Avesta“ bei Hartknoch. Sie enthält einige Verbesserungen und Zusätze.

[20] Kleuker, Anhang zum Zend-Avesta, 2 Bde., Leipzig/Riga 1781-1783.

[21] Ebd. II, 1, S. I.

[22] Vgl. ebd. II, 1, S. VII.

[23] Vgl. ebd. II, 1, 179.

[24] Ebd. II, 1, S. V-VI.

[25] Kleuker, Zend-Avesta im Kleinen, Riga 1789.

[26] Vgl. ebd. I, S. XIII.

[27] Ebd. I, S. II-III.

[28] Ebd. III, 135.

[29] Vgl. Zend-Avesta, übers. v. Kleuker, II, S. II.

[30] Kleuker wurde 1808 als Orientalist in die Bayerische Akademie der Wissenschaften aufgenommen; vgl. Aschoff, 229.

[31] Schütz, 89.

[32] Ebd. 11.

[33] Ebd.

[34] Ebd. 28.

[35] Ebd. 32.

[36] Pourdavoud, Introduction to the holy Gathas, 46-48.

[37] Hyde, Thomas: Historia Religionis veterum Persarum, eorumque Magorum. Zoroastris vita etc., Oxford 1700.

[38] Meiners, Christoph: de Zoroastris vita, institutis et libris, in: Novi commentarii societatis regiae, Göttingen 1777-79.

[39] Richardson, John: A Dissertation on the languages, literature and manners of eastern nations, (als Einleitung zu) A dictionary, Persian, Arabic and English, Oxford 1777. (Dt. Übers. v. Federau, Leipzig 1779.)

[40] Jones, William: Lettre à M. A. ... du P , dans laquelle est compris l´ examen de sa traduction des livres attribués à Zoroastre, Londres s.a., in: The works of Sir William Jones, vol. X, London 1807.

[41] Schütz, 67-96.

[42] Ebd. 73.

[43] Ebd. 86.

[44] Aschoff, 33-40.

[45] Ebd. 42.

[46] Zit. n. Aschoff, 267.

[47] Ebd. 279.

[48] Geldner, Awestaliteratur, 41.

[49] Vgl. Zend-Avesta, übers. v. Kleuker, I, XVIII u. bes. I, 78: „(...), weil ich weder Orients Aether athme, noch aus Zoroasters Sprache übersetze“.

[50] Ebd. I, 77.

[51] Ebd. I, S. XVIII.

[52] Ebd. II, 3.

[53] Siehe dazu u.a. Zend-Avesta, übers. v. Kleuker, II, 23.: „Ich will diese ganze Abhandlung (Untersuchung über die antike Aechtheit der Bücher Zend-Avesta’s) mit einer Stelle des anquetilischen Memoirs über die Aechtheit und das wahre Alterthum der dem Zoroaster zugeschriebenen Zendbücher, woraus ich vieles, besonders das Historische, genommen habe, schließen“.

[54] Kleuker, Anhang zum Zend-Avesta, I, 1, S. IV.

[55] Kleuker, Untersuchung über die antike Aechtheit der Bücher Zend-Avesta’s, in: Zend-Avesta, II, 1-24.

[56] Zend-Avesta, übers. v. Kleuker, II, 19.

[57] Ebd. II, 8.

[58] Als ein Pahlavi-Text wird Bundahischn in das heilige Buch der Parsen Avesta nicht aufgenommen; vgl. Widengren, Die Religionen Irans, 360-361.

[59] Zend-Avesta, übers. von Kleuker, II, 8.

[60] Ebd. II, 9.

[61] Vgl. Kleuker, Zend-Avesta im Kleinen, II, 131.

[62] Kleuker, Anhang zum Zend-Avesta, II, 1, 146.

[63] Ebd. II, 3, 199.

[64] Ebd. II, 1, 161; Es wäre hier anzumerken, daß Kleuker unter „Zend“ eine ältere, selbständige Sprache verstanden hat. Nach dem heutigen Stand der Forschung ist Zand „die schriftliche Überlieferung“ (Widengren, Die Religionen Irans, 248). Der persische Kanon war in avestischer Sprache abgefaßt worden. Zusammen mit der mündlichen Überlieferung umfaßte diese Sammlung 21 Nasks (Kapitel) aus dem heiligen Buch der Perser. Zwischen die Zeilen des avestischen Urtextes sind in einer späteren Zeit die Pahlavi-Übersetzungen geschrieben worden: „Das Avesta wird teils immer noch mündlich überliefert, teils ist es aufgezeichnet - beides in der avestischen Sprache - teils ist es in der mittelpersischen Sprache mündlich überliefert, (in der Sprache des gemeinen Volkes durch mündliche Weitergabe bewahrt). Das kann nur bedeuten, daß die Pahlavi-Übersetzung so, wie die komplizierte Schrift mit den aramäischen Ideogrammen mündlich zu lesen war, auch gelehrt wurde, d.h. was wir Pazand nennen, nämlich Pahlavi in phonetischer Transkription“. (Ebd. 254.)

[65] Kleuker, Anhang zum Zend-Avesta, II, 1,166.

[66] Ebd. II, 1, 72.

[67] Ebd. II, 1, 71.

[68] Ebd. II, 1, S. II.

[69] Ebd. II, 1, 72.

[70] Ebd. II, 1, 73.

[71] Ebd.

[72] Ebd.

[73] Ebd. II, 1, 73.

[74] Ebd. II, 1, 106.

[75] Vgl. ebd. II, 1, 79.

[76] Ebd. II, 1, 73.

[77] Ebd. II, 1, 110.

[78] Kleuker, Anhang zum Zend-Avesta, II, 1, 179.

[79] Ebd. II, 2, 32.

[80] Ebd. II, 2, 57.

[81] Kleuker soll, nach eigener Angabe, die folgende Ausgabe benutzt haben: Du Guigne, Notices et Extraits des Mff. de la Biblioth. du Roy. Ich konnte die Angaben von Kleuker nicht entziffern und die angegebene Ausgabe nicht ausfindig machen. Eine andere französische Übersetzung der Texte Masudis ist später erschienen: Al-Mas’udi, Murug al-dahab, Les prairies d’or, ed. et traduction par Barbier de Meynard - Pavet de Courteille, I-IX, Paris 1861-1877.

[82] Kleuker, Zend-Avesta im Kleinen, I, 32.

[83] Ebd. I, 48-49.

[84] Vgl. ebd. I, 51.

[85] Siehe dazu Rapp, Die Religion und Sitte der Perser und übrigen Iranier nach den griechischen und römischen Quellen, 1-90. Der immer noch einschlägige Artikel von Rapp bietet die wichtigsten Nachrichten dar, die die alten Griechen und Römer über das persische Altertum überliefert haben.

[86] Halbfass, Indien und Europa, 13.

[87] Said, Orientalismus, 1-2.

[88] Kleuker, Anhang zum Zend-Avesta, II, 1, 191-192.

[89] Kleuker, Zend-Avesta im Kleinen, I, 40.

[90] Lessing, Bibliolatrie, 311.

[91] Vgl. Die Theologie der Lessingzeit, v. Aner, 30.

[92] Vgl. ebd. 4.

[93] Kleuker, Neue Prüfung und Erklärung, II, S. IX.

[94] Ebd. I, 30.

[95] Vgl. ebd. I, 29.

[96] Vgl. ebd. I, 18.

[97] Die Wahrheit des Christentums hat, nach Kleuker, eine zweifache Bedeutung: Dogmatisch betrachtet ist die christliche Offenbarung wahr, weil die Natur ihres Inhalts göttlich ist. Historisch betrachtet ist die christliche Offenbarung wahr, weil sie einen göttlichen Ursprung hat; vgl. ebd. I, 14-15.

[98] Barth, Die protestantische Theologie im 19. Jahrhundert, 222.

[99] Vgl. Lessing, Axiomata, 173-174.

[100] Lessing, Über den Beweis des Geistes und der Kraft, 47.

[101] Kant, Der Streit der Fakultäten, Bd. VII, 358-359, 369, 381.

[102] Kant, Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, Bd. VI, 312-313.

[103] Kleuker, Anhang zum Zend-Avesta, II, 1, 4.

[104] Kleuker, Ueber die Natur und den Ursprung der Emanationslehre, 84.

[105] Kleuker, Ueber den Ursprung des Zabäismus nach Anleitung der mosaischen Nachrichten von der ursprünglichen Religion und den ältesten Begriffen der Menschen von Gottheit und göttlichen Erscheinungen, in: Zend-Avesta im Kleinen, I, 1-20; vgl. ders., Ueber die Unmöglichkeit einer Offenbarung, die alle Menschen auf eine gegründete Art glauben könnten, in: Einige Belehrungen über Toleranz, Vernunft, Offenbarung, Theologie, 92-109.

[106] Kleuker, Zend-Avesta im Kleinen, I, 10.

[107] Ebd.

[108] Ebd.

[109] Ebd. 12.

[110] Vgl. Kleuker, Ueber die Natur und den Ursprung der Emanationslehre, 84.

[111] Kleuker, Zend-Avesta im Kleinen, I, 11-12.

[112] Vgl. Kleuker, Neue Prüfung und Erklärung, I, 20-21, 30.

[113] Vgl. Kleuker, Zend-Avesta im Kleinen, I, 4.

[114] Vgl. ebd. I, 8. (Anm.)

[115] Vgl. ebd. I, 9.

[116] Ebd. I, 26.

[117] Die geistigen Urwesen der frommen Menschen; vgl. Widengren, Die Religionen Irans, 21.

[118] Die Saker im Ostiran und Nordwestindien haben Anfang des 2. nachchristlichen Jahrhunderts das Reich Kuschan begründet. Die Chioniten haben dann dieses Reich geerbt; vgl. Die Religionen Irans, v. Widengren, 1.

[119] Zend-Avesta, übers. v. Kleuker, II, 269-270; Nach der Übersetzung von Fritz Wolff (Avesta, übers. von Wolff, 256) ist Zoroaster „der erste (und) beste Lehrer des ahurischen (Glaubens)“. Für „Urgesetz“ hat Wolff „Ascha“ geschrieben. Ascha kann als die rechte kosmische Ordnung und als Sittengesetz aufgefaßt werden. Zoroaster ist der Lehrer dieses Gesetzes, das der rechten Weltordnung entspricht. Geiger hat Ascha als „das, den Begriff der Wahrheit einschließende Recht als kosmische Potenz, als Norm für das sittliche Verhalten, als Richtschnur für alle Handlungen“ definiert; zit. n. : Symbolik des Parsismus, v. Duchesne-Guillemin, 26.

[120] Für den alten mythischen König und Offenbarungsbringer „Djemschid“ hat Wolff Yima (Jamsched - Jam - Yima) geschrieben (Avesta, übers. von Wolff, 319.), vgl. Widengren, Die Religionen Irans, 353.

[121] Ebd. II, 304. (Videvdat, Fargard II.); vgl. Avesta, übers. von Wolff, 319-320.

[122] Ebd. I, 96. (Izeschne, Ha IX.); vgl. Avesta, übers. von Wolff, 30-34.

[123] Brief von Kleuker an Hamann vom Dez. 1785, in: Hamann, Briefwechsel, Bd. VI, 175.

[124] Vgl. Zend-Avesta, übers. v. Kleuker, III, 66, 83-87; vgl. dazu Schaeder, Der Urmensch in der awestischen und mittelpersischen Überlieferung, 203-239.

[125] Vgl. Zend-Avesta, übers. v. Kleuker, III, 70-71, 73.

[126] Vgl. ebd. III, 76-78.

[127] Ebd. III, 129.

[128] Vgl. Kleuker, Zend-Avesta im Kleinen, I, 9.

[129] Kleuker, Neue Prüfung und Erklärung, II, S. XV; ein Berliner Rezensent des ersten Bandes von Kleukers „Neue Prüfung und Erklärung“ soll Kleukers theologischen Standpunkt, nach eigener Angabe, in die o.g. Kategorie eingeordnet haben.

[130] Ebd. II, S. X.

[131] Goethe, Die Ilme (Maskenzug 1818), Bd. 6, 841.

[132] Herder hat die Humanität mit den Worten „helle Wahrheit, reine Schönheit, freie und wirksame Liebe" definiert; siehe Herder, Ideen (XIII), 201.

[133] Vgl. Meinecke, Die Entstehung des Historismus, 458.

[134] Herder, Ideen (XIII), 175.

[135] Zu Leben und Werk vgl. Haym 1880.

[136] Herder, VI, 491-501.

[137] Ebd. VII, 335-469.

[138] Ebd. XIV, 55-58.

[139] Ebd. XV, 571-606.

[140] Ebd. XXIV, 467-564.

[141] Smend, 1368.

[142] Herder, Älteste Urkunde (VI), 492.

[143] Ebd. 497.

[144] Ebd. 500.

[145] Ebd. 496.

[146] Herder, Ideen (XIV), 55.

[147] Ebd.

[148] Ebd.

[149] Ebd. 55-56.

[150] Ebd. 56.

[151] Ebd. 56

[152] Ebd. 57.

[153] Herder, Persepolis (XV), 584.

[154] Ebd. 606.

[155] Herder, Persepolitanische Briefe (XXIV), 472-476.

[156] Brief von Herder an Johannes von Müller vom 3. August 1798; in: Herder, Briefe, VII, 410.

[157] Herder, Persepolitanische Briefe (XXIV), 467-471.

[158] Ebd. 477-486.

[159] Ebd. 477.

[160] Ebd. 479.

[161] Ebd. 486-495.

[162] Vgl. Divan, v. Goethe, I, 155-156.

[163] Herder, Persepolitanische Briefe (XXIV), 491.

[164] Vgl. ebd. 483.

[165] Ebd. 471.

[166] Ebd.

[167] Ebd. 495-501.

[168] Ebd. 497.

Ende der Leseprobe aus 200 Seiten

Details

Titel
Die Rezeption des Parsismus in der deutschen Literatur zwischen 1772 und 1886
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (Neuere deutsche Literatur)
Note
Opus laudabile (gut)
Autor
Jahr
2001
Seiten
200
Katalognummer
V22744
ISBN (eBook)
9783638260145
Dateigröße
1130 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rezeption, Parsismus, Literatur
Arbeit zitieren
Sakine Azodanlou (Autor:in), 2001, Die Rezeption des Parsismus in der deutschen Literatur zwischen 1772 und 1886, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22744

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