Die Entstehung des Ritterstandes


Seminararbeit, 2001

14 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Begriff ordo equester

3. Etablierung und Konsolidierung des Ritterstandes
3.1. Entwicklung des Ritterstandes
3.2. Lex Claudia (218 v. Chr.)
3.3. Quaestio repetundarum (149 v. Chr.)
3.4. Lex reddendorum equorum (129 v. Chr.)
3.5. Lex iudicaria (123/122 v. Chr.)
3.6. Ritter in sullanischer Zeit

4. Absicht und Ziel der gracchischen Reformen

5. Schlusswort

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Konflikt zwischen Senat und equites und die Entwicklung und Entstehung des Ritterstandes waren wesentliche Merkmale der politischen Verhältnisse in der späten Römischen Republik. Begünstigt wurde der Prozess durch C. Gracchus. Er sonderte diese Gruppe von den Senatoren ab, um aus ihr einen eigenen Stand (ordo) zu machen. Die Voraussetzung für die Trennung von Senatoren und Rittern schuf C. Gracchus. Er gab den Rittern bestimmte politische Ämter und Rechte und leitete so die Entstehung einer politischen Klasse ein, die mit dem Senatorenstand konkurrierte. Diese Ordnung bestand immerhin über vierzig Jahre lang bis unter Sulla und dann in der Kaiserzeit die politische Wirkungsmöglichkeit des Ritterstandes beendet wurde.[1]

Im Folgenden soll der Begriff ordo equester näher erklärt werden. Dabei beabsichtige ich, mich der Bedeutung und Definition des Begriffes zu widmen. Des weiteren werde ich mich vornehmlich auf die Entstehung und Konsolidierung des Ritterstandes im 2. Jhd. v. Chr. konzentrieren und die verschiedenen Etappen dieser Entwicklung erläutern. In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage, was C. Gracchus dazu bewogen hat, einen neuen Stand zu formen, und was er damit erreichen wollte. Um die politische Entwicklung erläutern zu können, werde ich mich vor allem auf Aussagen von Livius und Cicero stützen. Cicero halte ich für wichtig, da er als Zeitgenosse und als Angehöriger der römischen Führungsschicht selbst in den politischen Konflikt involviert war. Abschließend soll die Entwicklung des Ritterstandes in sullanischer Zeit kurz skizziert werden.

2. Der Begriff ordo equester

Bei der Analyse des Begriffes ordo equester, mit dem ich mich im Folgenden befassen werde, habe ich mich in erster Linie auf Bleicken[2] und Nicolet[3] gestützt. Ordo bedeutet ursprünglich Reihe oder Glied gleichartiger Gegenstände.[4]

Der Begriff ist nicht mit Stand gleichzusetzen (z.B. keine typische Lebensweise, keine Erblichkeit). Es scheint ein Begriff zur Gliederung der Gesellschaft zu sein, jedoch nicht primär auf eine soziale Differenzierung angelegt.[5] Durch zwei Merkmale wurden Personen dem ordo zugeordnet: einmal durch gleiche Tätigkeitsmerkmale (iudices als ein ordo, in dem Senatoren und Ritter vertreten waren) und durch formale Kriterien.

Wodurch war der Eintritt in einen ordo gekennzeichnet?

Der Senator wurde durch die Bekleidung eines Amtes, der Ritter nach Schätzung seines Vermögens dem ordo zugeordnet.[6] Insgesamt scheint die Übernahme von Funktionen bedeutsam gewesen zu sein, obgleich ein Ritter auch ohne Funktionen dem ordo angehören konnte. An die Stelle des aktiven Reiterdienstes war sein Vermögen getreten.

Der Gebrauch des Wortes ordo hat eine Entwicklung durchlaufen. Vor Gracchus gibt es keinen Beleg für ordo equester, da die Ritter erst durch ihn als einen ordo bezeichnet wurden.[7] Mit der Auflösung der aktiven Ritterschicht nach Sulla und dem Verlust der ritterlichen Funktion verliert sich der Begriff ordo equester. Unter C. Gracchus waren die Ritter potentielle Funktionsträger geworden. Er machte die Reiter durch Funktionen zum ordo, indem er ihnen die Geschworenensitze und die Staatspachten übertrug. In ciceronischer Zeit jedoch besaß der ordo equester nicht mehr die Funktions- und Zugehörigkeitsmerkmale wie noch zu Zeiten C. Gracchus’. Die formale Geschlossenheit und Festigkeit, die er bei seiner Etablierung noch hatte, existierte in Ciceros Zeiten nicht mehr. Der ordo equester konnte nie eine Festigkeit wie der ordo senatorius erreichen, allein schon deswegen nicht, weil seine Entstehung nicht ein kontinuierlicher historischer Prozess war, sondern eine künstliche Schöpfung des C. Gracchus.[8] Durch die Trennung vom Senat und die Einführung eines Zensus war der ordo equester dennoch ein sehr uneinheitliches Gebilde. Nicht alle Ritter, die die von C. Gracchus übertragenen Funktionen innehaben konnten, wollten diese auch ausführen.[9] Die Uneinheitlichkeit war es möglicherweise, die diese Gruppe den Gesetzen Sullas gegenüber so angreifbar machte und einen Beitrag zum Niedergang der Republik lieferte. Darauf werde ich später noch ausführlicher eingehen.

Senatoren und Ritter bildeten jeweils einen eigenen ordo (formale Zugehörigkeit) und konnten zugleich durch die Ausübung der Tätigkeit der iudices einem weiteren ordo angehören (gleiches Tätigkeitsmerkmal).

Bei Cicero und Livius unterscheidet sich der Gebrauch des Begriffes ordo bzw. ordo equester. Vor allem Cicero erscheint mir als Zeitzeuge und Angehöriger der römischen Führungsschicht wichtig. Da er aus deren Reihen in die höchste Magistratur aufgestiegen war, hatte er ein besonderes Verhältnis zu den Rittern. Für Cicero bildeten alle diejenigen den ordo equester, die den Titel eques Romanus trugen, d.h. der größte Teil der Bürger der ersten Klasse. Cicero vermeidet das Wort eques Romanus und umschreibt den Status eines solchen durch ex equestri ordine oder durch equestris ordinis oder sogar durch equestri loco/familia.[10] Livius dagegen unterscheidet die equites equo publico von den einfachen Reiterlegionen. Aber er sagt weder equites Romani noch equester ordo, wenn er von diesen spricht.[11]

3. Etablierung und Konsolidierung des Ritterstandes

3.1 Entwicklung des Ritterstandes

Zu Beginn des 2. Jhd. v. Chr. war die Volksversammlung zugleich eine Heeresversammlung, da das Militärische im Vordergrund stand. Jeder freie römische Bürger war Mitglied der Heeresversammlung (Centuriatscomitien) und musste auch Wehrdienst leisten. Für ihre Ausrüstung hatte er selbst aufzukommen. Im Rahmen des Wehrdienstes wurden die Bürger in bestimmte Gruppen entsprechend ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse eingeteilt: in die Gruppe der Reiter (Ritter), in die der Schwerbewaffneten und die der Leichtbewaffneten. Die reichen römischen Bürger waren der Gruppe der Reiter zugeteilt, sie mussten neben den Waffen ein Pferd stellen.[12] Die ärmeren Bürger wurden den Schwer– oder Leichtbewaffneten zugeordnet. Die besser Ausgerüsteten, also die Reiter, hatten den höheren militärischen Rang. Daraus ergab sich aber das Stimmrecht und stellte demnach das beste politische Recht sicher. Die Reiter hatten zudem das Recht der ersten Stimmabgabe. Die nachfolgenden Stimmen ließen sich häufig von den Erstabstimmenden beeinflussen und richteten sich nach deren Votum. Das Vorrecht der Reiter begünstigte zusätzlich ihre politische Stellung.[13]

Im 2. Jahrhundert v. Chr. wurde wegen der stark anwachsenden Zahl römischer Bürger ein Zensus eingeführt, der ein Mindestvermögen für die Zugehörigkeit zu den Reiterschaften festlegte. Dieses Mindestvermögen qualifizierte zum Ritter, war aber unabhängig vom Reiterdienst.

[...]


[1] Vgl. B. Kübler, Artikel Equites Romani, in RE VI, 1, Sp. 291.

[2] J. Bleicken, Cicero und die Ritter, Abhandlung der Akademie der Wissenschaft in Göttingen, Philologisch-Historische Klasse, Folge 3, Nr. 213, Göttingen 1995.

[3] C. Nicolet, L’ordre équestre à l’époque républicaine, Tome 1, Paris 1966.

[4] Bleicken, Cicero und die Ritter, S. 91.

[5] Bleicken, Cicero und die Ritter, S. 103.

[6] Vgl. Bleicken, Cicero und die Ritter, S. 95.

[7] Vgl. E. Badian, Publicans and Sinners. Private enterprise in the service of the Roman Republic, Dunedin 1972, S. 55.

[8] Vgl. F. Kolb, Zur Statussymbolik im Antiken Rom, in: Chiron 7 (1977), S. 254.

[9] Vgl. Bleicken, Cicero und die Ritter, S. 101.

[10] Vgl. Nicolet, S. 170.

[11] Vgl. Nicolet, S. 173.

[12] Vgl. J. Bleicken, Die Verfassung der römischen Republik, Paderborn 1995, 7. Aufl., S. 68.

[13] Vgl. Bleicken, Die Verfassung der römischen Republik, S. 69.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Entstehung des Ritterstandes
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Geschichte)
Note
3
Autor
Jahr
2001
Seiten
14
Katalognummer
V2267
ISBN (eBook)
9783638113908
ISBN (Buch)
9783640865246
Dateigröße
535 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entstehung, Ritterstandes
Arbeit zitieren
Anne Sophie Günzel (Autor:in), 2001, Die Entstehung des Ritterstandes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2267

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