Die Entstehung der deutschen Geldordnung nach dem 2. Weltkrieg - Ordnende Kräfte, Konzepte und Ergebnisse


Seminararbeit, 2001

21 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Lage im Nachkriegsdeutschland und die Politik der Alliierten
2.1 Die politische Lage in der frühen Nachkriegszeit
2.2 Der Wandel in der amerikanischen Deutschlandpolitik

3 Die Entstehung des deutschen Bankwesens
3.1 Ziele der Alliierten
3.2 Entflechtung der Großbanken
3.3 Gründung der Landeszentralbanken
3.4 Errichtung der Bank deutscher Länder
3.5 Die Umwandlung in die Bundesbank

4 Die Währungsreform von 1948
4.1 Definition & Typologien
4.2 Pläne zur Reform
4.3 Gesetze und Verordnungen
4.4 Folgen

5 Fazit und Ausblick

Abbildungsverzeichnis

Zeittafel

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Wie bereits nach dem 1. Weltkrieg war die Reichsmark, welche nach den Worten Hitlers stärkste Währung der Welt werden sollte, erneut durch exzessive Defizitfinanzierung ruiniert (Vgl. Abb. 1 im Anhang). Die Reichsbank als Gesamtinstitut war mit der Einnahme Berlins durch sowjetische Truppen faktisch handlungsunfähig geworden.1 Ohne eine tiefgehende Re- form der Geldordnung war ein Wiederaufbau fast undenkbar, da sich wirtschaftliches Han- deln durch festgesetzte Preise und den Wertverlust der Reichsmark nicht mehr lohnte.

Der Begriff Geldordnung wird in dieser Arbeit als der Teil der Wirtschaftsordnung definiert, der alle Regeln und Institutionen des Geldwesens umfasst. Hauptaufgabe der Geldordnung, die rechtlich durch die Währungsverfassung kodiert wird, ist die Sicherstellung der Geldfunktionen, um auf Wettbewerb beruhende Wirtschaftsaktivitäten ausführen zu können.2 In dieser Arbeit soll zunächst die wirtschaftliche und politische Lage im Nachkriegsdeutschland dargestellt werden. Darauf aufbauend erfolgt eine Beurteilung der Geschehnisse und Konzepte, die zur Entstehung des deutschen Bankwesens und daraus resultierend zur Währungsreform führten, welche den Wiederaufbau erst ermöglichte. Auf die Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone wird im Verlauf dieser Arbeit, soweit nicht für die Entstehung der westdeutschen Geldordnung nötig, nicht weiter eingegangen.

2 Die Lage im Nachkriegsdeutschland und die Politik der Alliierten

Auch wenn die Schäden, die Deutschland durch den Krieg erlitten hatte, erheblich waren, ist doch festzustellen, dass ein großer Anteil an Maschinen und Fertigungsstätten unbeschädigt geblieben war. Zusätzlich war ein großer Vorrat an Rohstoffen vorhanden.3

Trotz dessen fiel die Industrieproduktion und die Arbeitsproduktivität 1946 auf die Hälfte des Vorkriegsniveaus zurück, obwohl dieses in den meisten anderen vom Krieg betroffenen Län- dern zu diesem Zeitpunkt bereits wieder erreicht war. 4 Da die Preise seit 1936 eingefroren waren und durch die gestoppte Inflation teilweise in keiner Relation zu den Kosten standen, war die Produktion aus unternehmerischer Sicht wenig lohnend.5 Die Reichsmark hatte ihre Zahlungsfunktion fast gänzlich verloren, daher war es sinnvoll, nur noch zwei bis drei Tage in der Woche zu arbeiten, weil dies ausreichte, um die rationierten Güter zu beziehen (weitere

Produkte waren mit der Reichsmark kaum noch zu kaufen).6 An die Stelle der Reichsmark trat der Kompensationshandel. Das Haupttauschmittel war die Zigarette, deren Anteil am Handelsgeschehen auf ca. 50% geschätzt wurde.7

2.1 Die politische Lage in der frühen Nachkriegszeit

Die Amerikaner begannen bereits 1941, sich auf Ihre Aufgaben im Nachkriegsdeutschland vorzubereiten. Dies gipfelte in dem 1944 veröffentlichten amerikanischen Morgenthau Plan, welcher die komplette Zerstörung der Wirtschaft und die Umwandlung Deutschlands in ein Agrarland forderte. Obwohl die Ideen Morgenthaus offiziell schon 1945 auf der Konferenz von Yalta verworfen worden waren prägte der Morgenthau Plan die Deutschlandpolitik der Amerikaner bis 1947.

Die Briten hingegen wollten Deutschland möglichst bald den Weg zu einer stabilen Demokratie ebnen um dem Nationalismus entgegenzuwirken; die Sowjetunion begann recht zügig mit der Zentralisierung innerhalb ihrer Besatzungszone. Frankreich dagegen beabsichtigte Deutschland in mehrere Teile aufzuspalten, um zu erreichen, dass Deutschland nie wieder eine Bedrohung darstellen könnte.8

Im Juli 1945 einigten sich die Besatzer mit demPotsdamer Abkommendarauf, Deutschland wirtschaftlich als eine Einheit zu behandeln, das Kriegspotential zu reduzieren, sowie Demokratie und Frieden in Deutschland wieder herzustellen. Allerdings wurde die Industrieproduktion auf 50 % des Vorkriegsniveaus begrenzt.9 Die wirtschaftliche Einheit wurde aufgrund der stark unterschiedlichen Besatzungspolitik der Alliierten allerdings nie vollzogen. Daraus entstanden innerdeutsche Grenzen, die vor allem durch die starke wirtschaftliche Abhängigkeit der Zonen untereinander problematisch waren.10

Die USA planten durch vielfältige Maßnahmen, wie der Entflechtung und Dezentralisierung der Wirtschaft, die Entstehung einer Planwirtschaft zu verhindern.11 Zudem strebten die Ame- rikaner eine deutsche Einheit an, dies gestaltete sich wegen den divergierenden Zielen der Al- liierten jedoch problematisch, da insbesondere die Sowjets und Franzosen sich häufig nach anderen Zielen richteten.

Als eine der ersten Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation wurde am 20.10.1945 der Ein- kommensteuerhöchstsatz auf 95 % angehoben, der Hebesatz der Körperschaftssteuer stieg auf 65%.12 Allerdings wurde der größte Teil der erhöhten Steuereinnahmen nicht wie geplant zur Inflationsbekämpfung, sondern zur Finanzierung der Haushalte und Besatzungskosten einge- setzt. Von den Alliierten wurde die Reform der Währungs- und Geldordnung aufgrund von Unstimmigkeiten immer wieder aufgeschoben, obwohl dies in den meisten vom Krieg betrof- fenen Ländern die erste Maßnahme zur Unterstützung des Wiederaufbaus nach Ende des Krieges gewesen war.13

2.2 Der Wandel in der amerikanischen Deutschlandpolitik

Im Frühjahr 1947 erkannten die Amerikaner die katastrophale deutsche Wirtschaftslage. Zudem reifte der Gedanke, dass für den Fortbestand der westlichen Demokratien in Europa ein starkes Deutschland, unter anderem zur Kontrolle der Sowjetunion, notwendig sei.14 Die Sowjets waren, insbesondere bei der Frage der Reparationen, zu keinem Konsens bereit. Daher kam es zu dem Abbruch der Verhandlungen im Alliierten Kontrollrat - welcher die Regierungsgewalt über die Fragen innehatte, die alle Besatzungszonen betrafen und zur Abstimmung der vier Militärkommandeure dienen sollte - und die Amerikaner beschlossen sich in ihren Ländern15 dem Wiederaufbau zu widmen, mit dem Ziel, Deutschland bis 1949 in die politische und wirtschaftliche Selbständigkeit zu führen.16

Um die hohen britischen Kosten der Besatzung zu senken schlossen sich die Briten 1947 der amerikanischen Zone an, die Bizone war entstanden. Zusammen versuchten beide die wirt- schaftliche Rehabilitation voranzutreiben, ohne das stark verschuldete Frankreich zu brüskie- ren.17 Die Lösung war der amerikanische Marshall Plan vom Juni 1947, der allen Staaten Eu- ropas finanzielle Hilfe gewähren sollte. Als Gegenleitung mussten diese auf deutsche Repara- tionen verzichten. Um Leistungen des Marshall Plans zu erhalten waren die Franzosen zu ei- nigen Zugeständnissen gegenüber den USA bereit. Dies führte 1949 zum Anschluss der französisch besetzten Gebiete an die Bizone.18 Vorraussetzung, um die Leistungen des Marshall Planes auch für die Deutschen zur Verfügung zu stellen, war die Errichtung eines funktionsfähigen Zentralbanksystems.19 Daher wandten die Amerikaner sich verstärkt diesem Thema zu und gaben im Juli 1947 die Ideen des Morgenthau Planes völlig auf. Die Aufgaben der deutschen Länderregierungen in der Bizone wurden ausgeweitet und die wirtschaftliche Verwaltung - durch Gründung des Wirtschaftsrats mit Sitz in Frankfurt am Main, dessen Vor- sitz Ludwig Erhard innehatte - neu gestaltet, um den Aufbau voranzutreiben.

3 Die Entstehung des deutschen Bankwesens

Mit dem Wandel in der alliierten Politik wurde die Durchführung einer Währungsreform zu einem der wichtigsten Punkte. Allerdings benötigte man dazu ein funktionsfähiges Bankensystem, dessen Entstehung in dem folgenden Kapitel dargelegt werden soll.

3.1 Ziele der Alliierten

Auch wenn alle Alliierten an der Konzeption der Geldordnung beteiligt waren, lag der maß- gebliche Anteil, wie sich im Verlauf des dritten Kapitels zeigen wird, bei den USA. Ziel aller Beteiligten war es, sicherzustellen, dass die deutsche Finanzwelt nie mehr in der Lage sein würde, kriegsfördernde Maßnahmen zu ergreifen. Dazu strebten die USA einen klaren Bruch mit der Vergangenheit an. Die Reichsbank und die Privatbanken, die bisher stark zentralis- tisch geprägt und von der Regierungspolitik abhängig waren sollten durch dezentralisierte Strukturen ersetzt werden.20

3.2 Entflechtung der Großbanken

Am 05.06.1945 wurde im sowjetisch besetzten Berlin die Neuordnung des Bankwesens verfügt. Im Zuge dessen wurden auch die Hauptverwaltungen der deutschen Großbanken geschlossen. Daraufhin versuchten diese ihre zentrale Lenkung durch die Wiedereröffnung von Hauptverwaltungen in Hamburg wiederherzustellen.21

Die Amerikaner waren allerdings der Meinung, dass das zentralisierte deutsche Bankenwesen die Vorbereitung und Finanzierung des 2. Weltkriegs erheblich erleichtert hatte, wie dies bei einem dezentralisierten Bankenapparat nicht möglich gewesen wäre. Daher wurde am 05.10.1945 mit dem1. Dodge Planeine Dezentralisierung des Bankwesens empfohlen. Um den übermäßigen Einfluss der Banken auf die Industrie zu beseitigen war geplant dass es, wie in den USA, Banken nur noch erlaubt ist, in einem Land Filialen zu errichten. Dazu sollten die Großbanken liquidiert und auf Landesebene neu organisiert werden. Die Börsennotierung und der Besitz von Aktien sollte Banken verboten werden.

[...]


1 vgl. Marsh (1992), S. 43 und Prost (1972), S. 50ff.

2 vgl. Woll (1993), S. 246.

3 vgl. Buchheim (1998), S. 93.

4 vgl. Marsh (1992), S. 189.

5 vgl. Fritzsche (1970), S. 26.

6 vgl. Wandel (1980), S. 118.

7 vgl. Buchheim (1998), S. 97 und Schüller (1992), S. 317f.

8 vgl. Brackmann (1993), S. 202 und Wandel (1980), S. 42ff.

9 vgl. Erhard (1957), S. 18.

10 vgl. Fritzsche (1970), S. 29.

11 vgl. Sprenger (1991), S. 19.

12 vgl. Bickerich (1998), S. 111 und Marsh (1992), S. 123.

13 vgl. Buchheim (1998), S. 123f und Wandel (1980), S. 118.

14 vgl. Fritzsche (1970), S. 26ff.

15 Anm.: Der Begriff „Land“ soll in diesem Zusammenhang als Bundesland verstanden werden.

16 vgl. Wandel (1980), S. 33.

17 vgl. Wandel (1980), S. 20 und S. 44f.

18 vgl. Fritzsche (1970), S. 22ff.

19 vgl. Wandel (1980), S. 135.

20 vgl. Marsh (1992), S. 195f und Wandel (1980), S. 48.

21 vgl. Wandel (1980), S. 59. und S. 83.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Entstehung der deutschen Geldordnung nach dem 2. Weltkrieg - Ordnende Kräfte, Konzepte und Ergebnisse
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Lehrstuhl für Ordnungstheorie und Wirtschaftspolitik)
Veranstaltung
Seminar Geldordnungen Entstehungsgründe, institutionelle Arrangements und prozesspolitische Probleme
Note
3,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
21
Katalognummer
V2250
ISBN (eBook)
9783638113779
Dateigröße
624 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ziel dieser Arbeit ist es, die Entwicklung der deutschen Geldordnung nach dem 2.Weltkrieg zu verdeutlichen. Dazu wird zunächst auf die vorliegenden Probleme (Infaltion, Reparationen,...) eingegangen. In einem nächsten Schritt wird der Einfluss der Alliierten auf die, speziell das Geldwesen, betreffende deutsche Politik verdeutlicht. Im dritten Teil der Arbeit wird die Entstehung des deutschen Geschäfts- und Zentralbankwesens analysiert. Der letzte Teil beschäftigt sich ausführlich mit der Währungsreform von 1948 und den daraus entstandenen wirtschaftlichen und politischen Folgen.
Schlagworte
Geldordnung, Bankwesen, 2. Weltkrieg, Bundesbank, Bank deutscher Länder, Inflation, alliierte Nachkriegspolitik, Währungsreform
Arbeit zitieren
Benjamin Krischer (Autor:in), 2001, Die Entstehung der deutschen Geldordnung nach dem 2. Weltkrieg - Ordnende Kräfte, Konzepte und Ergebnisse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2250

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