Die Rolle des Unternehmers beim Kauf von inhabergeführten Unternehmen


Diplomarbeit, 2004

72 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Definition Mittelstand
1.2 Nachfolgeregelung im Mittelstand

2. Auswirkungen der Unternehmenskultur auf den Kauf
2.1 Begriffliche Abgrenzung
2.2 Methoden der Untersuchung
2.3 Formen der Unternehmenskultur

3. Charakterisierung des inhabergeführten Unternehmens
3.1 Statistische Grundlagen
3.2 Organisatorische Merkmale des inhabergeführten Unternehmens
3.2.1 Einheit von Leitung und Eigentum
3.2.2 Geringe Anzahl an Hierarchieebenen
3.2.3 Patriarchalisch geleitetes Einliniensystem
3.3 Auswirkungen dieser Organisationsform auf den Kauf

4. Varianten des Unternehmenskaufs
4.1 Management Buy-out und Management Buy-in
4.2 Einkauf von Beteiligungsgesellschaften
4.3 Übernahme durch strategischen Käufer

5. Analyse des Unternehmenskaufprozesses
5.1 Gründe für den Verkauf eines Unternehmens
5.1.1 Betriebliche Motive
5.1.2 Persönliche Motive
5.2 Zeitliche Einteilung des Prozesses
5.2.1 Die Vorbereitungsphase
5.2.2 Der Verkaufsprozess
5.2.3 Die Integrationsphase
5.2.4 Beispiel einer möglichen Regelung der Übergangsphase
5.3 Mögliche Unterstützungen
5.3.1 Die Rolle des M&A-Beraters
5.3.2 Die Due-Diligence-Checkliste
5.3.3 Das Psychogramm

6. Mögliche Problemstellungen beim Kauf abhängig vom Verkaufsmotiv
6.1 Verkauf aus strategischen und persönlichen Motiven
6.1.1 Gefahr der Neugründung eines Konkurrenzunternehmens
6.1.2 Mögliche vertragliche Schutzmaßnahmen
6.2 Verkauf aus altersbedingten Gründen
6.2.1 Unterschiedliche Verhaltensweisen der Unternehmer
6.2.2 Möglichkeiten der Vorbereitung

7. Ausarbeitung des Befragung
7.1 Erstellung einzelner Thesen
7.2 Ausarbeitung des Fragebogens
7.2.1 Beschreibung der Stichprobe
7.2.2 Intention der einzelnen Fragen
7.3 Auswertung des Fragebogens

Quellenangaben

Vorwort

Viele Betriebsübernahmen, vor allem im sogenannten Mittelstand, scheitern an Gründen, die ihre Ursachen weder im Bereich der klassischen betriebs-wirtschaftlichen Themen der Finanzwirtschaft noch im Gebiet der Steuerlehre haben. Die zu suchenden Ursachen basieren vielmehr auf Kommunikations-störungen zwischen dem Verkäufer und Firmeninhaber und dem Käufer in Form einer Einzelperson oder eines Unternehmens. Diese können häufig in der Person des Unternehmers bzw. in seinen für einen Firmeninhaber oft typischen Charakterzügen und Motiven liegen. Fokus der Arbeit sollen die Person des verkaufenden Inhabers bzw. die mit seiner Persönlichkeit zusammenhängenden Konsequenzen für den gesamten Abwicklungsprozess sein.

Zusammen mit den strukturellen Veränderungen, die bei der Übernahme eines nicht selten über Jahrzehnte gewachsenen Betriebes durch eine andere Person unvermeidlich sind, entsteht hier ein Problemfeld, das ich in meiner Arbeit näher betrachten möchte.

Da gerade im Mittelstand in der näheren Zukunft sehr viele Betriebsübernahmen anstehen, und der Nachfolger immer seltener in der eigenen Familie zu finden sein wird, wird auch die Bedeutung der oben genannten Faktoren immer mehr zunehmen.

Die Zielsetzung der Arbeit ist, dem potentiellen Käufer auf mögliche Problematiken aufmerksam zu machen und ihm zu helfen, im Speziellen auf einige herausgearbeitete Themenpunkte zu achten.

Auch der verkaufende Inhaber kann im Rahmen der Verkaufsvorbereitung nützliche Denkanstösse finden, die ihm bei der Abwicklung des Übergabeprozesses dienlich sein können.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Neue Mittelstandsdefinition des IfM Bonn

Abbildung 2: Voraussichtliche Nachfragelösungen in deutschen Familienunternehmen nach Umsatzgrößenklassen

Abbildung 3: Inhaber der Führungspositionen in Unternehmen

Abbildung 4: Strategischer Kauf versus Finanzinvestition

Abbildung 5: Die Phasen des Unternehmenskaufprozesses

Abbildung 6: Wirkungsbereiche der teilnehmenden Parteien

Abbildung 7: Der M&A-Prozess und seine Phasen

Abbildung 8: Unternehmertypen

Abbildung 9: Ziele und Erwartungen organisationsinterner und externer Akteure im Nachfolgeprozess

Abbildung 10: Profession der Interviewpartner

Abbildung 11: Branche der von den Beratern hauptsächlich betreuten Unternehmen

Abbildung 12: Jahresumsatz der von den Interviewpartnern hauptsächlich betreuten Unternehmen.

Abbildung 13: Verwendete Hilfsmittel zur Untersuchung des zu kaufenden Unternehmens

Abbildung 14: Verkaufsmotive des verkaufenden Unternehmers

Abbildung 15: Häufigkeit des Scheiterns der Transaktion

Abbildung 16: Gefahr der Neugründung eines Konkurrenzunternehmens

Abbildung 17: Verwendung der Wettbewerbsklausel

Abbildung 18: Dauer der Tätigkeit des Verkäufers im Unternehmen.

Abbildung 19: Verhalten des Verkäufers.

Abbildung 20: Haupterfolgsfaktoren Unternehmenskauf

1. Einleitung

Beim Versuch die Unternehmen, die im Fokus dieser Arbeit stehen sollen, einer Kategorie zuzuordnen, stößt man zwangsläufig auf die Unternehmensform, die häufig als der sogenannte Mittelstand bezeichnet wird. Betrachtet man den Mittelstand, dem also die meisten der inhabergeführten Unternehmen zuzuordnen sind, genauer, so ist laut Statistik zu erkennen, dass in Zukunft die Zahl der geplanten Übertragungen steigen wird.1 Es wird erwartet, „... dass in der Bundesrepublik in einem F ü nfjahreszeitraum von 1999 bis 2004 rund 380.000 mittelst ä ndische Betriebe mit insgesamt rund 4,8 Mio. Mitarbeitern zur Ü bergabe anstehen.2

1.1 Definition Mittelstand

Da in Deutschland der Mittelstand, der oft als „Herzstück“ oder „Rückgrat“ bezeichnet wird, traditionell eine starke Rolle spielt, ist leicht nachzuvollziehen welche Auswirkungen eine gravierende Verringerung der Betriebe aufgrund mangelnder Nachfolgeperspektiven auf die Gesamtwirtschaft hätte. Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt infolge der hohen Beschäftigungszahlen sowie Folgen für die Marktposition Deutschlands im Welthandel wären zu befürchten, bedenkt man, dass im mittelständischen Sektor etwa 47% des Gesamtumsatzes im Inland erzielt werden.3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Neue Mittelstandsdefinition des IfM Bonn in € Quelle: IfM Bonn, http://www.ifm-bonn.de/dienste.htm

In der Abbildung 1 wird der Mittelstand anhand von quantitativ messbaren Faktoren in drei Größenklassen eingeteilt. Hier hat sich das IfM Bonn an den Zahlen der KMU-Definition der Europäischen Union orientiert. Relevant für diese Arbeit werden hauptsächlich die Betriebe der kleinen und mittleren Größenkategorie sein, da hier in der Regel die inhabergeführten Unternehmen zu finden sind.

1.2 Nachfolgeregelung im Mittelstand

Typisch für den Mittelstand ist auch die enge Verbindung von Unternehmen und Inhaber bzw. Inhaberin.

Auswirkungen hat dies vor allem, wenn es um das Finden einer geeigneten Nachfolgeregelung geht, denn hier muss diese Verbindung erst gelockert werden, um eine eventuelle Übergangsregelung möglich zu machen, bzw. dann letztlich völlig gelöst werden, wenn die Übergabe vollzogen wird. Dabei werden die Unternehmen entweder zu 42,8% familienintern übergeben, oder es wird von 50,1% eine andere Art der Übertragung in Form von Verkauf, Management-Buy-Out oder Management-Buy-In gewählt.4 In der nachfolgenden Abbildung 2 sind die Nachfolgelösungen abhängig vom erzielten Umsatz aufgeführt.

Bei der Interpretation der Grafik können mehrere markante Thesen herausgelesen werden:5

- Unter einem Umsatz von damals 100.000 DM sind die Unternehmen, sogenannte Kleinstunternehmen, weder für Familienmitglieder noch für Nichtfamilienmitglieder in Bezug auf die Übernahme interessant, da der zu erwartende persönliche Profit zu gering wäre. Daher sind diese in der Darstellung nicht aufgeführt.
- Die Zahl der Nachfolgelösungen innerhalb der Eigentümerfamilie sind bis zu einem Umsatz von 500.000 DM noch relativ gering, da es hier noch geeignete Alternativen für die nachfolgende Generation gibt, die ähnlich attraktiv wie die Fortführung des Familienbetriebs sind. Hier wird auch jeder zehnte Betrieb mangels Alternativen stillgelegt. Die Bereitschaft, die familieninterne Nachfolge anzutreten, steigt dann bis zum Umsatz von 25 Millionen DM Umsatz stetig an. Bei dieser Größe gibt es einen Bruch, der damit zu begründen ist, dass die Betriebe dann eine solche Größenordnung erreicht haben, dass die Anforderungen an die Qualifikation und der zu erwartende Arbeitsaufwand des Nachfolgers sehr hoch sind. Hier werden dann eher externe Lösungen in Erwägung gezogen.6

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Voraussichtliche Nachfragelösungen in deutschen Familien- unternehmen nach Umsatzgrößenklassen in %

Quelle: Institut für Mittelstandsforschung, Sonderdruck (2001), S. 18

- Im Bereich von 1 bis 5 Millionen DM Umsatz ist die Bereitschaft zum Verkauf auffallend hoch. Hier würde jeder 5. Unternehmer seinen Betrieb verkaufen. Ähnlich hoch ist diese bei den Klassen von 100.000 DM bis 500.000 DM und von 500.000 DM bis 1 Millionen DM. Zusätzlich ist bei diesen Größenklassen auch die Anzahl der Stilllegungen höher.

Der Grund hierfür liegt darin, dass hier sowohl die interne Nachfolgeregelung bei Familienbetrieben als auch die Suche nach externen Käufern aufgrund des geringen Umsatzes schwierig sein dürfte.

Mit steigendem Umsatz werden dann eher externe Lösungen bevorzugt, indem ein neues Management eingesetzt wird, der Besitz aber weiterhin innerhalb der Familie bleibt.

2. Auswirkungen der Unternehmenskultur auf den Kauf

Der Begriff der Unternehmenskultur ist ein in wirtschaftlichen Veröffentlichun-gen häufig genutzter Begriff, der unterschiedlich definiert werden kann. Wegen seiner Vielzahl an Merkmalen ist der Begriff auch sehr schwer in Worte zu fassen.

2.1 Begriffliche Abgrenzung

Großen Einfluss auf die Ausprägung der Unternehmenskultur haben die Führungskräfte der jeweiligen Unternehmen durch ihre unterschiedlichen Führungsstile.

Der Kern der Kultur l ä sst sich definieren als gemeinsames Grundverst ä ndnis mit Wahrnehmungen, Gedanken und Gef ü hlen, das eine Gruppe im Laufe der Zeit angenommen hat, w ä hrend sie ihre Probleme l ö ste und dabei die Erfahrung gemacht hat, dass sie konsistent und stabil genug sind, um sie beizubehalten und an neue Mitglieder direkt oder indirekt weiterzugeben.“7

Am leichtesten zu erkennen sind die verschiedenen Ausprägungen der Unternehmenskultur am Auftreten und Verhalten der einzelnen Mitarbeiter.

Deshalb können in großen Unternehmen auch sogenannte „Subkulturen“ entstehen.

Dies ist besonders dann der Fall, wenn es heterogene Geschäftstätigkeiten gibt, oder wenn es durch Firmenkäufe zu einem Wachstum des Unternehmens kommt.8

Hier lässt sich auch die Bedeutung für die Übernahme von inhabergeführten Unternehmen erkennen. Da diese Betriebe fast ausschließlich vom Besitzer selbst geprägt werden, kann es bei einem Kauf durch eine andere Person bzw. durch eine andere Firma zu großen Problemen kommen, sobald die beiden bestehenden Kulturen zu einer gemeinsamen zusammenwachsen müssen.9

Dies ist aber nötig, da das aufkaufende Unternehmen in der Regel auf das vorhandene Wissen und die erworbene Erfahrung, was größtenteils über die Mitarbeiter transportiert wird, nicht verzichten kann.

2.2 Methoden der Untersuchung

Da es nur wenige quantitativ messbare Größen gibt, mit deren Hilfe man die Unternehmenskultur ermitteln könnte, muss hier auf verschiedene Hilfsinstrumente zurückgegriffen werden, um eine Einordnung vornehmen zu können.

Dies kann mit Hilfe von Fragebögen geschehen, welche die Mitarbeiter schriftlich ausfüllen, oder durch eine mündliche Befragung im Rahmen eines Interviews, das durch einen Interviewleitfaden gesteuert wird und häufig von externen Beratern geführt wird.10

Die Interviews können in Form von Einzel- oder von umfangreicheren Gruppeninterviews durchgeführt werden. Ähnliche Ergebnisse können auch durch Gruppenveranstaltungen oder Workshops erzielt werden, bei denen nicht der einzelne Mitarbeiter im Mittelpunkt steht. Vielmehr wird versucht, eine für das Unternehmen typische Atmosphäre zu schaffen und erlebbar zu machen.

Mittlerweile werden außerdem spezielle Computerprogramme angeboten, die in der Lage sind, eine solche Befragung durchführen und auswerten. So können die untersuchenden Berater zum Beispiel die Software t.o.p GRID nutzen, bei der die Unterscheidungsmerkmale eingegeben, vom Computer verdichtet und dann als Grafik ausgegeben werden.11

Meist steht hier jedoch der Analyseprozess und das Erkennen von Mustern mehr im Vordergrund als das eigentliche, schriftlich festgehaltene Ergebnis.

2.3 Formen der Unternehmenskultur

Obwohl die Unternehmenskultur aufgrund der schon bei der Definition angeführten Gründe schwer zu differenzieren ist, gibt es in der Literatur einige Beispiele, wie man durch die Analyse der Beziehungen zu den Kunden und Lieferanten bzw. zur Öffentlichkeit und dem Wettbewerb zu einer Gruppeneinteilung gelangen kann:12

- Innovationskultur:
- Blick auf neue Möglichkeiten
- je nach Aktivitäten verschiedene Lieferanten- beziehungen
- Anwendung neuer Technologien
- Öffentlichkeit als Partner
- Blick auf die Situation
- Lieferantenbeziehungen an Lage des Unter- nehmens angepasst
- Verhalten nach außen, je nach Lage des Unternehmens

- Aktionskultur:
- Reaktionskultur:
- Traditionskultur:
- Stagnationskultur:
- Blick auf den Feind
- hoher Lieferantenwechsel
- langsame Reaktion auf den Feind
- Öffentlichkeit als notwendiges Übel
- Blick zurück
- hohe Lieferantentreue
- Inflexibilität
- alte Abläufe werden strikt eingehalten
- Wettbewerbsrespekt
- Lethargiekultur
- kaum Lieferantenwechsel
- Lieferung gegen Barzahlung
- Rückzug aus Öffentlichkeit
- keine Orientierung am Wettbewerb

Betrachtet man die Kunden- und Lieferantenbeziehungen sowie die Wettbewerbsorientierung der inhabergeführten Unternehmen, stellt man fest, dass sich diese abhängig von der Branche in die Kategorien Reaktionskultur, Traditionskultur, Innovationskultur und Stagnationskultur eingliedern lassen.13

Besonders die Familienunternehmen, die in stark traditionellen Branchen wie beispielsweise dem Brauwesen angesiedelt sind, kann man der Traditionskultur zuordnen, da hier die Arbeitsabläufe von Generation zu Generation weitergegeben werden, ebenso wie die Lieferantenbeziehungen und der Kundenstamm. Ein wichtiges Merkmal ist hier das Vorhandensein einer patriarchalischen Führung.14

Der Blick geht eher zurück auf Traditionen und die Geschichte des Unternehmens als nach vorne auf die zu erwartenden Anforderungen des Wettbewerbs.

Familienunternehmen sind durch tiefverankerte und starke Unternehmens- kulturen gepr ä gt, die Identit ä t und Zugeh ö rigkeit stiften “.15

Diese öffnen sich meistens ungern der Außenwelt gegenüber, nicht nur bezüglich des Eigentums, sondern auch hinsichtlich der Führung .16 Bei eher zukunftsorientierten Branchen wie der Biotechnologie, dem Multimediabereich oder der Zulieferindustrie sind diese Kriterien weniger deutlich ausgeprägt.

Hier lassen sich schon die Schwierigkeiten ansatzweise erkennen, die meist erst deutlich werden, wenn es zur Übernahme durch eine externe Person oder Firma kommt, da hier die durch die Führung jahrelang geprägten Organisationsstrukturen und Kulturen innerhalb kürzester Zeit verändert werden müssen. Diese Problemstellung wird später noch eingehender behandelt werden, im Speziellen bezüglich der inhabergeführten Unternehmen.

3. Charakterisierung des inhabergeführten Unternehmens

Da der Schwerpunkt der Arbeit auf dem Kauf von inhabergeführten Unternehmen liegen soll, wird diese Unternehmensform im folgenden Kapitel genauer analysiert. „ Ein Familienunternehmen ist daher ein Unternehmen, in dem eine Familie ein ma ß gebliches Stimmrecht hat.17

Unabhängig von der Höhe der Kapitalbeteiligung oder der Besetzung der Führungspositionen sind hier die Stimmrechte maßgeblich. Oft ist die Abgrenzung zum Begriff Familienunternehmen nicht klar zu erkennen. Familienunternehmen können auch inhabergeführt sein, wenn der Besitz mit der Führung übergeben wird, doch ist dies eher ein Sonderfall. Bei der Definition des inhabergeführten Unternehmens ist dagegen die Einheit von Führung und Besitz ausschlaggebend.

3.1 Statistische Grundlagen

Wie unten stehende Abbildung 3 zeigt, werden in Deutschland genau zwei Drittel aller befragten Unternehmen vom Inhaber selbst, bzw. vom geschäftsführenden Gesellschafter geführt. Der Einfluss dieser Unternehmensform auf die Gesamtwirtschaft ist daher nicht zu unterschätzen. Etwa jedes zehnte Unternehmen, der für diese Grafik untersuchten Unternehmen, ist ein reines Familienunternehmen, das durch die Familie und den Inhaber geführt wird.

Weiterhin ist noch bemerkenswert, dass 88,2% aller Inhaber eine für ihre leitende Tätigkeit adäquate Ausbildung in Form einer branchentypischen gewerblichen Ausbildung, einer kaufmännischen Lehre oder eines entsprechenden Studiums besitzen.18

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Inhaber der Führungspositionen in Unternehmen Quelle: Dresdner Bank, Studie: Mittelstand in Deutschland, S. 14

3.2 Organisatorische Merkmale des inhabergeführten Unternehmens

Die Unternehmensform des inhabergeführten Unternehmens lässt sich durch einige typische Eigenschaften beschreiben:

3.2.1 Einheit von Leitung und Eigentum

Wie schon bei der Abgrenzung zum Familienunternehmen erklärt, ist das herausragende Merkmal die Union von Führung und Besitz in einer Person. Dies hat den Vorteil, dass Innovationen schneller durchgesetzt werden können, da der Unternehmer für seine getroffenen Maßnahmen selbst haftet, und es keiner Absprache mit einer anderen Stelle bedarf.19 Dadurch wird ein hohes Maß an Flexibilität erreicht, welches zusammen mit den schnelleren Entscheidungsabläufen den Weg in den Markt verkürzt.

Die Unternehmensinhaber betrachten das Unternehmen, weil sie selbst Eigentümer sind, als „ihr Lebenswerk“ bzw. „ihre Lebensaufgabe“.20 Zu welchen Schwierigkeiten dies beim Verkauf des Unternehmens führen kann, wird im Laufe der Arbeit noch ausführlich behandelt.

3.2.2 Geringe Anzahl an Hierarchieebenen

Gibt es überhaupt eine zweite Führungsebene in einem inhabergeführten Unternehmen, so hat diese bei der Festlegung und Umsetzung der Unternehmensziele kaum Einflussmöglichkeiten, außerdem „ zeigt sie meist einen erheblichen Professionalisierungsr ü cks tand “.21 Vielfach hat sie in etwa auch das gleiche Alter wie der Gründer und scheidet folglich mit ihm aus, weshalb sie ebenfalls keine Alternative zur Nachfolge sein kann.

Häufig wird völlig auf eine weitere Führungsebene verzichtet, wobei weder eine wirkliche Aufgabenteilung noch eine Delegation von Verantwortung auf andere Personen stattfindet.22 Ein Grund für diesen Schritt ist sicherlich die menschliche Befürchtung, die Kontrolle über den eigenen Betrieb zu verlieren.

3.2.3 Patriarchalisch geleitetes Einliniensystem

Ein weiteres Merkmal zur Beschreibung ist die Organisation des Unternehmens in Form eines einfachen Ein-Linien-Systems mit dem Unternehmer an der Spitze. Dies hat den Vorteil kurzer Informations- und Entscheidungswege, zudem werden die einzelnen Arbeitsabläufe für die beteiligten Personen transparenter gemacht, auf der anderen Seite hat es allerdings schwerfällige Arbeitsprozesse zur Folge. Die Motivation der Mitarbeiter kann mangels Eigenverantwortung ebenso abnehmen.23

Da dem Personal hier ein breites Aufgabenfeld zugemutet wird, kann es folglich leicht zu einer Überlastung der einzelnen Zwischeninstanzen kommen.

Eng mit der Organisationsform hängt auch der Führungsstil des Inhabers zusammen, der als patriarchalisch bzw. autoritär bezeichnet werden kann, was einerseits notwendig ist, um bei der vorhandenen Struktur überhaupt Erfolg zu gewährleisten, anderseits zu einer gefährlichen Abhängigkeit des Betriebes z.B. von den Kundenkontakten oder den Lieferantenbeziehungen des Inhabers führt. Hier ist jedoch zu beachten, dass die Wirkung der Unternehmerpersönlichkeit mit der zunehmenden Zahl der Mitarbeiter abnimmt.24

3.3 Auswirkungen dieser Organisationsform auf den Kauf

Die pr ä gende Person des Unternehmers f ü hrt dazu, dass Unternehmer und Unternehmen nicht getrennt voneinander betrachtet werden d ü rfen.“25 Folglich kommt es zu einer problematischen Vermischung der persönlichen Ziele und der eigentlichen Unternehmensziele.

Dies kann kurz nach Gründung des Unternehmens dazu führen, dass der Inhaber als oberstes Ziel die Verwirklichung seiner Idee sieht, mit der er die Firma gestartet hat, obwohl ein Konsens mit anderen Maßgaben, wie die Erfüllung finanzieller Vorgaben, sinnvoller wäre.

Ein möglicher Vorteil der flachen Hierarchie dagegen ist die hohe Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, die in diesen Betrieben auffällig lange arbeiten und oft schon seit der Gründung dort beschäftigt sind. Da die Sicherung der Arbeitsplätze für den Unternehmer ein wichtiger Faktor ist, entsteht so ein relativ konfliktarmes, langanhaltendes und stabiles Gleichgewicht.26 Die Gefahr dieser für beide Parteien gewohnten Situation ist auf der einen Seite, dass die Mitarbeiter kaum geübt sind, Verantwortung zu übernehmen oder auf auftretende Änderungen flexibel und selbständig zu reagieren. Anderseits wächst folglich auch die Angst vor gravierenden Erneuerungen, wie sie bei einem Führungswechsel der Fall wären.27 Dadurch wird es von Unternehmerseite häufig versäumt oder zumindest lange verdrängt, sich um die Nachfolgeregelung zu sorgen, und bei den Mitarbeitern sinkt die Bereitschaft, eine neue Führungsposition zu akzeptieren bzw. sich an die neuen Strukturen des aufkaufenden Betriebes anzupassen.

4. Varianten des Unternehmenskaufs

Um die Möglichkeiten des Verkaufs eines Unternehmens besser einschätzen zu können, werden im folgenden Abschnitt vier Formen des Unternehmens-kaufs, die einen Großteil der Übernahmen ausmachen, ausführlicher beschreiben. In Einzelfällen kann es aber zu Kaufformen kommen, die nicht klar einzuordnen sind, da Sie Mischformen der angeführten Varianten darstellen.

4.1 Management Buy-out und Management Buy-in

MBO ist ein Begriff, für dessen Sachverhalt es ebenso wie für den MBI kein Synonym in der deutschen Begriffsfindung gibt. Der Terminus tauchte erstmals Ende der 70er Jahre in den USA auf und inzwischen erfreut sich diese Verkaufsform auch bei kleineren und mittleren Unternehmen in Deutschland größerer Beliebtheit.28 Unter einem MBO wird die Übernahme eines Unternehmens durch Mitglieder des eigenen Managements, also meist leitende Angestellte oder Führungskräfte verstanden. Bei einem MBI dagegen sind es externe Manager, die sich in das Unternehmen einkaufen und dadurch die Führungsposition erlangen.29 Beim MBO wird unterschieden zwischen dem Fall, dass der Kauf vollständig aus Eigenmitteln finanziert wird, z.B. beim Kauf von kleineren Unternehmen, oder dem Fall, dass der Erwerber fremde Investoren benötigt, die ihn bei der Finanzierung unterstützen.

Im letzteren Fall wird auch häufig der Begriff des Leveraged Buy-out verwendet. Hier werden zur Finanzierung des Kaufs in größerem Umfang Fremdmittel eingesetzt, die den notwendigen Leverage-Effekt ergeben.30 Die für den Hebeleffekt notwendigen Mittel werden aus den Erträgen des so finanzierten Unternehmens entnommen.

Auffällig ist auch beim Vergleich der relativen Kaufpreise, dass die durch MBI übernommenen Firmen einen niedrigeren Verkaufspreis erzielten als vergleichbare Betriebe, die durch eigene Manager also durch einen MBO gekauft wurden.31

Beim MBI ist es für Außenstehende schwerer abzuschätzen, welchen Wert der ausscheidende Besitzer, der ja eine wichtige Rolle bei der Kalkulation des Unternehmenswertes spielt, einnimmt. Aufgrund dieses Risikos sind die potentiellen Käufer folglich nur bereit einen niedrigeren Kaufpreis zu zahlen. Wird der Kauf hingegen von internen Managern vollzogen, kann dieses Risiko von ihnen besser eingeschätzt werden, was sich in einem vergleichsweise höheren Kaufpreis zeigt.

Die Variante des MBO dürfte vor allem für den Mittelstand attraktiver sein, da sie einen unproblematischeren Übergang verspricht als die Integration eines externen Besitzers. Zudem lassen sich durch die Insider-Kenntnisse der Stärken und Schwächen des Käufers eher der Erfolg und der Unternehmenswert des Betriebs steigern.32

4.2 Einkauf von Beteiligungsgesellschaften

Eine weitere Möglichkeit des Verkaufs könnte die Hereinnahme von Beteiligungsgesellschaften sein, entweder in Form einer Minderheits-beteiligung, bei der sich die Anteile auf eine Größe bis zu 49% beschränken, oder in Form einer stärkeren Einbindung der Beteiligungsgesellschaft. Dabei vergibt diese Eigenkapital oder eigenkapitalähnliche Mittel an die Unternehmen. Bei der Minderheitsbeteiligung ist die Einwirkung auf das operative Geschäft beschränkt, da die Gesellschaft in erster Linie als Geldgeber fungiert und nur bei Bedarf Unterstützungen im Bereich des Managements leistet oder beratende Funktionen hat.33 Der Einfluss der Beteiligungsgesellschaft steigt mit der Höhe der Beteiligung an, was besonders für Mittelstandsunternehmen relevant sein dürfte, deren durchschnittliche Eigenkapitalquote niedrig ist und die für diese Finanzierungsform besonders geeignet scheinen.34

Die Involvierung von Beteiligungsgesellschaften ist zeitlich begrenzt, da die Anteile entweder nach einer gewissen Zeit an das Unternehmen zurückgegeben werden oder an neue Gesellschafter bzw. an der Börse verkauft werden.

4.3 Übernahme durch strategischen Käufer

Der strategische Kauf meist durch eine Privatperson oder durch ein schon bestehendes Unternehmen ist der Fall, auf dem neben MBO und MBI der Fokus der Arbeit liegt. Hier sind die Motive des Kaufs, wie auch Abbildung 4 zeigt, langfristigerer und nicht nur finanzieller Natur, wie z.B. beim Kauf durch Beteiligungsgesellschaften.

Hier steht neben dem monetären Ertrag auch der Zugewinn an Wissen, Kundenkontakten und der Ausbau von Marktanteilen im Vordergrund. Dies kann durch horizontale Erweiterung geschehen, indem das Produktangebot durch den Zukauf vergrößert wird. Oder aber es wird ein Betrieb erworben, der zu einer vertikalen Erweiterung des Produktangebots führt, dadurch dass vor- oder nachgelagerte Prozesse hinzugenommen werden. Ein weiteres Motiv, das für einen Unternehmenskauf sprechen könnte, wäre eine Verbesserung der Marktposition durch die Übernahme eines ehemaligen Konkurrenzbetriebes, wodurch auch ein Zuwachs an Know-how und Produktionspotential erzielt werden könnte.

Wie in der folgenden Abbildung zu erkennen ist, beginnen die Unterschiede zwischen einem strategischen Käufer und einem auf Rendite spekulierendem Investor schon bei den Hauptmotiven. Während dem strategischen Käufer die Integration in seinen bestehenden Betrieb wichtig ist, spielt dies beim Finanzinvestor keine Rolle.

Schwierigkeiten könnten auf den strategischen Käufer zukommen, wenn die Auswirkungen auf die Mitarbeiterschaft betrachtet werden. Hier wird es fast zwangsläufig zu Umstrukturierungen kommen müssen, da Teilbereiche wie z.B. die Buchhaltung verschmelzen, und einige Stellen dann doppelt besetzt wären. In der möglichen Fusion der zwei Unternehmen liegt auch die Herausforderung des strategischen Käufers.

Abbildung 4: Strategischer Kauf versus Finanzinvestition

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Achleitner, Ann-Kristin, Entrepreneurial Finance, (2001), S.7

[...]


1 Vgl. IfM Bonn, Sonderdruck, (2001), S. 20

2 Schroer, E.; Freund, W. (1999), S. 28 ff.

3 Vgl. Seiler, K. (2000), S.19

4 Vgl. Schroer, E.; Freund, W. (1999), S. 28 ff.

5 Vgl. IfM Bonn, Sonderdruck (2001), S.17 ff.

6 Vgl. IfM Bonn, Sonderdruck (2001), S.17 ff.

7 Höring Management Consulting (2003), Spezialthemen

8 Vgl. Bromann, P.; Piwinger, M. (1992), S.5

9 Vgl. Schmelcher, J.; Witte, M.; Linxweiler, R. (2002), S. 20

10 Vgl. Mingers S. (2003), S.1

11 Vgl. Mingers S. (2003), S. 5

12 Vgl. Schmelcher J.; Witte M.; Linxweiler R. (2002), S. 74

13 Vgl. Schmelcher J.; Witte M.; Linxweiler R. (2002), S. 69 ff.

14 Vgl. A.a.O., S. 68 ff.

15 Prof. Dr. Borner S.; Prof. Dr. Schiltknecht K. (2001), S. 6

16 Vgl. A.a.O., S. 6

17 Voigt, J. (1990), S. 24

18 Vgl. Ballarini, K.; Keese D. (1995), S. 94

19 Vgl. Seeghitz, N. (2000), S. 76

20 Vgl. Interview Dr. Maaßen, H. (2003)

21 Seeghitz, N. (2000), S. 77

22 Vgl. A.a.O., S. 76 ff.

23 Vgl. Würth, R. (2003), S. 9

24 Vgl. Behringer, S. (1999), S. 13

25 A.a.O., S. 13

26 Vgl. Seeghitz, N. (2000), S. 78

27 Vgl. Jöns, A. (2002), S. 24

28 Vgl. Seiler, K. (2000), S. 105

29 Vgl. Forst, M. (1992), S. 5

30 Vgl. Seiler, K. (2000), S. 105

31 Vgl. Forst, M. (1992), S. 48

32 Vgl. Picot, G. (2002), S. 216

33 Vgl. Seiler, K. (2000), S. 46

34 Vgl. A.a.O., S. 47

Ende der Leseprobe aus 72 Seiten

Details

Titel
Die Rolle des Unternehmers beim Kauf von inhabergeführten Unternehmen
Hochschule
Hochschule München  (Organisation/Wirtschaftsinformatik)
Veranstaltung
Organisation
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
72
Katalognummer
V22487
ISBN (eBook)
9783638257985
Dateigröße
1857 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rolle, Unternehmers, Kauf, Unternehmen, Organisation
Arbeit zitieren
Adrian Kritikos (Autor:in), 2004, Die Rolle des Unternehmers beim Kauf von inhabergeführten Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22487

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