Zum Manifest der futuristischen Malerei


Hausarbeit, 2003

14 Seiten, Note: 2.5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Die historische Situation und der historische Grund der futuristischen Bewegung

2. Manifest des Futurismus

3. Technisches Manifest der futuristischen Malerei

4. Technisches Manifest der futuristischen Plastik

5. Der Einfluss der Futuristen auf die Kunst und auf der Politik des 20. Jahrhunderts

1. Die historische Situation und der historische Grund der futuristischen Bewegung.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stand Europa vor dem Ersten Weltkrieg und vor der russischen Revolution. Revolutionsideen schwebten in der Luft. Die neue Generation wollte eine neue Welt bauen.

Die Suche nach neuen Wegen in der Betrachtung der Welt, verbunden mit der Bereitschaft, mit allen anerkannten Gewohnheiten und Vorurteilen zu brechen, ist ganz allgemein charakteristisch für die Zeit um die Jahrhundertwende.

Angeregt von Dynamik und Lärm in der modernen Stadt, wollten die die Revolution tragenden Künstler alle Tradition auslöschen und sie durch eine neue Gesellschaft, eine neue Literatur und eine neue Kunst ersetzen, die auf neuen dynamischen Empfindungen gründen sollten.

Das Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg wurde zu einer der kühnsten und abenteuerlichsten Perioden in der gesamten Geschichte der westlichen Kunst.

Zwei gegensätzliche Tendenzen wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts immer einflussreicher, der Subjektivismus der Symbolisten und der Objektivismus, den Cezanne anstrebte. Die Künstler selbst fanden sich mit einem unlösbaren Dilemma konfrontiert, indem sie unentschlossen zwischen dem Kult der reinen Form und dem Kult der inneren Wahrheit schwankten – obwohl das Dilemma mehr scheinbar als real war. Zwischen den Neuerungen in den Künsten und im Geistesleben der Gesellschaft können enge Parallelen festgestellt werden.

Sigmund Freuds umwälzende Gedanken über die Bedeutung des Unbewussten veränderten die Haltungen und die Werte des frühen 20. Jahrhunderts. „Der Einfluss freudschen Denkens begünstigte eine Neubewertung des Ursprünglichen – jenen „Mythos des Primitiven“, über den bereits im Zusammenhang mit Gauguin gesprochen wurde“.[1]

Freuds Einfluss sieht man auch bei Umberto Boccioni, der Hauptverantwortliche für die Manifeste der futuristischen Malerei war: „nicht die sichtbare oder analytische Empfindung wiederzugeben, sondern die psychische und gesamte Erfahrung“. [2]

Zu den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts gehören auch die Namen des naiven Künstlers Henri Rousseau mit seiner „Douanier“, des Pablo Picassos, der afrikanische Skulpturen entdeckte, des Kubisten Cezannes, der geistige Vater der Abstraktion, des Claude Monets mit seiner illusionistischen Ästhetik des Impressionismus usw.

Im Unterschied zu vielen anderen Bewegungen war der Futurismus[3] nicht nur auf die Kunst beschränkt. Er war weniger ein Stil als eine Ideologie. Für die Ausstellung der Futuristen in Berlin (April 1912) schrieben die italienischen Maler: „Ja, wir sind jung, und unsere Kunst ist unersehen revolutionär“.[4]

Der Futurismus war eine Richtung der modernen Kunst, die 1909 in Italien zuerst für die Dichtung, dann auch für die Malerei proklamiert wurde.

Im Jahr 1908 schrieb der italienische Dichter Filippo Tommaso Marinetti in Mailand und im Jahr 1909 ließ er das Futuristische Manifest in Paris im „Figaro“ publizieren, das sofort internationale Beachtung fand. Eine Reihe weiterer Manifeste und öffentlicher Auftritte verbreitete die futuristische Idee über Europa und in die Vereinigten Staaten.

Der Futurismus wollte das moderne Leben, die Welt der Technik als Bewegung, als Dynamik spiegeln, als allgegenwärtige Geschwindigkeit, die die Kategorien Raum und Zeit aufhebt.

2. Manifest des Futurismus (Veröffentlich im „Figaro“, Paris, am 20. Februar 1909):

1.- Wir wollen die Liebe zur Gefahr besingen, die Vertrautheit mit Energie und Verwegenheit.
2.- Mut, Kühnheit und Auflehnung werden die Wesenselemente unserer Dichtung sein.
3.- Bis heute hat die Literatur die gedankenschwere Bewegungslosigkeit, die Ekstase und den Schlaf gepriesen. Wir wollen die aggressive Bewegung, die fiebrige Schlaflosigkeit, den Laufschritt, den Salto mortale, die Ohrfeige und den Faustschlag preisen.
4.- Wir erklären, dass sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit. Ein Rennwagen, dessen Karosserie große Rohre schmücken, die Schlangen mit explosivem Atem gleichen … ein aufheulendes Auto, das auf Kartätschen zu laufen scheint, ist schöner als die Nike von Samothrake.
5.- Wir wollen den Mann besingen, der das Steuer hält, dessen Idealachse die Erde durchquert, die selbst auf ihrer Bahn dahinjagt.
6.- Der Dichter muss sich glühend, glanzvoll und freigebig verschwenden, um die leidenschaftliche Inbrunst der Urelemente zu vermehren.
7.- Schönheit gibt es nur noch im Kampf. Ein Werk ohne aggressiven Charakter kann kein Meisterwerk sein. Die Dichtung muss aufgefasst werden als ein heftiger Angriff auf die unbekannten Kräfte, um sie zu zwingen, sich vor dem Menschen zu beugen.
8.- Wir stehen auf dem äußersten Vorgebirge der Jahrhunderte! … Warum sollten wir zurückblicken, wenn wir die geheimnisvollen Tore des Unmöglichen aufbrechen wollen? Zeit und Raum sind gestern gestorben. Wir leben bereits im Absoluten, denn wir haben schon die ewige, allgegenwärtige Geschwindigkeit erschaffen.
9.- Wir wollen den Krieg verherrlichen – diese einzige Hygiene der Welt – den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten, die schönen Ideen, für die man stirbt, und die Verachtung des Weibes.
10.- Wir wollen alle Museen, Bibliotheken und Akademien zerstören und gegen den Moralismus, den Feminismus und gegen jede Feigheit kämpfen, die auf Opportunismus und Eigennutz beruht.
11.- Wir werden die großen Menschenmengen besingen, die die Arbeit, das Vergnügen oder der Aufruhr erregt; besingen werden wir die vielfarbige, vielstimmige Flut der Revolutionen in den modernen Hauptstädten; besingen werden wir die nächtliche, vibrierende Glut der Arsenale und Werften, die von grellen elektrischen Monden erleuchtet werden; die gefräßigen Bahnhöfe, die rauchende Schlangen verzehren; die Fabriken, die wie gigantische Athleten Flüsse überspannen, die in der Sonne wie Messer aufblitzen; die abenteuersuchenden Dampfer, die den Horizont wittern; die bretbrüstigen Lokomotiven, die auf den Schienen wie riesige, mit Rohren gezäumte Stahlrosse einherstampfen, und den gleitenden Flug der Flugzeuge, deren Propeller wie eine Fahne im Winde knattert und Beifall zu klatschen scheint wie eine begeisterte Menge.“[5]

[...]


[1] Hugh Honour/John Eleming: Weltgeschichte der Kunst.6., grundlegend erweiterte und neu gestaltete Ausgabe. Prestel, München-London-New York 2000, S. 696.

[2] Ebd., S.713.

[3] [lat. futurum „Zukunft“] – eine „…ausgreifende, revolutionierende, v.a. künstler., aber auch polit. Bewegung mit starken Einflüssen auf Expressionismus, Dadaismus und Surrealismus“. In: Der Brockhaus, 5. Band. F.A.Brockhaus GmbH, Leipzig-Mannheim 1997, S. 80.

[4] Zweite Ausstellung: die Futuristen. In: Der Sturm. Wochenschrift für Kultur und die Künfte. Herausgeber: Herwarth Walden. Berlin , April – Mai 1912, S. 10.

[5] F.T.Marinetti: Manifest des Futurismus. In: Umberto Boccioni: Futuristische Malerei und Plastik. Verlag der Kunst, Dresden 2002, S. 209-211.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Zum Manifest der futuristischen Malerei
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Institut für Deutsch als Fremdsprachenphilologie)
Veranstaltung
Künstlerschriften
Note
2.5
Autor
Jahr
2003
Seiten
14
Katalognummer
V22392
ISBN (eBook)
9783638257442
ISBN (Buch)
9783638788724
Dateigröße
519 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Manifest, Malerei, Künstlerschriften
Arbeit zitieren
Antonina Kostretska (Autor:in), 2003, Zum Manifest der futuristischen Malerei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22392

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