Rasche Buße als letzte Chance: Die Bußidee in der Zweiten Vision und im Vierten Gebot des „Hirt des Hermas“.


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

A. Die Diskussion um die Buße in der Anfangszeit der Kirche

B. Einführung in und Überblick über das Werk des Hermas
1. Verfasser und Datierung
2. Gliederung des Werkes

C. Die Zweite Vision und das Vierte Gebot - Die Bußauffassung des Hermas
1. Die zweite Vision: Bußnotwendigkeit und Bußfrist
a) Durchgang durch den Text
b) Der Charakter der Buße in der Zweiten Vision
2. Das Vierte Gebot: Bußmöglichkeit und Bußfrist
a) Inhalt
b) Das Wesen der Buße im Vierten Gebot

D. Der „Hirt des Hermas“ - Übertragbar in unsere Zeit?

E. Literaturverzeichnis

A. Die Diskussion um die Buße in der Anfangszeit der Kirche

Schon in der Anfangszeit der Kirche wurden die Gemeinden vor das Problem der Sündenvergebung und der damit verbundenen Buße gestellt. Die Öffnung des Christentums für die Mitglieder anderer Glaubensrichtungen brachte das Problem des Abfalls - besonders in der Verfolgungszeit - mit sich. Die Frage lautete hierbei jedoch nicht, ob Vergebung durch Buße gewährt werden solle, sondern auch, wie oft der, der sich den Fehltritt erlaubt hat, Vergebung erfahren solle. Die Botschaft von Jesus stellt hier eigentlich klare Grundsätze auf, mit denen sich die christliche Kirche heute noch identifiziert: „Da trat Petrus zu ihm und fragte: ‚Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt? Siebenmal?’ Jesus sagte zu ihm: ‚Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal.’“ (Mt 18,21f.). Doch trotz dieser deutlichen Aussage tat sich die alte Kirche schwer; man wollte keine Blankovollmacht für Verfehlungen und Wiederaussöhnung erteilen, dem Christen und besonders dem neugetauften wurde eine strenge Bußdisziplin und eine ideale Lebensweise abverlangt.

Die Bußthematik wird auch im „Hirt des Hermas“ aufgegriffen, einem Schriftwerk, das aus dem zweiten Jahrhundert stammt. Besonders die Zweite Vision des Hermas und das Vierte Gebot sollen Aufschluss geben, wie Hermas sich mit der Problematik der Buße auseinandersetzt.

B. Einführung in und Überblick über das Werk des Hermas

1. Verfasser und Datierung

Der Verfasser nennt sich selbst Hermas, und dies gleich mehrmals im gesamten Werk. Überhaupt lassen sich aus der Schrift einige biographische Angaben herauslesen: „H war Sklave, wurde nach (in?) Rom verkauft und später freigelassen. Als er den PH schreibt, ist er Christ (seit wann?) und (ganz offenbar nicht glücklich) verheiratet; er hat erwachsene Kinder mit Erziehungsproblemen; die Kinder haben die Eltern in der Verfolgung an die Behörden verraten und sie auch (wie?) geschäftlich geschädigt; H war materiell einmal besser gestellt als jetzt, nachdem er offenbar ein wirtschaftliches Debakel erlebt hat, hat aber immerhin einigen Landbesitz; gerade das Thema Reichtum und Besitz beschäftigt ihn angesichts der christlichen Pflicht zum Teilen (…) und wegen seines Bewusstseins, in Ehe-, Familien- und Geschäftsleben ein schlechtes (andererseits auch doch wieder ein lobenswertes) Vorbild zu sein;“[1] Außerdem erwähnt das Muratorische Fragment - allerdings mit bewusst falscher Datierung[2] - Hermas als Bruder des Bischofs Pius von Rom. Zwar spielt diese angebliche Verwandtschaft im Hirt des Hermas keine Rolle, doch würde sich hieraus möglicherweise erklären lassen, was Hermas veranlasst, sich um die pastoralen Belange der Gemeinde zu kümmern. Karl Baus schreibt noch über Hermas: „Ein Prophet der römischen Gemeinde ist Hermas, der Verfasser des Hirten, der vieler Gesichte und Visionen teilhaftig wird, die er den Gläubigen mitteilen soll. Sie beziehen sich auf das eine große Anliegen der Buße; dafür sucht er die Presbyter der Gemeinde, also die amtlichen Leiter, zu gewinnen. Hermas beansprucht für sich keine Lehrgewalt, der sich die Vorsteher der Gemeinde zu unterwerfen hätten; wenn er in der Gemeinde auftritt, begegnet man ihm mit Achtung, da der Geist aus ihm spricht; daß er aus ihm spricht, das festzustellen ist Sache der Gemeindeleitung.“[3]

So lässt sich als Datierung im Allgemeinen die Zeit zwischen 140 - 155 n.Chr. bestimmen, die als Amtszeit des Bischofs Pius von Rom angesetzt wird.

2. Gliederung des Werkes

Auf den ersten Blick wirkt das Werk dreiteilig gegliedert (5 Visionen, 12 Gebote und 10 Gleichnisse), tatsächlich verbirgt sich aber eine sehr viel feinere Gliederung dahinter. „Eine genauere Analyse des Makrotextes legt aber eine wesentlich kompliziertere Gesamtstruktur offen. Einerseits erweist sich die vermeintliche Symmetrie dreier Teile als Täuschung. Andererseits stößt man auf eine Anzahl von Zäsuren, klein- und großformatigen Wiederholungen und inhaltlichen Varianten, so dass man nicht von einer ursprünglichen Einheit des Buches reden kann, sondern unterschiedliche Teile zu isolieren hat und zwingend auf eine komplexere Entstehungsgeschichte schließen muss.“[4]

Ursprünglich waren wohl zwei Bücher vorhanden, die durch die 5. Vision zum „Hirt des Hermas“ zusammengeschweißt wurden.

Durch das Gleichnis IX enthält das Werk einen Rahmen; das Gleichnis greift die Thematik der Visionen (besonders den Turmbau) wieder auf. Dennoch ist für das Gesamtwerk anzunehmen, dass es von einem einzigen Verfasser geschrieben wurde; die wiederkehrenden sprachlichen Eigenheiten weisen allesamt darauf hin.

C. Die zweite Vision und das Vierte Gebot - Die Bußauffassung des Hermas

1. Die Zweite Vision: Bußnotwendigkeit und Bußfrist

a) Inhalt

Hermas bekommt ein Jahr nach seiner ersten Vision an der gleichen Stelle, nämlich auf dem Weg nach Cumae eine weitere Vision. Eine alte Frau, deren Identität später preisgegeben werden wird, überreicht ihm ein kleines Buch. Hermas soll es abschreiben und die Abschrift den „Erwählten Gottes“[5] mitteilen. Hermas weiß mit dem Text des Buches zunächst nichts anzufangen. Erst nach 15tägigem Fasten und Gebet wird ihm die Erkenntnis des Textes bewusst: Die Familie des Hermas hat durch ihr sündiges Verhalten Schuld auf sich geladen. „Hermas, deine Kinder haben Gott verachtet, den Herrn gelästert, ihre Eltern in großer Bosheit verraten, sie haben sich Elternverräter nennen lassen müssen und hatten von dem Verrat doch keinen Vorteil. Ja, ihre Sünden haben sie noch um Ausschweifung und schlimme Unzucht vermehrt, und so ist das Maß ihrer Untaten voll.“[6] Doch auch die Frau des Hermas hat gesündigt. Sie zügelt ihre Zunge nicht.

Doch hier kommt der wesentliche Kern der Botschaft der alten Frau zum Ausdruck: Für all diese Verfehlungen besteht noch eine Bußmöglichkeit, „wenn sie aus ganzem Herzen Buße tun und aus ihrem Herzen die Zweifel ausrotten“[7]. Allerdings muss diese einmalige Buße bis zu einem bestimmten Tag erfolgt sein, denn sonst gibt es keine Rettung mehr für die Sünder. Dieser Tag ist jedoch schon längst festgelegt: „Der Herr hat nämlich bei seinem Sohn geschworen, denen, die ihren Herrn verleugnen, ihr Leben abzuerkennen, denen, die ihn jetzt, in den noch kommenden Tagen, verleugnen.“[8] Hermas soll also sich um die »Reinigung« seiner Familie kümmern. Die erlittenen Bosheiten sollen nicht länger Thema sein, sie sollen vergessen werden, nachdem die Buße erfolgt ist. Rettung bringt auch die Treue zu Gott, an die sich Hermas stets gehalten hat. Er ist nicht abgefallen, sondern hat sich immer sittlich einwandfrei verhalten. Jemand namens Maximus, der wohl aus der Gemeinde des Hermas stammt, ist in der Verfolgung schwach geworden und hat Gott verleugnet. Maximus soll nun in der drohenden Verfolgung entweder standhaft sein oder Gott leugnen. Falls er sich jedoch wieder gegen Gott entscheidet, so wird er keine weitere Möglichkeit zur Buße und Wiederaufnahme in die Gemeinde bekommen. So scheint es auch bei den Propheten Eldad und Modat zu stehen.[9]

[...]


[1] Brox, Hirt des Hermas, S. 17

[2] a.a.O., S. 16

[3] Jedin, HKG Bd. 1, S. 177.

[4] a.a.O., S. 25

[5] Hier und im Folgenden zitiert nach: Brox, Hirt des Hermas, Vis II 1,1-4,3.

[6] a.a.O. II 2,2.

[7] a.a.O. II 2,4.

[8] a.a.O. II 2,8.

[9] Die beiden Namen weisen laut Brox, S. 103 auf eine verlorengegangene jüdische Apokalypse hin. Die beiden Namen tauchen ebenfalls in Num 11,26-29 auf: Zwei Männer aber waren im Lager geblieben; der eine hieß Eldad, der andere Medad. Auch über sie war der Geist gekommen. Sie standen in der Liste, waren aber nicht zum Offenbarungszelt hinausgegangen. Sie gerieten im Lager in prophetische Verzückung. Ein junger Mann lief zu Mose und berichtete ihm: Eldad und Medad sind im Lager in prophetische Verzückung geraten. Da ergriff Josua, der Sohn Nuns, der von Jugend an der Diener des Mose gewesen war, das Wort und sagte: Mose, mein Herr, hindere sie daran! Doch Mose sagte zu ihm: Willst du dich für mich ereifern? Wenn nur das ganze Volk des Herrn zu Propheten würde, wenn nur der Herr seinen Geist auf sie alle legte!“

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Details

Titel
Rasche Buße als letzte Chance: Die Bußidee in der Zweiten Vision und im Vierten Gebot des „Hirt des Hermas“.
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte)
Veranstaltung
Der Streit um die Buße in der Frühzeit der Kirche
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
16
Katalognummer
V21827
ISBN (eBook)
9783638253505
Dateigröße
531 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rasche, Buße, Chance, Bußidee, Zweiten, Vision, Vierten, Gebot, Hirt, Hermas&#147, Streit, Buße, Frühzeit, Kirche
Arbeit zitieren
Andreas Schraut (Autor:in), 2003, Rasche Buße als letzte Chance: Die Bußidee in der Zweiten Vision und im Vierten Gebot des „Hirt des Hermas“., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21827

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