Photochemie von ortho-Carbonylstyrenen


Doktorarbeit / Dissertation, 1996

172 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


INHALT

I. Theoretischer Teil:
1. Einführung in die Photochemie
1.1. Einleitung
1.2. elektronische Anregung und elektromagnetische Strahlung
1.3. Eigenschaften elektronisch angeregter Moleküle
1.4. Anregungsprozesse und Prozesse nach der elektronischen Anregung
1.5. Experimenteller Aufbau
1.5.1. Lichtquellen
1.5.2. Reaktoren
1.5.3. Filter
1.5.4. Lösungsmittel
1.5.5. Konzentrationsbereiche
1.6. Photochemische Anwendungen
2. Aufgabenstellung
3. Photochemie von Carbonylverbindungen
3.1. Spaltungsreaktionen
3.2. Additionsreaktionen
3.3. Umlagerungsreaktionen
3.4. Reduktionsreaktionen
4. Diradikale
5. Photochemie von ortho-Chinodimethanen und Derivaten
6. Spiro-Triene
7. Siebenringsysteme
8. Photochemie der 4-Acylstyrene
9. Synthese
9.1. Stufe 1
9.2. Stufe 2
9.3. Stufe 3
10. Lösch-/Quenchingexperimente
10.1. Mechanismus des Löschvorgangs
10.2. Herleitung des Stern-Volmer-Plots
10.3. Halblöschung
10.4. Schlußfolgerungen aus Sensibilisierungs- und Löschexperimenten
11. Sensibilisierungen
12. Bestimmung der Quantenausbeuten
12.1. experimenteller Aufbau
12.2. Kalibrierung der Versuchsanordnung
13. Das NEER-Prinzip
14. Kraftfeldberechnungen
14.1. Kraftfeldmethoden
14.2. MO-Methoden
14.3. Quantenmechanische Verfahren
15. Ergebnisdiskussion
15.1. Synthese der Ausgangsmaterialien
15.2. Belichtungen
15.3. Energiebetrachtung
15.4. Sensibilisierungen und Löschexperimente
15.5. Quantenausbeuten
15.6. Strukturnachweis
15.7. Zusammenfassung

II. Experimenteller Teil:
1. Geräteliste
1.1. IR-Spektroskopie
1.2. UV-Spektroskopie
1.3. NMR-Spektroskopie
1.4. Schmelzpunktsbestimmung
1.5. Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC)
1.6. Analytische DC
1.7. Präparative DC
1.8. Massenspektrometrie
1.9. Lösungsmittel
1.10. Quantenausbeute
1.11. Ozonolyse
1.12. Wasserdampfdestillation
1.13. Photolysen
1.14. Berechnungen
1.15. Röntgenstrukturanalysen
2. Synthesen
2.1. Bildung des Säureamids aus 2-Phenylethylamin und Ameisensäure
2.2. Bildung des Säureamids aus 2-Phenylethylamin und Essigsäure
2.3. Bildung des Säureamids aus 2-Phenylethylamin und Isobuttersäurelchlorid
2.4. Bildung des Säureamids aus 2-Phenylethylamin und Benzoylchlorid
2.5. Ringschluß zum 3,4-Dihydroisochinolin
2.6. Ringschluß zum 1-Methyl-3,4-dihydroisochinolin
2.7. Ringschluß zum 1-Isopropyl--3,4-dihydroisochinolin
2.8. Ringschluß zum 1-Phenyl-3,4-dihydroisochinolin
2.9. Spaltung von 3,4-Dihydroisochinolin
2.10. Spaltung von 1-Methyl-3,4-dihydroisochinolin
2.11. Spaltung von 1-Isopropyl-3,4-dihydroisochinolin
2.12. Spaltung von 1-Phenyl-3,4-dihydroisochinolin
2.13. Darstellung von 2,2´-Divinylbenzophenon aus Dibenzosuberenon
2.13.1 Ozonolyse
2.13.2 Wittig-Reaktion
3. Belichtungen
3.1. Belichtung von 2- Vinylbenzaldehyd in präparativem Maßstab
3.2. Belichtung von 2- Vinylbenzaldehyd in Methanol in präparativem Maßstab
3.3. Belichtung von 2- Vinylacetophenon in präparativem Maßstab
3.4. Belichtung von 2-Vinylpropiophenon in präparativem Maßstab
3.5. Belichtungen von 2- (Vinylphenyl)-isopropylketon und von 2- (Vinylphenyl)-tertiär-butylketon in präparativem Maßstab
3.6. Belichtung des 2-Vinylbenzophenons im semipräparativen Maßstab
3.7. Belichtung von 2,2´-Divinylbenzophenon in analytischem Maßstab
4. Abfangexperimente
4.1. Belichtung von 2-Vinylacetophenon in Acetylendicarbonsäuredimethylester
4.2. Belichtung von 2-Vinylbenzophenon in Acetylendicarbonsäuredimethylester
4.3. Belichtung von 2,2´-Divinylbenzophenon in semipräparativem Maßstab mit ADDM
4.4. Belichtung von 2,2´-Divinylbenzophenon mit TCNE in präparativem Maßstab
5. Sensibilisierung
6. Quantenausbeuten
6.1. Bestimmung des E-510-Wertes für Eisen(II)-Ionen
6.2. Bestimmung der Quantenausbeute für die Dimerisierung von 2-Vinylacetophenon
6.2.1. Kalibrierung der Meßanordnung (Bausch & Lomb)
6.2.2. Photolysen
6.3. Bestimmung der Quantenausbeute für die Dimerisierung von 2-Vinylpropiophenon
6.3.1. Kalibrierung der Meßanordnung (Bausch & Lomb)
6.3.2. Photolysen
6.4. Bestimmung der Quantenausbeute für die Dimerisierung von 2-Vinylbenzophenon
6.4.1. Kalibrierung der Meßanordnung (Bausch & Lomb)
6.4.2. Photolysen
7. Löschexperimente
Danksagungen

Theoretischer Teil

1. Einführung in die Photochemie

1.1. Einleitung

Die Photochemie beschreibt ein Teilgebiet der Chemie, das sich mit elektronisch angeregten Molekülen befaßt. Seit ihrer Begründung in den sechziger Jahren ist sie mehr und mehr zu einem synthetischen Werkzeug der Organischen Chemie geworden. Aber bereits vor dieser Zeit wurden photochemische Reaktionen untersucht. So sind Berichte von 1903 über die photochemische [2+2]-Dimerisierung der Zimtsäure 1 bekannt, bei denen die Probe 2,5 Jahre dem Sonnenlicht ausgesetzt wurde.

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Meist versteht man unter Photochemie chemische Reaktionen mit Licht einer Wellenlänge zwischen 150 und 700 nm; technische Begrenzungen lassen aber häufig nur Wellenlängen zwischen 250 und 400 nm zu.

Die Energien im ultavioletten Bereich des Spektrums reichen aus, um ein Molekül in den elektronisch angeregten Zustand zu überführen. Eine elektronische Anregung eines Moleküls durch Zuführung thermischer Energie ist nicht möglich, da die Temperaturen so hoch wären, daß sie das Molekül zerstören würden. Eine Berechnung mit der Boltzmann-Gleichung beweist diese These.

1.2. elektronische Anregung und elektromagnetische Strahlung

Photochemische Reaktionen können über verschiedene Typen von elektronischen Anregungszuständen ablaufen. Man unterscheidet dabei einerseits zwischen Singulett- und Triplettzuständen, je nach Spinzustand des entstehenden Biradikals, andererseits werden Anregungen auch nach dem Orbitalübergang des angeregten Elektrons unterschieden. Der Wellenlängenbereich der zur elektronischen Anregung benötigten elektromagnetischen Strahlung umfaßt 100 - 800 nm und liegt somit im Bereich der ultravioletten bzw. sichtbaren Strahlung. Welche chromophoren Gruppen durch welche Wellenlängenbereiche angeregt werden, zeigt die folgende Abbildung.

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ABBILDUNG: ELEKTRONENÜBERGÄNGE UND IHRE ABSORPTIONSBANDEN

Wenn ein Photon absorbiert wird, wird die Energie des Photons auf ein Elektron des Moleküls übertragen, das dadurch vom höchsten besetzten Molekülorbital (HOMO) in das niedrigste unbesetzte Molekülorbital (LUMO) angeregt wird. Die Multiplizität des Zustandes bleibt bei der Anregung zunächst erhalten, das heißt aus der Anregung resultiert ein Singulettzustand, der aber dann in den energetisch niedrigeren Triplettzustand unter Änderung des Elektronenspins übergehen kann; dieser Vorgang wird "intersytem crossing" (ISC) genannt. Ob ein ISC auftritt, hängt unter anderem davon ab, wie stabil der zunächst angeregte Singulettzustand ist.

Im folgenden Schaubild werden die Elektronenübergangstypen veranschaulicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNG: MOLEKÜLORBITALE UND ELEKTRONENÜBERGANGSTYPEN

Eine elektronische Anregung von Molekülen zeigt sich an Signalen im UV-Absorptionsspektrum. Dabei gibt es starke und schwache Banden, die auf erlaubte oder verbotene Übergänge hinweisen. Ob ein Übergang erlaubt oder verboten ist, hängt vom Übergangsmoment ab, das sich als Produkt aus Spin, Symmetrie und Überlappungsintegral definiert. Ist einer der Faktoren sehr klein oder geht gegen Null, so ist der Übergang verboten. Somit bestimmt vor allem das Übergangsmoment die Intensität der Übergänge im Absorptionsspektrum. Die Abbildung zeigt mögliche Übergänge:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNG: ORBITALÜBERLAPPUNG

1.3. Eigenschaften elektronisch angeregter Moleküle

Gegenüber dem Grundzustand besitzen angeregte Moleküle eine veränderte Elektronenstruktur, ein verändertes Dipolmoment, veränderte Säure-Base-Eigenschaften, Redoxeigenschaften und eine veränderte Molekülstruktur. Da diese Eigenschaften maßgeblichen Einfluß auf die chemischen Eigenschaften haben, unterscheidet sich das chemische Reaktionsverhalten angeregter Moleküle meist deutlich von dem Verhalten dieser Moleküle im Grundzustand.

Auf den ersten Blick erstaunlich ist die häufig drastische Veränderung der Aciditätseigenschaften eines Moleküls im Fall der elektronischen Anregung. Grundlage für die Messung der Säure-Base-Eigenschaften angeregter Moleküle ist der Förster-Weller-Zyklus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNG: FÖRSTER-WELLER-ZYKLUS

Aciditätsunterschiede bis zu acht pK-Einheiten sind keine Seltenheit. So zeigen Phenole im elektronisch angeregten Zustand eine höhere Acidität als im Grundzustand; im Fall der Naphthalincarbonsäure ist es umgekehrt. Generell beobachtet man für Alkohole und Ammoniumsalze eine erhöhte Acidität im angeregten Zustand, während für protonierte Carbonylgruppen, aromatische Säuren und protonierte Säuren die Acidität im angeregten Zustand niedriger ist.

Phenol wird beispielsweise um sieben Zehnerpotenzen saurer, wenn es im S1-Zustand vorliegt.

Natürlich hat auch ein Substituent Einfluß auf die Änderung der Acidität.

So destabilisiert z. B. eine elektronenschiebende Gruppe in der meta-Position die negative Ladung des Phenolates 4 in ortho- und para-Position geringer als eine entsprechende 2- oder 4-Substitution.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dies schlägt sich auch in der Aciditätsdifferenz zwischen S0- und S1-Zustand der Methoxyphenole nieder, die bei meta-Substitution wesentlich größer ist, als im Fall einer ortho- oder para-Substitution.

1.4. Anregungsprozesse und Prozesse nach der elektronischen Anregung

Photochemische Reaktionen verlaufen in drei Stufen:

- Absorption von Licht und Anregung des Moleküls (Anregungszeitspanne: ca. 10-15 s)
- photochemischer Primärprozeß
- Sekundärprozesse, für die keine Lichtanregung mehr nötig ist.

Adiabatische Photoreaktionen verlaufen vom angeregten Ausgangsstoff zum angeregten Produkt auf einer Potentialenergiehyperfläche, diabatische Photoreaktionen enden meist auf der Potentialhyperfläche des Grundzustandes und müssen somit während der Reaktion die Hyperfläche durch einen strahlungslosen Übergang gewechselt haben. Dieser "Reaktionstrichter" ergibt sich, wenn sich Potentialhyperflächen gleicher Symmetrie einander nähern und ausweichen ("vermiedene Kreuzung").

Wie aus der obigen Aufzählung ersichtlich wird, ist vor der photochemischen Reaktion die Absorption von Licht und die damit verbundene elektronische Anregung des Moleküls nötig. Nach dem photochemischen Grundgesetz von Grotthus und Draper von 1817 bewirkt nur der tatsächlich absorbierte Lichtanteil eine elektronische Anregung des Moleküls; dieser Lichtanteil wird durch das Lambert-Beersche Gesetz beschrieben:

Die durch die Extinktion E gemessene Absorptionsintensität bei einer Wellenlänge ist der durchstrahlten Schichtdicke und der molaren Konzentration der Probe proportional. Den Proportionalitätsfaktor nennt man Molarextinktion oder molarer dekadischer Absorptionskoeffizient.

Da Energie von Molekülen nur gequantelt aufgenommen wird, werden immer nur ganze Photonen absorbiert. Die aufgenommene Energiemenge kann nun entweder zur chemischen Reaktion führen oder als Wärme- bzw. Lumineszenzstrahlung wieder abgegeben werden.

Insgesamt gibt es folgende Möglichkeiten der Desaktivierung in den elektronischen Grundzustand:

1. Fluoreszenz: Lichtemission bei der Desaktivierung angeregter Singulettzustände zum Singulettgrundzustand (Lebensdauer: 10-10 s, Emissionsgeschwindigkeit: k = 105-109 s-1)
2. Phosphoreszenz: Lichtemission bei der Desaktivierung angeregter Triplettzustände zum Singulettgrundzustand (Lebensdauer: 10-5 s, Emissionsgeschwindigkeit: k = 103-105 s-1)
3. Schwingungsrelaxation: strahlungslose Desaktivierung unter Freisetzung von Wärmeenergie (Geschwindigkeit: k = 1012 s-1)
4. Internal Conversion: strahlungslose Übergänge zwischen Elektronenzuständen gleicher Spinmultiplizität (S -> S oder T -> T; Geschwindigkeit: k = 107 - 1012 s-1) Der IC-Prozeß ist effizient, wenn die Energiehyperflächen nahe beieinander liegen oder sich durch Moleküldeformation einander annähern können. In starren Systemen ohne Deformationsmöglichkeit ist der IC-Prozeß unwahrscheinlich ("matching"-Situation).
5. Intersystem Crossing: strahlungslose Übergänge zwischen Elektronenzuständen unterschiedlicher Spinmultiplizität (Geschwindigkeit (S -> T): k = 108 - 1011 s-1 und Geschwindigkeit (T -> S): k = 10-2 -103 s-1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNG: SCHEMATISCHES JABLONSKI-DIAGRAMM PHOTOCHEMISCHER PROZESSE

Dabei ist der ISC-Prozeß in der Photochemie von großer Bedeutung. Für das ISC gelten die Auswahlregeln von El-Sayed. Diese Regeln besagen, daß Singulett-Triplett-Übergänge gleicher Symmetrie verboten und Singulett-Triplett-Übergänge unterschiedlicher Symmetrie erlaubt sind. Trotzdem findet man verbotene Übergänge; allerdings ist die Wahrscheinlichkeit dieser verbotenen Übergänge um einen Faktor 1000 niedriger als bei den erlaubten Übergängen. Natürlich beeinflußt auch die Größe der Energiedifferenz zwischen Singulett- und Triplett-Zustand die Übergangswahrscheinlichkeit: je größer diese Differenz, um so geringer ist die Übergangswahrscheinlichkeit. Man kann die Übergangswahrscheinlichkeit erhöhen, indem man die Spin-Orbit-Wechselwirkung erhöht, das heißt man erhöht die Wahrscheinlichkeit der Spinumkehr. Praktisch geschieht dies auf zwei Wegen:

1. Wechselwirkung mit paramagnetischen Substanzen wie Sauerstoff oder Stickstoffmonoxid
2. Wechselwirkung mit Schweratomen (Schweratomeffekt, vor allem bei Brom und Iod, entweder in die Substanz oder in ein Lösungsmittel eingebaut)

Viele Substanzen, für die ein Lichtquant zur Reaktion nicht ausreicht, nehmen trotzdem Lichtenergie auf und geben diese durch Stoßaktivierung an andere Moleküle weiter, die dann eine chemische Reaktion eingehen; diesen Vorgang nennt man Sensibilisierung. Umgekehrt können Moleküle auch durch Zusammenstoß mit anderen Substanzen desaktiviert werden, wobei die Lichtenergie auf den sogenannten Löscher oder Quencher übergeht.

Laut dem Quantenäquivalenzgesetz (Stark-Einstein-Gesetz) regt ein absorbiertes Lichtquant stets nur ein Molekül an. Die Menge an Photonen, die zur Anregung eines Mols einer Substanz ausreicht, also ein Mol Photonen, erhält die Dimension Einstein. Sie wird auch als photochemisches Äquivalent bezeichnet.

Chemische Reaktionen, bei denen zwei Lichtquanten absorbiert werden, gehören in den Bereich der Zweiquanten-Photochemie.

Bei einer Zweiphotonen Anregung absorbiert ein Molekül nacheinander zunächst ein Lichtquant im Grundzustand, dann noch einmal ein Photon im angeregten Zustand. Bei der Biphotonen-Anregung verlaufen die beiden Lichtabsorptionen simultan.

Multiphotonen-Anregungen können bis zur Ionisation oder zur Dissoziation des Moleküls führen.

1.5. Experimenteller Aufbau

1.5.1. Lichtquellen

Um ein Molekül in den elektronisch angeregten Zustand zu überführen, benötigt man elektromagnetische Strahlung verschiedener Energien, je nach Molekülstruktur und Art der elektronischen Anregung.

In der präparativen Photochemie steht dazu eine Vielzahl von Lichtquellen zur Verfügung. Ähnlich wie Leuchtstoffröhren funktionieren dabei RPR-Lampen, die ein nahezu monochromatisches Licht der Wellenlänge 254 nm, 300 nm oder 360 nm emittieren. Häufig werden auch Quecksilberlampen verwendet, die meist mehrere Wellenlängen emittieren. Eine Einengung des Wellenlängenbereichs erfolgt über eine geeignete Filteranordnung oder durch die Wahl des Reaktormaterials (Pyrexglas, Vycorglas, Corexglas oder Quarzglas). Aber auch verschiedene Lampentypen emittieren unterschiedlich So gibt es drei wichtige Typen von Quecksilberlampen:

1. Die Niederdrucklampe (< 0,1 Torr) emittiert eine Wellenlänge von 254 nm und mit weitaus geringerer Intensität bei einer Wellenlänge von 185 nm; weitere Wellenlängen sind von sehr geringer Intensität und können vernachlässigt werden.
2. Mitteldruck oder in vielen Publikationen auch Hochdrucklampen genannt arbeiten mit einem Quecksilberdampfdruck zwischen 1 und 10 Atmosphären. Ihre Hauptemissionen liegen als Kontinuum zwischen Wellenlängen von 300 bis 700 nm mit Maxima bei 366 nm und 546 nm.
3. Quecksilberhöchstdrucklampen arbeiten mit einem Quecksilberdampfdruck von über 200 Atmosphären und emittieren ein breites Bandenspektrum, das durch eine Linienverbreiterung der Quecksilberemissionslinien durch die große Anzahl von Stößen zustande kommt. Diese Lichtquellen werden mit geeigneten Filtersystemen meist zu analytischen Zwecken genutzt.

Weitere Lichtquellen der analytischen Photochemie sind Wolframlampen, Xenonlampen, Blitzlampen und gerade in den letzten Jahren verschiedene Laser. Durch die Dotierung mit Metallhalogeniden lassen sich gezielt neue Linien in eine Lampenemission einbauen; man verwendet Galliumiodid, Cadmiumiodid oder Thalliumiodid.

Beschichtet man den Gasmantel einer Quecksilberniederdrucklampe mit einer fluoreszierenden Schicht, so erhält man eine Fluoreszenzlampe. Diese Schicht absorbiert die Quecksilberemission von 254 nm und strahlt anschließend längerwelliges Licht ab. Der Wellenlängenbereich dieser neuen Emission wird dabei vom aufgetragenen Fluorophor bestimmt. Die oben erwähnten RPR-Lampen arbeiten nach diesem Prinzip.

1.5.2. Reaktoren

Ein Photoreaktor ist ein System von Lampen, Reaktionsgefäßen, Filtern, Kühl- und Begasungsvorrichtungen. Ein Photoreaktor sollte für den präparativen Einsatz folgende Bedingungen erfüllen:

1. Eine große Menge des Ausgangsmaterials sollte belichtet werden können. Dazu ist eine effiziente Durchmischung der Probenlösung notwendig.
2. Das Ausgangsmaterial soll ein Maximum an Licht absorbieren können; es sollen nur wenig Strahlungsverluste auftreten.
3. Materialien, die zwischen der Strahlungsquelle und der Probe liegen, müssen lichtdurchlässig sein.
4. Entstehende Wärme soll effizient abgeführt werden, damit keine thermischen Reaktionen photochemische Ergebnisse verfälschen.

Zahlreiche Versuchsanordnungen erfüllen diese Kriterien; man unterscheidet grundsätzlich zwei Konfigurationen:

1. interne Konfiguration: Die Strahlungsquelle befindet sich im Zentrum des Reaktors; Quecksilbertauchbrenner arbeiten nach dem Prinzip der internen Konfiguration. Ein Kühlmantel führt die überschüssige Wärme ab. Der Kühlmantel wird entweder mit Wasser oder - will man die Lampenemission beeinflussen - mit einer Filterlösung beschickt.
2. externe Konfiguration: Bei der externen Konfiguration sind Fluoreszenzlampen in einem Kreis um die Probe gruppiert. Hinter den Lampen sind Spiegel angebracht, die das Licht zusätzlich im Zentrum des Reaktors fokussieren. Zur Lampenkühlung genügt ein Preßluftstrom, der über eine Fritte in den Reaktor geleitet wird. Die Probenlösung wird über eine Kühlschlange intern gekühlt. Diese Versuchsanordnung ist unter dem Namen Rayonet-Reaktor bekannt geworden. Auch hier kann man noch geeignete Filterlösungen zwischen Lichtquelle und Probe plazieren.

Anwendungen, die eine hohe Strahlungsdichte erfordern, lassen sich allerdings nur mit interner Konfiguration realisieren.

1.5.3. Filter

Man unterscheidet Feststoff- und Flüssigkeitsfilter. Als Feststoffilter bezeichnet man meist die Reaktorgefäße selbst, deren Material Einfluß auf die Lichtdurchlässigkeit hat. So ist Quarzglas die einzige Glassorte, die auch im kurzwelligen UV-Bereich transparent ist. Andere Gläser werden benutzt, um kurzwelliges UV-Licht gezielt herauszufiltern.

Man kann mit Festkörperfiltern zwar kurzwellige UV-Bereiche ausschließen, jedoch kann man keine Wellenlängenbereiche auswählen; dies erreicht man mit Interferenzfiltern, die aus zwei reflektierenden Schichten bestehen, die zwischen zwei Glasplatten eingeschlossen sind. Bis auf eine bestimmte Wellenlänge wird dabei das Licht zwischen den beiden Schichten reflektiert. Der durchgelassene Wellenlängenbereich ist dabei abhängig vom Abstand der Reflexions-schichten.

Eine weitere Möglichkeit der Wellenlängeneinschränkung ist die Verwendung von Filterlösungen ("cutoff-Filter"), die in Kombination miteinander nur genau definierte Wellenlängenbereiche durchlassen. Für Filterlösungen sind folgende Kriterien wichtig:

1. Bei der gewünschten Bestrahlungswellenlänge muß die Filterlösung durchlässig sein.
2. Unerwünschte Wellenlängen müssen durch den Filter abgeblockt werden, d. h. es dürfen dort keine Absorptionsminima der Filterlösung vorliegen.
3. Die Filterlösung muß photostabil sein, d. h. sie darf sich durch die Absorption der unerwünschten Wellenlängen chemisch nicht verändern.

1.5.4. Lösungsmittel

Neben dem Gefrier- und Siedepunkt sind die Dichte, die Viskosität, der Brechungsindex, die Durchlässigkeit für Licht einer bestimmten Wellenlänge und die Fähigkeit eines Lösungsmittels Sauerstoff metastabil zu binden für die Photochemie relevant.

Die geeignete Wahl des Lösungsmittels erspart somit unter Umständen den Einsatz eines Filters; so absorbiert z. B. Benzol alle Wellenlängen unter 280 nm. Natürlich müssen gerade in der Photochemie spektroskopisch reine Lösungsmittel verwendet werden, da sich schon geringe Verunreinigungen als störend herausstellen können. Auch bei der Auswahl von Lösungsmitteln gilt der Grundsatz, daß das verwendete Lösungsmittel photochemisch inert sein sollte, sich also während der Belichtung nicht verändern oder gar mit einer Probenkomponente chemisch oder physikalisch reagieren sollte.

Gerade dieser letzte Punkt ist von großer praktischer Bedeutung, da z. B. offenkettige und verzweigte Kohlenwasserstoffe oftmals unter Lichteinfluß H-Abstraktionen eingehen. Auch aus Toluol und Ether werden Wasserstoffradikale abstrahiert. Methanol dient als Radikalfänger und kann so mögliche Intermediate einer Photoreaktion abfangen.

Chlorierte Kohlenwasserstoffe wie Tetrachlorkohlenstoff 8 spalten unter Lichteinfluß ein Chlorradikal 9 ab und eignen sich somit nicht als photochemisches Lösungsmittel:

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Trotzdem ist Benzol gerade bei größeren Wellenlängen ein geeignetes Lösungsmittel.

Tetrahydrofuran 14 bildet in Gegenwart von Sauerstoff sehr leicht Hydroperoxide 17, die sich unter Explosion zersetzen. Daneben entstehen Butyrolactone 15 und 1-Hydroxytetrahydrofurane 16:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Geeignete Lösungsmittel in der Photochemie sind: n-Hexan, n-Heptan, n-Octan, i-Octan, Cyclohexan, Benzol, n-Butanol, Aceton, Acetonitril und Wasser. Natürlich muß auch auf die Löslichkeit der Komponenten im ausgewählten Lösungsmittel geachtet werden, wodurch in der organischen Photochemie meist auf Wasser als Lösungsmittel verzichtet wird.

1.5.5. Konzentrationsbereiche

Die optimale Konzentration für monomolekulare Photoreaktionen ist gegeben, wenn die Extinktion über die gesamte Schichtdicke 2 ist.Bei bimolekularen Reaktionen sollte die Konzentration eines Reaktionspartners möglichst hoch sein, damit eine schnelle Reaktion zustande kommt. Bei Photoreaktionen, bei denen die Produktverteilung von der Konzentration abhängt, wird die Konzentration auf das gewünschte Reaktionsprodukt abgestimmt. So muß die Konzentration für eine Dimerisierungsreaktion höher sein, als für eine monomolekulare Cyclisierung. Konkurrieren diese beiden Reaktionen miteinander, läßt sich das Produktverhältnis über die Konzentration variieren.

1.6. Photochemische Anwendungen

Die Photochemie findet industrielle Anwendung bei der Chlorierung, Sulfoxidation, Photopolymerisation, Lackhärtung und in der Reprographie.

Aber auch die Laserlichtphotolyse zur Darstellung von Vitamin-D 18 ist ein wichtiges Beispiel einer photochemischen Anwendung:

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Beide Vitamine (Ergocalciferol, Vitamin D2 18a und Cholecalciferol, Vitamin D3 18b) werden aus ihren Vorläufersubstanzen, den Provitaminen Ergosterol und 7-Dehydrocholesterol mittels UV-Laserbelichtung gewonnen.

Allerdings ist die bedeutendste photochemische Reaktion natürlichen Ursprungs. Die Photosynthese erlaubt die Bildung von Kohlenhydraten (Zuckern) aus Wasser und Kohlendioxid, wobei durch das Chlorophyll der Pflanzen Sonnenlicht in chemische Energie umgewandelt wird:

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Pro Mol Kohlendioxid wird dabei eine Energie von 479 kJ umgewandelt. Dies entspricht einem jährlichen Umsatz von 3*1018 kJ Energie und liegt damit höher als der Weltenergieverbrauch pro Jahr. Das Chlorophyll der Pflanzen dient in der Reaktion als Sensibilisator, da Wasser selbst kein Licht absorbiert.

Ein zweiter wichtiger Photoprozeß in der Natur ist die Isomerisierung des Vitamin-A-Aldehyds Retinal 21, der den Sehvorgang ermöglicht :

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Im Auge ist das Retinal an das Protein Opsin durch eine Azomethinbindung gebunden (Meta-Rhodopsin). Durch die Isomerisierung zum Rhodopsin in der thermodynamisch stabileren all-trans Form wird die Konformation des Opsin-Ankers geändert, wobei die Imoniumbindung zwischen Opsin und Retinal gespalten wird. Das all-trans-Retinal 21a wird zu all-cis-Retinol reduziert und anschließend enzymatisch zu all-cis-Retinol reisomerisiert, wieder oxidiert und an das Opsin gebunden. Diese Reaktionskette löst den Sehvorgang aus.

Gerade in den letzten Jahren sind die in der Erdatmosphäre ablaufenden Photoreaktionen untersucht worden . Diese komplizierten chemisch-physikalischen Systeme schützen die Umwelt vor harter UV-Strahlung. Besonders wichtig ist dabei die Ozonschicht in der Hochatmosphäre, die durch Photolyseprodukte der Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe aus Treibgas angegriffen wird:

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Aber auch Emissionen aus dem Straßenverkehr und aus der Industrie nehmen Einfluß auf die atmosphärische Photochemie :

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Diese emissionsbedingten Photoreaktionen stören das natürliche Gleichgewicht und tragen zum Abbau der schützenden Ozonschicht bei. M. J. Molina führte bereits in den siebziger Jahren kinetische und thermodynamische Untersuchungen an kondensierten Substraten der Stratosphäre durch und wies die ozonzersetzende Wirkung des photolytisch gebildeten ClO-Radikals nach. Zusammen mit P. J. Crutzen und F. S. Rowland erhielt er für diese Arbeiten 1995 den Nobelpreis für Chemie.

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2. Aufgabenstellung

Bereits bekannte Ergebnisse zeigen, daß 2,2'-Divinylbenzophenons 554 bei Belichtungen mit Wellenlängen zwischen 300 und 360 nm zunächst über eine photochemische, intramolekulare [4+2]-Cycloaddition zum entsprechenden ortho-Chinodimethan-Derivat 554a reagiert. Im zweiten Schritt folgt dann entweder ein 1,5-Wasserstoff-Shift zum 1-(2-Vinylphenyl)-1H-isochromen 560 oder eine thermische intramolekulare Diels-Alder-Reaktion zum Produkt 561.

In dieser Arbeit soll das photochemische Verhalten einiger anderer aromatischer ortho-Vinylketone untersucht werden. Dabei wird die zweite Styreneinheit an der Ketofunktion durch andere Substituenten ersetzt, so daß die Reaktionsvariante einer thermischen Diels-Alder-Reaktion im zweiten Schritt ausgeschlossen werden kann:

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Als Substituenten kommen dabei neben einem Wasserstoffatom bei dem aldehydischen Grundsystem 515 auch die Methyl- 516, Ethyl- 517, iso-Propyl 518, tertiär-Butyl- 519 und die Phenylgruppe 520 in Frage:

3. Photochemie von Carbonylverbindungen

Ketone und Aldehyde besitzen UV-Absorptionen im langwelligen Gebiet um 300 nm, die im Fall der Carbonylkonjugation zu einem aromatischen System bis an die Grenze des sichtbaren Spektrums heranreicht. Diese UV-Banden ergeben sich durch npi*-Anregungen, wobei ein Elektron des freien Elektronenpaares am Sauerstoff sein n-Orbital verläßt und in ein antibindendes pi*-Orbital der Carbonylgruppe angeregt wird; die Carbonylfunktion erhält somit - wie im Fall des Acetons 30 dargestellt - Diradikalcharakter:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.1. Spaltungsreaktionen

Das wohl bekannteste Beispiel für eine Spaltungsreaktion von Carbonylverbindungen 31 ist die Spaltung oder Norrish-Typ-I-Reaktion . Diese Art der Photofragmentierung führt zunächst zu einem Acyl- 32 und einem Alkylradikal 33 und in einem zweiten Schritt zu Kohlenmonoxid 34 und einem Alkan 35, das durch Rekombination der Alkylradikale entsteht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine weitere Klasse der Abstaktionsreaktionen ist die H-Abstraktion, bei der ein angeregtes Keton aus einem anderen Molekül ein Wasserstoffatom abspaltet und selbst zum Alkohol reduziert wird.

Ein Spezialfall ist hier die intramolekulare H-Abstraktion bei aliphatischen Ketonen 36. Das Resultat dieser Norrish-Typ-II Reaktion ist ein Enol 38 und ein Olefin 37 oder ein durch Rekombination entstehendes Cycloalkanol 39:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Verhältnis von Olefin 37 zu Cyclobutanol 39 ist dabei stark vom Substituenten R abhängig, da bei der Eliminierungsreaktion zum Olefin die einfach besetzten p-Orbitale der Radikalzentren parallel angeordnet sein müssen, was vom sterischen Anspruch des Substituenten abhängt. Die dabei entstehenden intermediären 1,4-Biradikale 36a sind sehr genau untersucht worden.

So formulieren Wagner et al. Eine Eliminierungsreaktion zum trans-Stilben 42 mit 98,6%-iger Ausbeute . Das Cyclobutanolderivat 43 kann dabei nur in Spuren nachgewiesen werden:

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3.2. Additionsreaktionen

Umgekehrt zu den Spaltungsreaktionen kann eine angeregte ungesättigte Carbonylverbindung ein Olefin addieren; diese Reaktion, bei der regioselektiv Oxetane entstehen, ist als Paterno-Büchi-Reaktion bekannt geworden. Sie verläuft bei aromatisch konjugierten Carbonylverbindungen meist aus der Triplett-Anregung; bei aliphatischen Carbonylfunktionen kann auch eine Singulett-Anregung für die Reaktion verantwortlich sein. Die Paterno-Büchi-Reaktion kann auf Grund der geringen Überlappung der Orbitale im Übergangszustand nicht konzertiert verlaufen, so daß nur ein radikalischer Reaktionsverlauf möglich ist; es bildet sich intermediär ein 1,4-Biradikal. Diese Biradikale werden Pre-Oxetan-Biradikale genannt. Lösungsmittelabhängig sind Exciplexe und Radikalionenpaare möglich; ferner kann eine Energieübertragung von der angeregten Carbonylfunktion auf eine Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung stattfinden, wenn die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung eine geringere Anregungsenergie als die Carbonylfunktion besitzt. Homoadditionen zweier Carbonylfunktionen sind dabei bisher nicht bekannt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNG: SCHEMATISCHE DARSTELLUNG DER PATERNO-BÜCHI-REAKTION UND DEREN KONKURRENZREAKTIONEN

Man unterscheidet:

1.) direkte Paterno-Büchi-Reaktion: 2.) gekreuzte Paterno-Büchi-Reaktion:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Als Intermediat wurde in der Paterno-Büchi-Reaktion ein Diradikal 44 nachgewiesen: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Häufig wird als Übergangszustand ein Exciplex vermutet. So findet man mit kleinen Substituenten nur geringe Regioselektivität, wohingegen komplizierte Systeme regioselektiv reagieren. In Ringsystemen findet man dabei häufig exo-Diasterioselektivität.

Die Regioselektivität erklärt sich aber auch aus der Radikalstabilität des entstehenden intermediären 1,4-Biradikals:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Paterno-Büchi-Reaktionen bildet sich als Hauptprodukt das Oxetan 48, bei dem der Sauerstoff mit dem weniger substituierten Kohlenstoff verbunden ist . Diese Regioselektivität korreliert auch im Fall des Benzophenons 49 mit der Radikalstabilität.Elektronenarme Olefine wie 1-Cyanopropen 52 reagieren in der Paterno-Büchi-Reaktion regioselektiv und stereospezifisch:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Je länger die Lebensdauer des intermediär entstehenden Triplett-Biradikals, desto größer ist der Verlust der Stereospezifität.

Bei aliphatischen Carbonylverbindungen ist die Geschwindigkeit der Spinumkehr wesentlich geringer als bei aromatischen. Hier kann die Paterno-Büchi-Reaktion sowohl über den Singulett- als auch über den Triplett-angeregten Zustand der Carbonylgruppe ablaufen, wobei der Singulett-Reaktionsweg wegen der kürzeren Lebensdauer der Biradikale eine höhere Stereospezifität aufweist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Elektronenmangelolefine wie 1,2-Dicyanoethen 56 addieren sich stereospezifisch ausschließlich an den Singulett-Zustand der Carbonylverbindung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In beiden Fällen tritt eine cis-trans Isomerisierung des Olefins 56 als Nebenreaktion auf.

Analog zur Paterno-Büchi-Reaktion entsteht bei der Addition von Alkinen 58 ein Oxeten 59, das bisher auf Grund seiner geringen Stabilität nicht isoliert werden konnte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Stattdessen erhält man eine aus der Oxetenöffnung entstehende a,b-ungesättigte Carbonylverbindung 60.

Bifunktionale Verbindungen wie a,b-ungesättigte Carbonylverbindungen können grundsätzlich an die CC- und an die CO-Doppelbindung addieren.

Bei der intramolekularen Cycloaddition haben die Reaktanden zwei Verknüpfungsmöglichkeiten: die Kopf-Kopf- und die Kopf-Schwanz-Verknüpfung . Das Produktverhältnis einer solchen Homoaddition wird dabei meist von der Stabilität eines vorgebildeten Exciplexes beeinflußt.Ein weiteres gut untersuchtes Beispiel für eine Homoaddition ist die Dimerisierung des Lactons Cumarin 63.

Wie bei allen ungesättigten Carbonsäurederivaten sind auch in konzentrierten Lösungen die ISC-Prozesse so langsam, daß ausschließlich mit Singulett-Reaktionen gerechnet werden kann. Bevorzugt ist hier das syn-Kopf-Kopf Produkt, das durch sekundäre Orbitalüberlappung und Frontorbitalkontrolle über ein langsam gebildetes Excimer entsteht. Das anti-Kopf-Kopf Produkt entsteht aus einer Triplett-Sensibilisierung mit Benzophenon . Intermediat ist ein 1,4-Biradikal.

Der Kopf-Schwanz-Anteil ist auch von der Polarität des Lösungsmittels abhängig. Polare Lösungsmittel erhöhen den Kopf-Kopf Anteil.

3.3. Umlagerungsreaktionen

Andere ungesättigte Carbonylverbindungen 68 lagern sich häufig photochemisch in stabilere Verbindungen um 69:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ob die 1,3-Verschiebung der Carbonylfunktion konzertiert oder über einen Spaltungs-Rekombinationsmechanismus abläuft, läßt sich nicht eindeutig klären. Es spricht jedoch viel für einen Stufenmechanismus im Lösungsmittelkäfig . Der erste Schritt der nicht konzertierten Reaktion ist formal eine Spaltung. Diese Spaltung verläuft dann sehr schnell, wenn die zu brechende a-Bindung parallel zu der CC-Doppelbindung angeordnet ist, so daß intermediär ein stabilisiertes Allylradikal entstehen kann.

Im Gegensatz zu ihren offenkettigen Analoga können cyclische Enone und Dienone in einer Vielzahl von Umlagerungen reagieren. So tritt im Fall des Cyclopentenons 70 sowohl eine Ringverengung durch eine 1,2-Verschiebung, als auch eine Derivatisierung durch eine 1,3-Verschiebung auf:

[...]

Ende der Leseprobe aus 172 Seiten

Details

Titel
Photochemie von ortho-Carbonylstyrenen
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Organische Chemie II)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
1996
Seiten
172
Katalognummer
V21801
ISBN (eBook)
9783638253284
Dateigröße
2102 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Photochemie
Arbeit zitieren
Klaus Rammert, Dr. (Autor:in), 1996, Photochemie von ortho-Carbonylstyrenen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21801

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