Thelma & Louise: Analyse des Showdown


Seminararbeit, 2003

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Analyse der Abschlußszenen
Grobeinteilung
Filmische Mittel
Bildaufbau - Mise en Scene
Kamera, Montage, Audio

Schlußbetrachtungen

Einleitung

Mit dem Road-Movie Thelma & Louise ist Ridley Scott der Wurf des Jahres 1991 gelungen, der in den USA 35 Mio. Dollar einspielte. Susan Sarandon (Louise) und Geena Davis (Thelma) sind für den Oskar nominiert worden. Der Film hat trotz des Erfolgs auch für Kontroversen gesorgt. Namentlich die konservativen Stimmen warfen dem Drehbuch militante Männerfeindlichkeit, sogar Gewaltverherrlichung vor - und das nach dem bluttriefenden Action-Kino der 80er!). Begrüßt ob seiner frauenemanzipatorischen Message wegen wurde der Film aber nicht nur von den Liberalen, wie der Erfolg letztendlich zeigt.

Der Ausbruch der Protagonistinnen aus ihrem geordneten Leben sollte ursprünglich harmlos nach zwei Tagen mit der Rückkehr enden, endet aber tödlich, ein Schluß wie in vielen Road-Movies.

Der Plot sieht zwei Wendepunkte auf ihrem Weg in den Tod vor, die keine Rückkehr der Heldinnen ins bürgerliche Leben mehr zulassen: 1) Louise erschießt Harlan nach dessen Vergewaltigungsversuch an Thelma und 2) Thelma begeht bewaffneten Raub, nachdem die beiden von dem scheinbar netten jungen Mann J.D. um Louises Geld gebracht wurden. Nachdem diese beiden Taten begangen wurden, ist aus „normalen“ Freundinnen ein Team geworden, das alles folgende nunmehr zusammen durchstehen wird.

Louise wird schon zu Beginn des Film als toughe Frau eingeführt, die in ihrem Leben so manches erlebt hat (davon, daß sie vergewaltigt wurde, erfährt man allerdings nach einigen Andeutungen zuvor erst am Ende). Sie hat ihr Leben irgendwie nicht glücklich, aber selbstbestimmt in der Hand (filmisch mit der aufgeräumten Wohnung vor der Abfahrt dargestellt), einen Mann (Jimmy), der sie liebt, den sie liebt, ihm aber nicht endgültig traut, da sie Männern nicht mehr trauen kann. Thelma hingegen ist das naive Vorstadtmädchen, das nie Männer näher kannte und daher Hals über Kopf mit dem selbstsüchtigen Ekel Darryl (Symbol: Geschmackloses Goldkettchen mit einer „1“, Zuhälterauto Corvette usw.) ins lieblose Eheleben stolperte.

Thelma durchlebt in diesem Film eine radikalere Wandlung zur Gangsterbraut als die beherrschte und abgeklärte Louise, die eher den Anschein erweckt, ihrem Weg zu folgen und zu Ende zu gehen (der Totschlag von Harlan berührt sie, auch auf Grund ihrer eigenen Vergangenheit, weniger als der Verlust des gesamten Geldes durch J.D.´s Diebstahl). Dennoch werden beide Frauen nicht zynisch, ihre Verbindung ist keine Zweckgemeinschaft, sondern hat etwas Heiliges, was im Showdown - in ihrer ausweglosen Situation im Grand Canyon, den Abgrund vor sich, eine Polizeiarmada hinter sich - dargestellt wird.

Analyse der Abschlußszenen

Grobeinteilung

Der Showdown besteht aus drei Szenen:

1) Verfolgung durch die Polizei,
2) die „letzte Atempause“ und
3) der „letzte Ausweg“.

Filmische Mittel

Bildaufbau - Mise en scène

Der Begriff „Road-Movie“ determiniert den Ort des Geschehens: Die Strasse und angrenzende Orte, die mit der Reise-Handlung in Zusammenhang gebracht werden können. Der Showdown findet also unter freiem Himmel statt, Bauten für künstliche Räume kommen nicht vor. Wichtig ist daher

1) der Ort des Geschehens selber und
2) die Requisiten um die Protagonistinnen Thelma und Louise.

Die Schlußhandlung findet abseits des Highways statt. Nachdem die Polizeiarmada den beiden auf die Spur gekommen ist, durchbricht der grüne ´66er Ford Thunderbird Convertible einen Zaun, um die letzte Strecke abseits der Straßen der Zivilisation zu fahren. Mit dieser Viertelsekunde erfährt das Gleichnis der Flucht eine neue Dimension: Einreißen der Zäune, endgültiges Verlassen der vertrauten zivilisierten Welt. Die Polizeiarmada ist trotz Übermacht zunächst nicht in der Lage, die Frauen zu stellen. Doch daß es keine Zukunft für die beiden gibt, zeigt der Topshot auf die Verfolgungsszene: Der Abgrund rückt näher, die Dreiecksformation (Symbol des Angriffs) der Polizeiwagen hinterher.

Der Topshot löst den Rezipienten aus seiner unmittelbaren, „geerdeten“, Beobachterrolle der Handlung heraus, läßt ihn das Geschehen in seiner Gesamtheit und metaphorisch überblicken sowie das düstere Ende vorausahnen.

Die Wahl des „verdammten Grand Canyon“ als Landschaft kommt nicht von ungefähr. Zum einen ist es der fast schon klischeehafte Bezug zum Wildwest-Outlaw-Genre, wie auch der Pionier-Geschichte der USA.

Thelma und Louise sind beides: Offiziell Outlaws, Verbrecherinnen, zu denen sie dank der Umstände geworden sind, sind sie aber auch Pioniere, die die frauenfeindliche Attitüde der US-Provinz ablehnen und dagegen ankämpfen.

Zum anderen ist das Canyon eine unbarmherzige Natur, heiß, trocken, lebensfeindlich. Aber auch erhaben, schön und majestätisch, ewig: die Sorgen der Menschen scheinen hier unbedeutend. Dies wird auch immer wieder in den kurzen Totalen dargestellt, die das kleine Auto zeigen, das eine große Staubfahne hinter sich herzieht. Jeder ist hier auf sich allein gestellt - wie die beiden Heldinnen im Verlaufe ihres Lebens und ihrer Reise. Um so brutaler wirkt das Aufgebot der Staatsgewalt gegen Thelma und Louise im gleißenden Sonnenlicht, das von den Felsen reflektiert wird. (Ridley Scott legt großen Wert auf die meteorologische Bildsprache, siehe Blade Runner. Andere Szenen in diesem Film werden ebenfalls durch das Wetter im Film unterstützt.)

Das Canyon ist aber auch geeignet, das stetige negative Überraschungsmoment zu visualisieren, das sowohl narrative Spannung wie auch inhaltliche Bezüge zum Leben von Thelma und Louise vor und nach ihrem Ausbruch innehat. Das wäre zum Beispiel das abrupte Ende des Wegs - keine Chance für die Frauen, heil zu entkommen, weder aus dieser Situation noch generell aus dem vom Machismo geprägten Leben, ganz gleich, wie sie damit umgehen. Anderes Beispiel: Der aus dem Abgrund auftauchende Hubschrauber: Wenn die beiden auch nur einen Moment der Besinnung haben, wobei dieses ebenfalls als Metapher für das ungerechte Leben der Frau zu sehen ist, kommt unverhofft die kalte Maschine(rie) der (männlichen) Welt und zerstört auch diese Momente. Nicht zuletzt ist nur hier der würdevolle gemeinsame Freitod im T-Bird Convertible, ihrem treuen Begleiter auf der Reise, filmisch denkbar. Der letzte Moment soll noch einmal die Heldinnen fliegen lassen. Fliegen: Der Traum des Menschen seit Anbeginn der Zeit, ist auch seit Anbeginn der Literatur eine Metapher für die (verzweifelte) Sehnsucht nach der Freiheit.

Der grüne Thunderbird ist das zentrale Requisit des Films. Ein amerikanisches Cabrio aus den Sechzigern. Die Sechziger sind ein Symbol für den optimistischen Aufbruch einer Gesellschaft, doch nun ist das Auto ein Oldtimer, wie die Ideale der Zeit. Dieses Cabrio steht hier nicht für Yuppietum und Lifestyle (wie das protzige rote Corvette-Cabrio von Darryl), sondern symbolisiert die Einheit von Mensch, Maschine und Weg, ein optimales Road Movie-Gefährt. Besser vermögen nur Motorräder diese Message zu transportieren, wobei der Einsatz von Bikes ein zweischneidiges Schwert ist, da meist weitere Subkontexte angesprochen werden (z.B. echtes Outlaw-Gehabe), was auf die beiden Damen nicht zutrifft. Louise und Thelma auf Bikes in Leder würden a) ihrem sozialen Hintergrund nicht gerecht werden und b) bei Kinogängern und -gängerinnen einen gewissen Sympathie- und Identifikationsbonus verspielen. Auch funktioniert letztlich c) die schaupielerische Interaktion im entspannten Autosessel besser als auf einem Motorradsattel - die Kommunikation auf Zweirädern gestaltet sich schwer, es hätte auf Dialoge verzichtet werden müssen (wie im wortkargen Easy Rider).

Ein amerikanisches Auto mußte es auch aus mehreren anderen Gründen sein. Zunächst das Road-Movie-Klischee, aber nicht nur. Die US-Autoindustrie lag in den 80er am Boden, neue gute Wagen kamen aus Japan und Europa. Alte Amischlitten betrieben nur Fans (was Thelma und Louise nicht sind) oder diejenigen, die sich kein neues Auto aus Übersee leisten können (trifft zu). Übrigens: Im neuen Film Groupies Forever fährt Goldie Hawn ebenfalls einen abgetakelten Pick-Up amerikanischer Produktion - aus ähnlichen Gründen.

Aber auch gegen ein kleines japanisches Billigauto, das sich die ärmeren Amerikaner durchaus leisten konnten, spricht einiges. Zum einen die in der Motorpresse bis heute zitierte Seelenlosigkeit der asiatischen Fabrikate. Zum anderen Stillosigkeit und Uniformität. Ein USCabrio hat sowohl Seele als auch Stil.

Zum Dritten: In One Hour Photo fährt der Fotolaborant, gespielt von Robin Williams, einen weißen Toyota Echo. Das Auto paßt genau auf die äußere Erscheinung des Typen, den Williams darstellt: unscheinbar, angepaßt, freudlos. Anders die Frauen: Thelma wird und Louise ist eigentlich schon eine starke Persönlichkeit, ihr (nicht Thelmas!) großer Convertible paßt daher. Grün hingegen ist nicht die Farbe des Selbstdarstellers, sie ist schon etwas zurückhaltend, und dadurch wird die visualisierte Unabhängigkeit Louises relativiert. Grün ist aber auch die Farbe der Hoffnung (auch im amerikanischen Englisch?).

Und zuletzt: Ein offenes Auto bietet viel mehr filmische Möglichkeiten, eine Handlung darum zu gestalten, die über die erwähnte Dialoggestaltung oder der Einsatz weiterer Requisiten z.B. auf dem Rücksitz (auch im geschlossenen Auto denkbar) hinausgehen. Durch die fehlende Karosserie ist immer eine Einbeziehung der Umgebung möglich. Der Raum ist offen, frei, aber anders als bei Motorrädern, die immer und unmittelbar Teil der Umgebung sind. Ein Cabrio schafft stets einen Hauch sublimer Distanz, genau richtig für die Geschichte.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Thelma & Louise: Analyse des Showdown
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
15
Katalognummer
V21776
ISBN (eBook)
9783638253147
ISBN (Buch)
9783638759502
Dateigröße
493 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit ist Produkt eigener Überlegungen und Beobachtungen. Keine Hilfsmittel sind bei der Erstellung der Arbeit auf illegale Weise verwendet worden. Diese Arbeit enthält bis auf eine Ausnahme keine Literaturhinweise.
Schlagworte
Thelma, Louise, Analyse, Showdown
Arbeit zitieren
Karl Mittenzwei (Autor:in), 2003, Thelma & Louise: Analyse des Showdown, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21776

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Thelma & Louise: Analyse des Showdown



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden