Tschechien auf dem Weg in die EU / EWU


Hausarbeit, 2004

55 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Vorwort

1. Tschechien im Überblick
1.1 Geschichtliche Entwicklung
1.2 Allgemeine Rahmendaten

2. Der Beitritt zur Europäischen Union und Währungsunion: Anforderungen an Tschechien
2.1 Die Kopenhagener Beitrittskriterien
2.2 Die Konvergenzkriterien (Artikel 121 „Treaty Establishing The European Community“)
2.2.1 Das Konvergenzkriterium der Preisstabilität
2.2.2 Zinskonvergenz
2.2.3 Wechselkursstabilität

3. Die Entwicklung der Zahlungsbilanz
3.1 Ausgangslage
3.2 Der Transformationsprozess
3.3 Die Entwicklung der Leistungsbilanz während der letzten Jahre
3.4 Die Entwicklung der Kapitalbilanz während der letzten Jahre
3.5 Der Staatshaushalt Tschechiens
3.6 Die Auslandsverschuldung

4. Die tschechische Wechselkursbestimmung
4.1 Übersicht über verschiedene Währungssysteme
4.1.1 Formale Dollarisation
4.1.2 Regime mit einem einzigen gesetzlichen Zahlungsmittel
4.1.3 Currency Board Arrangements
4.1.4 Conventional Fixed peg arrangements
4.1.5 Managed Float
4.2 Die Entwicklung des Wechselkurses
4.3 Ursachen der realen Auf- und Überwertung zwischen 1991 und 1997
4.4 Das Ungleichgewicht der Zahlungsbilanz
4.5 Folgen der realen Auf- und Überbewertung

5. Zentrale Problemfelder
5.1 Arbeitslosigkeit und Sozialsysteme
5.2 Fiskalpolitik

6. Der Beitritt zur Europäischen Währungsunion: Chancen und Risiken
6.1 Außenhandel
6.2 Ausländische Direktinvestitionen
6.3 Wechselkurspolitik

7. Zusammenfassende Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile für Tschechien durch die Übernahme des Euro

Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wachstum und Budgetentwicklung

Abbildung 2: Vierteljährliche Wachstumsentwicklung 2000 bis 2.Quartal 2002

Abbildung 3: Darstellung der Leistungsbilanzdefizite der Beitrittskandidaten in den Jahren 2001 – 2003

Abbildung 4: Arbeitslosigkeit in Tschechien

Abbildung 5: Nominale und reale Wechselkursentwicklung zwischen Januar 1999 – Juni 2003

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die Entwicklung der Handels- und Leistungs- bilanz der Tschechischen Republik nach 1993

Tabelle 2: Ausländische Direktinvestitionen in Tschechien

Tabelle 3: Die Inflationsrate in Tschechien

Tabelle 4: Durchschnittlicher Zinssatz in Tschechien in den Jahren 1995 – 2003

Tabelle 5: Zinssatz in Tschechien in ausgewählten Monaten im Jahr 1997

Tabelle 6: Devisenreserven in Tschechien in den Jahren 1993 - 2003

Tschechien auf dem Weg zur Europäischen Währungsunion

Vorwort

Mit dem Beitritt zur Europäischen Union (EU) am 01. Mai 2004, zeichnet sich für Tschechien ein Höhepunkt in einer schwierigen Entwicklung von einer sozialistischen Planwirtschaft zu einer sozialen Marktwirtschaft ab. Im Rahmen dieser Hausarbeit möchten wir einen Überblick über die Entwicklung Tschechiens während und nach dem Transformationsprozess geben, sowie mögliche Auswirkungen, die im Zuge des EU-Beitritts für Tschechien entstehen können, darstellen. Einen speziellen Focus möchten wir dabei auf die Auswirkungen des geplanten Beitritts zur Europäischen Währungsunion (EWU) legen. Zwar ist das Datum des Beitritts zur EWU noch offen, aber mit dem Beitritt zur EU verpflichten sich alle Beitrittskandidaten, langfristig die „Kopenhagener Beitrittskriterien“ zu erfüllen und an der EWU teilzunehmen. Ein Wahlrecht zur Einführung des Euro, wie es für die Gründungsmitglieder besteht, gibt es für die Beitrittskandidaten nicht. Wir möchten im Rahmen dieser Arbeit mögliche Auswirkungen des EWU-Beitritts auf bestimmte Sektoren und politische Aktivitäten Tschechiens beleuchten, Chancen und Risiken darstellen, sowie zentrale Problemfelder offen legen.

1. Tschechien im Überblick

1.1 Geschichtliche Entwicklung

Mit der Gründung der Tschechisch-Slowakischen Republik am 28.10.1918 erreichte Tschechien den Status einer Republik. Zwischen 1918 und 1938 bezeichnete man die Tschechoslowakei auch als „Europas zweite Schweiz“, als eine der stärksten Volkswirtschaften Europas. Während des zweiten Weltkrieges wurde die Slowakei als Schutzstaat der Deutschen eigenständig. Tschechien wurde von deutschen Truppen besetzt. Nach der Befreiung von sowjetisch-amerikanischen Truppen wurde im Rahmen des Karschauer Programmes die Slowakei wieder angegliedert. Der damalige Präsident Benes erließ daraufhin die sogenannten „Benes–Dekrete“, welche eine Bestrafung und Abschiebung der deutschen Bevölkerung aus Sudetendeutschland unter Gewaltanwendung vorsah. Die Bekennung zu den „Benes-Dekreten“ beeinflusste auch noch in 2002 maßgeblich die deutsche Haltung zu den EU- Beitrittsverhandlungen Tschechiens und belastete die Beziehung zwischen den beiden Völkern. Mit der Machtübernahme der Kommunisten 1948, erfolgte die Umgestaltung des Landes nach sowjetischem Muster. Erste Annäherungsversuche an den Westen scheiterten 1964 im sogenannten „Prager Frühling“, maßgeblich beeinflusst durch die Sowjetunion. Im Rahmen der Annäherung an den Westen, erklärte im Jahr 1989 Staatspräsident Husak seinen Rücktritt nach massiven Großdemonstrationen. Dies bedeutete das Ende der kommunistischen Regierung. Am 29.12.1989 wurde der Schriftsteller Vazlaf Havel zum Präsidenten der Föderalversammlung der CSSR gewählt. 1990 erfolgte eine Umbenennung in „Tschechisch-Slowakisch Föderative Republik“. Im Jahre 1991 trat die CSSR dem Europarat bei und unterzeichnete das EG-Assoziierungsabkommen. Mit der Wahl von Wazlaf Klaus zum Ministerpräsidenten 1992 bekennt sich die CSSR erstmals zur Marktwirtschaft. Aufgrund von Diskrepanzen von Tschechien und der Slowakei trat am 1.1.1993 das „Gesetz zur Auflösung der CSSR“ in Kraft. Am 30.06.1993 trat Tschechien dem Europarat bei und wurde kurze Zeit später nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. 1995 wurde die OECD-Beitrittsurkunde in Paris unterzeichnet. Zwischen 1994 und 1996 herrschte landesweit das tschechische Wirtschaftswunder. Tschechien trat gegenüber anderen damaligen Ostblockstaaten mit einer Arbeitslosenquote von lediglich 3,5% und einer Inflationsrate von 8% hervor (zum Vergleich Ungarn:12% Arbeitslosigkeit und 23% Inflation). Mitte 1996 fiel Tschechien aufgrund von Bankinsolvenzen (durch faule Kredite und Verflechtung großindustrieller Komplexe) in eine tiefere Rezession. Mit dem Ziel des EU-Beitritts trat Tschechien am 12.03.1999 der NATO bei.[1]

1.2 Allgemeine Rahmendaten

Die Tschechische Republik ist mit 78866 km2 etwas kleiner als beispielsweise Österreich. Die Bevölkerungszahl betrug 2001 ca. 10,2 Mio. Einwohner. Die Hauptstadt von Tschechien ist Prag (1,2 Mio. Einwohner). Die derzeitige Währung ist die tschechische Krone.[2] Der Wechselkurs beträgt 1Euro=31,92028 CZK.[3] Tschechien hat eine lange Tradition als Industriestaat und befindet sich seit 1995 in einer Annäherungsphase an die Europäische Union. Nach den Wirtschaftswundererfolgen und der Rezession durch den Bankenkrach 1996, konnte Tschechien im Jahre 2000 erstmals wieder ein positives Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) in Höhe von 3.1% erzielen. Die Begründung dafür liegt in einem reformierten Bankensektor und der Einführung einer Konkursgesetzgebung. Außerdem konnte Tschechien die Attraktivität für ausländische Investoren erhöhen und die Exporte deutlich steigern. Bereits heute gehen etwa 65% aller tschechischen Exporte in hochentwickelte Volkswirtschaften (meist in die bisherigen EU-Mitgliedsländer). Probleme stellen heute die teilweise hochverschuldeten und nichtprivatisierten Industriekomplexe da, denen gut entwickelte kleine und mittelständische Unternehmen gegenüber stehen. Die derzeitigen Probleme und aktuellen Diskussionen in der Politik beinhalten, ähnlich wie in Deutschland, die Umstrukturierung der Sozialsysteme, insbesondere die Gesundheitspolitik und die Konsolidierung des Staatshaushaltes.

2. Der Beitritt zur Europäischen Union und Währungsunion: Anforderungen an Tschechien

Die EU hat sich in ihren Strategiepapieren „Making a success of enlargement“ auf grundsätzliche Voraussetzungen für einen EU-Beitritt festgelegt.[4]

2.1 Die Kopenhagener Beitrittskriterien

Der Beitritt zur Europäischen Union am 01.Mai 2004 verpflichtet Tschechien zur Erfüllung der „Kopenhagener Beitrittskriterien“:

- Fähigkeit zur Aufrechterhaltung einer institutionellen Stabilität zur Sicherung einer demokratischen Ordnung
- Pflicht zur Achtung der Menschenrechte
- Pflicht zum Schutz von Minderheiten
- Bestehen einer funktionsfähigen Marktwirtschaft
- Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck innerhalb der EU standzuhalten
- Verpflichtungen wahrzunehmen, die ein Beitritt mit sich bringt
- Pflicht, der Europäischen Währungsunion beizutreten[5]

Eine funktionsfähige Marktwirtschaft setzt eine Preis- und Handelsliberalisierung voraus. Des weiteren setzt eine funktionsfähige Marktwirtschaft eine makroökonomische Stabilität, sowie ein Rechtssystem mit einklagbaren Rechten voraus. Des weiteren muss diese Marktwirtschaft in der Lage sein, dem Druck des Wettbewerbes und den Marktkräften auf absehbare Zeit standzuhalten.

Trotz Konjunkturschwäche der Weltwirtschaft haben sich Tschechiens Rahmenbedingungen verbessert. Dieses lässt sich durch diverse wirtschaftspolitische Maßnahmen belegen. So wurden bereits in den 90er Jahren Preise für Waren und Dienstleistungen sowie Außenhandels- und Devisenregulierungen mehrheitlich liberalisiert. Mit der Einführung neuer Haushaltsvorschriften 2001 wurde eine Transparenz und Verwaltung der öffentlichen Finanzen erreicht. Ein derzeitiges Problem stellt die schlechte Haushaltslage Tschechiens sowie die mangelnde Reformbereitschaft bei den Staatsausgaben dar. 1998 wurde erstmals ein auf die Nettoinflation bezogenes Inflationsziel gesetzt. Dieses betrug 2002 3-5% und soll kontinuierlich auf 2-4% herabgesetzt werden.

Die Aussage des letztgenannten Kriteriums der „Kopenhagener Beitrittskriterien“, die Pflicht für die künftigen EU-Mitglieder, der EWU beizutreten, unterstreicht, dass Tschechien im Zuge des EU-Beitrittes dazu verpflichtet ist, langfristig das Ziel zu verfolgen, an der EWU teilzunehmen. Um Mitglied der EWU zu werden, muss ein Land nachhaltig die in Artikel 121 „Treaty Establishing The European Community“ (EC-Treaty) verankerten Konvergenzkriterien erfüllen können. Ein Beitritt zur EWU impliziert weiterhin ein Verlust an geldpolitischer Autonomie sowie nationaler Wechselkurspolitik. Die Länder übertragen diese Aufgaben der Europäischen Zentralbank und unterwerfen sich deren geldpolitischen Zielen.[6]

2.2 Die Konvergenzkriterien (Artikel 121 „Treaty Establishing The European Community“)

Konvergenzkriterien sind Bedingungen, die sicherstellen, dass ausschließlich Länder mit einer ausreichenden stabilitätspolitischen Leistungsfähigkeit an der EWU teilnehmen.[7]

2.2.1 Das Konvergenzkriterium der Preisstabilität

Die Preisstabilität gibt maßgeblich die Teuerungsrate eines Landes an. Um der EWU beizutreten darf die Inflationsrate eines Landes maximal 1.5% über der durchschnittlichen Rate der drei preisstabilsten EU-Mitgliedsstaaten liegen. Durch eine Änderung in der Verfassung ist Preisstabilität inzwischen das oberste Ziel der Tschechischen Zentralbank (CZB). Die Inflationsraten, die sich in der Wirtschaftskrise von 1996 bis 1998 zwischen 5.8 und 9.5%[9] bewegten, konnten erfolgreich auf Werte unter 4% gesenkt werden. 2001 betrug die Inflationsrate lediglich 3.9%.[10] Durch die klare Definition von Inflationszielen durch die Zentralbank konnte auch die Akzeptanz für die ergriffenen Maßnahmen gesteigert werden. Damit ist das Kriterium der Preisstabilität erfüllt.[8]

2.2.2 Zinskonvergenz

Das Kriterium der Zinskonvergenz regelt die Höhe der langfristigen Zinsen (mindestens 10 Jahre). Diese dürfen nicht mehr als 2 Prozentpunkte über den Durchschnittsrenditen der drei preisstabilsten EU-Länder liegen.[11]

Derzeit liegt der langfristige Zinssatz in Tschechien bei 4%. Damit ist das Kriterium der Zinskonvergenz erfüllt.

2.2.3 Wechselkursstabilität

Ein Beitrittskandidat zur EWU darf von den im Rahmen des Wechselkursmechanismus II (WKM II) vorgesehenen normalen Bandbreiten (von +/- 15% vom Leitkurs) in den letzten zwei Jahren vor der Konvergenzprüfung nicht grob abgewichen sein.[12]

Seit 2001 kam es zu einer kräftigen Aufwertung der tschechischen Krone gegenüber dem Euro. Um die oben genannte Kursstabilität zu gewährleisten und eine weitere Aufwertung gegenüber dem Euro zu verhindern, einigten sich Regierung und Zentralbank auf ein Maßnahmenpaket zur Begrenzung dieser Aufwertungen. Dennoch betrug der nominale Wertzuwachs der Krone gegenüber dem Euro im ersten Halbjahr 2002 9,2% . Infolgedessen wurde das Maßnahmenpaket noch einmal nachgebessert. So wurde vereinbart, dass Deviseneinnahmen (erzielt hauptsächlich aus Privatisierungen) nicht an den Markt weitergegeben werden sollen. Außerdem wurden Maßnahmen wie Zinssenkungen, Marktinterventionen sowie öffentliche Erklärungen ergriffen, um eine starke, unkontrollierte und der Marktrealität nicht entsprechende Aufwertung zu verhindern und damit den Kriterien zur EWU gerecht zu werden.

Die derzeit verfolgte Geld- und Wechselkurspolitik Tschechiens arbeitet mit flexiblen, aber kontrollierten Wechselkursen. Insgesamt wird seit 1998 eine akkomodierende Geldpolitik verfolgt, in dessen Rahmen mehrfach die Leitzinsen gesenkt wurden. So fiel der reale Zinssatz von 11% 1997 auf 0.5 % im Jahre 2001.

Budgetdefizit[13]

Das Budgetdefizit gibt das Verhältnis des öffentlichen Defizits zum BIP an. Dieses darf 3% nicht überschreiten.

Dieser Bereich stellt momentan das größte Problem in Hinblick auf den EWU Beitritt Tschechiens dar. Weder die alte noch die neue Regierung unternahmen größere Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung. Seit 1997 steigt das Budgetdefizit kontinuierlich an. Während die Defizitrate zwischen 1997 und 2001 durchschnittlich 3.8% betrug, stieg sie 2002 auf 5.5% des BIP und erreichte 2002 6.6 %. Maßgebliche Schuld an dieser Entwicklung trägt vor allem die schleppende Umsetzung der Umstrukturierungsmaßnahmen des Unternehmenssektors, sowie andere Strukturmaßnahmen, wie beispielsweise die Sanierung des Bankensektors. Primäre Ziele sollten hier die Neuregelung der Staatsausgaben sein. Zwar hat die Regierung eine Erhöhung der Staatsausgaben in 2003 quasi ausgeschlossen, dies ändert jedoch nichts an der Notwendigkeit, den gesamten Bereich der Staatsausgaben zu reformieren. Dies schließt auch den Bereich der Privatisierung ein.[14] Die Privatisierung konnte zwar im Bankenbereich im Jahre 2001 größtenteils abgeschlossen werden, jedoch gibt es immer noch Probleme bei der Privatisierung staatseigener Großbetriebe. Die staatliche Konsolidierungsagentur, welche ähnlich wie die Treuhand in Deutschland, mit der Sanierung bzw. Abwicklung staatlicher Unternehmen betraut ist, versucht seit kurzem wieder, uneinbringliche Schulden an Privatinvestoren zu veräußern. Sollten die hier angestrebten Reformen nicht konsequent umgesetzt werden, ist das zum EWU-Beitritt notwendige Ziel von einem Budgetdefizit von maximal 3% mittelfristig nicht zu erreichen.

Abb.1 Wachstum und Budgetentwicklung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: www.nrw-export.de (abgerufen am 28-12-2003)

Staatsschulden

Die öffentlichen Schulden eines Beitrittskandidaten dürfen nicht höher als 60 % des Bruttoinlandsproduktes sein.

Die Transparenz der tschechischen Staatsschulden ist bis heute relativ fraglich. Zwar ist der offizielle Stand der Staatsverschuldung relativ gering (2001: 23.6% des BIP), dieser spiegelt jedoch nicht die tatsächliche Höhe wider. Aufgrund von Schulden der Institutionen, die eigens für den Transformationsprozess geschaffen wurden und Staatsbürgschaften, welche in dieser Quote nicht berücksichtigt werden, wird der tatsächliche Stand der öffentlichen Finanzen eher wage dargestellt. Durch die Verpflichtung der Regierung, diese Daten in zukünftige Berechnungen zu integrieren, wird sich diese Quote in den nächsten Jahren wohl deutlich erhöhen. Trotz dieser zu erwartenden Erhöhung geht man davon aus, dass das Kriterium der Staatsverschuldung von Tschechien erfüllt werden kann.

3. Die Entwicklung der Zahlungsbilanz

Um die Entwicklung der tschechischen Zahlungsbilanz zu verfolgen, reicht es nicht aus, die Betrachtung auf lediglich die letzten Jahre zu beschränken. Vielmehr müssen die Jahre vor Ende der sozialistischen Planwirtschaft mit in Betracht gezogen werden.

Ausgangspunkt unserer Betrachtung sollen deshalb die letzten Jahre der sozialistischen Planwirtschaft sein. Wir geben einen kurzen Überblick über die ökonomische Entwicklung während und nach des Transformationsprozesses und verfolgen die Auswirkungen auf die tschechische Zahlungsbilanz.

3.1 Ausgangslage

Sämtliche volkswirtschaftlichen Aktivitäten der Tschechoslowakei wurden bis zum Zusammenbruch des Systems Ende der 80er Jahre planwirtschaftlich organisiert und geleitet. Es galt, die Binnenwirtschaft gegenüber Einflüssen aus dem marktwirtschaftlich orientierten Ausland zu schützen.

Im- und Exportpreise wurden von staatlicher Seite fixiert.

Der Güteraustausch erfolgte anhand von detaillierten Plänen, die genaue Angaben hinsichtlich der zu im- bzw. zu exportierenden Gütern und Dienstleistungen enthielt. Der tschechoslowakische Handel konzentrierte sich hauptsächlich auf andere sozialistische Planwirtschaften.

Die tschechoslowakische Wirtschaftsstruktur lässt sich grob in vier Industriesektoren aufteilen:

- Arbeitsintensive Industriesektoren: Bekleidung, Möbel, Schuhe, Leder
- Verarbeitung natürlicher Ressourcen: Holz
- Kapitalintensive Industriesektoren: Stahl, Glas, Eisen
- Industriesektoren mit hohem Forschungs- und Entwicklungseinsatz: Transportmittel, Maschinenbau[15]

Hauptexportgüter der Tschechoslowakei waren Möbel, Bekleidung, Schuhe, Glas sowie Maschinen.

Hauptimportgüter der Tschechoslowakei waren Energie und Rohstoffe.[16]

Die erste Ölkrise zu Beginn der 70er Jahre bedeutete für die Tschechoslowakei eine drastische Preissteigerung ihrer Hauptimportgüter, Energie und Rohstoffe. Demgegenüber geringfügig stiegen die Preise für die tschechoslowakischen Exportgüter. Dies führte in der Folgezeit zu einem Handelsbilanzdefizit. Die tschechoslowakische Zahlungsbilanz war dennoch nahezu ausgeglichen; für einen Ausgleich des Handelsbilanzdefizits sorgte die Dienstleistungsbilanz, die positive Überschüsse erzielte.[17]

3.2 Der Transformationsprozess

Da zu Beginn des Transformationsprozesses Unklarheit herrschte bzw. weil sichere Daten bezüglich des gleichgewichtigen realen Wechselkurses fehlten, wurde die tschechische Krone im Jahre 1990 mehrfach abgewertet. Die Abwertung im Jahre 1990 betrug insgesamt 95.7%.

Zum 1.Januar 1991 erfolgte die Anbindung der tschechischen Krone an einen Währungskorb, der aus den fünf Währungen der wichtigsten Handelspartner Tschechiens bestand. Dies bedeutete den Beginn eines festen Wechselkursregimes.[18]

Es folgten Jahre, insbesondere zwischen 1992 bis Mitte 1996 mit positiven makroökonomischen Entwicklungen: Hohe Wirtschaftwachstumsraten, ein stabiler nominaler Wechselkurs, niedrige Inflations- und Arbeitslosenraten, ein nahezu ausgeglichener Staatshaushalt, sowie eine niedrige Verschuldung im Ausland. Durch die seit 1990 unterbewertete tschechische Krone verschaffte den Exportgütern Tschechiens im internationalen Handel einen prägnanten Preisvorteil, wodurch Tschechiens Exportraten erheblich gesteigert werden konnten. Tschechien erreichte jährliche Wachstumsraten des BIP von bis zu 6%.[19]

[...]


[1] Vgl.: www.ewis.de/ (abgerufen am 28-12-2003)

[2] Vgl.: http://www.osteuropa-infoseite.de/ (abgerufen am 28-12-2003)

[3] Vgl.:http://www.deutsche-bank.de/ (abgerufen am 28-12-2003)

[4] Vgl.: www.europa.eu.int/ (abgerufen am 28-12-2003)

[5] Vgl.: www.ezoneplus.org, S. 4 (abgerufen am 06-12-203)

[6] Vgl.: www.ezoneplus.org, S. 4 (abgerufen am 06-12-2003)

[7] Vgl.: Bünning Lars, Die Konvergenzkriterien des Maastricht Vertrages, 1997, S.27-37

[8] Vgl.: Bünning, Lars, Die Konvergenzkriterien des Maastricht Vertrages, 1997, S.63-80

[9] Vgl.: Regelmässiger Bericht 2002 über die Fortschritte der Tschechischen Republik auf dem Weg zum Beitritt (2002)

[10] Vgl.: www.weltpolitik.net/ (abgerufen am 28-12-2003)

[11] Vgl.: Bünning, Lars, Die Konvergenzkriterien des Maastricht Vertrages,1997, S.112–143

[12] Vgl.: Frensch, Richard, Wechselkurs- und Leistungsbilanzentwicklung in Tschechien und der Slowakei, Osteuropa-Institut München,1997, S. 19-25

[13] Vgl.: Bünning, Lars, Die Konvergenzkriterien des Maastricht Vertrages,1997, S.84-107

[14] Vgl.: Regelmässiger Bericht 2002 über die Fortschritte der Tschechischen Republik auf dem Weg zum Beitritt (2002) S.39 - 55

[15] Vgl.: Eidel, Michael, Die ökonomische Transformation in der Tschechischen Republik, 2000, S. 216

[16] Vgl.: Eidel, Michael, Die ökonomische Transformation in der Tschechischen Republik, 2000, S. 221-222

[17] Vgl.: Eidel, Michael, Die ökonomische Transformation in der Tschechischen Republik, 2000, S. 128-129

[18] Vgl.: Eidel, Michael, Die ökonomische Transformation in der Tschechischen Republik, 2000, S. 180-181

[19] Vgl.: Eidel, Michael, Die ökonomische Transformation in der Tschechischen Republik, 2000, S. 270

Ende der Leseprobe aus 55 Seiten

Details

Titel
Tschechien auf dem Weg in die EU / EWU
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Veranstaltung
Europäische Integration
Note
1,3
Autoren
Jahr
2004
Seiten
55
Katalognummer
V21725
ISBN (eBook)
9783638252751
Dateigröße
790 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung Tschechiens und der Integration in die Europäische Union. Desweiteren werden die Konvergenzkriterien beleuchtet und der Entwicklungsstand zum Beitritt zur die Europöische Währungsunion. -- enthält noch eine 32-Seitige Präsentation --
Schlagworte
Tschechien, Europäische, Integration
Arbeit zitieren
Tobias Bandt (Autor:in)Birgit Allmendinger (Autor:in)Gregor Flak (Autor:in), 2004, Tschechien auf dem Weg in die EU / EWU, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21725

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