Personal-Service-Agenturen als Element der Arbeitsmarktreformen - Eine ökonomische Bestandsaufnahme


Hausarbeit, 2003

31 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung
1.1. Beschreibung der wirtschaftlichen Situation Deutschlands
1.2. Ansatzpunkte für Arbeitsmarktpolitik
1.2.1. Passive Arbeitsmarktpolitik
1.2.2. Aktive Arbeitsmarktpolitik

2. Eingliederung Personal-Service-Agenturen
2.1. Hartz-Reform
2.2. Definition Personal-Service-Agenturen

3. Auswirkungen auf die Lohn- und Fiskalpolitik
3.1. Lohnsubventionen
3.2. Niedriglohnsektor
3.3. Lohnpolitik der Gewerkschaften
3.4. Equal Pay

4. Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Beschäftigung
4.1. Kündigungsschutz
4.2. Vermittlung der Arbeitslosen
4.3. Wettbewerb mit gewerblichen Leiharbeitsunternehmen
4.4. Qualifizierung der Arbeitslosen

5. Effekte für das Unternehmen
5.1. Vorteile
5.2. Nachteile

6. Effekte für den Arbeitslosen
6.1. Vorteile
6.2. Nachteile

7. Fazit

1. Einführung

1.1. Beschreibung der wirtschaftlichen Situation Deutschlands(Ausgangssituation)

Nachdem die Bundesrepublik Deutschland in den ersten 25 Jahren ihrer Geschichte einen nahezu permanenten Aufschwung erlebte, der sich ebenso positiv auf die Beschäftigung auswirkte, hat sie nun seit den 80er Jahren mit rückläufigen Wachstumsraten und folglich ansteigender Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Während die Arbeitslosenquote 1991 noch lediglich 5,6 % betrug, so liegt sie jetzt im Jahre 2003 (Monat Oktober) bei 10,0 %.[1] Doch nicht nur die Zahl der Erwerbslosen hat zugenommen. Ebenfalls hat sich auch die durchschnittliche Dauer der Erwerbslosigkeit verlängert.[2]

1.2. Ansatzpunkte für Arbeitsmarktpolitik

Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Ansätze, um die Arbeitslosigkeit zu verringern. Man unterscheidet zwischen passiver und aktiver Arbeitsmarktpolitik.

1.2.1. Passive Arbeitsmarktpolitik

Passive Arbeitsmarktpolitik fordert eine Deregulierung der Arbeitsmärkte. Die Verfechter dieses Ansatzes begründen dies in der Selbstregulierung von Märkten. Je geringer die Eingriffe des Staates sind, desto besser und schneller können sich Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt einpendeln. Die Befürworter üben Kritik an der aktiven Arbeitsmarktpolitik, da ihrer Meinung nach die angewendeten Instrumente nicht greifen, wodurch eine unnötige Belastung des öffentlichen Haushaltes hervorgerufen wird.[3]

1.2.2. Aktive Arbeitsmarktpolitik

Die aktive Arbeitsmarktpolitik dagegen fordert eine stärkere Einbeziehung des Staates in die Regulierung des Arbeitsmarktes. So setzt der Staat ein Instrumentarium ein, mit dem er die Chancengleichheit der Arbeitsuchenden erhöhen will. Weiterhin will er eine bessere Funktionsweise des Arbeitsmarktes erzielen. In der Arbeitsmarktpolitik gibt es drei Zielsetzungen:· Verbesserung der Angebotsstruktur ® z.B. durch Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen· Verbesserung des Nachfragevolumens® z.B. durch Arbeitsbeschaffungsprogramme und Lohnkostensubventionen· Ausgleich von Arbeitsangebot und –nachfrage® z.B. durch Beratungs- und Vermittlungsgespräche von Seiten der Arbeitsämter[4]

2. Eingliederung Personal-Service-Agenturen

2.1. Hartz-Reform

Die Personal-Service-Agenturen, nachfolgend mit PSA abgekürzt, sind Bestandteil der im Jahre 2002 vom VW-Vorstandsmitglied Peter Hartz vorgeschlagenen Hartz-Reform.Diese Reform ist als Ansatz aktiver Arbeitsmarktpolitik zu verstehen. Sie offeriert verschiedenen Maßnahmen, die sowohl zur Verbesserung des Arbeitsangebotes als auch zu einer erhöhten Arbeitsnachfrage führen sollen. Als Beispiel wären die Ich-AG, Job-Floater, sowie Job-Center zu nennen, die zu den 13 Modulen zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit gehören.Auf diese Instrumente werde ich jedoch nicht weiter eingehen, da in dieser Hausarbeit das Augenmerk auf die PSA gelegt werden soll. Nachfolgend werde ich die PSA definieren sowie ökonomische Effekte, d.h. Stärken und Schwächen, aufzeigen. Ebenfalls werde ich die PSA aus den unterschiedlichen Sichtweisen der Arbeitslosen, der Unternehmen und sowie der Volkswirtschaft betrachten, um die ökonomischen Auswirkungen darzustellen.

2.2. Definition Personal-Service-Agenturen

Die zentrale Empfehlung der Hartz-Kommission ist der Aufbau von so genannten „Personal-Service-Agenturen“ (PSA). Ihr „Ziel besteht darin, Einstellungsbarrieren zu überwinden und Arbeitslose mit einer neuen Form vermittlungsorientierter Arbeitnehmerüberlassung schnell wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren“[5].Die PSA, die dem Konzept der Leiharbeitsfirmen folgen, übernehmen von der Arbeitsverwaltung Arbeitslose als Zeitarbeiter. Die Agenturen beschäftigen diese sozialversicherungspflichtig und leihen sie subventioniert auf der Grundlage der Zumutbarkeitsregeln für Arbeitslose an Entleihbetriebe aus. Während ihrer Beschäftigung bei der PSA genießen sie vollen Kündigungsschutz. Die Vermittlungsagenturen erhalten von der Arbeitsverwaltung eine zu vereinbarende Förderung pro übernommenen Arbeitslosen. Innerhalb der maximal sechsmonatigen Probezeit erhält der PSA-Zeitarbeiter ein Entgelt in Höhe des Arbeitslosengeldes, danach in Höhe eines PSA-Zeitarbeitstarifvertrages. Diese Entlohnung gilt auch während der verleihfreien Zeit, die allerdings mit Qualifizierungsmaßnahmen zu unterlegen ist. Langfristig wird eine Übernahme der Leiharbeitnehmer durch die Entleihbetriebe angestrebt. Wenn der ehemalige Zeitarbeitnehmer nun als festangestellter Mitarbeiter beschäftigt ist, erhält er die dort übliche Bezahlung, in der Regel auf der Grundlage eines Flächentarifvertrages.

3. Auswirkungen auf die Lohn- und Fiskalpolitik

3.1. Lohnsubventionen

Einen wesentlicher Faktor für den Erfolg von Personal-Service-Agenturen bildet die Höhe des Lohnes, zu dem die Leiharbeitnehmer eingestellt werden. Grundsätzlich würde ein Unternehmen Zeitarbeitnehmer bevorzugen, die schon länger und dauerhaft beschäftigt sind und somit mehr Berufserfahrung haben. Das würde bedeuten, dass sie statt auf PSA-Arbeitskräfte auf Mitarbeiter von gewerblichen Leiharbeitsfirmen zurückgreifen würden. Folglich muss für die Entleihunternehmen ein Anreiz geschaffen werden, einen ehemals Arbeitslosen zu beschäftigen. Damit die erwünschte Ausdehnung der Nachfrage an bei der PSA angestellten Arbeitskräften erzielt werden kann, muss folglich das Entgelt absenkt werden, das das Entleihunternehmen bezahlen muss, um die PSA-Arbeitskraft zu beschäftigen. Die Erzielung niedrigerer Löhne kann nur durch Lohnsubventionierung erfolgen. Peter Hartz, der Vorsitzende der Hartz-Kommission, schlägt dazu vor, den Leiharbeitnehmern in der sechs Monate dauernden Probezeit einen Lohn in Höhe des Arbeitslosengeldes zu zahlen. Danach soll er einen neu zu verhandelnden PSA-Tariflohn erhalten, der 70% des letzten Bruttogehalts beträgt. Diese Selbstkosten der PSA subventioniert der Staat wiederum mit 50%. Die vergleichsweise geringen Lohnkosten stellen somit einen enormen Anreiz für Unternehmen dar, die beschäftigten Arbeitnehmer der gewerblichen Zeitarbeitsfirmen durch PSA-Arbeitskräfte zu substituieren. Weiterhin lassen sich geringer qualifizierte, festangestellte Mitarbeiter ohne große Bindung an das Unternehmen durch Leiharbeitskräfte der PSA ersetzen.[6] Der Mitnahmeeffekt, der dadurch entsteht, dass die Unternehmen die Lohnkosten in Höhe der Lohnsubventionen einsparen, lassen die fiskalischen Kosten enorm ansteigen.Auf Grund der natürlichen Fluktuation, aber auch durch den Drehtüreffekt, der den Austausch eines Teils der Stammbelegschaft durch PSA-Angestellt beschleunigt, erhöhen sich die fiskalischen Kosten zusätzlich.Diese nicht mehr beherrschbaren Kosten würden dann nur noch durch Steuer- oder Abgabenerhöhungen zu finanzieren sein, was sich wiederum negativ auf die Beschäftigung auswirken würde.[7] Die fiskalischen Kosten ließen sich allerdings dann reduzieren, wenn „die Übernahmequote von Leiharbeitnehmern durch Entleihbetriebe hoch und/oder die Substitutionsquote gering ist“[8]. Sobald die Arbeitslosen in ein geregeltes Beschäftigungsverhältnis gelangen, entfallen für den Staat die Lohnsubventionen für diesen Arbeitnehmer. Stattdessen zahlt dieser ehemals Arbeitslose nun Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge, womit er den Staat unterstützt.Die Substitutionsquote lässt sich reduzieren, indem sich die PSAs in erster Linie auf die Abdeckung von Bedarfsschwankungen, die Personalbeschaffung für Vertretungen in den Entleihbetrieben konzentrieren. Dies würde zu einer Senkung der fiskalischen Kosten führen.

3.2. Niedriglohnsektor

Ein entscheidender Faktor bei der Entstehung der Arbeitslosigkeit im Niedriglohnbereich ist die Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Sie markiert eine fixe Lohnuntergrenze, da ein Arbeitsloser nicht bereit sein wird, eine Arbeit anzunehmen, deren Entlohnung in Höhe dieser Lohnersatzleistungen liegt. Auf der anderen Seite wird auch kein Unternehmen bereit sein, jemanden zu beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt höher ist als die Wertschöpfung, die er für den Betrieb darstellt. Wenn jedoch die Subventionierung der Leiharbeiter zu einer Unterschreitung der Arbeitskosten führt und die Unternehmen indifferent gegenüber Zeitarbeitnehmern und Festangestellten sind, so erfolgt eine Substitution der Stammbelegschaft durch die PSA-Arbeitskräfte. Weiterhin wird die Nachfrage nach Leiharbeitnehmern expandieren. Dies würde bedeuten, dass im Niedriglohnsektor nur noch subventionierte PSA-Leiharbeitnehmer beschäftigt wären, vorausgesetzt, Mengenbeschränkungen würde die Anstellung bei den PSAs nicht begrenzen. Falls keine Verpflichtung zur Leiharbeit besteht, ist den Zeitarbeitnehmern ein Entgelt in Höhe der Lohnuntergrenze (Arbeits- und Sozialhilfe) zu zahlen. Sie könnten dann wählen zwischen einer Inanspruchnahme der Arbeits- bzw. Sozialhilfe und einer Anstellung bei der PSA.[9] Die nachfolgende Tabelle beschreibt die entstehenden Kosten der PSAs bei Ausweitung der Beschäftigung im Niedriglohnsektor.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei fiskalischen Belastungen in Höhe von 8.609 Mill. Euro pro Monat ergibt sich somit ein Defizit von 103,3 Mrd. Euro pro Jahr.Für diese enormen fiskalischen Kosten gibt es mehrere Gründe. Zum einen kann eine dauerhafte Übernahme durch den Entleihbetrieb nicht mehr gewährleistet werden, da im Niedriglohnsektor ausschließlich Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. Ausnahme bildet hier eine Mengenbegrenzung der PSA-Arbeitskräften, was zu Reduzierung der fiskalischen Kosten führen würde sowie eine Indifferenz seitens des Entleihbetriebes gegenüber Festangestellten und Zeitarbeitnehmern durch die eine begrenzte reguläre Beschäftigung ermöglicht würde.Zum anderen entstehen die enormen fiskalischen Kosten auf Grund der hohen Subventionen. „Deren Höhe hängt mit dem Mindestlohn von 8,70 Euro zusammen, der die Kalkulationsgrundlage für die benötigten Einnahmen der PSA und damit für die erforderlichen Subventionen bildet, mit denen eine Entleihgebühr von 7 Euro pro Entleihstunde erreicht werden kann.“[11] Diese Lohnuntergrenze entspricht dem Anspruchslohn und somit der Höhe der Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Folglich ist ohne Senkung dieses Anspruchslohns die Finanzierung der PSA-Leiharbeit nicht möglich.[12] Daher sollte, wie das ifo Institut für Wirtschaftsforschung, der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und der Sachverständigenrat es fordern, die beschäftigungsfeindlichen Rahmenbedingungen verändert werden. Zum einen müsste eine Umgestaltung des sozialen Sicherungssystems stattfinden, mit dem Ziel den Anspruchslohn zu senken. Zum anderen müsste ein „neues System der Einkommenshilfen für Niedriglohnbeschäftigte“[13] geschaffen werden. Dadurch würden Arbeitsanreize für gering qualifizierte Arbeitslose schaffen sowie auf Grund der niedrigeren Anspruchslöhne zu einer Expansion der Nachfrage führen.Weiterhin wirken sich Mobilisierungseffekte positiv aus, die durch die Absenkung der Arbeits- und Sozialhilfe erreicht würden.[14] Diese Reformen würden letztendlich zu einer Steigerung der Beschäftigung im Niedriglohnsektor führen, ohne dass zusätzliche fiskalische Kosten entstehen würden.

[...]


[1] vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland, Arbeitslosenquote

[2] vgl. Kröger / van Suntum (2000), S. 9

[3] vgl. Kröger / van Suntum (2000), S. 7

[4] vgl. Kröger / van Suntum (2000), S. 9 f.

[5] Schmid: „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt: Strategie und Vorschläge der Hartz-Kommission“

[6] vgl. Ochel / Werding:“Und wo kommen die Arbeitsplätze her?“ (S.14)

[7] vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit: Brief an

Bundesminister Clement

[8] Ochel: „Hartz and more: Zum Abbau der Arbeitslosigkeit durch Leiharbeit“ (S. 28)

[9] vgl. Ochel: „Hartz and more: Zum Abbau der Arbeitslosigkeit durch Leiharbeit“ (S. 29 f.)

[10] vgl. Ochel: „Hartz and more: Zum Abbau der Arbeitslosigkeit durch Leiharbeit“ (S. 31)

[11] Ochel: „Hartz and more: Zum Abbau der Arbeitslosigkeit durch Leiharbeit“ (S. 31)

[12] vgl. Sachverständigenrat: Jahresgutachten 2002/03, Ziff. 435 und 436

[13] Ochel: „Hartz and more: Zum Abbau der Arbeitslosigkeit durch Leiharbeit“ (S. 31)

[14] vgl. Sinn: Interview im November 2002

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Personal-Service-Agenturen als Element der Arbeitsmarktreformen - Eine ökonomische Bestandsaufnahme
Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Bochum gGmbH
Veranstaltung
Volkswirtschaftspolitik
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
31
Katalognummer
V21693
ISBN (eBook)
9783638252539
ISBN (Buch)
9783638647236
Dateigröße
565 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Personal-Service-Agenturen, Element, Arbeitsmarktreformen, Eine, Bestandsaufnahme, Volkswirtschaftspolitik, Arbeitsmarkt
Arbeit zitieren
Maike Becker (Autor:in), 2003, Personal-Service-Agenturen als Element der Arbeitsmarktreformen - Eine ökonomische Bestandsaufnahme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21693

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