Physiologische Anpassungen an den Laufsport

Gezieltes Training zur Auslösung von Anpassung Erscheinungen


Diplomarbeit, 2012

64 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abstract

1. Einleitung

2. Prinzip der Superkompensation
2.1. Übertraining
2.2. Summierte Wirksamkeit
2.3. Abflachen der Überkompensation
2.4. Wirkung der Adaptation auf den Organismus

3. Kapillarisierung der Muskulatur
3.1. Trainingsreize für Kapillarneubildung
3.2. Bildung von Anastomosen und Kollateralen

4. Auswirkung auf das pulmunale System
4.1. Vo2max
4.2. Der Gasaustausch
4.3. Der Sauerstofftransport
4.4. Die Sauerstoffverwertung

5. Auswirkung auf das Blut und dessen Viskosität
5.1. Auswirkung auf Blutmenge und Erythrozyten
5.2. Wirkung von Höhentraining auf die Blutzusammensetzung
5.3. Funktionen von Blut im Organismus
5.4. Sauerstoffsättigung

6. Sportherz Entwicklung
6.1. Wirkung des vegetativen Nervensystems auf das Herz
6.2. Durchblutung
6.3. Regulative Anpassungen des Herzens
6.4. Strukturelle Anpassung (physiologische Hypertrophie)
6.5. Geschichte der Sportherzdiagnostik
6.6. Physiologie des Sportherzens
6.7. Vergleich Normales Herz zu Sportherz
6.8. Vergrößertes Schlagvolumen durch Sportherz Entwicklung
6.9. Arten der Herzhypertrophie
6.10. Rückbildung des Sportherzens
6.11. Prävention vor kardiovaskulären Erkrankungen
6.12. Gesamtmortalität

7. Auswirkung von Laufsport auf den Energiespeicher
7.1. Kreatinphosphatspeicher / Kreatinphosphokinase
7.2. Glykogenspeicher / Glykolyse

8. Wirkung von Laufsport auf die Blutwerte
8.1. Cholesterin
8.2. Cholesterin Arten
8.3 Wirkung von Ausdauersport auf die Triglyceridewerte

9. Bluthochdruck und Laufsport

10. Wirkung von Laufsport auf das Vegetative Nervensystem
10.1. Wirkung des Sympathikus
10.2. Wirkung des Parasympathikus

11. Stressabbau durch Sport
11.1. Auswirkung von Stress auf den Organismus
11.2. Vergleich Eustress, Distress
11.3. Phasen von Stress
11.4. Wirkung von Laufsfport auf Stress

12. Wirkung von Ausdauersport auf die Psyche
12.1. Ausschüttung von Endorphinen
12.2. Schlaf

13. Adipositas Prävention
13.1. Energieumsatz
13.2. Wirkugn von Laufsport bei Gewichtsreduktion
13.3. Kardiovaskuläres Risiko durch Übergewicht und Adipositas

14. Diabetes und Laufsport, präventiv und Therapeutisch
14.1. Unterschied Diabetes Typ I und Typ II
14.2. Risikofaktoren
14.3. Kurzfristige Wirkung von Sport bei Diabetes
14.4. Langfristige Wirkung von Sport bei Diabetes

15. Anpassung der Muskulatur an Laufsport

16. Laufsport und Osteoporose
16.1. Wirkung auf Osteoblasten und Osteoklasten
16.2. Trainingsreize gegen Osteoporose

17. Wirkung von Laufsport auf die Wirbelsäule
17.1. Bandscheiben und Muskelbelastung bei Laufsport
17.2. Stoffwechsel der Bandscheiben

18. Abschlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Modell der Superkompensation

Abb. 2 Prinzip des Übertrainings

Abb. 3 Prinzip der summierten Wirksamkeit

Abb. 4 Abflachen von Überkompensation

Abb. 5 Kapillariesierung der Muskulatur

Abb. 6 Vergleich untrainiertes Herz zu trainiertem Herz

Abb. 7 Impact of Types of Sport on LV Dimensions

Abb. 8 Energiebereitstellung

Abb. 9 HDL Cholesterin Sportler im Vergleich zu Nichtsportler

Abb. 10 Gruppenvergleich LDL Cholesterin

Abb. 11 Triglyceride der Ausdauersportler

Abb. 12 Triglyceride der Nichtsportler

Abb. 13 Phasen von Stress

Abb. 14 Fünf aufeinanderfolgende Hirnschnitte

Abb. 15 Der Energiestoffwechsel von Patienten mit Adipositas

Abb. 16 ST und FT Faserverteilung M. vastus lateralis eines

Sprinters und eines Radrennfahrers

Abb. 17 Wirkung von Belastung auf die Bandscheiben

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Blutmenge und Zusammensetzung

Tab. 2 Auswirkung von Sport auf die Mortalität

Tab 3 Wirkung des Sympathikus und Parasympathikus

Tab 4 Kardiovaskuläre Risikifaktoren bei adipösen Männern im Verlgleich zu schlanken Männern

Tab 5 Langfristige Effekte sportlicher Aktivität auf die Zuckerkrankheit

Tab 6 Risikofaktoren für Osteoporose

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abstract

In dieser Arbeit soll dargelegt werden, welche gesundheitserhaltenden und physiologischen Wirkungen Ausdauersportarten, vor allem der Laufsport, auf den menschlichen Körper haben. Hierbei werden verschiedene Trainingsreize und Anpassungen des Körpers erörtert Ein besonderes Augenmerk dieser Arbeit liegt auf dem direkten Vergleich vom Laufsport zu anderen Sportarten. Auch werden mögliche pathologische Veränderungen durch falsche Trainingsintensitäten und Trainingsreize aufgezeigt. Die Arbeit beschäftigt sich grundsätzlich mit gesunden Personen und präventiven Maßnahmen. Auf therapeutische Maßnahmen wird hier nicht eingegangen. Dies ist Aufgabe von medizinischem Fachpersonal.

1. Einleitung

Das Leben im 21. Jahrhundert verlangt den meisten Menschen wenig körperliche Aktivität ab, um ihren Alltag zu bewältigen. Noch nie in der Evolutionsgeschichte des Menschen waren wir derartig inaktiv wie in dem heutigen Zeitalter. Der Arbeitsaltag und die Freizeit werden mit möglichst geringem Energieaufwand mit immer weniger Bewegung gestaltet. Beruf und Freizeit werden hauptsächlich passiv und bewegungsarm gestaltet. Abends schauen die meisten Menschen auf einen ruhigen Tag zurück, wenngleich dieser nicht stressfrei gewesen sein muss. Der Arbeitstag wird immer ökonomischer mit weniger Bewegung meist sitzend verbracht. Dennoch entspannen die meisten Menschen als Ausgleich für den meist hohen Leistungsdruck und Stress zuhause und verbringen so auch ihre Freizeit bewusst passiv. Zuviel und ungesunde Lebensmittel, welche von einem Großteil der Bevölkerung konsumiert werden, sind neben der Bewegungsarmut ein weiterer Beitrag zu einer ungünstigen Lebensweise. Aber entsprechen wir mit diesem Lebensstil der Natur des Menschen? Konsequenzen unseres Bewegungsmangels und der falschen Ernährung sind die Entstehung einer Vielzahl von Krankheiten; zum Beispiel Arthrosen, Bandscheibenleiden, Osteoporose, Herz-Kreislauf Erkrankungen, Typ II Diabetes, Metabolisches Syndrom, Stresserkrankungen und geschwächtes Immunsystem.

Bewegungsmangel kann bewirken, dass die Muskeln permanent nur unter der Belastungsschwelle für eine gesunde Aufrechterhaltung der funktionellen Organ- Kapazität beansprucht werden. Der kausale Zusammenhang zwischen Bewegungsmangel und der Entstehung einer Vielzahl von Krankheiten ist der Bevölkerung noch unzureichend bewusst. In den folgenden Kapiteln werden unter anderem Risiken, die durch Bewegungsmangel entstehen erläutert. Es wird erklärt, welche pathologische Adaptionen im menschlichen Körper entstehen können und wie diesen vor allem mit Ausdauersport entgegengewirkt werden kann. (Ahmed Marei, M.I.2009)

2. Prinzip der Superkompensation

Das Prinzip der Superkompensation bedeutet, den Trainierenden einen ausreichend starken Trainingsreiz (Belastung) auszusetzen, der eine Ermüdung bewirkt. Der Körper erreicht im Zuge der Regeneration kurzzeitig einen erhöhten Funktionszustand - Überkompensation (siehe Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Modell der Superkompensation (Hartmann et al. 1999)

Die Wiederherstellung des menschlichen Organismus nach sportlichen Belastungen als Reaktion auf die Ermüdung, bedeutet nicht nur die Rückkehr der Körperfunktionen auf ein homöostatisches Ausgangsniveau sondern auch die zeitweilige Auffüllung der Energiedepots über das ursprüngliche Niveau hinaus.

Bei der Wiederherstellung müssen 2 Phasen unterschieden werden:

1) Die Phase der veränderten somatischen und vegetativen Funktionen wird in Minuten oder Stunden berechnet und hat die Wiederherstellung der organismischen Homöostase zugrunde.
2) Die Phase der bleibenden Wiederherstellung (konstruktive Phase) stellt die Herausformung funktioneller und struktureller Gewebs- und Organveränderungen dar. Indiz für ein optimales Training ist somit die Organisation der zeitlichen Komponenten Trainingshäufigkeit, Regeneration, und Trainingsintensität.

Die Überkompensation ist eine Voraussetzung für die Auslösung energetischer Adaptationsprozesse. Sie stellt die Grundlage für eine erhöhte Leistungsfähigkeit und gesteigerte Belastungsverträglichkeit durch gezieltes Training dar.

Als Adaptation wird sportwissenschaftlich die Veränderung der Funktionssysteme eines Organismus durch äußere und innere Einflüsse definiert. Dies dient dem Entgegenwirken von Störgrößen im Organismus und biologischen Anpassungen auf psychophysischer Ebene zum Beispiel auf Organe, Hormone, Nervensystem, Psyche und Verbrennungsysteme. Superkompensation bedeutet „überschießende Wiederherstellung“. Training und Erholung sind somit als eine Einheit zu planen (Weineck 2010a).

2.1. Übertraining

Unvollständige Wiederherstellung bedeutet eine Gefahr des Üertrainingsyndroms. In diesem Fall beginnt die Neusetzung des Trainingsreizes bereits schon in der frühen Erholungsphase. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Organismus noch unter der ursprünglichen Homöostase (siehe Abbildung 2). Dies führt zwangsläufig zu einer Summierung der Ermüdungseffekte und der Verminderung einer optimalen Regeneration.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Prinzip des Übertrainings (Moosbummerl 2008)

„Das negative Resultat wäre bereits nach einigen Trainingseinheiten durch ein hohes Maß an Erschöpfung und einem enormen Leistungsabfall (ansteigende psychische Belastung) zu erkennen.“ (Hartmann et al. 1999)

Alle den Trainingsprozess begleitenden positiven Erscheinungen schlagen hier ins Gegenteil um. Neben der Erschöpfung und dem Leistungsabfall können Gewichtsverlust, Verdauungsstörungen, Zunahme der Ruheherzfrequenz und Nervosität auftreten. Bei einem zu langen Überlastungssyndrom kann es des Weiteren sogar zu pathologischen Veränderungen kommen:

Überlastungsschäden am Bewegungsapparat sowie negative Auswirkungen auf das Herz, den Kreislauf und die Psyche (Engels & Neumann 2000).

2.2. Summierte Wirksamkeit

Eine weitere Möglichkeit die Superkompensation zu nutzen ist die Ausnutzung des Effekts der summierten Wirksamkeit (siehe Abbildung 3). Hierbei werden die Trainingsreize bereits bei unvollständiger Regeneration gesetzt, um letztlich eine stärker ausgeprägte Superkompensation zu erhalten. Die Anzahl der Trainingsreize, die auf diese Art und Weise hintereinander gesetzt werden können, sind für jedes Individuum genetisch limitiert. Werden zu viele Trainingsreize gesetzt, entsteht letztlich wieder ein Übertraining.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Prinzip der summierten Wirksamkeit (Moosbummerl 2008)

2.3. Abflachen der Überkompensation

Werden zu geringe Trainingsreize gesetzt oder die Erholungsphasen zu lange angesetzt, flacht die Überkompensation wieder auf das Ausgangsniveau ab (Abbilung 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Abflachen von Überkompensation (Moosbummerl 2008)

2.4. Wirkung der Adaptaion auf den Organismus

Diesen Erkenntnissen wird mit dem „Prinzip der optimalen Relation von Belastung und Erholung“ Rechnung getragen. Zu beachten ist hierbei, dass die Dauer bis zur Erreichung des erhöhten Funktionszustands immer von der Belastungshöhe abhängig ist.

Die Regeneration umfasst folgende Prozesse

- Azidose (u. a. Milchsäure) 1-6 Stunden,
- Auffüllen des Elektrolyt und Wasserhaushalts bis 6 Stunden,
- Auffüllen des Glykogen Speichers 1-2 Tage,
- Regeneration verbrauchter kontraktiler Proteine (Aktin/Myosin) bis 2 Tage und
- Neubildung der beschädigten Zellorganellen (vor allem Mitochondrien) 8 Tage

Sportmedizinisch wird als Adaptation, eine Veränderung der Funktionssysteme des Organismus durch innere und äußere Einflüsse bezeichnet. Sie dienen der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts und schützen den Organismus vor Störungen (Aufrechterhalten der Homöostase). Das Alter ist ein wesentlicher Einflussfaktor für die Anpassungsfähigkeit. Das ist auch der Grund warum es in den verschiedenen Sportarten unterschiedliche Hochleistungsalter gibt.

Dabei gibt es auch unterschiedliche Adaptationsausmaße der verschiedenen funktionellen adaptierenden Systeme:

- rasch adaptierende Systeme (z.B. Muskulatur),
- mäßig adaptierende Systeme (z.B. maximale Sauerstoffaufnahme) und
- langsam adaptierende Systeme (z.B. Veränderung im Bereich des Halte und Stützapparates).

3. Kapillarisierung der Muskulatur

Der Begriff „Kapillarisierung“ wird in der Literatur unterschiedlich verwendet. Es kann sich hierbei um eine Öffnung von Ruhekapillaren, eine Verlängerung und Erweiterung von vorhandenen Kapillaren oder um eine echte Kapillarneubildung handeln (Hollmann & Hetinger 1980).

In Ruhe sind nur etwa 3-5 % der Kapillare gleichzeitig geöffnet. Bei einer Ausdauerbelastungen sind sämtliche Kapillaren geöffnet und zusätzlich erweitert.

Dadurch ergibt sich eine Vergrößerung der Gesamtoberfläche auf das 100 fache.

Diese Vergrößerung ist notwendig, um zu gewährleisten, dass bei erhöhter Kreislaufzeit die Verweilzeit des Blutes in den Kapillaren gleich bleibt und somit Sauerstoff und Substrat Austausch stattfinden können.

Ausdauertraining führt zu einer Erhöhung der Kapillardichte durch Kapillarneubildung (Weineck 2010b). Die Kapillardichte ist bei den Slow Twitching - Fasern deutlich höher als bei den Fast Twitching - Fasern (Abbildung 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Kapillarisierung der Muskulatur A) Untrainiert B) Trainiert (Weineck 2010b)

3.1. Trainingsreize für Kapillarneubildung

Voraussetzung für die Kapillarisierung der Muskulatur ist eine Belastung über einen Zeitraum von mindestens 30 Minuten und einem erhöhten Arbeitsblutdruck > 160 mmHg systolisch. Aus Kapillarisierung resultiert eine erhöhter Gesamtgefäßquerschnitt, der eine Stabilisierung bei erhöhtem Blutdruck zufolge hat.

3.2. Bildung von Anastomosen und Kollateralen

Im Rahmen der Kapillarneubildung kommt es auch zu vermehrten Querverbindungen (so genannten Anastomosen) zwischen den Kapillaren. Neben der Kapillarneubildung soll es durch Ausdauertraining auch zur Entwicklung von Kollateralen kommen (Weineck 2010b). Als kollaterale Bildung wird ein Gefäßzuwachs der parallel zu den Hauptarterien verläuft bezeichnet. Kommt es zu einem Gefäßverschluss können die kleineren Kollateralgefäße die Blutströmung übernehmen. Somit wird ein Absterben des betroffenen Gewebes (Infarkt) vermieden. Für die Entwicklung von Kollateralgefäßen ist eine erhöhte Strömungsgeschwindigkeit des Blutes erforderlich.

4. Auswirkung auf das pulmonale System

Bei einem gesunden Menschen ist die Lungendiffusionskapazität normalerweise nicht leistungsbegrenzend. Für die Lungen gibt es daher kaum funktionelle Anpassungen an Ausdauerbelastungen. Lungenvolumen, Alveolen (ca. 300 Mio), und Gesamtoberfläche (ca. 80-120 m²) sind genetisch vorgegeben. Lediglich die Blut-Luft-Schranke und die Atemmuskulatur passen sich durch Ausdauerbelastung an. Unter Blut-Luft-Schranke wird die Distanz zwischen Alveolarepithelzellen und den Kapillarendothel bezeichnet. In der Blut-Luft Schranke findet die Diffusion der Atemgase statt. Die Distanz zwischen Alveolen und Kapillaren beträgt zwischen 0,2 und 2,2 µm. Im Gegensatz zur Lungendiffusionskapazität ist die maximale Sauerstoffaufnahme Kapazität sehr wohl eine leistungslimitierende Größe. Die VO2max stellt das Bruttokriterium der Ausdauerleistungsfähigkeit dar und spielt bei allen aeroben Ausdauerleistungen (Kurzzeitausdauer (KSZ), Mittelzeitausdauer (KZA) und Langzeitausdauer (LZA)) eine wichtige Rolle (Weineck 2010 b). Je höher die VO2max, desto höher kann die Intensität einer Ausdauerbelastung und Dauerleistung sein, ohne eine „Sauerstoffschuld“ eingehen zu müssen - ohne zu übersäuern.

4.1. VO2max

Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) bedeutet das maximale Transportvermögen von Sauerstoff aus der Atemluft in die Arbeitsmuskulatur. Sie ist das Maß für:

1. die Sauerstoff-Zufuhr (Atmung),
2. den Sauerstoff-Transport (Herz-Kreislauf-System) und
3. die Sauerstoff-Verwertung (Muskelzelle).

4.2. Der Gasaustausch:

Gasaustausch bedeutetet: Übertritt von Sauerstoff (O2) aus der eingeatmeten Luft ins arterielle Blut und Übertritt von Kohlendioxid (CO2) vom venösen Blut in die Lunge. Das Angebot an O2 wird dabei bei weitem nicht ausgenutzt. Es wird also bei jedem Atemzug weit mehr Sauerstoff durch die Lungen aufgenommen als tatsächlich ins Blut gelangt. Ein Teil des vorhandenen Sauerstoffs wird ausgeatmet. Daher bedeutet ein großes Lungenvolumen alleine nicht automatisch eine hohe Sauerstoffaufnahmefähigkeit (VO2max).

4.3. Der Sauerstofftransport

Der Blutkreislauf transportiert O2 zu den Organen und der Muskulatur. Die Erythrozyten erfüllen die Transportfunktion. Nachdem der Blutkreislauf vom Herz aufrechterhalten wird, ist Blut und Herz als eine funktionelle Einheit anzusehen: das Herzkreislaufsystem. Je höher die vom Herz geförderte Blutmenge umso mehr O2 wird ins Blut aufgenommen. Daher ist das Herzminutenvolumen limitierend für die VO2max. Des Weiteren ist die Transportkapazität von der Anzahl der Erythrozyten und damit vom Hämoglobin abhängig. Hier gibt es im menschlichen Körper Anpassungen an die Transportanforderungen die durch Ausdauersport an den Organismus gestellt werden.

4.4. Die Sauerstoffverwertung

Diese beinhaltet die Aufnahme des von den Erythrozyten freigegebenen Sauerstoffs in die Zellen der arbeitenden Muskulatur. Nachdem der Übertritt durch direkten Kontakt der Kapillare mit der Muskelzelle stattfindet, ist die Ausprägung der Kapillarisierung hier ein limitierender Faktor. Ausdauertrainierte haben somit eine bessere Sauerstoffausschöpfung in der Muskulatur. Des Weiteren kommt es durch Vermehrung der Mitochondrien in der Muskelzelle zu einer Erhöhung der aeroben Muskelstoffwechselkapazität.

5. Auswirkung auf Blut und dessen Viskosität

Eine weitere wichtige Größe beim Sauerstofftransport stellt die Viskosität des Blutes dar. Das Blut verbindet die Sauerstoffaufnehmenden und - abgebenden Organe mit den Körperzellen. Das Blut ist wegen seiner Sauerstofftransportkapazität von größter Bedeutung im Ausdauersport.

„Grundsätzlich hängt die aerobe Leistungsfähigkeit von 4 Faktoren ab:

- Sauerstoffdiffusionskapazität der Lungen
- Maximales Herzminutenvolumen
- Sauerstofftransport Kapazität des Blutes und
- Kapillar und Mitochondrien dichte der Muskulatur.“ (Thomasits & Haber 2011)

5.1. Auswirkung auf Blutmenge und Erythrozyten

Die Blutmenge eines Erwachsenen beträgt ca. 8% seines Körpergewichts. Ein ca.

70 kg schwerer Mann hat somit in etwa 5 l Blut. Im arteriellen Blut befinden sich ca. 20 Vol % Sauerstoff. Ein Liter Arterielles Blut beinhaltet somit ca. 200 ml Sauerstoff. Im venösen Blut sind es nur mehr ca. 20 ml. Die gesamt Blutmenge kann durch Training um 1-2 l erhöht werden. Dies ist zugleich eine Möglichkeit die gesamt Erythrozyten und somit den Hämoglobin Wert zu erhöhen. Die Hämoglobin-Konzentration bleibt dabei gleich. Die Faktoren, welche die Kapazität beeinflussen, sind die Erythrozyten und das darin enthaltene Hämoglobin. Dabei kann 1 g Hämoglobin 1,33 ml Sauerstoff binden. Normal hat Blut einen Hämoglobinwert von 15g/dl.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Blutmenge und Zusammensetzung (Weineck 2010a)

Wie in Tabelle 1 zu sehen, nehmen mit steigender Ausdauerbeanspruchung die Blutmenge (ml/kg), und gleichzeitig das Erythrozyten Volumen (ml/kg) zu. Die Zunahme der Erytrozythen ist aber nur auf die Zunahme des Blutvolumens zurückzuführen. Die Menge an Erytrozythen pro ml Blut bleibt dabei gleich. Die Zunahme des Blutvolumens läuft nach dem Prinzip „Mehr vom Gleichen“. Die Qualität der Erythrozyten bleibt gleich, lediglich die Gesamtmenge wird erhöht.

5.2. Wirkung von Höhentraining auf die Blutzusammensetzung

Eine weitere Möglichkeit zur Beeinflussung der Blutzusammensetzung stellt das Höhentraining dar. Aufgrund des Sauerstoffmangels in Höhenlagen wird der Körper gezwungen, sich den Gegebenheiten anzupassen. Betroffen davon sind sowohl das Herz-Kreislauf-System als auch die Produktion der roten Blutkörperchen. Voraussetzung für eine kurzfristige Anpassung ist es, den Organismus über einen längeren Zeitraum, mindestens 4 Wochen, den Höhenlagen auszusetzen.

„Um durch Höhentraining eine Vermehrung der roten Blutkörperchen zu erreichen, müssen täglich 16 Stunden auf 2500 m Höhe mindestens 4 Wochen trainiert werden“ (Thomasits & Haber 2011).

Sobald sich der Organismus wieder in normaler Höhe befindet, hat er einige Tage eine erhöhte Sauerstofftransportkapazität, ehe die nicht benötigten Erythrozyten wieder abgebaut werden. Nachdem es sich hierbei nur um eine kurzanhaltende Anpassung und keine langfristige Anpassung handelt, wird diese Methode in dieser Arbeit nur am Rande erwähnt.

5.3. Funktionen von Blut im Organismus

Neben dem Sauerstofftransport werden vom Blut auch noch andere wichtige Funktionen übernommen z.B.:

- Pufferfunktion: Durch Bindung der im Stoffwechsel entstandenen Wasserstoffionen an die Pufferkapazität des Blutes (Bikarbonat, Hämoglobin, Proteinat und Phosphat) wird der PH-Wert des Blutes reguliert.
- Transport von Stoffwechselprodukten,
- Wärmeregulation,
- Nährfunktion: Versorgung der Zellen mit Nährstoffen (Fetten, Kohlenhydraten, und Eiweißen)

5.4. Sauerstoffsättigung

Es wird nie das komplette Hämoglobin mit Sauerstoff angereichert. Im Ruhezustand sind nur in etwa 5 Vol% am oxidativen Stoffwechsel beteiligt. Gemessen wird die Sauerstoffsättigung durch den Anteil an Oxyhämoglobin am Gesamthämoglobin. „Unter Belastung kann die Sauerstoffaufnahme um das fast 3-fache auf maximal 13-15 Vol% gesteigert werden“ (Thomasits & Haber 2011). Der Austausch des Sauerstoffs geschieht durch Diffusion, nachdem der Sauerstoffdruck in den Kapillaren höher ist als der in den Zellen. Dieses Sauerstoffgefälle ermöglicht die Diffusion.

6. Sportherz Entwicklung

Das Herz (core) versorgt vorwiegend die Organe und die Skelettmuskulatur ausreichend mit Sauerstoff und Blut. Der Herzmuskel ist ein Hohlorgan, das im Gegensatz zur ebenfalls quergestreiften Skelettmuskulatur nicht willkürlich angesteuert werden kann. Die Erregungsbildung entsteht im Sinusknoten. Dieser liegt im rechten Vorhof und fungiert als synchronisierender Schrittmacher. Von hier aus breitet sich die Erregung über die Muskelfasern aus.

Die Ansteuerung wird über das Nervensystem nach dem „feed forward“ und dem „feed back“ Kontrollprinzip gesteuert.

- Feed Forward: vor dem Start eines Sprints wird das Herzkreislaufsystem aktiviert und
- Feed Back: bedarfsorientiert - über Rezeptoren in den Muskelfasern, die einen Mehrbedarf an Sauerstoff und Blut an das Zentrale Nervensystem (ZNS) melden.

6.1. Wirkung des vegetativen Nervensystems auf das Herz

Des Weiteren wird das Herz über das vegetative Nervensystem autonom angesteuert. Der Sympathikus wirkt auf das Herz-Kreislaufsystem aktivierend; der Parasympathikus hemmend. Das sympathische Nervensystem wird durch Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin angeregt; das parasympathische Nervensystem durch Acetylcholin. Beim gesunden Menschen überwiegt in Ruhe die parasympathische Aktivität. Bei sportlicher Betätigung wird zuerst die parasympathische Aktivität reduziert und sodann die sympathische Aktivität erhöht.

6.2. Durchblutung

Auch die Blutversorgung verschiebt sich zugunsten der Arbeitsmuskulatur drastisch. Während in Ruhe ca. 45 % des Herzminutenvolumens (HMV) für Nieren und Leber verwendet werden, werden diese bei maximaler dynamischer Belastung nur mehr mit etwa 4% versorgt. Sogar der Anteil des HMV der für das Gehirn verwendet wird, wird von ca. 15 % auf ca. 3 % reduziert. Die Blutversorgung der Muskulatur steigt von etwa 10-20 % auf bis zu 85 % des HMV (Rost 2005).

Bei körperlicher Anstrengung, vor allem Ausdauerbelastung, kommt es im Leistungssport zu einer chronischen Mehrbelastung des Herz-Kreislaufsystems. Um den erhöhten Anforderungen standzuhalten, passt sich der Körper an. Dies bewirkt eine erhöhte kardiovaskuläre Leistungsfähigkeit und eine höhere maximale Sauerstoffaufnahme. Man unterscheidet regulative und strukturelle Anpassungen.

6.3. Regulative Anpassungen des Herzens

Die regulativen treten in der Regel vor den strukturellen Anpassungen ein. Eine der ersten regulativen Anpassungen ist die Steigerung der parasympathischen Aktivität in Ruhe. Zugleich wird der sympathische Tonus bei Belastung verzögert. Da es sich hier um eine regulative Anpassung handelt, werden die Kontraktilität und das Schlagvolumen kaum beeinflusst. Der mittlere Blutdruck wird durch ein leicht erniedrigtes Herzminutenvolumen gesenkt.

6.4. Strukturelle Anpassung (physiologische Hypertrophie)

Wenn die Trainingsbelastung die individuelle Grenze überschreitet, kommt es zur Herzhypertrophie. Gesichert gilt dies für die Entwicklung eines Sportherzens für welches ein Trainingsvolumen von mindestens 3-4 Stunden/Woche notwendig ist. Die Trainingsintensität sollte im A3- zum Teil A4- liegen. Die größten Sportherzen wurden bei Athleten gefunden, deren Wettkämpfe zwischen 10-90 Minuten betragen - mit sehr hoher zum Teil anaerober Belastung. Das Ausmaß der Hypertrophie ist von Individuum zu Individuum unterschiedlich. Gleiche Ausdauer aufgrund von Belastungen und Trainingsumfang bewirken unterschiedliche Anpassungserscheinungen. Somit sei festgestellt, dass ein Sportherz zwar ein Indikator für hohe sportliche Leistungsfähigkeit ist. Dies bedeutet aber nicht unbedingt, dass eine Person die kein Sportherz entwickelt hat, weniger leistungsfähig ist - oder in einem geringeren Umfang Sport betreibt.

6.5. Geschichte der Sportherzdiagnostik

Im 19. Jahrhundert wurde lange die Meinung vertreten, Sport sei ungesund, da er zu einer Vergrößerung des Herzens führt. Grund für diese Annahme waren die Entdeckungen des Wiener Arztes Prof. Carl von Rokitansky 1849. Er stellte bei Autopsien Gewichte von bis zu 1 kg fest und benannte dieses aufgrund des enormen Gewichts „ox heart“ oder „cor bonvinum“. Erst 1899 konnte der finnische Arzt Henesch durch eine Studie die „physiologische Hypertrophie“ bei Skilangläufern belegen - „Heart of the athlete“.

6.6. Physiologie des Sportherzens

Das Sportherz ist ein gesundes und vergrößertes Herz, gekennzeichnet durch eine physiologische Erweiterung aller Herzkammern mit Hypertrophie (Verdickung) der Herzmuskulatur. Die Hypertrophie geht immer einher mit einer gleichzeitigen Erweiterung der Herzkranzgefäße, um die entsprechende Durchblutung sowie Sauerstoffversorgung, des starken Herzmuskels zu gewährleisten. Es kann sogar zu einer Vergrößerung des Herzkranzgefäßbettes durch Ausbildung von Kollateralen kommen. Es handelt sich hierbei also um einen optimal durchbluteten überdurchschnittlich leistungsfähigen Herzmuskel. Im Gegensatz zu einem krankhaft vergrößerten Herzen (z.B. „Hochdruckherz Cor hypertonicum) besitzt ein Sportherz immer ein optimiertes Herzkranzgefäßsystem.

6.7. Vergleich Normales Herz zu Sportherz

Durch die Erweiterung der Ventrikel beim Sportherz erhöht sich das Herzvolumen. Die Herzgröße von Normalpersonen beträgt 10-12 ml/kg Körpergewicht, bei Männern und 9-11 ml/kg bei Frauen. Bei Hochleistungsausdauersportlern wie z.B.

Rik van Steenbergen wurden Herzvolumen von bis zu 1700 ml gemessen.

Ein Grenzwert von 20 ml/kg wird dabei nicht überschritten. Auch wird das sogenannte „kritische Herzgewicht“ von 7,5 g/kg (im Mittel ca. 500 g) meist nicht überschritten. Ein enddiastolischer Durchmesser des linken Ventrikels von 60 mm sowie eine enddiastolische Wanddicke von 13 mm werden auch nicht überschritten. Wie in Abbildung 6 gezeigt wird, sind große Unterschiede zwischen einem trainierten und untrainierten Herzen festzustellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Vergleich untrainiertes Herz (links) zu trainiertem Herz (rechts) (Dober 2010)

„Offensichtlich hält das Herz in seiner Trainingsanpassung eine Grenze ein, die als biologisch „vernünftig“ empfunden wird. Die genauen physiologischen Grundlagen des Trainingsreizes und insbesondere die Gründe, die zu einer Beendigung des Wachstums führen, sind allerdings bis heute nicht hinreichend bekannt“ (Graf & Rost 2001).

Ein Grund für die Beendigung des Herzwachstums dürfte darin liegen, dass die Diffusionsstrecke zwischen den kapillaren Gefäßen und dem Zellinneren der Muskelfaser zu groß wird, was den Zelltod bedeuten würde.

Strukturell werden alle 4 Herzkammern „harmonisch“ hypertrophiert. Bei genauerer Betrachtung echokardiographischer und magnetresonanztomographischer Untersuchungen lässt sich jedoch bei der Vergrößerung der Herzhöhlen eine leichte Betonung des rechten Ventrikels feststellen. Im Gegensatz zu pathologisch veränderten Herzen geht sie Sportherzentwicklung immer mit einer Zunahme der innen Volumina immer mit einer Zunahme der Wanddicke einher. Die maximale systolische Wandspannung bleibt also annähernd gleich.

[...]

Ende der Leseprobe aus 64 Seiten

Details

Titel
Physiologische Anpassungen an den Laufsport
Untertitel
Gezieltes Training zur Auslösung von Anpassung Erscheinungen
Hochschule
Body & Health Academy
Note
2
Autor
Jahr
2012
Seiten
64
Katalognummer
V215902
ISBN (eBook)
9783656489016
ISBN (Buch)
9783656489498
Dateigröße
1227 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
physiologische, anpassungen, laufsport, gezieltes, training, auslösung, anpassung, erscheinungen
Arbeit zitieren
Martin Schön (Autor:in), 2012, Physiologische Anpassungen an den Laufsport, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215902

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