Arabismen in spanischen Orts- und Flussnamen


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2013

25 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Sprachliche Typen und Formungsprinzipien
2.1 Mozarabische Namen
2.2 Arabisierte Namen
2.3 Hybride Namen
2.4 Rein arabische Namen

3. Bedeutung der arabischen Ortsnamen
3.1 Eigennamen
3.2 Sachbezeichnungen

4. Räumliche Verteilung der arabischem Ortsnamen

5. Flussnamen arabischen Ursprungs und deren räumliche Verteilung

6. Literaturangaben

1. Einführung

„Die Geschichte zeigt uns, daß keine menschliche Gemeinschaft auf die Dauer völlig isoliert leben kann. Man treibt Handel, heiratet, erobert oder erlebt den Feind im eigenen Land; kurzum man tritt mit Angehörigen anderer Kulturen in Verbindung, man nimmt und gibt. Diese Wechselbeziehungen spiegeln sich auch in den Sprachen der Menschen nieder.“[1] Diese Feststellung trifft ebenfalls für die Zeit der Araberherrschaft in Spanien zu. Zwar wurde ihre Sprache nicht, wie es einige Jahrhunderte vorher mit der lateinischen Sprache geschehen war, den Bewohnern Spaniens total aufgedrängt, aber „daß die Bewohner der Iberischen Halbinsel arabische Sprachelemente aufgenommen haben, wird nicht bezweifelt.“[2] Bevor jedoch genauer dargestellt wird, wo solche Elemente ins Romanische eingedrungen sind, ist es sinnvoll, einen kurzen Blick auf die Geschichte der Araber in Spanien zu werfen.

In der Zeit von 711 bis 716 eroberten die muslimischen Heere fast das gesamte Gebiet des heutigen Spaniens. Nur ganz im Norden, in Galicien und Asturien, konnten sie nie recht Fuß fassen. Das war auch derjenige Teil Spaniens, von dem die spätere Reconquista, die Jahrhunderte lange christliche Wiedereroberung des eigenen Landes gegen die islamischen Herrscher, ausging. Je weiter nach Süden kommend, desto länger war das Land in arabischer Hand und umso intensiver war der direkte arabische Einfluss. Die Reconquista, die erst aufgrund des Zerfalls (1031) des vorher so starken Omaijadenreichs greifen konnte, gelang in den folgenden Etappen: 1085 fiel Toledo, 1118 Zaragoza, 1236 Córdoba, 1238 Valencia, 1248 Sevilla und 1265 wurde Cádiz zurückerobert. Nur das maurische Königreich Granada konnte sich noch lange Zeit halten, bis es schließlich im Jahr 1492 an Kastilien fiel und somit das absolute Ende der Araberzeit in Spanien darstellt.[3]

Bei der Bearbeitung des Themas „Arabismen in spanischen Orts- und Flussnamen“ kann man sich vor allem auf die grundlegenden Arbeiten zweier Autoren stützen.

Asín Palacios hat mit seinem Buch „Contribución a la toponimia árabe de España“, 1944 in Madrid in zweiter Auflage erschienen, einen Meilenstein gesetzt. Sein Buch ist grundlegend für die arabische Toponymik in Spanien. Vor ihm haben sich die Arabisten bei der Untersuchung spanischer Ortsnamen hauptsächlich auf diejenigen beschränkt, die von arabischen Historikern und Geographen genannt wurden.[4] Asín hingegen wendet eine neue Methode an. Er nimmt das „Diccionario geográfico“ von Madoz[5] zur Grundlage und untersucht alle überhaupt in Frage kommenden Namen anhand der bekannten phonetischen Gesetze über die Umformung arabischer Worte ins Kastilische und ins Katalanische. So kann er eine Liste von 1868 arabischen Toponymen aufstellen, für deren sicherer bis höchstwahrscheinlicher Herkunft aus dem Arabischen er sich verbürgt. Aufgrund seiner phonetischen Abgrenzungen und des Namenkataloges von Madoz als Basis, welcher natürlich auch nicht ganz komplett ist und beispielsweise keine Gehöfte, Weiler[6] oder Flurnamen enthält, kann die toponymische Liste von Asín ebenfalls als nicht vollständig bezeichnet werden. Dies wird jedoch bei den gegebenen Möglichkeiten jedem Werk über die Arabismen widerfahren. Asín stellt mit Recht fest, dass es mit seinem Lexikon gelungen ist, die geographischen Grenzen der Arabisierung und deren unterschiedlichen räumlichen Dichte zu erkennen: „Aunque incompleto y provisional, creo, pues, que con él cabría ir trazando ya, por lo menos, los límites geográficos de la arabización de España y la densidad mayor o menor de esta arabización en sus distintas regiones.”[7] Asín jedoch belässt es bei einer alphabetischen Aufzählung und gibt keinerlei räumliche Übersichten.

Dieses Verdienst kommt dem Geographen Hermann Lautensach zu. In seinem einschlägigen Buch[8] differenziert und veranschaulicht er zusätzlich die räumliche Verteilung der Arabisierung anhand von Karten und erweitert sie auf die gesamte Iberische Halbinsel. Er hält sich an eine etwas andere Liste[9] und kommt auf 2343 arabische Toponyme in Spanien. Darüber hinaus fertigt er eine Liste von 290 arabischen Flussnamen (Spanien und Portugal) an und setzt diese ebenfalls graphisch um. Die unterschiedliche Dichte der Arabisierung gibt er in den Karten auf Provinzebene wider. Insgesamt setzt er geringfügig andere Abgrenzungen, so nimmt er neben den arabischen Namen auch noch die arabisierten Namen (im Gegensatz zu Asín) hinzu.

Kontzi stellt sich in seinem umfangreichen Artikel die Frage, was heute noch vom Arabischen im Spanischen fortlebt.[10] Aus der Nachbarschaft haben sich weder ein neues Phonem, noch eine neue Morphologie und auch kaum eine neue Syntax ergeben, aber der Einfluss war beträchtlich auf dem Gebiet der lexikalischen Arabismen. Der sprachliche Einfluss des Arabischen hat sich nach Kontzi vor allem in drei Bereichen gut erhalten: in den Fachsprachen, den Dialekten und den Ortsnamen.[11] Von daher stellt die Erforschung der topographischen Namen mehr als nur ein Randgebiet dar, wie oftmals unterstellt wird. Doch dafür gibt es auch noch ein zweites gewichtiges Argument. Die fruchtbare Beeinflussung Spanien durch die Araber auf kulturellem Gebiet führte dazu, dass viele arabische Sachbezeichnungen in den spanischen Wortschatz übergegangen sind. Diese sind jedoch in der Folgezeit zu einem nicht unerheblichen Teil allmählich durch romanische ersetzt worden.[12] Ganz anders verhält es sich jedoch in der Toponymik. Hier ist der Einfluss des Arabischen unverkennbar stärker geblieben. Dies ist erst recht ein Anreiz, die Toponymik zu erklären.

In der vorliegenden Arbeit sollen die arabischen bzw. arabisierten topographischen Namen Spaniens untersucht werden. Dabei stehen die Ortsnamen[13] an Zahl und Bedeutung weit voran, aber auch die Gewässer unterlagen einem arabischen sprachlichen Einfluss, der nicht unerheblich ist. Es soll bei der Behandlung des Themas weniger um eine Summierung, sondern vielmehr um eine Klassifizierung der Toponymik gehen, wobei im Wesentlichen drei Aspekte exemplarisch herausgearbeitet werden sollen:

- Sprachliche Typen und Formungsprinzipien
- Bedeutung des arabischen Namengutes
- Räumliche Verteilung der Orts- und Flussnamen arabischen Ursprungs

2. Sprachliche Typen und Formungsprinzipien

Wie stark das Arabische rein formell spanische Ortsnamen[14] geprägt hat, will dieses Kapitel zeigen. Dabei lassen sich auch aus der zeitlichen Abfolge verschiedene sprachliche Typen unterscheiden.

2.1 Mozarabische Namen

Unter den Mozarabern versteht man die Christen der Iberischen Halbinsel unter arabischer Herrschaft. Viele von ihnen waren zweisprachig, andere behielten ihre lingua rustica latina bei. Die Mozaraber haben konservierend auf das alte lateinische Namensgut gewirkt. Mozarabische Namen werden deshalb diejenigen genannt, die die neuere Entwicklung der spanischen Sprache nicht mitgemacht haben. Ihre Gesamtzahl ist insgesamt gering und ihre Existenz wird hier nur aus Gründen der Vollständigkeit angeführt. Als Beispiele seien hier Jubrique, Quibdique und Ubrique genannt. Diese Namen mit der Endung auf -ique stammen aus einer Zeit, in der c vor e und i noch wie k gesprochen wurden und somit leiten sich diese Namen von Personennamen im Genitiv auf -ici ab.[15]

2.2 Arabisierte Namen

Von arabisierten Namen spricht man, wenn vorarabische, also keltische, iberische, griechische, karthagische oder römische Namen durch die Araber eine Umfor-mung erfahren und sich diese modernen Formen bis heute gehalten haben. Beispiele hierfür sind:[16]

Caesarea Augusta > Saraķusţa > Zaragoza

Asturica > Ašturka > Astorga

Corduba > Ķurtuba > Córdoba

[...]


[1] Kontzi, Das Zusammentreffen der arabischen Welt mit der romanischen und seine sprachli-
chen Folgen, in: Substrate und Superstrate in den romanischen Sprachen, hrsg. von R.
Kontzi, Darmstadt 1982, S. 387.

[2] Kontzi, Das Zusammentreffen der arabischen Welt mit der romanischen, S. 406.

[3] Vgl. Vicens Vives, Geschichte Spaniens, Stuttgart 1969, S. 39-62.

[4] Vgl. Vernet Ginés, Toponímia arábiga, in: Enciclopedia Lingüística Hispánica, hrsg. von M.
Tovar, A. Badía, R. de Balbín und L. F.Lindley Cintra, Madrid 1960, S. 561.

[5] Vgl. Madoz, Diccionario geográfico-estadístico-histórico de España y sus posesiones de
Ultramar, Madrid (dritte Auflage) 1848-1850.

[6] Weiler sind nur aufgenommen, wenn sie den Status eines Dorfes erreicht haben.

[7] Asín Palacios, Contribución a la toponímia árabe de España, Madrid (zweite Auflage) 1944,
S. 15f.

[8] Vgl. Lautensach, Maurische Züge im geographischen Bild der Iberischen Halbinsel, Bonn

1960, insbesondere Kapitel I.

[9] Vgl. Vernet Ginés, Toponímia arábiga, S. 565 Anmerkung 30.

[10] Vgl. Kontzi, Das Zusammentreffen der arabischen Welt mit der romanischen, S. 425ff.

[11] Vgl. Kontzi, Das Zusammentreffen der arabischen Welt mit der romanischen, S. 436.

[12] Vgl. Lautensach, Maurische Züge im geographischen Bild der Iberischen Halbinsel, S. 20
Es liegt also beim Arabischen zugleich eine Superstratwirkung und eine Substratwirkung
vor.

[13] Da die Araber es lange Zeit vorzogen auf dem Land zu siedeln, ist die Anzahl der arabi-

schen Städtenamen gering. Es kam ohnehin meist nur zu einer Arabisierung schon beste-

hender Städte. Wegen der zahlenmäßigen Geringfügigkeit werden sie unter der Rubrik

Ortsnamen subsumiert. Vgl. dazu: Asín Palacios, Contribución a la toponímia árabe de

España, S. 10.

[14] Dieses Kapitel beschränkt sich auf die Ortsnamen; den Flussnamen ist ein eigenes Kapi-
tel, (siehe Kapitel 5), gewidmet.

[15] Vgl. Lautensach, Maurische Züge im geographischen Bild der Iberischen Halbinsel, S. 14.

[16] Vgl. Lautensach, Maurische Züge im geographischen Bild der Iberischen Halbinsel, S. 14.

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Details

Titel
Arabismen in spanischen Orts- und Flussnamen
Autor
Jahr
2013
Seiten
25
Katalognummer
V215681
ISBN (eBook)
9783656441021
ISBN (Buch)
9783656442691
Dateigröße
3074 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachgeschichte Spaniens, Sprachliche Arabisierung Spaniens, Sprachliche Typen und Formungsprinzipien, Arabische Toponymik in Spanien, Arabische Ortsnamen in Spanien, Arabische Flussnamen in Spanien, Räumliche Verteilung von arabischen Orts- und Flussnamen in Spanien, Maurisches Spanien, Iberische Halbinsel
Arbeit zitieren
Dr., M.A. Roland Engelhart (Autor:in), 2013, Arabismen in spanischen Orts- und Flussnamen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215681

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