Die Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur für das Programm zur Entwicklung der Westlichen Regionen in China

2000 - 2005


Magisterarbeit, 2012

139 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Thema und Gegenstand der Arbeit
1.2 Forschungsstand
1.3 Fragestellung und Thesen
1.4 Methode und Vorgehensweise

2 Entwicklungsstrategien zur Regionalentwicklung in China
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Theorien der regionalen Disparitäten
2.3 Forschungsstand
2.4 Historische Entwicklung der Entwicklungsstrategien in der VR China
2.4.1 Das maoistische China 1949-1978
2.4.2 Beginn der Reformpolitik 1978-1985
2.4.3 Marktliberalisierung und Öffnungspolitik (1985-1999)
2.5 Aktuelle Entwicklungsstrategien (ab 2000)

3 Das Programm zur Entwicklung der westlichen Regionen (Xibu Da Kaifa)
3.1. Forschungsstand
3.1.1 Forschungsstand Allgemein
3.1.2 Forschungsstand in China
3.2 Die Rahmenbedingungen im Westen
3.2.1 Historischer Background
3.2.1.1 Entwicklung des Westens vor dem 20.Jh
3.2.1.2 Entwicklung des Westens im 20. Jh
3.2.2 Geografische Rahmenbedingungen
3.2.3 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
3.2.4 Politische Rahmenbedingungen
3.3 Die Provinzen im Programm zur Entwicklung des Westens
3.4 Gründe und Ziele des Programms
3.5 Strategien, Mittel und Maßnahmen

4 Verkehrsinfrastruktur und Regionalentwicklung
4.1 Begriffsbestimmung
4.2 Forschungsstand
4.2.1 Forschungsstand im Westen
4.2.2 Forschungsstand für China
4.2.3 Chinesische Forschungsbeiträge
4.3 Der Einfluss der Infrastruktur auf das Wirtschaftswachstum
4.3.1 Wirkungszusammenhang Infrastruktur - Wirtschaftswachstum
4.3.2 Verkehrsinfrastruktur und Wirtschaftswachstum in China

5 Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur für das Programm zur Entwicklung des Westens - dargestellt an 3 Fallbeispielen
5.1 Verkehrsinfrastruktur und Entwicklung des Westens
5.2 Vorstellung der Fallbeispiele
Fallbeispiel 1: Die Qinghai-Tibet-Bahn
1 Provinzporträt Tibet
1.1 Zahlen und Fakten
1.2 Der Status Tibets und das Problem der Bewertung von Literatur
1.3 Bevölkerung
1.4 Die Wirtschaft
2 Tibet und das Programm zur Entwicklung des Westens
2.1 Gründe für die Auswahl
2.2 Ziele des Programms in Tibet
2.3 Maßnahmen und Projekte in Tibet
3 Verkehrsinfrastruktur und das Programm zur Entwicklung des Westens
3.1 Ausgangslage: Verkehrsinfrastruktur in Tibet vor dem Jahr 2000
3.2 Ziele der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur in Tibet
4. Die Qinghai-Tibet-Bahn (Tibet-Bahn)
4.1 Planung und Zielstellung
4.2 Die Durchführung
4.3 Fertigstellung und Bewertung
4.4 Der Beitrag der Tibet-Bahn zur Entwicklung des Westen
Fallbeispiel 2: Das Chongqing Urban Transport Development Project (Metro)
1 Provinzporträt Chongqing
1.1 Zahlen und Fakten
1.2 Bevölkerung
1.3 Die Wirtschaft
1.4 Der Drei-Schluchten-Staudamm
2 Chongqing und das Programm zur Entwicklung des Westens
2.1 Gründe für die Auswahl
2.2 Ziele des Programms in Chongqing
2.3 Maßnahmen und Projekte in Chongqing
3 Verkehrsinfrastruktur und das Programm zur Entwicklung des Westens
3.1 Ausgangslage: Verkehrsinfrastruktur in Chongqing vor dem Jahr 2000
3.2 Ziele der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur in Chongqing
4 Das Chongqing Urban Railway Construction Project (Metro)
4.1 Planung und Zielstellung
4.2 Die Durchführung
4.3 Fertigstellung und Bewertung durch die JCIB
4.4 Der Beitrag der Metro in Chongqing zur Entwicklung des Westens
Fallbeispiel 1: Guangxi Highway Project
1 Provinzportät Guangxi
1.1 Zahlen und Fakten
1.2 Bevölkerung
1.3 Die Wirtschaft
2 Guangxi und das Programm zur Entwicklung des Westens
2.1 Gründe für die Auswahl
2.2 Ziele des Programms in Guangxi
2.3 Maßnahmen und Projekte in Guangxi
3 Verkehrsinfrastruktur und das Programm zur Entwicklung des Westens
3.1 Ausgangslage: Verkehrsinfrastruktur in Guangxi vor dem Jahr 2000
3.2 Ziele der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur in Guangxi
4 Das Guangxi Highway Program
4.1 Planung und Zielstellung
4.2 Die Durchführung
4.3 Fertigstellung und Bewertung durch die Weltbank
4.4 Der Beitrag des Guangxi-Highway-Projekts zur Entwicklung des Westens

6 Abschließende Betrachtung, Bewertung und Ausblick

7 Literaturverzeichnis
7.1 Englische und deutsche Literatur
7.2 Chinesische Literatur
Eidesstattliche Erklärung

1 Einleitung

Seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik 1978 beeindruckt die Volksrepublik China (fortan: VR China) mit einem einzigartigen Wirtschaftsboom und einem Wachstum von durchschnittlich 10% jährlich. Keine regionalen Krisen wie die Asien-Finanzkrise 1997 und nicht einmal die Weltfinanzkrise seit 2007 konnten diese chinesische Erfolgsgeschichte stören oder gar stoppen. China hat in den letzten 30 Jahren einen historisch beispiellosen Wachstums- und Entwicklungsprozess durchlaufen, für den es eine Reihe von Gründen gibt: die Reformen nach innen und die Öffnung des Landes nach außen, die Transformation von der zentralen Planwirtschaft zur sozialistischen Marktwirtschaft, der Zufluss ausländischer Investitionen, die zunehmende Industrialisierung und Modernisierung der Wirtschaft.

Während in den frühen 1990er Jahren das sozialistische System weltweit zusammenbrach, hat das sozialistische China innerhalb der letzten 20 Jahre den Weg an die Spitze der Weltwirtschaft genommen. China ist heute eine der einflussreichsten Wirtschaftsmächte der Welt und nach den USA der zweitgrößte Akteur in der globalen Wirtschaft.

1.1 Thema und Gegenstand der Arbeit

Jede Erfolgsgeschichte hat ihre Schattenseiten: so sind in China mit dem Aufstieg zur Weltmacht auch komplizierte Probleme entstanden, die die chinesische Führung langfristig vor große Herausforderungen stellen. Besonders schwer wiegen hier das dramatische Ansteigen der Umweltverschmutzung und der regionalen Disparitäten.

Diese regionalen Unterschiede bilden den Ausgangspunkt dieser Arbeit. Die chinesische Regierung hatte sich mit der Reformpolitik nach 1978 entschlossen, zur Ankurbelung der Wirtschaft bestehende Wettbewerbsvorteile zu nutzen und zunächst die Küstenregionen zu entwickeln. Der Westen hatte dabei trotz großer Hoffnungen 20 Jahre lang das Nachsehen. Die Benachteiligung und Rückständigkeit des Westens war an der Schwelle ins neue Jahrtausend so frappant geworden, dass die Regierung im Interesse des sozialen Friedens und der Fortsetzung des Wirtschaftswunders regulierend eingreifen musste. Sie rief das „Programm zur Entwicklung des Westens“ ins Leben.

In dieser Arbeit steht die erste Phase dieses Programms (2000-2005) im Mittelpunkt. Diese Phase lief zeitgleich mit dem 10. Fünfjahrplan (2001-2005) und war vor allem ein gewaltiges Programm zur Entwicklung der Infrastruktur des Westens. Mit ausgewählten Megaprojekten und vielen kleineren Projekten sollte die mangelhafte Infrastruktur im Westen aufgebaut werden. Von diesen Infrastrukturmaßnahmen, die ungeheure staatliche Investitionen verschlangen, versprach sich die Regierung die notwendige Anschubkraft für die wirtschaftliche Entwicklung des chinesischen Westens. Hier liegen bedeutende unerschöpfte Ressourcen, deren Erschließung auch Impulse geben könnte für die Sicherung des Wachstums im ganzen Land: Bodenschätze, Naturprodukte und ein völlig unterentwickelter Binnenmarkt.

Der Westen Chinas hat lange Außengrenzen, seine Nachbarländer durchlaufen ebenso umfassende Transformationsprozesse, so dass sich in Zentralasien lukrative Handels-beziehungen entwickeln könnten. Die Sicherung der Außengrenzen ist aber auch von vitalem sicherheitspolitischen Interesse.

Im Westen Chinas ist außerdem der Großteil der nationalen Minderheiten beheimatet, zumeist leben diese Menschen noch immer in bitterer Armut.

Es gab also eine ganze Reihe stichhaltiger und dringender Gründe, die die Regierung zum Handeln und zu einem regionalpolitischen Strategiewechsel bewogen hat.

1.2 Forschungsstand

Die Publikationen zu verschiedenen Aspekten des Programms zur Entwicklung des Westens sind mittlerweile in westlichen Sprachen und auf Chinesisch sehr zahlreich, so dass der Forschungsstand insgesamt als gut eingeschätzt werden kann. Da in dieser Arbeit jedoch verschiedene Themenbereiche angesprochen werden, die jeweils eigene Forschungen haben und im Programm zur Entwicklung des Westens zusammenlaufen, wird der jeweilige Forschungsstand in den entsprechenden Kapiteln kurz dokumentiert.

1.3 Fragestellung und Thesen

Leitgedanke dieser Arbeit ist die Frage, wie die chinesische Regierung mit dem Programm zur Entwicklung des Westens Einfluss auf die Entfaltung des wirtschaftlichen Potentials der westlichen Provinzen genommen hat und welche Rolle der Verkehrsinfrastruktur dabei zukommt. Zur Beantwortung dieser Frage muss geklärt werden, wie die großen regionalen Unterschiede in China zu erklären sind, welche Gründe und Motivationen seitens der Regierung zur Förderung des Westens bestanden und welche Strategien und Maßnahmen sie zur Umsetzung ihres Programms eingesetzt hat.

Nach ersten Literaturstudien habe ich insgesamt 8 Thesen entwickelt, die mich orientierend durch meine Arbeit führen sollen:

1. Der Westen Chinas kann ohne eine signifikante Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur nicht entwickelt werden, sie ist der Schlüssel zum Gelingen des Programms zur Entwicklung des Westens.
2. Durch die Infrastrukturmaßnahmen sind in der ersten Phase des Programms die grundlegenden Ziele erreicht worden: Ankurbelung der Wirtschaft sowie Verbesserung des Marktzugangs und des Lebensstandards. Das bedeutet, dass der Westen Chinas signifikant von dem Programm profitiert.
3. Profiteur ist nicht nur der Westen Chinas, sondern auch die gesamtchinesische Wirtschaft. Da die Küstenregionen ihre Wettbewerbsvorteile weiterhin nutzen werden, wird der Westen zwar Entwicklung erfahren, aber die regionalen Unterschiede werden nicht ausgeglichen werden können.
4. Das Programm wird die Bekämpfung der Armut in den westchinesischen Provinzen signifikant unterstützen. Durch die verbesserte Mobilität werden mehr Menschen die Chance zu einer verbesserten Generierung von Einkommen erhalten.
5. Es wird nur wenige echte Verlierer des Programms geben, aber sehr viele Menschen, die nur wenig davon profitieren können. Eine Chancenungleichheit wird bestehen bleiben.
6. Das Programm wird keine schnellen Ergebnisse bringen können. Es muss vielmehr als eine langfristige Strategie angelegt werden, da insbesondere Einrichtungen der Verkehrsinfrastruktur sich meist erst nach Jahren amortisieren und ihre volle Wirkung entfalten können.
7. Die Entwicklung des Westens kann sich nicht nur auf die Bereitstellung von Infrastruktur konzentrieren. Die Infrastruktur ist zwar eine Grundbedingung für wirtschaftliche Entwicklung, sie muss aber nachfolgend von anderen Maßnahmen wie die Förderung von Bildung und medizinischer Versorgung etc. flankiert werden.
8. Neben den Vorteilen und Chancen wird das Programm auch neue Probleme und Risiken mit sich bringen, z.B. den Anstieg des Energiebedarfs, den globalen Wettbewerb und das Risiko sozialer Unruhen. Zur Bewältigung dieser neuen Herausforderungen sind wiederum nachhaltige Strategien der Regierung notwendig.

1.4 Methode und Vorgehensweise

Für die Bearbeitung meines Themas habe ich das Modell des Fallbeispiels gewählt. Anhand von 3 Fallbeispielen werde ich den Nachweis für die Gültigkeit meiner Thesen führen und die daraus folgenden Schlussfolgerungen ziehen.

Die Methode der Fallbeispiele wurde erstmals ab Ende des 19. Jh. an der amerikanischen Harvard Law School eingesetzt, um komplexe Rechtsfragen an praktischen Gerichts-situationen zu veranschaulichen. Fallstudien sollen ein umfassendes Thema auf einen Teilausschnitt reduzieren und dadurch umfangreiche Inhalte am Einzelbeispiel verständlich machen. Heute wird die „Case Study Method“ in vielen sozial- und naturwissenschaftlichen Disziplinen angewendet, um komplizierte Sachverhalte an Beispielen aus der Praxis zu vermitteln.

Die Arbeit mit Fallbeispielen impliziert bei der Untersuchung meiner Fragestellung und Thesen die folgende Vorgehensweise.

Der Einleitung in Kapitel 1 folgt das Kapitel 2 mit einer Analyse der Entwicklungsstrategien zur Regionalentwicklung der chinesischen Regierung. Der Bogen spannt sich hier von der Begriffsbestimmung über Theorien der regionalen Disparitäten und über historische Entwicklungsstrategien hin zu den aktuellen Entwicklungsstrategien in China.

Das 3. Kapitel widmet sich dem Programm zur Entwicklung des Westens. Zunächst werde ich den historischen Hintergrund sowie die geografischen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen untersuchen. Im Anschluss werden die im Rahmen des Programms geförderten Provinzen in einem steckbriefartigen Kurzporträt vorgestellt. Am Schluss des Kapitels werden die Gründe und Ziele des Programms sowie seine Strategien, Mittel und Maßnahmen ausführlich beleuchtet.

Das 4. Kapitel untersucht den Zusammenhang zwischen Verkehrsinfrastruktur und Regionalentwicklung allgemein und insbesondere in China.

Die bereits genannten Fallbeispiele sind Inhalt des 5. Kapitels. Anhand von drei verschiedenen Verkehrsinfrastrukturprojekten aus drei unterschiedlichen Provinzen werde ich den Wirkungszusammenhang von Infrastrukturbau und wirtschaftlicher Entwicklung am praktischen Beispiel detailliert darlegen. Die Fallbeispiele betreffen die weltbekannte Tibet-Bahn, die Metro in Chongqing und ein Autobahnprojekt in Guangxi.

Im abschließenden 6. Kapitel werde ich auf meine Fragestellung und Thesen aus der Einleitung zurückkommen und ihre Validität bewerten. Anschließend werde ich resümieren, inwieweit das Programm zur Entwicklung des Westens seine Ziele in der ersten Phase erreicht hat und welche Schlussfolgerungen sich aus den Erfahrungen dieser ersten Phase für die Zukunft der Entwicklung Westchinas ergeben.

2 Entwicklungsstrategien zur Regionalentwicklung in der VR China

Das spektakuläre Wirtschaftswachstum der letzten 30 Jahre in China hat längst auch seine Schattenseiten offenbart: zunehmende Umweltprobleme, Binnenmigration, schlechte Arbeits- und Gesundheitsbedingungen, Armut, mangelnde Bildung und wachsende regionale Ungleichheiten. Es ist zu befürchten, dass vor allem der Anstieg der regionalen Disparitäten zu weiteren sozialen und politischen Spannungen führen könnte. In der Folge wären das künftige wirtschaftliche Wachstum und die politische Stabilität des ganzen Landes gefährdet.

2.1 Begriffsbestimmung

Der Begriff „Regionalentwicklung“ beschreibt die Konzepte und Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung einer Region. Ziel ist der Ausgleich regionaler Disparitäten, die Sicherung einer zukunftsfähigen Entwicklung sowie die Gestaltung gleichwertiger Lebensbedingungen. Regionalentwicklung erfordert eine gezielte Koordinierung von Regionalplanung und Regionalpolitik, die jedoch in der Praxis nicht immer gegeben ist.

Der Begriff wird in Forschung und Praxis uneinheitlich verwendet und bezieht sich sowohl auf verschiedene inhaltliche Schwerpunkte als auch auf unterschiedliche räumliche Ebenen. Der räumliche Maßstab reicht dabei von der lokalen über die regionale bis zur internationalen Ebene, wobei den Metropolregionen ebenso große Bedeutung zukommt wie der Entwicklung ländlicher und strukturschwacher Regionen.[1]

Die Mannigfaltigkeit der inhaltlichen Schwerpunkte ergibt sich aus dem interdisziplinären Charakter von Regionalentwicklung. Sehr unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen sind in die Erforschung, Planung und Praxis von Regionalentwicklung involviert, z.B. die Landes- und Regionalplanung, Regional- und Kommunalentwicklung, Regional- und Strukturpolitik, Sozial-, Wirtschafts-, Regional- und Verwaltungswissenschaften.

Auch der Begriff „Entwicklungsstrategie“ ist in der Literatur nicht einheitlich definiert. Allgemein beschreibt er die Ansätze, die das Erreichen der Ziele der Regionalpolitik ermöglichen sollen. Dabei müssen Handlungsfelder und Rahmenbedingungen festgelegt, Einflussfaktoren einkalkuliert und Handlungsalternativen eingeplant werden.

Regionale Unterschiede sind in jedem Land vorzufinden und nicht grundsätzlich negativ zu bewerten. In einem großen Land wie China kann das Entstehen solcher Ungleichgewichte durchaus positive Effekte haben. So hat sich z. B. in den letzten Jahren ein gewisser Regionalismus in den wirtschaftlich rückständigen Provinzen entwickelt, der auch einen Anteil an ihrer wirtschaftlichen Entwicklung hat. Allerdings sollte Regionalismus stets nur ein kurzfristiges Instrument sein, um bestimmten Regionen bei der eigenen Entwicklung behilflich zu sein, wo es andere politische Maßnahmen nicht schaffen. Langfristig ist Regionalismus schädlich für die Entwicklung des ganzen Landes, da er zur Isolation führt und den Rohstoff- und Warenaustausch zwischen den Regionen behindert.[2]

2.2 Theorien der regionalen Disparitäten

Bereits 1826 hat der deutsche Wirtschafts- und Sozialforscher Johann Heinrich von Thünen erste Untersuchungen zu regionalen Unterschieden vorgelegt.[3] Danach entstanden weltweit unzählige Arbeiten zu verschiedenen Aspekten regionaler Ungleichgewichte. Für die Erarbeitung einer Entwicklungstheorie wurden u.a. Einflussfaktoren und wirtschaftswissen-schaftliche Ansätze der regionalen Entwicklung untersucht.

Entwicklungstheorien werden auch in China zur Untersuchung regionaler Unterschiede herangezogen. Eine in China einflussreiche westliche Theorie ist die Inverted U-Hypothese von Williams, die zu den neoklassischen Entwicklungstheorien gehört und von Kuznets für die Entwicklung von Ökonomien modifiziert wurde.[4] Sie besagt, dass regionale Unterschiede sich während der ersten Entwicklungsphase von Ökonomien verstärken, sich dann stabilisieren und wieder abnehmen, wenn das Land in eine reifere Stufe des Wachstums eingetreten ist. In China wurde diese Theorie zur „Ladder-Step-Theorie“ (梯度理论 , Pinyin: tīdù lǐlùn) weiterentwickelt.[5] Demnach befindet sich China in einer frühen Phase der Entwicklung, weshalb regionale Unterschiede (noch) akzeptiert werden müssen.

Andere Modelle betonen die Schaffung von Wachstumspolen entlang großer Verkehrs-linien.[6] Diese Pole können ein Wirtschaftswachstum erzeugen, das zum Stimulator für die Entwicklung der sie umgebenden Region werden kann (trickle-down-Effekte).[7]

Es gibt weitere Entwicklungsmodelle, die in China entwickelt und debattiert werden[8]. Dazu gehört das Leapfrog-Modell (跳跃理论, Pinyin: tiàoyuè lǐlùn), das die Erschließung der Ressourcen im Westen priorisiert, damit dieser sich entwickelt. Sie ist gewissermaßen ein Gegenentwurf zur Ladder-Step-Theorie. Das Partielle Leapfrog-Modell bzw. das Ein-Einhalb-Modell (一个半中点理论, Pinyin: yī gè bàn zhōngdiǎn lǐlùn) akzeptiert zwar die bevorzugte Entwicklung im Osten, fordert aber die gleichzeitige Entwicklung des Westens. Diskutiert wird außerdem ein Zwei-Foci-Modell (两个中点理论, Pinyin: liǎng gè zhōngdiǎn lǐlùn), das eine gleichgewichtige Entwicklung des Ostens und des Westens befürwortet.

In China ist als Besonderheit die entscheidende Rolle des Staates in Wirtschaft und Politik zu beachten, was die Anwendbarkeit westlicher Theorien oft nur bedingt möglich macht.[9]

2.3 Forschungsstand

Bis 1978 wurden die regionalen Ungleichgewichte in China kaum thematisiert.[10] Heute sind regionale Disparitäten ein Kernelement aller regionalpolitischen Debatten in China.[11] Die Literatur zum Thema ist inzwischen sehr umfangreich. Wissenschaftler vieler Disziplinen - Ökonomen, Geographen, Sozial-, Politik- und Regionalwissenschaftler etc. - haben Veröffentlichungen zu Fragen der Regionalpolitik und der Entwicklungsstrategien vorgelegt.

“… Since 1979 much more (and better) information has become available, and from more sources than the government alone. There is now a greater awareness of spatial differences within the country ...”[12]

Die chinesische, englische und auch deutschsprachige Literatur zur Regionalentwicklung in China nach Mao ist äußerst reichhaltig und mannigfaltig, aber auch widersprüchlich und von einer Vielzahl von Theorien, Modellen und Schulen sowie Themen und Perspektiven durchzogen.[13] Cindy Fan fasst die Orientierung der Arbeiten folgendermaßen zusammen:

„… Most examine inequality among provinces, among groups of provinces, or between rural and urban areas. Output, consumption, and income are the most popular indicators of economic development, and the coefficient variation (CV), Gini coefficient and Theil index are the most commonly used measures of inequity…”[14]

In den eingesehenen Arbeiten werden unterschiedliche räumliche Perspektiven regionaler Ungleichheiten analysiert: Inland-Küste, Stadt-Land, zwischen den Provinzen und innerhalb der Provinzen, in den Städten und auf dem Land, wobei die Ungleichheiten zwischen Stadt und Land und zwischen den Provinzen die größte Aufmerksamkeit erfahren haben. Inhaltlich identifiziert Heilig[15] insgesamt 5 Kernthemen in der bisherigen Forschung:

1. Es gibt ökonomische Studien, die wirtschaftliche Beziehungen, Entwicklungen und Statistiken beschreiben.[16] Themen sind u.a. die Reduzierung von Armut und der Einfluss regionaler Ungleichgewichte auf das weitere Wirtschaftswachstum (z.B. Fan Shenggeng et. al. 2002, Kanbur & Zhang 2005, Hui Liu 2006, 张明龙 Zhang Minglong 2002).
2. Andere Studien stellen geophysische Faktoren in den Mittelpunkt. Viele benachteiligte Gebiete haben keinen Zugang zum Meer und liegen weitab von potentiellen Märkten. Hinzu kommen geographische Beschränkungen wie hohe Berge oder extremes Klima (z. B. Song 1995, Demurger et. al. 2002, Taubmann 2001, 孙东琪等 Sun et. al. 2011).
3. Weitere Forschungen betreffen soziale Einflüsse auf die Regionalentwicklung, z.B. die Beschäftigungssituation, Binnenmigration und Bildungs- und Gesundheitsbedingungen (z. B. Alpermann 2003, Heilig 2003 b, Hao Rui 2008, 魏后凯 Wei Houkai 2009).
4. Eine Reihe von Arbeiten beschäftigt sich mit den politischen Folgen von regionalen Ungleichgewichten z.B. für die politische Stabilität und institutionellen Reformen (z. B. Fan Cindy 1995 und 1997, Kondrashova 2005, 任静 Ren Jing 2005).

Durchgängig wird in der Forschung das grundsätzliche Problem des Zugangs zu verlässlichen statistischen Daten thematisiert. Hierbei ist auch zu beachten, dass in China viele der Forscher gleichzeitig Planer sind. Ihre Arbeiten reflektieren die aktuellen Debatten und spielen somit eine große Rolle bei der Erarbeitung der Entwicklungsstrategien.[17] Das kann Einblicke in die aktuelle Forschung in China geben, aber auch zu Einschränkungen für die Analyse führen, da viele theoretische Arbeiten auf nicht empirisch gesicherten bzw. geschönten Daten beruhen oder zur Legitimierung politischer Maßnahmen dienen.[18]

2.4 Historische Entwicklung der Entwicklungsstrategien in der VR China

Die Vorstellung von staatlich gelenkter Entwicklung von Regionen ist kein Phänomen der modernen Zeit. In China geht der Entwicklungsgedanke zurück in das 19. Jh., als Beamte der Qing-Dynastie im Interesse der Einheit und Entwicklung des Landes eine Förderung der Landwirtschaft zur Steigerung des Wohlstandes befürworteten.[19] Auch die Guomindang hatte in der ersten Hälfte des 20. Jh. schon Vorstellungen von staatlich gelenkter Entwicklung mit großen Infrastruktur-Projekten. So stammt die Idee des Drei-Schluchten-Staudammes ursprünglich von Sun Yatsen (孙逸仙, Pinyin: Sūn Yìxiān).[20]

Die regionale Entwicklung in China ist nicht erst seit der Reform- und Öffnungspolitik 1978 sehr unterschiedlich verlaufen. Ein bereits historischer Vorteil der Küstenregionen hat sich seither deutlich verstärkt. Manche Forscher behaupten, dass das Wirtschaftswunder in den Küstenregionen nur auf Kosten der Binnenregionen erreicht werden konnte.[21]

Zum Verständnis der Entwicklungsstrategien in China und ihrer kritischen Bewertung ist es hilfreich, in die Geschichte der Regionalentwicklung der VR China zu schauen, um die Kontinuitäten und Brüche in den aktuellen Strategien nachvollziehen zu können.

Grundsätzlich lassen sich zwei historische Phasen der VR China ausmachen: die Verwirklichung des sowjetischen Typs des Sozialismus mit diversen China-spezifischen Modifizierungen (maoistisches China; 1949-1978) und die Verwirklichung einer schrittweisen Reformpolitik hin zu einem marktorientierten System (Reform-China; seit 1978).

2.4.1 Das maoistische China (1949-1978)

In Maos China waren die Entwicklungsstrategien von ideologischen und politischen Interessen motiviert[22] oder Reaktionen auf vorhergehende Falscheinschätzungen und Fehlentwicklungen. Oft waren sie begleitet von Kampagnen zur Massenmobilisierung. Dies entspricht der maoistischen Idealvorstellung vom schöpferischen Potential der Massen.

Die neue Regierung stand 1949 vor der Mammutaufgabe, einen vorindustriellen Agrarstaat, der infolge jahrzehntelanger innerer und äußerer politische Konflikte wirtschaftlich am Boden lag, zu einem modernen Industriestaat des 20. Jh. zu entwickeln. Für die Entwicklung der einzelnen Regionen und Provinzen ergab sich daraus das Dilemma

„… either to create an integrated national economic system on a nationwide scale based primarily on state interests, or, relying on one’s own strength, to primarily create a regional economic system as the initial stage to forming a nationwide economic system ...”[23]

Die Lösungsansätze aus diesem Dilemma fielen jeweils sehr unterschiedlich aus. Die Regierung hatte jedoch erkannt, dass sie ihre Ziele nicht ohne ausländische Hilfe würde realisieren können. Im Rahmen ihrer Konsolidierungsstrategie „Sich an eine Seite anlehnen“ wandte sie sich der Sowjetunion zu, die zum politischen und wirtschaftlichen Vorbild wurde.

Der Sozialismus wurde zum Weg und Ziel der weiteren Entwicklung des Landes. Der Sozialismus sowjetischer Prägung hat im Wesentlichen folgende Merkmale: das politische Monopol einer einzigen Partei, die staatliche Planung der Wirtschaft sowie die zentrale Kontrolle von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Schauhuber stellt heraus:

„… Dies kann vor allem in den unterentwickelten Volkswirtschaften von Vorteil sein, welche eine Strategie der nachhaltigen Entwicklung verfolgen wollen. Im Rahmen einer sozialistischen Entwicklungsstrategie können gezielte Investitionen in Infrastruktur, ausgewählte Industrien und in die Exportwirtschaft getätigt werden. Knappe Ressourcen können so vom Staat gezielt verteilt werden …“[24]

Mit der Abwesenheit von Märkten, der Unterdrückung privater Initiative, dem Verbot von Privateigentum, der staatlich gelenkten Preispolitik und einer aufgeblähten Bürokratie zeigen sich deutlich die Nachteile dieses Systems, in dem der Mangel immanent ist.

Bodenreform

Wichtigste Maßnahme nach Gründung der VR China war die Bodenreform. Dies entsprach den marxistisch-leninistischen Idealen von Besitz. Die Übergabe von Land an Millionen von armen Familien war auch ein Geschenk an die soziale Gruppe, die im Bürgerkrieg (1945-1949) einen wichtigen Beitrag zum Sieg der Kommunistischen Partei Chinas (fortan: KPCh) geleistet hatte. Das endgültige Ziel der Umwälzungen auf dem Lande war dies jedoch nicht:

„… Private family-farm-holdings were not regarded as socialist policy … many in the party argued, that the allocation of land would not remain equitable for long …“[25]

In den Anfangsjahren der VR China standen Fragen der ideologischen Legitimierung der Regierung im Vordergrund, so dass vor allem versucht wurde, das Land in seiner Gesamtheit zu entwickeln - ganz im Sinne der kommunistischen Ideologie der Gleichheit unter Gleichen. Regionale Ungleichheiten wurden kaum beachtet.

Kollektivierung der Landwirtschaft (1953-1956)

Ende 1952 startete die Regierung eine neue Entwicklungsstrategie mit dem Ziel der Kollektivierung der Landwirtschaft. Die Bauern sollten nun zur Steigerung von Produktivität und Effizienz Land, Technik und Arbeitskraft in Kooperativen einbringen.

Die Kampagne überzog das ganze Land, weshalb die regionalen Unterschiede vorerst gering blieben. Nach 1955 aber begann die Kluft zwischen Stadt und Land und zwischen den Regionen zu wachsen, da sich der Entwicklungsfokus nun vom Land in die Stadt bzw. von der Landwirtschaft zum Aufbau der Schwerindustrie verschob.[26]

Grund dafür war, dass die chinesische Regierung nach dem Vorbild der Sowjetunion eine Strategie zum Aufbau einer sozialistischen Planwirtschaft (1. Fünfjahrplan 1953-1957) und zur Entwicklung der Schwerindustrie übernahm. Schon hier zeigte sich die Tendenz der Regierung, ihre Entwicklungsstrategien mit großen Projekten zu untermauern. 1953 begannen die Arbeiten an 156 Großprojekten, zumeist unter sowjetischer Finanzierung.

Die Konzentration auf die Schwerindustrie stand im krassen Gegensatz zur ökonomischen Realität, da Kapital, Erfahrung und Technik für die Entwicklung einer kostenintensiven Industrie fehlten und teuer aus dem Ausland herbeigeschafft werden mussten.[27]

Der Große Sprung nach vorn und die große Hungersnot (1957-1961)

Die Erfolge in der Landwirtschaft und bei der Industrialisierung ermunterten die Führung, eine völlig neue und beispiellose Entwicklungsstrategie zu starten, die als „Großer Sprung nach vorn“ (大跃进; Pinyin: dà yuè jìn) China radikal erneuern und innerhalb kürzester Zeit zu einem modernen sozialistischen Industriestaat entwickeln sollte.

„Der Große Sprung“ war keine geplante Strategie, sondern eine Sammlung verschiedener Maßnahmen. Mit der Einführung der Volkskommunen sollte eine ländliche Industrie-produktion aufgebaut werden, die zur Erreichung der ehrgeizigen Ziele beitragen sollten. Besonders bekannt geworden sind die Hinterhof-Hochöfen, mit denen sich die Bevölkerung an der Steigerung der Stahlproduktion des Landes beteiligen musste.

Die Folgen waren verheerend: Die landwirtschaftliche Produktion und Produktivität gingen rapide zurück. Hinzu kamen Dürreperioden, Überschwemmungen und Missernten. So entwickelte sich aus unüberbrückbaren Engpässen in der Lebensmittelversorgung eine schreckliche, landesweite Hungersnot (1959-1961), die mit etwa 30 Millionen Opfern die wohl größte humanitäre Katastrophe der Menschheitsgeschichte ist.

Erholung und Neuausrichtung (1962-1965)

Das Ausmaß der Hungersnot und das Fehlschlagen des „Großen Sprungs“ führten zu heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen, in denen sich zunächst liberalere Kräfte durchsetzten. Sie vollzogen eine strategische Wende und schafften mit der Strategie „Auf zwei Beinen gehen“ einige der radikalsten Maßnahmen zugunsten einer Förderung der Landwirtschaft wieder ab, die sich erholen und die Produktion steigern konnte.[28]

Kulturrevolution (1966-1978)

Mit der Kulturrevolution begann ein neuer Versuch, die chinesische Gesellschaft nach den utopischen Prinzipien des Kommunismus umzuformen. Die Landwirtschaft kam wieder unter zentrale Kontrolle, die aufgrund mangelnder Produktivität auf geringem Niveau stagnierte.

In der Atmosphäre des Kalten Krieges änderte die chinesische Regierung ab 1964 ihren Kurs erneut. Im Interesse der Sicherheit und der militärischen Einsatzbereitschaft hatte sie die „Strategie der 3. Front“ (三线, Pinyin: sān xiàn) entwickelt.

„… In der Mitte der 1960er Jahre hat das Zentralkomitee die internationale Lage und die Kriegsgefahr als so ernst eingeschätzt, dass sie die Strategie der ‚3. Front’ bzw. des Aufbaus des Hinterlands beschleunigte … Im Geiste der Anweisungen des Zentralkomitees und Mao Zedongs h aben die 3. und 4. Fünfjahrpläne den Schwerpunkt auf die Kriegsvorbereitungen gelenkt und sich auf den Aufbau der 3.-Front-Regionen konzentriert …“[29]

Hintergrund war die Angst vor einer Invasion Chinas, die sich zunächst auf die verletzbaren Küstenregionen (1. Front) richten würde. Daher waren dort nur Unternehmen anzusiedeln, deren Verlust die nationale Wirtschaft nicht bedrohte. Die 2. Front bildeten die zentralen Regionen, die als etwas sicherer galten. Die 3. Front lag in den entlegenen und schwer erreichbaren Regionen im Westen und Nordwesten, die man vor einer Invasion sicher glaubte. In einem enormen Kraftakt verlagerte man 43% der wichtigen Betriebe (z.B. Stahl-, Atom-, Luftfahrt-, Chemieindustrie, Maschinenbau) in die Regionen der 3. Front.[30]

„…The third front was a massive construction programme focussed on China’s inland provinces. The objective was to create an entire industrial base that would provide China with strategic independence …“[31]

Die großen Mengen an staatlichem Kapital haben die regionale Entwicklung ohne Zweifel gefördert. Trotzdem blieb der Westen rückständig. Enorme Kosten, die Entspannungspolitik und Spannungen zur Sowjetunion führten zum Ende dieser Strategie.[32]

Schon ab Mitte der 1970er Jahre verfolgte die Regierung eine neue Entwicklungsstrategie mit dem Ziel der Selbstversorgung der Provinzen. Noch immer befürchtete man militärische Angriffe, nun auch von sowjetischer Seite. In jeder Provinz sollten Industriezentren entstehen, damit bei einer Invasion die Wirtschaft der übrigen Landesteile intakt bleiben kann. Die Selbstversorgung wurde zum strategischen Leitprinzip bis zur Reformperiode.

2.4.2 Beginn der Reformpolitik (1978-1985)

Am Ende der Kulturrevolution stand die Wirtschaft Chinas vor dem Kollaps. Trotz und wegen der bisherigen Entwicklungsstrategien war China noch immer ein armes Entwicklungsland.

Mit der Reform- und Öffnungspolitik nach 1978 ließ die Regierung das Wirken von Marktmechanismen zu und leitete eine Dezentralisierung der Entscheidungsfindung und Zuständigkeiten sowie ein Reihe institutioneller Reformen ein. Von nun an bestanden die entwicklungsstrategischen Maßnahmen meist aus rechtlichen und institutionellen Reformen und großen Infrastrukturprojekten und nicht mehr nur aus politischen Kampagnen.

Mit der Reformpolitik entwickelten sich in China enorme regionale Unterschiede. Die Wachstumsrate in den einzelnen Provinzen variierte zum Teil sehr stark. Provinzen mit einer breiten ökonomischen Struktur hatten auch mehr Optionen zur Finanzierung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung.[33] Dies betrifft vor allem die Küstenregionen, die sich wegen ihrer günstigen geografischen Bedingungen historisch besser entwickelt und schon bei Gründung der VR China einen höheren Entwicklungsstand hatten als andere Provinzen. Dies konnten alle folgenden Entwicklungsstrategien nicht ändern, auch wenn manche chinesische Forschungsarbeit hier eine optimistischere Bewertung liefert:

„… Das regionale Küsten-Binnenland-Muster war das alte Muster vor der Befreiung, das wir geerbt haben. Nach der Gründung des Neuen Chinas haben wir hart daran gearbeitet, dieses alte regionale Muster zu brechen, aber erst nach der Reform- und Öffnungspolitik war dieses Ziel erreichbar …“[34]

Nach Maos Tod 1976 hatten sich mit Deng Xiaoping die reformerischen Kräfte in der chinesischen Führung durchgesetzt. Angesichts der desolaten wirtschaftlichen Lage leiteten sie umgehend ein Paradigmenwechsel „von der Ideologie zum Pragmatismus“[35] ein. Die neue Regierung hatte erkannt, dass eine zentral geplante Wirtschaft die Armut in den ländlichen Gebieten nicht bewältigen und auch die stabile Entwicklung und Versorgung des ganzen Landes nicht sicherstellen konnte.

Historischer Wendepunkt war das 3. Plenum des 11. Zentralkomitees der KPCh im Dezember 1978, auf dem die Reformkräfte ihr Konsolidierungsprogramm durchsetzen konnten. Von nun an setzte man auf Effizienz und weniger auf Ideologie: Wachstum, nicht Gleichheit war nun das Primärziel von Entwicklung. Dies bedeutete die Abkehr von den maoistischen und sowjetischen Konzepten der sozialistischen Wirtschaft und somit eine fundamentale Veränderung des Wirtschaftssystems.

Grundlage der Reformpolitik waren die „Vier Modernisierungen“ (四个现代化, Pinyin: sì ge xiàndàihuà) in Landwirtschaft, Industrie, Wissenschaft/Technik und Verteidigung. Ergänzt wurde diese programmatische Formel durch die „Vier Grundprinzipien“ (四项基本原则; Pinyin: sì xiàng jīběn yuánzé), die grundsätzlich noch heute gültig sind.[36]

China hat sich ganz anders entwickelt als die anderen sozialistischen Staaten, die in den 1980er Jahren zunehmend in politische und wirtschaftliche Problemlagen gerieten und auseinanderfielen. In China hingegen konnte sich die Herrschaft der Kommunistischen Partei behaupten, obwohl gleichzeitig eine wirtschaftliche Liberalisierung im Gange war:

„… China’s approach to economic transition was quite different from that of most of the other socialist countries. China’s leaders viewed China, quite correctly, as a low-income developing country, and the imperative of economic development was constantly on their minds …”[37]

Von Anfang an verfolgte die neue Regierung eine gradualistische Reformstrategie.[38] Die Reformen sollten nicht in einem einzigen Rundumschlag, sondern schrittweise in Kraft gesetzt werden. Mit diesem Ansatz wollte die Regierung die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Folgen der Reformen abfedern, Unruhen vermeiden und gleichzeitig einen stetigen Fortschritt der Reformen sicherstellen.

Weil die Regierung weder theoretisch noch praktisch konkrete Vorgaben machen konnte, hatten die ersten Reformen vornehmlich experimentellen Charakter. Dabei folgte man dem Prinzip „sich von einem Stein zum anderen über den Fluss tasten“, wonach jeder Schritt Wissen und Erkenntnis über den folgenden mit sich bringt oder

„… in other words, reform proceeded step by step, moving forward at the rate the government deemed appropriate at any given time …”[39]

Da ein umfassendes Konzept fehlte, ging es zunächst darum, die Wirtschaft anzukurbeln, Entwicklungsanreize zu schaffen und die dringendsten Probleme der Wirtschaft anzugehen.[40] Dabei galt, dass jede Reform, die der Wirtschaft nutzte, auch der Stabilität und Einheit des Landes und damit dem Machterhalt der Partei nutzte. Die Führung agierte unter dem Motto „Praxis als einziges Kriterium der Wahrheit“ und setzte darauf, die Menschen die Initiative ergreifen zu lassen und auch aus diesen Erfahrungen zu lernen.

Die Strategie „sich von einem Stein zum anderen über den Fluss tasten“ entsprach zudem dem Pragmatismus Deng Xiaopings, wonach „die Wahrheit aus der Praxis kommt“. So äußerte Deng in einem Interview mit amerikanischen Wissenschaftlern:

„… If we can achieve an increase in the average income of all Chinese people, than it will prove that our practice was correct. If our future experience proves that we have upheld socialism and prevented the restoration of capitalism, then it will demonstrate, that our political practice was correct …”[41]

Allerdings zielten die Reformen nicht auf einen politischen Strukturwandel, sondern lediglich auf die Beseitigung der Defizite des sozialistischen Wirtschaftmodells. Marktwirtschaftliche Elemente wurden schrittweise zugelassen und der Weg in die Marktwirtschaft freigeben. Man öffnete das Land für ausländische Investitionen, die für weitere Reformen dringend gebraucht wurden. Doch der Staat behielt die Kontrolle über Wirtschaft und Politik.

Ein wichtiges Momentum dieser frühen Reformphase war die Transformation der KPCh von einer Partei der ideologischen Kampagnen zu einer Partei, die ihre politische Legitimierung aus ihren wirtschaftlichen Erfolgen zieht.[42] Die ideologische Legitimierung der Reformpolitik folgt der Argumentation, dass ein rückständiges und armes China nicht mit den Idealen des Sozialismus übereinstimmen und auch nicht die Überlegenheit des Sozialismus demonstrieren würde.

Die Reformen begannen 1980 auf dem Lande mit der Dezentralisierung und Liberalisierung des Marktes. Das System der zentralen Planung und Kommunen wurden abgeschafft. Die Bauern durften wieder eigenes Land bewirtschaften und die Produkte auf freien Märkten verkaufen. Mit der Lockerung der staatlichen Getreidepolitik konnten die Bauern selbst über den Anbau entscheiden, solange die Getreidequote erfüllt wurde. Die Bauern hatten mehr Anreize für eine Steigerung der Produktion und zur Steigerung ihres eigenen Einkommens und Lebensstandards.

In dieser Reformphase entwickelte sich ein Wirtschaftsbereich rasant, der bald in großem Maß zum chinesischen Wirtschaftswunder beitragen sollte: die ländlichen Unternehmen (Township- Villages Enterprises, 乡镇企业, Pinyin: xiāngzhèn qǐyē)[43], die vor allem in den Küstenregionen zur vollen Entfaltung kamen.[44]

„… The reform and development of TVEs is the best illustration of the gradual approach to reform. In the 1980s, three conditions led TVEs to expand significantly. First, they enjoyed cheap productive factors … second, as soon as they took off, TVEs began to enjoy relatively abundant market opportunities … Last, but nevertheless the most importantly, TVEs faced fierce market competition from the very beginning. TVEs were not products of a planned economy …”[45]

Schlüsselfaktoren für das folgende große Wachstum der TVEs waren der Zugang zu Investitionen, Exportmärkten und einem Meer an billigen Arbeitskräften. Die ländlichen nicht-landwirtschaftlichen Unternehmen trugen 1978 nur zu 4% zum Bruttoinlandsprodukt (fortan: BIP)[46] des Landes bei, 1997 waren es bereits 28,2%.[47]

„… TVEs played the catalytical role in transforming the Chinese economy from a command economy to a market economy. Springing in the rural areas, which were much less rigidly controlled than the cities, the entry of TVEs provided competition to state-run industrial enterprises and drove the process of marketization forward in the entire economy. TVEs increased rural incomes, absorbed rural labor released from farms, and helped narrow the urban-rural gap …”[48]

Die Veränderungen in den Städten verliefen in den ersten Reformjahren weniger dramatisch. Erst ab 1984 wandte sich die Regierung verstärkt dem urbanen Sektor zu. Offensichtlich hatte es in der Führung heftige Kontroversen in Bezug auf die Veränderung des urbanen Chinas gegeben, da eine ganze Reihe Parteiführer die Reduzierung des Einflusses des Staates auf die Industriepolitik nur sehr schwer akzeptieren konnte.[49]

Trotzdem begannen ab 1984 weitreichende Reformen und Umstrukturierungen z.B. in den Staatsbetrieben, in der staatlichen Allokation von Ressourcen, im Preissystem und in der Wirtschaftsplanung. Vorübergehend sollten Markt und Plan parallel existieren und im Wettbewerb stehen, um das Herauswachsen aus dem Plansystem zu ermöglichen. Mit der Ernennung der ersten 14 „Open Cities“ begann die Öffnung nach außen. Auch erste Reformen in der Finanzpolitik wurden begonnen.

2.4.3 Marktliberalisierung und Öffnungspolitik (1985-1999)

Der Boom der ersten Reformphase dauerte nur einige Jahre. Mitte der 1980er Jahre waren die Preise für Dünger, Energie, Technik etc. explodiert, die Verkaufspreise für landwirtschaftliche Produkte blieben aber wegen des staatlichen Preissystems niedrig. In der Landwirtschaft ließen sich immer weniger Gewinne generieren, viele Menschen verließen die Landwirtschaft und suchten Arbeit in anderen Sektoren. Die Landwirtschaft stagnierte, daher führte die Regierung seit den frühen 1990er Jahren Maßnahmen zur weiteren Liberalisierung des Agrarmarktes ein, der nun ein weitestgehend freier Markt werde sollte.

In der 2. Reformphase nahmen die regionalen Ungleichheiten infolge der unterschiedlichen Wirtschaftskraft der einzelnen Provinzen ein Ausmaß an, das nicht mehr akzeptiert bzw. ignoriert werden konnte. Die politischen Akteure mussten befürchten, dass es zu sozialen Unruhen und zum Stocken der Reform- und Öffnungspolitik sowie zur Destabilisierung des Landes kommen könnte. So war im 7. Fünfjahrplan (1986-1990) ein ausgewogenes Wachstum das wichtigste Ziel. Mit einem angestrebten Wachstum von jährlich 7,5% sollte der Lebensstandard der Bevölkerung deutlich verbessert werden.[50]

Die Ursachen für das Entstehen dieser Disparitäten sind mannigfaltig[51]:

- Geographische bzw. natürliche Gegebenheiten,
- Demographische Entwicklungen,
- Kulturelle Unterschiede,
- Historische Entwicklungsvorteile,
- Folgen des institutionellen Wandels bzw.
- Folgen der staatlichen Entwicklungsstrategien

Die Regierung verfolgt seit Beginn der Reformpolitik nicht nur eine schrittweise, sondern auch eine „verzerrte Regionalpolitik“[52]. Angesichts der Knappheit von Ressourcen entschied man sich in der Frage nach Effizienz oder Gleichbehandlung für ersteres und begann, einige Regionen bevorzugt zu entwickeln.

Deng Xiaoping gab im März 1980 die neue strategische Ausrichtung „Lasst einige Leute zuerst reich werden“ aus.[53] Die neuen Entwicklungsbestrebungen sollten nun auf die wirtschaftlich vielversprechendsten Regionen konzentriert werden, was in China traditionell die Küstengebiete sind.

„… Nach der Reform- und Öffnungspolitik schlug Genosse Xiaoping die strategische Idee der ‚Zwei allgemeinen Lagen’ vor, das heißt, dass zuerst die Küstenregionen entwickelt werden und danach die Küstenregionen die Binnenregionen unterstützen sollen. Deshalb haben wir zu Beginn der Reform- und Öffnungspolitik auf die Entwicklungsstrategie der Zuwendung zu den Küstengebieten, das heißt auf eine Strategie der unausgeglichenen Entwicklung gesetzt …“[54]

Dies bedeutete, dass die Regierung die Vergrößerung von regionalen Ungleichheiten nicht nur akzeptiert, sondern auch als Teil der Reformpolitik betrachtet hat, der allerdings zeitlich beschränkt sein sollte. Die Regierung akzeptierte auch, dass es nun eine signifikante Gruppe von Reformverlierern geben würde. Insbesondere die zuvor privilegierten Arbeiter in den Staatsbetrieben waren verstärkt von Arbeitslosigkeit betroffen.

Im Jahre 1987 übernahm die chinesische Regierung formal die „Theorie der ersten Stufe des Sozialismus“, die der Legitimierung der Reformpolitik diente und zum Sprungbrett für das strategische Motto der „sozialistischen Marktwirtschaft mit chinesischem Charakter“ wurde. Demnach ist der klassische Marxismus das Modell für eine reife sozialistische Gesellschaft, nicht für Länder wie China, die sich noch im Anfangsstadium des Sozialismus befinden und einen niedrigen Entwicklungsstand haben. Für die nächste Stufe ist die Berücksichtigung der spezifischen Situation Chinas, die bevorzugte Entwicklung bestimmter Regionen mit einem Wettbewerbsvorteil (hier: die Küstenregionen) und das Konzept der „sozialistischen Marktwirtschaft mit chinesischem Charakter“ notwendig.

Chinesische Forscher haben aus dieser Erkenntnis die Ladder-Step-Theorie abgeleitet (s. Abschnitt 2.2). Beschrieben als chinesische Weiterentwickelung der Inverted U-Hypothese von Kuznets, der Theorie der Wachstumspole sowie des Modells der trickle-down-Effekte besagt diese in China populäre Theorie, dass die Küstenregionen wegen ihrer guten ökonomische Effizienz zuerst entwickelt werden sollten. Sie sollten dann auf die anderen Regionen ausstrahlen, damit diese sich nachfolgend ebenfalls entwickeln konnten.

In Anwendung dieser Theorie entwickelte die chinesische Führung die „Strategie zur Entwicklung der Küstengebiete“[55], die eine Reihe von Maßnahmen wie die Schaffung von Sonderwirtschaftszonen und Offenen Küstenstädten, eine größere finanzielle Autonomie, eine Finanz- und Preisreform etc. beinhaltete. Die Entwicklung dieser Gebiete sollte die Entwicklung der anderen Regionen stimulieren und diese in Bezug auf die Verteilung von Ressourcen und Finanzen, aber auch in Bezug auf die gemachten Erfahrungen fördern.

Mit seinem berühmten Leitprinzip „Lasst einige zuerst reich werden“ umriss Deng Xiaoping die Zielsetzung dieser neuen Entwicklungsstrategie, die dem Konzept der Nutzung regionaler Wettbewerbsvorteile folgte:

“… We should help some people’s communes to get rich first, and then the state will help poor people’s communes to become rich. Those that have taken the lead in getting rich will serve as a model for the other people’s communes to become rich. Of course, inequality will exist for a long period of time …”[56]

Die „Strategie zur Entwicklung der Küstenregionen“ bzw. die ungleiche Entwicklung der Regionen wurden formell in den 7. Fünfjahrplan (1986-1990) aufgenommen. Mit seiner berühmten Reise in den Süden 1992 legitimierte der damals 88-jährige Deng Xiaoping noch einmal diese Entwicklungsstrategie und rief zum Aufbau einer „sozialistischen Marktwirtschaft mit chinesischem Charakter“ auf. Sein Bekenntnis zur marktwirtschaftlichen Liberalisierung nach innen und zur Öffnung nach außen, das vom 14. Parteitag der KPCh 1993 bestätigt wurde, hatte enorme Symbolkraft. Es löste einen erneuten Boom der Wirtschaft mit sehr hohen Wachstumszahlen aus, brachte mit verschärfter Arbeitslosigkeit, mangelnder sozialer Absicherung, Inflation etc. aber auch neue Probleme.

Die Küstenprovinzen kamen in den Genuss einer Vorzugsbehandlung. Sie profitierten schnell und deutlich. China erreichte in den folgenden Jahren bekanntlich ein spektakuläres Wachstum, aber diese wirtschaftlichen Erfolge waren nicht gleichmäßig auf die Regionen verteilt. Die Strategie führte konsequenterweise zur Benachteiligung der Binnenregionen und zum Anstieg der regionalen Disparitäten. Regionale Ungleichgewichte wurden in dieser Phase also bewusst akzeptiert.

„… Während die Gesamtwirtschaft kontinuierlich über 10 Jahre ein rasantes Wachstum hatte, brachte gleichzeitig in den frühen 1990er Jahren die unausgewogene Entwicklung die Ausweitung der regionalen Kluft mit sich. Die Widersprüche und Konflikte zwischen den Interessen der Regionen und daraus resultierend das Problem der Chancenungleichheit etc. verschärften sich, in der Folge entstanden signifikante Probleme für die wirtschaftliche Entwicklung Chinas …“[57]

Die Politik der Bevorzugung der Küstenregionen hat sich zum Nachteil der Binnenprovinzen ausgewirkt. Man hatte sich von dieser Vorzugsbehandlung erhofft, dass die Finanzkraft in den Küstengebieten so gestärkt werden könnte, dass man anderen Regionen danach helfen könnte. Zudem hoffte man auf trickle-down-Effekte, wonach wirtschaftliche Erfolge automatisch die Entwicklung der umliegenden Regionen stimulieren würde. Diese Strategie erschien verheißungsvoll, erfüllte aber am Ende nicht die Erwartungen. Vielmehr hat sich die Wirtschaftskraft der Provinzen seit etwa 1983 systematisch auseinanderentwickelt.[58] Zwar konnten trickle-down-Effekte signifikant festgestellt werden, die aber für die wirtschaftliche Entwicklung und die Angleichung der Regionen zu wenig wirksam waren.[59]

Die Gründe für das Ausbleiben von trickle-down-Effekten sind der schlechte Zustand der Infrastruktur und die Immobilität der Produktionsfaktoren in den rückständigen Regionen, so dass sich solche Effekte nicht dorthin ausbreiten konnten. Mögliche weitere Einflussfaktoren sind die großen kulturellen Unterschiede in den Regionen und das Fehlen von lokalen wie regionalen Zentren, die trickle-down-Effekte verstärkt aufnehmen und ihrerseits in ihre Umgebung ausstrahlen könnten.[60]

Rückblickend ist aber auch festzustellen, dass China angesichts mangelnder Ressourcen und Finanzen und der desolaten wirtschaftlichen Situation keinesfalls die Kapazitäten hätte aufbringen können, um eine Entwicklungsstrategie für das ganze Land zu entwerfen und umsetzen. Die Konzentration auf Regionen mit historisch gewachsenem Wettbewerbsvorteil war der einzige praktikable Weg zur Ankurbelung der Wirtschaft.

Seit den 1990er Jahren versucht die Regierung, mit einer strategischen Wende in der Regionalpolitik den wachsenden regionalen Ungleichheiten zu begegnen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die regionalen Unterschiede ein Ausmaß erreicht, das eine Modifizierung der bisherigen Strategie unvermeidbar machte, um das weitere wirtschaftliche Wachstum, den sozialen Frieden und die politische Stabilität nicht zu gefährden. So wurde z.B. ein Programm zur materiellen Hilfe der Binnenprovinzen durch die Küstenregionen aktiviert.

Der 8. Fünfjahrplan (1991-1995) hatte schon die Verbindung zwischen den Binnen- und Küstenregionen betont. Der 9. Fünfjahrplan (1996-2000) gab die Strategie der ungleichen Entwicklung der Regionen auf[61] und wandte sich mit umfangreichen Investitionen in Infrastrukturprojekte verstärkt der Entwicklung der Binnenregionen zu, wobei die Küstenregionen nichts an Aufmerksamkeit einbüßen sollten.[62]

Die Küstenregionen nehmen wegen der geographischen und wirtschaftlichen Vorteile eine beinahe natürliche Vorrangstellung ein, die sie auch langfristig erhalten werden können. Ausländische Investitionen fließen nach wie vor hauptsächlich in diese Regionen, was aber nicht nur auf geographische, politische und wirtschaftliche Verhältnisse, sondern auch auf familiale Bindungen zurückgeht. Ein großer Teil der ausländischen Investitionen stammt von Exilchinesen aus dem Süden Chinas, die nun in ihrer alte Heimat investieren.[63]

Auch wenn es in den Jahrzehnten immer wieder Tendenzen zur Konvergenz gegeben hat, ist letztendlich zu konstatieren, dass der Gini-Koeffizient im Jahre 2000 etwa 16% höher war als 1960, dass also die regionalen Einkommensunterschiede im Jahre 2000 deutlich spürbarer waren als vierzig Jahre zuvor.[64] China hatte ein enormes wirtschaftliches Wachstum erreicht, aber der politische und soziale Preis dafür drohte zu hoch zu werden. Grund genug für die chinesische Regierung, neue und weitergehende Maßnahmen und Strategien zur Reduzierung dieser regionalen Ungleichgewichte für das 21. Jh. zu entwickeln.

2.5 Aktuelle Entwicklungsstrategien (seit 2000)

China hat noch heute ein großes Problem mit der Armut in weiten Landesteilen, insbesondere im Westen. China hat aber bei der Armutsbekämpfung auch Erfolge erreicht, wie man sie nie zuvor in der Geschichte beobachten konnte.[65] Nach Schätzungen der Weltbank[66] lebten 1981 etwa 53% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze von 1$ Einkommen am Tag, 2001 waren es noch 8%. In nur einer Generation wurden ca. 500 Millionen Menschen aus der schlimmsten Armut befreit. Dafür gibt es tatsächlich kein historisches Beispiel.[67]

Schlüsselfaktor für diese Entwicklung sind laut Weltbank die Reformen im Agrarsektor:

“… The sharp decline in poverty from 1981 to 1985 was spurred by agricultural reforms that started in 1978. The household responsibility system, which assigned strong user rights for individual plots of land to rural households, the increase in government procurement prices, and a partial price liberalization all had strong positive effects on incentives for individual farmers …”[68]

Dennoch gehören die regionalen Ungleichheiten und die Armut noch immer zu den drängendsten Problemen in China. Die weitere Differenzierung der Einkommensverhältnisse zwischen den Regionen offenbaren die Schattenseiten des chinesischen Wirtschafts-wunders, an dem nicht alle Regionen gleichmäßig teilhaben.

„… Income has grown rapidly in China, but inequality has also increased dramatically. Income growth provided China the ability to reduce poverty and risk, and increase consumption and leisure. But growth has not spread these benefits through the population …”[69]

Von Anfang an war das chinesische Wirtschaftswunder regional auf die Küstenprovinzen und insbesondere auf die Sonderwirtschaftszonen beschränkt, am Großteil der Bevölkerung im Inland ging es völlig vorbei. Allerdings nahmen die regionalen Ungleichheiten direkt zu Beginn der Reformperiode zunächst einmal ab. Die Forschung wertet dies als Beweis dafür, dass die Reformen anfänglich gegriffen haben und Ungleichheiten so gemindert werden konnten, wie es auch die Inverted U-Hypothese beschreibt. Vor allem wird die Angleichung der Regionen auf die Reformen auf dem Land zurückgeführt, die es den Bauern ermöglichte, Einkommen und Lebensstandard zu verbessern. Seit den frühen 1990er Jahren stiegen die Ungleichheiten mit Wirken der Reform- und Öffnungspolitik und der Bevorzugung der Küstenregionen wieder drastisch an.[70]

Zur Steigerung der regionalen Ungleichheiten trug auch bei, dass der Staat noch immer die Preispolitik bestimmte. Landwirtschaftliche Betriebe und Rohstofflieferanten in den Binnenprovinzen mussten ihre Produkte zu äußerst niedrigen Preisen verkaufen, diese Produkte gingen dann meist zur Weiterverarbeitung und Veredlung in die Küstenregionen. Fertige Produkte und Geräte mussten die Binnenprovinzen zu hohen Marktpreisen aus dem Osten kaufen. Somit finanzierten die Binnenprovinzen die rasante Entwicklung des Ostens doppelt - als billiger Lieferant von Rohstoffen und Agrarprodukten und als Käufer teurer Fertigprodukte. Die Küstenregionen konnten aus dem Inland doppelten Gewinn erzielen.[71]

Eine schwerwiegende Folge der steigenden regionalen Divergenz war das Entstehen einer Binnenmigration von West nach Ost (Wanderarbeiter), die das soziale Gefüge sowohl in den rückständigen Herkunftsregionen als auch in den Küstenregionen völlig veränderte. Inzwischen ist aber auch deutlich geworden, dass die Überweisungen der 50 Millionen Wanderarbeiter an ihre Familien auch ihren Beitrag zur Entwicklung der rückständigen Provinzen leisten und dass heute eine Metropole wie Shanghai kaum ohne die riesige „Armee“ unqualifizierter und billiger Arbeitsmigranten funktionieren könnte.[72]

Solche Entwicklungen waren von der chinesischen Regierung aber nicht erwünscht, da sie die soziale und politische Stabilität des Landes und somit die weitere wirtschaftliche Entwicklung akut bedrohen könnte.

Erwartet wird, dass durch weitere Reformen der Staatsbetriebe und die fortschreitende Modernisierung der Landwirtschaft auch zukünftig große Mengen an Arbeitskräften auf den Arbeitsmarkt bzw. in die Binnenmigration drängen und für weitere soziale Probleme sorgen könnten. Auch zyklische Fluktuationen in der Wirtschaft, Korruption, Probleme im Banksystem und Verluste aus den Staatsbetrieben sorgen weiterhin für stetige Herausforderungen an die chinesische Führung.

Hinzu kommen die verschärfte Kritik und Interessensäußerungen der Regierungen aus den Binnenprovinzen, so dass sich für die Regierung auch auf politischer Ebene Gefahren entwickelten, z.B. Machtkämpfe in der Partei oder das Auseinanderfallens des Landes.

„… Regionale Disparitäten und Einkommensdifferenzen strapazieren schon jetzt das Gefüge der Gesellschaft und drohen die Regierung ihre Legitimation in den Augen der Reformverlierer zu kosten …“[73]

Die Regierung hat seit Mitte der 1990er Jahre mit wirtschaftlichen Fördermaßnahmen die Entwicklung der zentralen und westlichen Regionen eingeleitet, die dem Abbau regionaler Unterschiede dienen und zugleich auch die Entwicklung des Binnenmarktes fördern soll. Von äußeren Ereignissen (z.B. Asien-Finanzkrise) und ihren Auswirkungen auf den Export wollte sich die Regierung weitestgehend unabhängig machen. Schrittweise wurden die Privilegien der Küstenregionen auch auf die Binnenregionen übertragen und umfangreiche Finanzmittel vor allem für den Bau großer Infrastruktur-Projekte bereitgestellt.[74]

Potentielle Investoren kritisieren jedoch, dass Privilegien, die es auch andernorts gibt, keine mehr sind. Viele Investoren sehen daher trotz aller Bemühungen der Regierung um die Entwicklung des Investitionsklimas im Westen keine Veranlassung, mit ihren Investitionen in den Westen zu gehen, wenn sie dort keine speziellen Exklusivregelungen vorfinden.

Regionalentwicklung zielt im Wesentlichen auf die Überwindung von Effekten aus politischen Maßnahmen und geografischen Bedingungen. Während man politische Strategien revidieren, modifizieren oder auch annullieren kann, ist dies für die Überwindung geografischer Hindernisse oft nur schwer und zu hohen Kosten möglich - und dies gilt insbesondere für die chinesischen Binnenprovinzen. Daher kann die chinesische Regierung für die Entwicklung der zentralen und westlichen Provinzen nicht einfach die Maßnahmen übernehmen, die für die Entwicklung der Küstenregionen so erfolgreich gewesen sind. Vielmehr bedarf es hier einer modifizierten und mehrgleisigen Strategie, die die speziellen geographischen, wirtschaftlichen, politischen, sozialen und ethnischen Gegebenheiten und Bedürfnisse des Westens möglichst umfangreich berücksichtigt.[75]

In der praktischen Umsetzung setzt die Regierung auf umfängliche Entwicklungsprogramme, die sich auf den wirtschaftlichen Strukturwandel in der Zielregion konzentrieren. Mittelpunkt dieser Programme sind große Infrastrukturprojekte und Maßnahmen für einen verbesserten Zugang zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. In den meisten Programmen sind inzwischen auch Maßnahmen für den nachhaltigen Schutz der Umwelt enthalten. In der Regel wird diesen Entwicklungsprogrammen auch in den jeweiligen Fünfjahrplänen eine sehr hohe Priorität eingeräumt, um somit die politische Unterstützung dieser Programme deutlich zu machen und abzusichern.

Das in diesem Zusammenhang spektakulärste Programm ist das „Programm zur Entwicklung des Westens“. Es wurde aufgelegt, weil die Disparitäten zwischen den östlichen und westlichen Provinzen besonders dramatisch sind.

Das Programm wurde 1999 ins Leben gerufen und wird seit dem Jahr 2000 in die Praxis umgesetzt. Das Programm wurde außerdem im Jahr 2000 in den 10. Fünfjahrplan (2001-2005) aufgenommen und läuft aktuell in seiner 2. Phase.

Mittelpunkt dieser Strategie ist die Entwicklung Westchinas durch große Infrastruktur-, Bildungs- und Umweltprojekte. Es soll ein attraktives Investitionsumfeld geschaffen werden, das es den Binnenregionen ermöglicht, sich bei der wirtschaftlichen Entwicklung verstärkt auf die eigenen Anstrengungen zu verlassen. Wenn der Westen attraktivere Möglichkeiten zur Einkommenserzielung anbieten kann, können die regionalen Ungleichheiten gemildert und den Menschen Anreize gegeben werden, in der Region zu bleiben.[76]

Das Programm zur Entwicklung des Westens bildet den Mittelpunkt dieser Arbeit. Aber es ist nicht das einzige Programm, das die chinesische Regierung zur Entwicklung bestimmter Regionen aufgelegt hat und derzeit in die Praxis umsetzt.

Eine bekannte Strategie ist das von Deng Xiaoping ausgegebene Konzept „Ein Land, zwei Systeme“ (一国两制, Pinyin: yì guó liǎng zhì). Hongkong und Macao durften nach der Wiedervereinigung 1997 bzw.1999 das kapitalistische System für weitere 50 Jahre behalten, während das restliche China weiterhin die sozialistische Gesellschaft aufbauen wird.[77]

Im Jahr 2004 hat die Regierung mit dem „Konzept der Pan-Pearl-River-Delta-Region“ (珠江三角洲经济区, Pinyin: Zhūjiāng Sānjiǎozhōu Jīngjìqū) ein Programm entworfen, das die Zusammenarbeit der südlichen Provinzen[78] fördern soll. Es wird die größte regionale Kooperation seit Gründung der VR China sein.

Da sich inzwischen auch ein signifikantes Nord-Süd-Gefälle zu Ungunsten des Nordens entwickelt hat, hat die chinesische Regierung im Jahr 2004 das „Programm zur Wiederbelebung des Nordostens“ (振兴东北老工业基地, Pinyin: Zhènxīng Dōngběi Lǎo Gōngyè Jīdì) gestartet, mit dem die traditionelle Industriebasis der Provinzen im Nordosten[79] wieder zu alter Kraft und Blüte kommen soll.

2005 wandte sich das „Programm zum Aufstieg Zentralchinas“ (中部崛起计划, Pinyin: Zhōngbù Juéqǐ Jìhuà) der Entwicklung der Provinzen Zentralchinas[80] zu, die sich zum Teil schon um Aufnahme in das Programm zur Entwicklung des Westens bemüht hatten.

Der 11. Fünfjahrplan (2006-2010) gab eine neue strategische Konzeption aus: den „Aufbau einer harmonischen sozialistischen Gesellschaft“ (社会主义和谐社会, Pinyin: shèhuìzhǔyì héxié shèhuì). Dieses Konzept zielt auf die Reduzierung von Ungleichheiten bzw. die koordinierte Entwicklung der Regionen und ist seit 2006 das Leitprinzip der chinesischen Regierung. Es wird ergänzt durch das Leitbild der „wissenschaftlichen Entwicklung“. Unter dem Leitbegriff „Koordinierte Entwicklung der Regionen“ ist das Programm zur Entwicklung des Westens in den 11. Fünfjahrplan aufgenommen worden.

Seit der Gründung der VR China hatte Mao den Klassenkampf als Grundprinzip des Marxismus propagiert. Mit Beginn der Reformpolitik wurde dieses Prinzip in Frage gestellt, doch das Konzept der „harmonischen sozialistischen Gesellschaft“ schaffte es endgültig ab. Dass vor Verabschiedung des 11. Fünfjahrplans erstmalig auch eine Diskussion über Partei und Staat hinaus und eine Befragung von Experten stattfand, macht deutlich, dass tatsächlich ein erneuter radikaler Politik- und Strategiewechsel vorgenommen wurde.[81]

China hat seit Beginn der Reformpolitik eine Reihe von Strategien zur Entwicklung der Wirtschaft des Landes entworfen, umgesetzt, geändert, annulliert und ersetzt. Dabei standen Effektivität und Effizienz der Maßnahmen im Vordergrund, weshalb man (vorübergehend) regionale Ungleichheiten in Kauf nahm.

Diese regionalen Unterschiede wachsen weiter an. Die bisherigen Strategien haben zwar Kapital in die unterentwickelten Regionen gebracht und zur Entwicklung beigetragen, doch angesichts der Dynamik der Entwicklung an den Küstenregionen konnte ein An- bzw. Ausgleich der regionalen Disparitäten nicht erreicht werden. Einige Forschungen stellen eine Verschärfung der regionalen Unterschiede in einem Ausmaß fest, dass sie bereits zu einer ernsten Bedrohung der Stabilität des Landes geworden sind.[82]

„… Einige Wissenschaftler sind der Meinung, dass die regionalen Unterschiede in China die nationale Stabilität bereits gefährden und dass die Kluft so schnell wie möglich geschlossen werden müsse. Andere Wissenschaftler sind der Meinung, dass dies kurzfristig unmöglich sei und dass man auch nicht die ganze Lücke schließen, sondern nur den Trend einer wachsenden Kluft verlangsamen sollte. Unabhängig vom jeweiligen Standpunkt sind alle der Meinung, dass die Regierung dem Problem der regionalen Unterschiede Aufmerksamkeit schenken sollte …“[83]

3 Das Programm zur Entwicklung des Westens in der VR China

Als im Juli 1999 Chinas Staatspräsident Jiang Zemin (江泽民, Pinyin: Jiāng Zémín) das Programm zur Entwicklung des Westens (西部大开发, Pinyin: Xībù Dàkāifā)[84] bekanntgab, löste er damit Skepsis und Erstaunen, Hoffnungen und Bedenken aus. Das Programm kam pünktlich zum 50. Jahrestag der Gründung der VR China und ist der bisher umfassendste und weitreichendste Ansatz zur Entwicklung des chinesischen Westens.

3.1 Forschungsstand

3.1.1 Forschungsstand Allgemein

Zum Programm gibt es eine Fülle an Literatur. Zwar sind bisher nur wenige Monographien und Sammelbände verfügbar, doch in Fachzeitschriften sind zahlreiche Artikel erschienen. Im Internet sind unzählige Artikel aus Tageszeitungen und Zeitschriften abrufbar.

Die Asian Development Bank (ADB 2002) hat als einer der großen Geldgeber für das Programm eine Monographie vorgelegt, die Fragen der Strategien und Chancen in den verschiedenen Bereichen (Infrastruktur, Umwelt, Finanzen, Industrie, Humankapital, Minderheiten, Institutionen etc.) untersucht. Der Band bietet Fakten, Analysen und Empfehlungen und ist daher in jede Forschung zum Thema einzubeziehen. Aktuelle Daten können auf der Homepage der Asian Development Bank (fortan: ADB) eingesehen werden.

Yeung & Shen (2004) haben einen Sammelband publiziert, in denen verschiedene Autoren die makro- und mikroökonomischen Perspektiven des Programms für die betroffenen Provinzen untersuchen und umfangreiches Faktenmaterial vorlegen. Für die weitere Forschung wäre eine aktualisierte Neuauflage wünschenswert.

Der Sammelband von Lu & Neilson (2004) präsentiert ebenfalls eine große thematische Bandbreite und eine Fülle an Fakten, Einschätzungen und Ergebnissen. Auch für diesen Band wäre eine aktualisierte Neuauflage für künftige Untersuchungen hilfreich.

Einen weiteren Sammelband, der sich mit den Perspektiven auf den verschiedenen politischen und wirtschaftlichen Ebenen (National, Provinz, Lokal) befasst, hat Goodman (2004) herausgegeben. Zu allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Einschätzungen werden besondere Facetten von sieben betroffenen Provinzen beschrieben.

Neben diesen Bänden sind in den letzten Jahren unzählige Artikel, Untersuchungen und Berichte erschienen.[85] Ein erster Teil an Untersuchungen thematisiert übergeordnete politisch-historische Fragen wie die Entstehung von Nationen und Zivilisationen und die historische Rolle des Staates bei der Entwicklung des Westens in den verschiedenen historischen Abschnitten (Goodman 2002, Yeung & Li 2004).

Ein sehr großer Teil der vorliegenden Beiträge befasst sich mit den Motivationen, Absichten, Gründen und Strategien, die die chinesische Regierung zur Durchführung des Programms bewogen hat (Leman 2000, Lai 2002, Tian 2004).

Wirtschaftliche Aspekte stehen im Mittelpunkt weiterer Untersuchungen (Onishi 2001, Wallin 2006). Einige Studien befassen sich mit den Möglichkeiten, die das Programm für Unternehmen aus westlichen Ländern bietet (Körner 2006, BMWT 2009). Andere Arbeiten thematisieren die Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Programms (Wu 2004, Lahtinen 2005). Die meisten neueren Arbeiten schließen diese Thematik aber bereits ein.

Monografien explizit zum Einfluss der Verkehrsinfrastruktur auf das Programm liegen bislang nicht vor.[86] Das Thema wird in den Sammelbänden mit speziellen Abschnitten besprochen. Wegweisend für die Bewertung der Rolle der Verkehrsinfrastruktur sind zwei Arbeiten von Luo Xubei von der Weltbank (Luo 2003, Luo 2004). Bewertungen einzelner Projekte können auf den Homepages der Weltbank und der Asian Development Bank eingesehen werden.

3.1.2 Forschungsstand in China

In China wird sehr intensiv und produktiv über das Programm publiziert. Auch das Angebot an chinesischen Artikeln aus Zeitungen und Fachzeitschriften ist äußerst umfangreich, die zum großen Teil auch aus dem Internet abgerufen werden können. Aus der Fülle der Arbeiten können hier nur einige beispielhaft präsentiert werden.

Bereits 2001 legten Zhang Xusheng und Zhu Wenxing (张绪胜, 朱文兴, 2001) einen Band mit Statistiken aus verschiedenen volkswirtschaftlichen Bereichen vor und regen Empfehlungen zur Weiterverführung des Programms in einer globalisierten Welt an.

Die Monografie von Zhao Xi (赵曦, 2010) befasst sich mit der Umsetzung des Programms und seinen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Auswirkungen. Eine Zusammenfassung mit einem Überblick über die Ziele und Strategie präsentiert Cao Longhua (曹陇华, 2000). Zhang Chuangguo (张传国, 2000) analysiert die internationale und nationale Wirtschaftslage und die Änderungen, die sich daraus für das Programm ergeben.

Eine differenzierte Analyse der bisherigen Leistungen und Erfolge des Programms führt Bai Yongxiu et. al. (白永秀等, 2010) zu der Bewertung, dass sich die regionalen Unterschiede in China tendentiell trotz des Entwicklungsprogramms vergrößern werden.

3.2 Die Rahmenbedingungen im Westen

Das Programm zur Entwicklung des Westens musste in die geografischen, wirtschaftlichen und politischen Realitäten dieser Region eingefügt werden. Es waren aber auch genau diese Besonderheiten, die zur Planung dieses Programms geführt haben.

Zwar weisen die einzelnen Provinzen untereinander erhebliche Unterschiede auf, doch lassen sich auch zahlreiche Merkmale benennen, die allen Provinzen gemeinsam sind:

„… (1) a long history … (2) a vast region … (3) low density of population … (4) 90% of minorities of China reside in the West; (5) the long continental borderline …; (6) the region is rich in natural resources … (7) the region is located at the upper reaches of the major rivers of China and its fragile ecological environment implies large potential impacts on the lower reaches of these rivers and the rest of the country; (8) the regional infrastructure is backward … (9) educational, scientific and health standards seriously lag behind the national level; (10) low per capita GDP…”[87]

Neben den enormen Problemen (rückständige Infrastruktur und Wirtschaft, Minderheiten, Arbeitslosigkeit, Migration, Armut, schlechte medizinische Versorgung, geringe Bildung, Umweltprobleme)[88] birgt der Westen auch enorme Reserven an natürlichen Rohstoffen (Öl, Gas, Kohle Mineralien etc.). Die Region besitzt großes Potential für Tourismus, die Entwicklung eines Binnenmarktes und für Industriezweige mit geringen Lohnkosten. Der Westen hat gemeinsame Grenzen mit vielen Ländern und aussichtsreiche Chancen für die Entwicklung des Außenhandels. Nicht zuletzt können zumindest Teile des chinesischen Westens durchaus auf Entwicklungstraditionen der jüngeren Zeit zurückschauen (z. B. die Industriebasen der 3.-Front-Jahre in der Inneren Mongolei im Nordwesten).[89]

3.2.1 Historischer Background

3.2.1.1 Entwicklung des Westens vor dem 20. Jh.

Die Erschließung des Westens wird seit fast 2000 Jahren betrieben. Der Vorstoß nach Westen begann in der Han Dynastie (206 v.Chr. - 220 n. Chr.). Nach ihren Eroberungen führten die Han-Herrscher administrative Kontrollmechanismen ein und stellten Zuwanderern Land zur Verfügung. Dadurch wurde die Immigration in die betreffenden Gebiete gefördert und der Einfluss und die Machtposition der Han gestärkt.[90]

Eine zweite Welle der Entwicklung des Westens begann in der Sui- (581-618) und Tang- Dynastie (618-907). Im „Goldenen Zeitalter“ Chinas begann der Bau von Infrastruktur (Straßen, Wasserbau). Die Seidenstraße entwickelte in dieser Periode ihre volle Blüte als Verbindungsglied zwischen der damaligen Hauptstadt Xi’an und den anderen Regionen und Ländern. Handwerk und Handel konnten prosperieren, der Westen entwickelte sich.

Der dritte Vorstoß unter der Yuan-Dynastie (1271-1368) war begleitet von Maßnahmen, die die eroberten Gebiete näher an die Regierung binden sollten: Landvergabe an Immigranten, Gründung von Handelsorganisationen, Vereinheitlichung der Währung und die Vergabe von hohen politischen Stellen an Angehörige von Minderheiten.

In der Qing-Dynastie (1644-1911) gab es einen vierten Versuch zur Entwicklung des Westens. Agrarpolitische Maßnahmen sollten die Immigration, den Handel, Ackerbau und Viehzucht und somit die Entwicklung des Westens fördern.

Die vormoderne Entwicklung des Westens diente der Vergrößerung der Machtsphäre des Kaiserhofes und hatte rein militärische und politische Ziele. Die wirtschaftliche Entwicklung war eine Marginalie und folgte durch den Nachzug von Geschäftsleuten. Die Entwicklung war zwar staatlich erwünscht, aber nicht zentral geplant. Sie war dennoch eher eine Folge von zentraler Politik und nicht von lokalen Aktivitäten.

“… from the very beginning, western development was very much a product of state intervention. As a common strategy, Chinese emperors encouraged … soldiers and civilians to reclaim land in the west, employing relevant preferential policies … development in the southern and eastern region was driven by local forces ...”[91]

3.2.1.2 Entwicklung des Westens im 20. Jh.

Historisch gingen die Versuche zur Entwicklung des Westens mit seinem Niedergang einher. Provinzen wie Shaanxi und Gansu gehören zur Wiege der chinesischen Kultur, doch im Laufe der Geschichte verlagerten sich die politischen und wirtschaftlichen Zentren an die Küstengebiete.[92] Diese waren es dann auch, die die ersten Schritte in die Moderne unternahmen und seither einen wirtschaftlichen und technologischen Vorsprung haben.

Selbst in den Wirrungen des 20. Jh. hat es eine Entwicklung des Westens gegeben. Nach der japanischen Invasion verlegte die Regierung die Hauptstadt nach Chongqing. Die Stadt erfuhr eine wirtschaftliche Entwicklung, die aber wieder stagnierte, als die Regierung nach Ende des Krieges wieder nach Peking zog. Nach der Machtübernahme durch die Kommunisten hat die Strategie der 3. Front einen neuen Entwicklungsschub nach Westchina gebracht. Aber wiederum begann die Wirtschaft zu stagnieren, als die Strategie nach Entspannung der internationalen politischen Lage aufgegeben wurde.

Seit der Reform- und Öffnungspolitik waren mit der Strategie der Entwicklung der Küsten-gebiete die regionalen Unterschiede stetig gewachsen. Mitte der 1990er Jahre wurde deutlich, dass ein Instrument geschaffen werden musste, mit dem man dieser Entwicklung entgegensteuern konnte. Mit dem Programm zur Entwicklung des Westens 1999 begann der vorerst letzte Vorstoß zur Erschließung des rückständigen Westens.

[...]


[1] Regionale Unterschiede werden erfasst zwischen Stadt und Land, zwischen Stadt und Stadt bzw. Land und Land, zwischen einzelnen Regionen und innerhalb von Regionen.

[2] Vgl. Song 1995, S. 36 ff.

[3] Vgl. 张明龙 (Zhang Minglong) 2002, S. 44.

[4] Mit der Kuznets-Kurv ird der empirische Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Ungleichheit in derEinkommensverteilung grafisch dargestellt.Sie wurde seit 1955 von Simon Smith Kuznets entwickelt.

[5] Zur Diskussion der Ladder-Step-Theorie vgl. 王新霞,李具恒 (Wang Xinxia & Li Juheng) 2003.

[6] Die Strategie der Bildung von regionalen Wachstumszentren ist in Entwicklungsländern nicht unüblich. Sie wird als Theorie des ungleichgewichtigen Wachstums (unbalanced growth) bezeichnet. Das Konzept geht zurück auf Albert Hirschmann (The Strategy of Economic Development, 1958). Für chinesische Modelle der Wachstumspole vgl. Fan, Cindy, 1997, S. 629 f.

[7] Als trickle-down-Effekte (Sickereffekte) bezeichnet man das Phänomen, dass Wachstums-prozesse nach und nach bis in die untersten Schichten der Gesellschaft durchsickern und sich somit die Lebensbedingungen der gesamten Bevölkerung, insbesondere der ärmeren Schichten, verbessern. Dieser Effekt bleibt in den meisten Entwicklungsländern jedoch aus. Als Begründer dieser These gilt Adam Smith mit seinem Werk „The Wealth of Nations“ (1776).

Ein ähnliches Modell liegt den sogenannten „Spill-over-Effekten“ (Übertragungseffekte) zugrunde, die Ernst B. Haase in seinem Werk „The Uniting of Europe“ (1958) beschreibt. Demnach hat ein Ereignis bzw. ein Zustand (hier: Wirtschaftsentwicklung) Auswirkungen auf ein anderes Ereignis bzw. einen anderen Zustand (hier: Stimulierung der nachfolgenden Wirtschaftsentwicklung).

[8] Für chinesische Entwicklungsmodelle vgl. Fan, Cindy, 1997, S. 629 f.

[9] Vgl. Fan, Cindy 1995, S. 421.

[10] Vgl. Song 1995, S. 1.

[11] 常州市新北区 (Changzhou New District) 1997, S. 8.

[12] Cannon & Jenkins 1990, S. 29.

[13] Vgl. Fan, Cindy, 1997, S. 621.

[14] Fan, Cindy et. al. 2008, S. 2.

[15] Vgl. Heilig 2003a, S. 2 ff.

[16] Wirtschaftlich orientierte Studien ermitteln die Unterschiede mit verschiedenen Kenngrößen: z.B. mit dem Gini-Index (interpersonelle Einkommensunterschiede), dem Theil-Index (Einkommens- und Vermögensverteilungen) oder der Coefficient Variation (CV, wahrscheinliche Verteilungen von statistischen Werten). Zumeist wird der Gini-Koeffizient herangezogen, der die Verteilung von Einkommen beschreibt. Seine Werte liegen zwischen 0 (Gleichverteilung) und 1 (vollständige Konzentration auf einen Merkmalsträger, d. h. totale Ungleichverteilung).

[17] Vgl. Fan, Cindy, 1997, S. 620.

[18] Außerdem sind Zahlen aus sensiblen Provinzen wie Tibet häufig nicht in statistischen Erhebungen enthalten. Zur Problematik der Datenbeschaffung in China vgl. Hermann-Pillath 2006, S. 11 ff.

[19] Vgl. Perdue 2003, S. 12. Versuche zur Regionalentwicklung gibt es in China seit fast 2000 Jahren. Allerdings waren sie nicht die Folge staatlich geplanter Strategien, sondern Nebenerscheinungen militärischer Erweiterungen von Machtsphären (siehe Abschnitt 3.2.1).

[20] Vgl. Perdue 2003, S.12. Sun Yat-sen (1866-1925) war einer der bekanntesten chinesischen Revolutionäre und erster Präsident der Republik China.

[21] Vgl. Huang Jr-Tsung et. al. 2003, S. 274.

[22] Vgl. Fan, Cindy 1995, S. 422.

[23] Kondrashova 2005 S. 73.

[24] Schauhuber 2010, S. 6 f.

[25] Cannon & Jenkins 1990, S. 5.

[26] Vgl. Schauhuber 2010, S. 11.

[27] Vgl. Lin, Cai & Li 2003, S. 38.

[28] Vgl. Kanbur & Zhang 2005, S. 95.

[29] 魏后凯 (Wei Houkai) 2008, S. 8.

[30] Kernprovinz dieser Strategie war Sichuan, aber auch Guizhou, Yunnan, Shaanxi, Gansu, Hunan, Henan und Hubei kam eine wichtige strategische Bedeutung zu.

[31] Naughton 2007, S. 73.

[32] Vgl. Töttger 2006, S. 4. Die im Hinterland erbauten Industrien waren infrastrukturell nur mangelhaft erschlossen, zu kostspielig im Unterhalt und zu ineffizient in der Produktion. Manche Firmen haben nie produziert, so dass das Inventar verrostet ist. Vgl. Demurger 2002 et. al., S 13.

[33] Vgl. Zhang et. al. 2004, S. 2867.

[34] 肖春梅 等(Xiao Chunmei et. al.) 2010, S. 8.

[35] Vgl. Fan, Cindy 1995, S. 443.

[36] Die vier Grundprinzipien sind: der sozialistische Weg, die Diktatur des Proletariats, der Führungsanspruch der KPCh, der Marxismus-Leninismus mit den Mao-Zedong-Ideen.

[37] Naughton 2007, S. 86.

[38] Vgl. Gransow 2004, S. 5.

[39] Lin, Justin Yifu et. al. 2003, S. 177.

[40] Vgl. Gransow 2009.

[41] Nolan 2004, S. 7.

[42] Vgl. Gransow 2004, S. 7.

[43] Mit den Hinterhochöfen während des „Großen Sprungs“ war schon einmal eine Industrialisierung auf dem Land versucht worden. Aber erst die Wirtschaftsreformen 1978 schufen die Rahmen-bedingungen, in denen solche ländlichen Unternehmen gedeihen konnten. Vgl. Heilig 2003b, S.10

[44] In den Binnenregionen blieb der Sektor mangels Investitionen zurück. Vgl. Hui 2006, S. 383.

[45] Lin, Justin Yifu et. al. 2003, S 179.

[46] Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beschreibt den Gesamtwert aller Güter und Dienstleistungen, die eine nationale Volkswirtschaft in einem Jahr erwirtschaftet.

[47] Vgl. Heilig 2003b, S.10.

[48] Naughton 2007, S. 271.

[49] Vgl. Cannon & Jenkins 1990, S 15.

[50] Gleichzeitig wurde die Praxis der lebenslangen Anstellung („Eiserne Reisschüssel“) zugunsten einer Beschäftigung mit festen Arbeitsverträgen abgeschafft. Vgl. Schauhuber 2010, S. 30.

[51] Vgl. 任静 (Ren Jing) 2005, S. 3 f.

[52] Vgl. Song 1995, S. 2.

[53] Vgl. Fan, Cindy, 1997, S. 623.

[54] 肖春梅 等(Xiao Chunmei et.al.) 2010, S. 5.

[55] Weil die Betonung hier auf den östlichen Regionen liegt, wird dieses Modell auch als „Eastern Mission“ (东部决战, Pinyin: dōngbù juézhàn) bezeichnet.

[56] Deng Xiaoping in Nolan 2004, S. 8.

[57] 肖春梅 等(Xiao Chunmei et.al.) 2010, S. 6.

[58] Vgl. Song 1995, S. 48.

[59] Vgl. Hao & Wei 2007, S. 10.

[60] Vgl. Song 1995, S. 49.

[61] Vermutlich hat hier der „erbitterte Widerstand“ der Binnenprovinzen, die sich als „Kolonien der Sonderwirtschaftszonen“ sahen, eine gewichtige Rolle gespielt. Vgl. Taubmann 2001.

[62] Meines Erachtens ist dies die praktische Umsetzung des zuvor erwähnten Zwei-Foci-Modells.

[63] Vgl. Kondrashova 2005, S. 77.

[64] Auch in der Reformphase selbst erhöhte sich der Gini-Koeffizient signifikant von 0,34 im Jahre 1988 auf 0,41 im Jahre 2000. Vgl. OECD 2004, S. 20.

[65] Vgl. Fan Shenggeng et. al. 2002, S.1.

[66] Vgl. World Bank 2008, S. 46.

[67] Die offizielle Armutslinie in China (1990: 300 RMB pro Kopf im Jahr, 2000: 625 RMB, 2005: 1.300 RMB) lag bis vor kurzem deutlich niedriger als die der Weltbank (1$ pro Kopf am Tag). China hat nach eigener Rechnung also mehr Menschen aus der Armut befreit als die Weltbank errechnet hat. Trotzdem ist die Armutsbekämpfung Chinas eine außergewöhnliche historische Leistung. Ende 2011 hat China die Armutsgrenze an das Niveau der Weltbank angeglichen (2.300 RMB, 1$ pro Kopf/Tag). Die Weltbank erwägt derzeit eine allgemeine Erhöhung auf 1,25 pro Kopf/Tag.

[68] World Bank 2008. S. 46.

[69] Naughton 2005, S. 209.

[70] Einige Forscher sehen eine Tendenz zur Konvergenz seit 2004. Vgl. Fan, Cindy et. al. 2008, S. 9.

[71] Vgl. Fan, Cindy 1995, S 426.

[72] Vgl. Heilig 2003b, S. 12 und Gransow 2009, S. 4.

[73] Vgl. Alpermann, S. 17.

[74] Vgl. Schüller 2001.

[75] Vgl. World Bank 2001, S. 3.

[76] Vgl. Schüller 2001.

[77] Auch Taiwan wurde angeboten, sich unter diesem Konzept mit dem Festland wiederzuvereinen.

[78] Guangdong, Hainan, Guizhou, Jiangxi, Yunnan, Sichuan, Hunan, Fuzhou; Guangxi sowie Hong Kong und Macao.

[79] Heilongjiang, Jilin und Liaoning.

[80] Shanxi, Henan, Anhui, Hubei, Hunan und Jiangxi.

[81] Vgl. Fan, Cindy 2006, S. 717.

[82] Vgl. Fan, Cindy 2006, S. 715. Im Jahre 2003 hat es 58.000 Zwischenfälle mit einer Beteiligung von mehr als 100 Personen gegeben, im Jahre 2004 waren es bereits 74.000. Diese Entwicklung schreibt Fan neben anderen Faktoren vor allem den steigenden regionalen Disparitäten zu, da diese Unruhen sehr häufig in den entlegenen westlichen Regionen stattfinden, die bisher nur wenig vom chinesischen Wirtschaftswunder profitieren konnten (Xinjiang, Tibet etc.).

[83] 常州市新北区 (Changzhou New District) 1997, S. 8.

[84] In der englischsprachigen Literatur wird anstelle von „Programm“ häufig der Begriff „Strategie“ verwendet. Beide Begriffe sollen hier synonym gelten.

[85] Thematisch decken die Arbeiten neben dem Infrastruktur-Bau eine umfangreiche Bandbreite ab (Umweltschutz, Landwirtschaft, Finanzpolitik, Bildung, Migration, soziale Sicherung etc.). Da diese Themen nicht zum Thema dieser Arbeit im engeren Sinne gehören, sei an dieser Stelle auf die Beiträge in den Sammelbänden und die dazugehörigen Literaturverzeichnisse verwiesen.

[86] Als Ausnahme kann die Monographie von Lustgarten (2008) zur Tibet-Bahn gelten, die streng genommen mehr eine hochinteressante Reportage als eine wissenschaftliche Untersuchung ist.

[87] Lin Ling & Liu Shiqing 2004, S. 262.

[88] Mehr zur Situation der Minderheiten, den sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, zur Umweltpolitik, Landwirtschaft etc. in Westchina siehe ADB 2002.

[89] Vgl. Wallin 2006, S. 18.

[90] Vgl. Li, Yeung & Qiao 2004, S 32.

[91] Vgl. Li, Yeung & Qiao 2004, S. 34.

[92] Vgl. Yeung & Li 2004, S. 15.

Ende der Leseprobe aus 139 Seiten

Details

Titel
Die Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur für das Programm zur Entwicklung der Westlichen Regionen in China
Untertitel
2000 - 2005
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Ostasiatisches Seminar)
Note
1,7
Autor
Jahr
2012
Seiten
139
Katalognummer
V215326
ISBN (eBook)
9783656439363
ISBN (Buch)
9783656440529
Dateigröße
1495 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
China, Westchina, Xibu Da Kaifa, Verkehrsinfrastruktur, Infrastruktur, Sinologie, Regionalentwicklung, Entwicklungsstrategie, Regionalpolitik
Arbeit zitieren
Regina Pahling (Autor:in), 2012, Die Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur für das Programm zur Entwicklung der Westlichen Regionen in China, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215326

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