Das Valencianische, seine Sonderstellung und die damit verbundene Sprachdebatte


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

45 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Wissenswertes über die Comunitat Valenciana
2.1 Geographische Einordnung
2.2 Kultur Valencias
2.2.1 Sehenswürdigkeiten der Comunitat Valenciana
2.2.2 Festlichkeiten und Feiertage in der Comunitat Valenciana
2.2.3 Geschichtliche Hintergründe der Comunitat Valenciana
2.3 Rechtliche Grundlagen
2.3.1 Die spanische Verfassung
2.3.2 Bedeutung des Autonomiestatuts
2.3.3 Das Autonomiestatut der Comunitat Valenciana

3. Das Valencianische
3.1 Sprachliche Unterschiede zwischen Valencianisch und Kastilisch
3.2 Sprachliche Unterschiede zwischen Valencianisch und Katalanisch
3.3 Theorien zum Ursprung des Valencianischen
3.4 Maßnahmen zur Konservierung des Valencianischen

4. Der valencianische Sprachkonflikt
4.1 Der sprachliche Sezessionismus
4.2 Der valencianische Antikatalanismus
4.3 Der Pankatalanismus
4.4 Kritische Aspekte der sprachlichen Auseinandersetzung
4.5 Aktuelle Sachlage

5. Studienprojekt-Umfrage
5.1 Auswertung der Fragebögen
5.1.1 Beurteilung der Frage nach Zugehörigkeitsempfinden
5.1.2 Beurteilung der Frage nach Sprachfähigkeiten
5.1.3 Beurteilung der Frage nach eigener Einschätzung des Sprachkonflikts
5.2 Schlussfolgerungen aus Umfrageergebnissen
5.3 Kulturwissenschaftliche Betrachtung

6. Resümee

Literaturverzeichnis

1.Einleitung

„Spanier ist jeder, der keine Möglichkeit hat etwas anderes zu sein“, dieser zynische und zugleich äußerst aussagekräftige Kommentar des ehemaligen Ministerpräsidenten und Historikers Cánovas del Castillo kritisiert die regionalen Autonomiebestrebungen in Spanien.[1] Die ständig anwachsenden Forderungen nach Autonomie des Baskenlandes, Galiziens und Kataloniens sowie Valencias stellen nach wie vor einen Kernpunkt der politischen Themen dar, mit denen sich die parlamentarische Erbmonarchie Spanien befassen muss. Diese autonomen Gemeinschaften streben nach mehr Freiheit und Mitspracherecht in eigenen politischen Angelegenheiten und ferner nach Anerkennung der eigenen Regionalsprachen als offizielle Amtssprachen.

Die Folgen dieses Verhaltens sind zum Einen inländische Zersplitterung aus sprachlicher Sicht sowie ein ansteigender Konkurrenzgedanke untereinander. Laut Salvador Giner, dem Präsidenten des IEC (Institute d´Estudis Catalans) ist „el secesionismo es darle la puntilla a la lengua“, dem weitaus schwerwiegendere Problemen folgen können.[2]

Auch die Europäische Union, in der das Königreich Spanien seit 1986 ein amtierendes Mitglied ist, hat sich mit dieser Problematik befasst. Am fünften November 1992 gab die EU ihre Definition für den Begriff Regional- und Minderheitensprachen bekannt:

„Regional or minority languages means languages are traditionally used within a given territory of a State by nationals of that State who form a group numerically smaller than the rest of the State’s population; and different from the official language(s) of that State” [3]

Demnach handelt es sich hierbei um eine von einer Minderheit in einem Staatsgebiet gebrauchte Sprache, die sich von der Amtssprache unterscheidet und weder ein Dialekt, noch die Sprache von Zuwanderern ist. Während die Charta nicht zwischen Minderheiten- und Regionalsprachen differenziert, ist eine Unterscheidung aus wissenschaftlicher Sicht durchaus möglich. Regionalsprachen richten sich nach der regionalen Verbreitung, wohingegen Minderheitensprachen eher ethnisch bestimmt, dennoch gibt es häufig Überschneidungen.[4]

Es ist nachvollziehbar, dass diese schwammige Begriffsbestimmung Unstimmigkeiten mit sich bringt. Huelgas bzw. auf Katalanisch vagas stehen in bestimmten spanischen Gebieten beinahe täglich auf dem Programm und beeinflussen das Leben der spanischen Bevölkerung stark.

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Bild 1

Häufige Streiks und Demonstrationen verursachen Missstimmungen im eigenen Land und das Einheitsgefühl geht verloren. Dies schadet wiederum der Nation als Ganzem. Während es Katalonien geschafft hat sich weitgehend zu etablieren, kämpfen die anderen autonomen Gemeinschaften unentwegt für diesen Zustand. Der Comunitat Valenciana kommt eine besondere Rolle in dieser Debatte zu. Sie versucht sich seit einiger Zeit vor der Assimilation Kataloniens zu schützen und stattdessen Autonomie zu erlangen. Hierfür werden immer mehr Vorkehrungen getroffen, um das Valencianische allgegenwärtiger werden zu lassen und in Folge dessen einen höheren Stellenwert in Spanien zu erlangen. Anlässlich dieser Debatte stellt sich die Frage, wie die Bevölkerung über diese Thematik denkt und ob sie überhaupt mit dem Handeln der politischen Führer einverstanden ist.

Im Zuge dieser Arbeit soll ein Einblick in die gegenwärtige Sprachsituation in der Comunitat Valenciana geschaffen werden. Dazu dienen mitunter persönliche Erfahrungen während des Auslandsaufenthalts in Valencia. Beispielsweise wird im Einschreibungsformular der Univeristat Politecnica de Valencia neben persönlichen Angaben auch nach den Valencianisch-Fähigkeiten gefragt, einerseits aus statistischen Gründen und andererseits weil viele Kurse an der Universität ausschließlich in Valencianisch angeboten werden. Dies ist nur eines von vielen Beispielen, woran die Anomalie der Comunitat Valenciana hinsichtlich ihrer Selbstbestimmung und dem Festhalten an der eigenen Sprache deutlich wird.

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und praktischen Teil, der im Rahmen einer Kulturraumstudie entstanden ist. Der theoretische Part behandelt die

gegenwärtige Diskussion um das Valencianische. Ein Großteil der Sprecher sieht das Valencianische als eigenständige Sprache, und nicht als Varietät des Katalanischen an. Deshalb wird im Verlauf dieser Arbeit versucht, die Besonderheiten der valencianischen Sprache darzulegen und die wesentlichen Motive ausfindig zu machen, die diese Meinungsverschiedenheit überhaupt entstehen ließen.

Anschließend wird dieses Thema im praktischen Teil aufgegriffen. Dies soll nicht nur einer ausgiebigen und stichhaltigen Untersuchung der Sachlage dienen, sondern zur Klärung dieser Fragen beitragen. Im Rahmen der Studie wurden Passanten auf den Straßen Valencias zu den angeführten Themengebieten befragt. Desweiteren wurden Stimmen von Personen aus der ländlicheren Gegend der Comunitat Valenciana herangezogen, um daraus weitere Rückschlüsse über deren Standpunkt ziehen zu können. (gemeint sind die Bewohner des Städtchens Alcoi, circa 100 Kilometer südlich von Valencia) Schließlich soll eine anschauliche und nachvollziehbare Darstellung die Auswertung und Analyse der eigens erstellten Fragebögen vorstellen.

2. Wissenswertes über die Comunitat Valenciana

2.1 Geographische Einordnung

Die Comunitat Valenciana (kast. Comunidad Valenciana) ist[5] eine Autonome Gemeinschaft im Osten des spanischen Festlandes. Neben ihrer maritimen Lage an der Mittelmeerküste grenzt die Comunitat Valenciana im Norden an Katalonien, im Westen an Aragonien und Kastilien- La Mancha sowie im Süden an Murcia. Ihr Gebiet umfasst eine Fläche von 23.255 km². Mit einer Einwohnerzahl von etwa 5,1 Millionen ergibt dies eine Bevölkerungsdichte von 220 Einwohnern pro km². Zum Vergleich: ganz Spanien hat eine Fläche von 504.645 km² bei einer Einwohnerzahl von etwa 47,2 Millionen, daraus folgt eine Bevölkerungsdichte von 94 Einwohnern pro km².

Die Comunitat Valenciana umfasst drei área metropolitana (Provinzen): Valencia, Alacant und Castelló. Diese lassen sich insgesamt in 32 comarcas (Bezirke) mit den zugehörigen municipios (Städte) unterteilen.[6]

Gemeinsame Hauptstadt der Provinzen ist die Stadt Valencia. Die spanische Großstadt, in der der Turia ins Mittelmeer mündet, hat heute ca. 809.267 Einwohner bei einer Fläche von 134,65 km². In und um die Stadt Valencia leben rund 1,8 Millionen Menschen. Damit ist Valencia drittgrößte Stadt Spaniens und gleichzeitig ein sehr beliebtes Urlaubsziel für Touristen aus aller Welt. Die Stadt selber gliedert sich in 19 Stadtteile; jeder Stadtteil besticht durch seine einzigartigen Sehenswürdigkeiten.

2.2 Kultur Valencias

2.2.1 Sehenswürdigkeiten

“Un gran complejo lúdico-cultural impulsado por la Gerneralitat Valenciana, que se ha convertido en lugar de referencia international, tanto por su arquitectura (obra de Santiago Calatrava y Félix Candela), como por su capacidad para divertir, enseñar y emocionar a través de los contenidos mostrados en el Palau de les Arts Reina Sofía (teatro de la ópera),el Hemisféric (IMAX y proyecciones digitales), el Museo de las Ciencias Príncipe Felipe, el Umbracle (mirador y aparcamiento), el Àgora y el Oceangráfic (acuario). La Ciudad de las Artes y las Ciencias simboliza la apuesta por el turismo cultural con que la Comunidad Valenciana se presenta ante el mundo.”[7]

Mit dieser Einführung stellt sich die Stadt Valencia in der Broschüre „Ciudad de las artes y

las ciencias Valencia-esta ciudad es otro mundo” vor.

Die Stadt hat ihren eigenen unantastbaren Charme und begeistert ihre Besucher einerseits durch ihre historischen Stadtviertel und anderseits durch die hochmoderne Ciudad de las Artes y de las Ciencias.

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Bild 2

Der Stolz auf ihre Stadt kommt besonders durch ihre sehr moderne und abwechslungsreiche Architektur zum Ausdruck. Den Entwurf für die Ciutat de les Arts i de les Ciències lieferte der Architekt Santiago Calatrava im Jahre 1990, sechs Jahre später folgte bereits die Eröffnung. Sie ist Sinnbild für den modernen Teil der Stadt unter anderem wegen dem äußerst abstrakten und extravaganten Opern- und Musikpalast Palau de las Arts Reina Sofia.

Zusätzlich bietet Valencia eine Vielzahl an Museen, deren Eintritt ganz zur Freude ihrer Besucher sonntags kostenlos ist. Von besonderem Interesse ist sicherlich das Museo Taurino de Valencia, welches 1929 gegründet wurde und zu den größten Stierkampfmuseen in ganz Spanien gehört. Wie die meisten großen Städte besitzt Valencia eine Stierkampfarena, in der immer wieder sogenannte Corrida de torros stattfinden.

Im Gegensatz zu Katalonien, wo der Stierkampf aufgrund der Bedenklichkeit der Tierquälerei 2010 verboten wurde, wird er in Valencia weiterhin betrieben.

Der Mercado Central bietet einen wichtigen Schauplatz des alltäglichen Lebens in Valencia und ist gleichzeitig Anziehungspunkt für Touristen. Ihm gegenüber liegt die Seidenbörse Lonja de la Seda. Diese ist eines der beachtlichsten Gebäude Europas aus der profanen Gotik mit einer Größe von rund 2000 Quadratmetern; sie wurde 1996 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt. In diesem Zusammenhang ist das Museo del Colegio Arte Mayor de la Seda auch einen Besuch wert. Eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten ist die Kathedrale von Valencia, die 1262 auf den Grundmauern einer einstigen Moschee errichtet wurde. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Kathedrale mehrmals umgestaltet und daher von mehreren

Einflüssen geprägt, wie beispielsweise der arabischen Kultur seitens der Mudéjar. Deswegen ist sie heute ein historisches Wahrzeichen der Stadt.

2.2.2 Festlichkeiten und Feiertage

Der bedeutendste Tag für die Region Valencia ist der Dia de la Comunitat Valenciana am 09. Oktober 1238. Dieser Tag ist König Jaime I. gewidmet und steht für jenen Tag, an dem Valencia zur Hauptstadt des damaligen Königreichs erklärt wurde. Die Valencianer zelebrieren diesen Tag gebührend. In der Nacht vom 08. auf den 09. Oktober wird aus diesem Anlass ein pompöses Feuerwerk veranstaltet und ganze Menschenmassen versammeln sich hierfür in und um den Jardin del Turia und bestaunen das einstündige Spektakel. Am darauffolgenden Tag sind die Straßen Valencias voll von Musikern und Tänzern, die in traditionellen Gewändern Lieder spielen und dazu tanzen. Besonders bekannt ist der sogenannte danza popular auf dem Plaza de Virgin, der die Zuschauer in seinen Bann zieht, ebenso wie die manifestación am Plaza Alfonso el magnifico. Bei diesem Ereignis handelt es sich um einen Umzug auf den Straßen Valencias, mit dem versucht wird an die Geburt der Provinz Valencia zu erinnern. Veranschaulicht wird diese Begebenheit durch die bürgerliche Prozession und mit der Nachahmung des Einmarsches der Mauren und Christen.

Ganz im Sinne des regionalen Feiertages ist am Nou d´Octubre (Valencianisch für 09. Oktober) die gesamte Stadt mit valencianischen Flaggen verziert. Die Valencianer gratulieren sich gegenseitig anlässlich dieses Ehrentages. Auf lokaler Ebene hat dieser Feiertag eine lange

Tradition, die bis ins 14. Jahrhundert in die Zeiten des Königs Jaime II. von Aragon zurückreicht. Seit dem Jahre 1976 ist der Nou d´Octubre offizieller Feiertag der Region.[8] In Anlehnung an den Einmarsch der Mauren wird in Alcoi (valen. Alcoy), einer kleinen Stadt südlich von Valencia jährlich gegen Ende April die Fiesta de Mauros zelebriert. Neben den Fallas in Valencia zählen diese Ereignisse zu den Hauptattraktionen der Region.

Die Tatsache, dass in der Comunitat Valenciana eigene Feste und Feierlichkeiten stattfinden und ausgetragen werden, zeigt wie hier Werte und Traditionen geachtet werden. Der Stolz auf Vergangenheit könnte als eine mögliche Begründung für das Selbstbewusstsein der Gemeinschaft aufgefasst werden.

2.2.3 Geschichtliche Hintergründe

Valencia wurde 138 v.Chr.[9] von den Römern unter dem Namen Valentina gegründet. 711 n. Chr. überquerten die Mauren die Meerengen von Gibraltar, um die spanische Halbinsel zu erobern. Im Jahre 718 n.Chr. wurde Valencia von ihnen eingenommen und kurz darauf in das arabische Balensyia umgetauft. Diese Zeit gilt als Blütezeit Valencias, was in erster Linie den Arabern und ihren Fähigkeiten in der Bewässerung der Felder zu verdanken ist. Zudem hinterließen die Araber ein sprachliches Erbe. Bis heute erinnern mehrere Sehenswürdigkeiten an ihre Anwesenheit. Bereits 1232 n.Chr. hatte eine erste Eroberungswelle des Taifas Balensyia stattgefunden, indem Jaime I. anfing, Teile des späteren Königreichs Valencias mit aragonesischen Truppen zu besetzen. Am 09. Oktober 1237 n.Chr. betrat er die Stadt Valencia, nachdem er die Truppen des Taifa Balensyia erfolgreich geschlagen hatte. Dieses Datum gilt seither als Geburtsstunde des Königreichs Valencia sowie des valencianischen Volkes.

1363 versuchten kastilische Truppen vergeblich Valencia einzunehmen, aus Gründen der uneingeschränkten Loyalität gegenüber der Aragonischen Krone wurde Valencia die sogenannte „Doppelte Loyalität“ anerkannt. An den zwei Buchtstaben „L“ im Wappen der Stadt spiegelt sich diese Doppelte Loyalität noch heute wieder.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3

Im 15. Jahrhundert erlebte Valencia eine große Umwandlung durch die wirtschaftliche, kulturelle und politische Kraft der Aragonischen Krone. Zu dieser Zeit ist von Valencia als

„Gelobtes Land“ die Rede und diese Bezeichnung scheint die bedeutende Stellung Valencias wiederzugeben. In dieser Position zeigt sich laut Joan Garí, einem katalanischen Schriftsteller, bereits der sogenannte „autochthone Stolz“ der Stadt.[10] Gleichzeitig findet in dieser Zeit die Bezeichnung „Valencianische Sprache“ zum ersten Mal Anwendung, größtenteils jedoch von valencianischen Autoren. Kurz darauf wird in Valencia das erste iberische Buch gedruckt. Zu

dieser Zeit war die Stadt eine der wenigen Städte Europas, in der der Buchdruck Einzug erhielt.

Während der Jahrhundertwende erfährt diese glanzvolle Position eine starke Erschütterung, in indem auf den ursprünglichen Ruhm der Stadt der kulturellen Verfall folgt, der gleichermaßen eine Schwächung der aragonischen Krone nach sich zieht. Mögliche Gründe für den Niedergang lassen sich auf politischer, wirtschaftlicher aber auch sprachlicher Ebene finden. Damit ist das Voranschreiten der bereits zuvor angedeuteten Zersplitterung der katalanischen Sprache gemeint. In den darauffolgenden Jahrhunderten zeichnete sich eine Stärkung der diatopisch-politischen Varianten der Sprachen ab. Hiermit sind folgende drei Richtungen gemeint: das Valencianische, das Balearische sowie das „strikt“ Katalanische.

Das Valencianische besaß in dieser Zeit bereits arabische Züge, besonders zum Ausdruck kommt dies heute anhand der Vorsilbe „beni-“ von Ortsnamen wie Benidorm und Benicássim oder Bezeichnungen für Stadtteile wie Benimaclet. Dennoch bleibt der bedeutendste Einfluss für die Charakterisierung des Valencianischen das Kastilische.[11] Rückschläge erfuhr die katalanische Sprache und somit mit inbegriffen das Valencianische im Anschluss an den Spanischen Erbfolgekrieg, als mit der Einführung der sogenannten Decretos de Nueva Planta die katalanische Sprache inklusive ihrer Dialekte verboten wurde. Demzufolge fielen alle

nicht - kastilischen Regionalsprachen der Gesetzgebung Francos gleichermaßen zum Opfer. Im Sinne der Hispanidad wollte Franco die Einheit Spaniens, der spanischen Sprache und aller spanischsprachigen Länder erzwingen.

Während des zentralistisch ausgerichteten Franco-Regimes wurde der Regionalismus vehement unterdrückt und folglich auch jegliches Streben nach Autonomie unterbunden. Im öffentlichen Bereich wurden Ortsnamen, Printmedien und Radiostationen hispanisiert und es durfte nur die kastilische Sprache verwendet werden. Die Repression betraf in erster Linie den öffentlichen Sprachgebrauch, daher fand der Unterricht an Schulen ausschließlich in Kastilisch statt. Ähnlich verhielt es sich im privaten Bereich. Auch hier wurde die Verwendung des Kastilischen angeordnet, wobei sich hier die Kontrolle als äußerst schwierig erwies.

Nach Francos Diktatur verstärkten sich als Reaktion auf den Franquismus die Forderungen der Bevölkerung nach Autonomie. Mit den ersten freien Wahlen 1977 und der darauffolgenden spanischen Verfassung 1978 wurde ein erster Schritt in die Richtung gemacht, diesen Forderungen nachzukommen. Die Einführung der Autonomiestatute war

ebenfalls ein zusätzliches Geständnis an den Regionalismus. Die Region Valencia erlangte im Jahre 1982 schließlich die erwünschte Autonomie. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass das zugesprochene Gebiet größtenteils identisch ist mit demjenigen des ehemaligen Königreichs Valencia, welches zur Krone Aragoniens gehörte.[12]

2.3 Rechtliche Grundlagen

2.3.1 Die spanische Verfassung

Nach Francos Tod 1975 wurde das Staatswesen in Spanien dezentralisiert. Laut Artikel 3 der spanischen Verfassung aus dem Jahre 1978 wurde das Kastilische als offizielle Landessprache angesehen, den Regionalsprachen wurde zwar eine Kooffizialität zugesprochen, jedoch nach dem Territorialprinzip.[13]Sowohl in der Präambel als auch in den Absätzen des Artikels 3 ist die Rede von der offiziellen kastilischen Amtssprache und den anderen offiziellen Amtssprachen der autonomen Gemeinschaften. Zudem wird die Verpflichtung eingegangen

verschiedene sprachliche Modalitäten und dadurch kulturelles Erbe zu schützen. Ersichtlich am Auszug des Artikels 3 der spanischen Verfassung:

1. El castellano es la lengua española oficial del Estado. Todos los Españoles tienen el deber de conocerla y el derecho a usarla.
2. Las démas lenguas españolas serán también oficiales en las respectivas Comunidades Autónomas de acuerdo con sus Estatutos.
3. La riqueza de las distintas modalidades lingüísticas de España es un patrimonio cultural que será objeto de especial respeto y protección.[14]

2.3.2 Autonomiestatus

Autonomie leitet sich vom altgriechischen Wort autonomia ab, worunter man

„Eigengesetzlichkeit, Selbständigkeit“ versteht. Autonomia wiederrum setzt sich zusammen aus „autos“, dies bedeutet „selbst“, sowie „nomos“, das gleichbedeutend ist mit „Gesetz“.

Die Rechte, die aus dem Status eines Autonomiestatuts hervorgehen sind in der spanischen Verfassung im Artikel 3 des Organgesetzes schriftlich fixiert. Demnach unterscheiden sich

die leyes organicas von den leyes ordinarias. Während die leyes ordinarias gewöhnliche Gesetze darstellen, regeln die leyes organicas Sonderregelungen im Gesetzgebungsverfahren, wie es der Fall ist bei den Autonomiestatuten, deren Beschlüsse nur mit absoluter Mehrheit getroffen werden können.

Wie bereits erwähnt, besitzen bestimmte spanische Regionen besondere Autonomierechte.[15] Mit dem Autonomiestatut wird der autonomen Gemeinschaft ein gewisser Handlungsspielraum in politischen Angelegenheiten rechtlich zugesichert. Ein Autonomiestatut besitzt eine Art Doppelcharakter. Es ist sowohl staatliches Organgesetz, als auch grundlegende, institutionelle Rechtsnorm der autonomen Gemeinschaft.[16]

„Dentro de los términos de la presente Constitución, los Estatutos serán la norma institucional básica de cada Comunidad Autónoma y el Estado los reconocerá y amparará como parte integrante de su orden amiento jurídico.” [17]

Dem Organgesetz verdanken die autonomen Gemeinschaften ihre Eigenständigkeit, wobei dies sowohl negative als auch positive Konsequenzen mit sich bringt. Die Folgen der Autonomiestatute und der damit verbundenen Sprachvielfalt Spaniens sind im ganzen Land zu spüren. Einen Eindruck von der Sprachvielfalt bekommt zum Beispiel durch die Etiketten von einigen Lebensmittelverpackungen.

[...]


[1] vgl. Haubrich Walter, „Spanien“ S.136

[2] vgl. http://www.levante-emv.com/comunitat-valenciana/2009/06/22/comunitat-valenciana-salvador-giner-secesionismo- darle-puntilla-lengua/604069.html

[3] vgl. http://conventions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/148.htm

[4] vgl. http://ec.europa.eu/education/languages/archive/languages/langmin/regmin_de.html

[5] vgl. http://www.ine.es/

[6] vgl. Autonomiestatuts der Comunitat Valenciana, Artikel 2 http://noticias.juridicas.com/base_datos/Admin/lo5-1982.t1.html

[7] vgl. Anhang-Anlage 4: Werbebroschüre ,,Ciudad de las artes y las ciencias Valencia- esta ciudad es otro mundo“

[8] vgl. Voß Antje, S.33ff

[9] vgl. Doppelbauer Max, S.81ff

[10] vgl. Garí Joan, Wissenswertes über Valencianisch S.8

[11] vgl. Garí Joan, Wissenswertes über Valencianisch, S.11

[12] vgl. Doppelbauer Max, S.81 ff

[13] vgl. Doppelbauer Max, S.45

[14] vgl. Spanische Verfassung Präambel und Artikel 3 http://noticias.juridicas.com/base_datos/Admin/constitucion.html>

[15] vgl. Artikel 3 der spanischen Verfassung von 1978 http://noticias.juridicas.com/base_datos/Admin/constitucion.html>

[16] vgl. Artikel 147 der Spanischen Verfassung http://noticias.juridicas.com/base_datos/Admin/constitucion.html>

[17] vgl. Synopsis der Spanischen Verfassung http://noticias.juridicas.com/base_datos/Admin/constitucion.html>

Ende der Leseprobe aus 45 Seiten

Details

Titel
Das Valencianische, seine Sonderstellung und die damit verbundene Sprachdebatte
Hochschule
Universität Passau
Veranstaltung
Spanische Sprachwissenschaft
Autor
Jahr
2013
Seiten
45
Katalognummer
V215137
ISBN (eBook)
9783656431589
ISBN (Buch)
9783656436225
Dateigröße
986 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
valencianische, sonderstellung, sprachdebatte
Arbeit zitieren
Elisabeth Anderhof (Autor:in), 2013, Das Valencianische, seine Sonderstellung und die damit verbundene Sprachdebatte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215137

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