Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Vorwort
2. Die Moche-Kultur
2.1 Stellung innerhalb der andinen Kulturabfolge
2.2 Fundstätten und archäologischer Befund
2.3 Der Moche-Kunststil
3. Moche-Ikonographie: Mythologie und Pantheon
3.1 Kosmovision und Mythologie
3.2 Das Pantheon: Numinose Wesen der „Mochica“
4. Nachwort
5 . Verzeichnis der verwendeten Literatur
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Moche-Tempel in Cao Viejo
Abbildung 2 Urne mit Begräbnismotiv
Abbildung 3 Ausschnitt aus dem „Begräbnisthema“
Abbildung 4 Opferung einer weiblichen Person
Abbildung 5 Opferzeremonie
Abbildung 6 „Frauenopfer“
Abbildung 7 Geieropfer
Abbildung 8 Weitere „Opferzeremonie“
Abbildung 9 „Leguan“
Abbildung 10 „Berggott“ beim Kämpfen
1. Vorwort
Im Tal des Mocheflusses an der Küste von Peru liegen Pyramiden, über deren Erbauer es keine schriftlichen Aufzeichnungen gibt. Weder kolonialzeitliche Dokumente der Spanier noch die wenigen indigenen Quellen der Region geben über diese gewaltigen Strukturen - unter ihnen die Huaca del Sol, die größte Tempelplattform der Neuen Welt - Auskunft. Was man über sie weiß, weiss man aus der Archäologie. Ihre Erbauer lebten von Landwirtschaft, hatten keine Schrift, aber waren begnadete Kunsthandwerker. Sie besiedelten eine Anzahl von Flusstälern im wüstenartigen Vorgebirge an der Nordküste Perus. Die Hauptfundstätte Moche in der Nähe von Trujillo gab ihrer Kultur den Namen.
Das Wort „Kultur“ bezieht sich hier auf die archäologischen Funde. Unter Kultur versteht die Archäologie stilistisch ähnlich bestimmte Funde aus architektonisch vergleichbaren Fundorten einer gewissen Region. Von den Moche selber ist nicht mehr erhalten als Kunstwerke in vielen Formen - Wandmalereien, Textilien, aufwendige Goldschmiederarbeiten und Keramik - und einige Überreste großartiger Bauwerke, Gräber und Bestattungsanlagen. Von den „Mochica“ - dem Volk der Moche - selber kennt man nicht mehr. Im ethnologischen Sinn ist ihre Kultur, das von allen Mitgliedern geteilte symbolische Verständnis, nur noch rekonstruierbar. Für die präkolumbischen südamerikanischen Kulturen ist diese Rekonstruktion durch den Mangel an Schrift und die sehr deutliche kulturelle Distanz mit mehreren methodischen Problemen versehen. Die präkolumbischen andinen Kulturen kannten keine Schrift. Im präkolumbischen Südamerika existierten - bis auf die Inka-Knotenschnüre (quipu) - keine konventionalisierten Mitteilungssysteme. Dies erschwert eine Deutung der Bildwerke der frühen andinen Kulturen. Dazu kommt ihre Komplexität. Die künstlerischen Darstellungen sind häufig durch Detailreichtum und eine Vielfalt von Szenen aus ihrer Mythologie gekennzeichnet, nicht selten beziehen sie sich auch auf die Bilderwelt von Vorgängerkulturen. In ikonographischen Untersuchungen besonders mythologischer Wesen andiner Kulturen wird dieses methodische Problem auf zwei Arten gelöst: Versucht wird zum einen, einzelne übernatürliche Wesenheiten zu isolieren. Anhand bestimmter, meist von Archäologen mit westlichem Kunstverständniss als dominant bestimmter Merkmale werden einzelne mythologische Wesen bestimmt. Eine andere Vorgehensweise konzentriert sich auf mythologische Wesen in komplexeren Bildzusammenhängen. Meist werden Themenkomplexe isoliert, die dann mit Bezug auf süd-oder gesamtamerikanische indigene Bräuche oder Mythen erklärt werden. Solche Themenkomplexe hatten - so wird zumindest angenommen - eine kommunikative Funktion. Die Bildwerke formten einen tradierten Kanon, der nicht schriftlich fixiert, sondern künstlerisch verewigt wurde.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Moche-Tempel in Cao Viejo
(Quelle: Nolazco, Eduardo & Jorge Prado 1997)
Diese Arbeit ist eine Untersuchung der Moche-Bildwerke. Zentral ist dabei die Frage nach der Kosmologie und Mythologie. Mythische Weltsicht, Glaubensvorstellungen und die Götterwelt der Moche sollen vor dem Hintergrund der Kulturabfolge in den Anden dargestellt werden. Anstatt ausschließlich gängige Ansichten zur Kosmologie der Moche wiederzugeben, wird – vor dem generellen Hintergrund südamerikanischer Kosmologie – auch ein eigener Vorschlag der Deutung gemacht. Um diesen vorzustellen, wird zuerst ein genereller Überblick über die Moche-Kultur gegeben. Die Stellung innerhalb der andinen Kulturabfolge und eine Übersicht über den archäologischen Befund sowie den Moche-Kunststil werden dargelegt. Dann soll die Mythologie und Kosmologie der Moche ikonographisch erschlossen werden, gefolgt von einem Überblick über die Götterwelt und ihre bildliche Darstellung. Dazu wird der Stand der ikonographischen Arbeiten über die Mochekultur zusammengefasst und, aufbauend auf idigene Quellen über die südamerikanische Kosmologie, ein eigener Deutungsvorschlag entwickelt.
2. Die Moche-Kultur
2.1 Stellung innerhalb der andinen Kulturabfolge
Das so genannte „Reich“ der Moche war eines der größten sozialen Gebilde unter den frühen präkolumbischen Hochkulturen. Es blühte in der sg. „frühenZwsichenperiode“: Basierend auf stilistischer Einordnung (und auch Radiokarbon-Datierung), werden die Hochkulturen der Anden anhand der jeweils dominanten Hochkultur in drei „Horizonte“, den Frühen Horizont (Chavín, circa 1400-400 v.C), den Mittleren Horizont (Huari, 500-900 n. Chr.) und den Späten Horizont (Inka, 1476-1534 n. Chr.) unterteilt. Zwischen diesen Horizonten existierten zwei Zwischenperioden, die durch regionale Stile gekennzeichnet sind. Das Reich der Mochica (c. 0-700 n.Chr) endete im frühen mittleren Horizont. Es bildete sich in der frühen Zwischenperiode ( c. 400 v. is 500 n. Chr), einer Zeit, die durch durch eklektische Übernahme von Architektur und Motiven der Chavínkultur gekennzeichnet war (Coe et al. 1998: 157). Die Chavín bildeten das erste ausgedehnte politische oder (wahrscheinlicher) staatssübergreifende Gebilde im Andengebiet. Während vor dieser Zeit kaum größere Siedlungen mit komplexeren bildlichen Darstellungen religiösen Inhalts - die frühsten Steinbildwerke zeigen Opfer (Gliedmaßen und Teile geopferter Menschen) - gefunden wurden, verbreitete sich im frühen Horizont ein bildhafter[1] Stil, der hauptsächlich Mensch-und Tier-Mischwesen-Motive darstellt. Dieser Stil wird mit dem namenesgebenden Fundort von Chavín de Huantar verbunden, dessen eigenwilliger Skulptur- und Keramikstil die etwa 150 km südlich des Mochetals gelegene Fundstätte zur „type site“, zur typischsten Fundstätte für diese Zeitperiode, werden ließ. Dieses um 850-200 v. Chr. blühende Siedlung dürfte vor allen Dingen ein religiöses Zentrum gewesen sein. Im Zentrum steht eine ausgedehnte Tempelanlage aus jeweils einer südlich und nördlich plazierten großen Plattform und einer Pyramide sowie zwei Tempeln. Die Gebäude zieren teilweise Reliefdarstellungen von Jaguaren und menschenähnlichen, mit Raubtiermerkmalen versehenen Mischwesen (bzw. ihrer Kopfpartien). Besonders auffällige weitere Merkmale der Fundstätte sind eine unterirdisch im Zentrum des ältesten Teils der Tempelanlage gefundene, über 4 Meter hohe, fast dolchförmige Skulptur mit verschiedenen Jaguarmensch-Motiven und Säulen mit weiteren Mischwesen in Relieftechnik (Coe et al. 1998: 179). Neuere archäologische Arbeiten erbrachten allerdings, dass Architektur und inbesondere der Kunststil schon vor Chavín de Huantar verbreitet waren, unter anderem in der im Moche-Tal gelegenen Stätte Huaca de los Reyes, die starke ikonographische Parallelen zu Chavín aufweist (Coe et al. 1998: 177).
[...]
[1] Mit dem archäologschen Kulturbegriff sind häufig einfach Kunststile gemeint. In vielen Regionen lassen nur die Kunstile auf die Kultur ihrer Hersteller schließen.
- Arbeit zitieren
- M.A. Christopher Knapp (Autor:in), 2002, Die Moche-Kultur. Götter und Mythologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215001
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