Der Beginn des Schwedischen Theaters im Zeitalter des Barock


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


G l i e d e r u n g

1. Einleitung

2. Die Situation des Theaters bis Mitte des 17. Jahrhunderts5
2.1. Bibeldramen und fahrendes Volk
2.2. Das Schultheater ebnet den Weg des öffentlichen Theaters
2.2.1. Inhaltlicher Wandel
2.2.2. Johannes Messenius‘ „Disa“ als Beispiel des neuen Schultheaters

3. Das Theater im barocken Schweden8
3.1. Theater am Hof
3.1.1. Christian Thum und das Björngårdstheater
3.1.2. Königin Christina und der Einzug der französischen Theaterkultur
3.2. Entwicklungen unter Karl XI. Gustaf
3.2.1. Urban Hjärne revolutioniert das schwedische Schultheater
3.2.2. Öffentlicher Theaterbetrieb in der Löwengrube
3.2.3. Hochteutsche Comoedianten und das profane Theater
3.2.4. Dän Swänska Theatern
3.3. Entwicklungen unter Karl XII. Gustaf
3.3.1. Tessin, Rosidor und die französischen Klassiker
3.3.2. Der Umbau des Bollhuset zum Barocktheater

4. Folgezeit

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

A b b i l d u n g s v e r z e i c h n i s

Abbildung 1 Rekonstruktion eines Bibeldramas („Tobiaskomödie“ Tobie. Commedia, 1550) aus dem Jahre 1923 (Seite 5)
Quelle: Arpe, Verner (1969), S

Abbildung 2 Der schwedische Barockmaler David Klöcker fertigte im Jahr 1672 die achtteilige „Disa Serie“ als lavierte Zeichnungen an. Die Abbildung zeigt die Krönungsszene Disas (Seite 7)
Quelle: Staatsbibliothek St. Petersburg, abgedruckt in Gerstl, Doris (2010), Abb

Abbildung 3 Königin Christina als Kind, Portrait gemalt von Jacob Heinrich Elbfas 1637 (Seite 10)
Quelle: www.nationalmuseum.se (Stand: 6.3.2012)

Abbildung 4 Das Schloss „Drei Kronen“ in Stockholm als Gemälde von G. Camphuysen (1661). Rot markiert: die Löwengrube vor dem Umbau zum Theater (Seite 13)
Quelle: Arpe, Verner (1969), S. 18 – modifizierte Darstellung

Abbildung 5 Plakat der Hochteutschen Comoedianten vom Bollhuset Theater in Stockholm im späten 17. Jahrhundert (Seite 15)
Quelle: Fritz, Alex (1989), S

Abbildung 6 Der Vorhang des Nya Bollhuset, aquarellierte Zeichnung von Jean Louis Desprez (Seite 20)
Quelle: Arpe, Verner (1969), S

Abbildung 7 König Gustaf III., der Begründer des schwedischen Nationaltheaters. Portrait von Lorens Pasch d.J. (Seite 22)
Quelle: Arpe, Verner (1969), S.

1. Einleitung

„Pleasure and action make the hours seem short.” Dies hielt einer der bedeutendsten Dramatiker, William Shakespeare, bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts in seinem Werk Othello fest.[1] Auch wenn sich dieses Zitat nicht direkt auf das Theater bezieht, so spricht es doch sinnbildlich für dessen aufkommende Importanz im kulturellen Leben der damaligen Zeit.

Diese Arbeit widmet sich daher dem Beginn des schwedischen Theaters im Zeitalter des Barock, denn er fällt nicht nur gleichzeitig mit der schwedischen Großmachtszeit (1611-1718) zusammen, sondern stellt ebenso die Geburtsstunde des dramatischen Schaffens in Schweden dar. Neben der chronologischen Darstellung der einzelnen Schritte stellt sich dabei immer die zentrale Frage, inwiefern diese zur Entstehung eines professionellen Nationaltheaters beigetragen haben. Um einen besseren Überblick zu geben, setzen die Betrachtungen in diesem Rahmen bereits vor der Epoche des Barock ein. Anschließend sollen verschiedene ausländische und inländische Formationen miteinander verglichen und eine Gegenüberstellung der Geschehnisse während der Regentschaft der aufeinanderfolgenden Monarchen erfolgen. Die wichtigsten drei Untersuchungsziele stellen dabei stets die Professionalität der Aufführung, die Qualität der vorgestellten Stücke und die Präsentationssprache dar. Zuletzt soll ein Ausblick auf die Zeit nach dem Barock gegeben werden.

2. Die Situation des Theaters bis Mitte des 17. Jahrhunderts

2.1. Bibeldramen und fahrendes Volk

Verglichen mit der Theatergeschichte Deutschlands, Frankreichs oder Englands lassen sich in Schweden bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts keine oder nur recht zaghafte Versuche der Entstehung eines professionellen Theaters verzeichnen. Dennoch fanden Schauspiele im Rahmen religiöser Ertüchtigung seit der Christianisierung ihren Einzug. So berichtet auch der Historiograph Olaus Petri Mitte des 16. Jahrhunderts in seiner „Schwedischen Kronik“ (Een svensk Cröneka), dass „hübsche Weisen, Reime und Komödien von heiligen Männern“ aufgeführt und im Sinne der Missionstätigkeiten kirchlicher Instanzen gefördert wurden.[2] Des Weiteren kann die erste dokumentierte Aufführung in Form eines Osterspiels durch katholische Priester und Diakone in Linköping bereits ins 12. Jahrhundert datiert werden.[3] Es entwickelte sich eine Aufführungstradition dialogisierter Bibelpassagen durch Geistliche, welche zu christlichen Feier- und Festtagen in lateinischer Sprache vorgestellt wurden. Diese religiösen Festspiele wurden nach und nach auch von nicht-kirchlichen Einrichtungen wie höheren Schulen, beziehungsweise Lateinschulen und Universitäten von Studenten adaptiert und nahmen nach dem Bruch mit der katholischen Priesterschaft 1527 eine protestantische Entwicklung an.[4] Diese Aufführungen, motiviert durch das Kirchengesetz von 1575, griffen zunächst auf klassische Dramen der römischen und griechischen Antike zurück.[5] Im Gegensatz zu beispielsweise England oder Frankreich zeigte sich die schwedische Kirche also einverstanden und befürwortete die Stücke, die den Zuschauer durch ihren sittlich-erziehenden Charakter im Sinne der Reformation bilden sollten.[6]

Neben diesen pädagogischen Bibeldramen unterhielten umherziehende Schaustellergruppen und Gaukler das Volk mit Musik, Akrobatik oder kleineren Schauspielinszenierungen. Deren oftmals anrüchige Darbietungen waren zwar im Volk und gelegentlich auch zu Hofe beliebt, dienten jedoch lediglich der profanen Belustigung. Demzufolge galten solche Artisten als Gesindel, welches der Entstehung eines professionellen Theaters nicht beitrug.[7]

2.2. Das Schultheater ebnet den Weg des öffentlichen Theaters

Nachdem wahrscheinlich Olaus Petri[8] 1550 mit seinem pädagogisch-religiösen Werk „Tobie. Comedie“ das erste gedruckte Drama Schwedens herausgegeben hatte[9], gilt die Aufführung des Stückes „Thisbe“ (En lustigh comoedia widh nampn Thisbe) von Magnus Olai Asteropherus aus Arboga im Jahr 1609 als „erste[s] rein profane[s] Drama der schwedischen Literatur“[10]. Noch stark an den klassischen Vorbildern orientiert, behandelte es die Thematik der Romanze zwischen Thisbe und Pyramus. Diese bereits erwähnten Aufführungen an Universitäten und höheren Schulen waren zu Beginn des 17. Jahrhunderts ein in ganz Europa verbreitetes Phänomen und gaben letztendlich den Impuls zur Entstehung des professionellen Theaters in Schweden.[11] Im Folgenden soll neben einem Beispiel („Disa“) zunächst auf die grundsätzlichen Besonderheiten von Schuldrama und Schultheater eingegangen werden:

2.2.1. Inhaltlicher Wandel

Der Grund, weshalb das Schultheater als ausschlaggebender Faktor der Entstehung eines professionellen Theaters in Schweden gilt, ist in der Tatsache begründet, dass Professoren und Magister an den Universitäten früh damit begonnen hatten eigene Dramen zu schreiben und diese, ebenfalls bestärkt durch das Kirchengesetz, auch erstmals in schwedischer Sprache aufzuführen.[12] Diese zu Beginn lediglich als Bildungsinitiative gedachten Aufführungen wurden jedoch einem inhaltlichen Wandel unterzogen, indem sie sich nicht mehr ausschließlich auf kirchliche Themen bezogen, sondern sich vermehrt der realistischen Darstellung weltlicher Aspekte sowie nationaler Motive widmeten.[13] Der religiöse Einfluss auf das junge Theater wurde somit sukzessive von säkularen Inhalten abgelöst, womit der Weg und die Akzeptanz für die Entstehung des professionellen Theaters geebnet wurden.

2.2.2. Johannes Messenius‘ „Disa“ als Beispiel des neuen Schultheaters

Ein veranschaulichendes Beispiel dieser neuen weltlichen Dramen bietet die Komödie „Disa“ von Johannes Messenius (seinerzeit Jura- und Politikprofessor an der Universität Uppsala). Messenius verfasste anlässlich des Distings-Jahrmarktes im Februar 1611 die Erzählung von Disa, die dank ihrer Weisheit und Schönheit zur Königin erhoben worden war.[14] Dabei entsprach die Komödie in ihrer Inszenierungsweise sowie inhaltlich dem unter 2.2.1. definierten Wandel im schwedischen Schultheater: der 1614 zum Reichantiquar ernannte Autor hatte das Vorhaben eine Art visuellen Geschichtsunterricht zu halten, indem er mit seiner Komödie die Geschichte des Landes erzählen wollte. Hierfür stützte er seine Erzählung auf belegbare historische Quellen. Im Zuge dessen nahm er auch Bezug auf vorchristliche Inhalte und ließ Götter der nordischen Mythologie wie Thor, Odin oder Freya in Nebenerzählungen auftreten.[15] Im Gegensatz zu den traditionellen, bildenden Stücken seiner Zeit baute er außerdem Musik zur Auflockerung und Zwischenszenen mit Clowns ein, die in grotesker Art und Weise der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten sollten.[16] Laut seines Vorwortes zu „Disa“ wollte Messenius „seine Schüler, den Nachwuchs des Adels und die zukünftigen Beamten Rhetorik und Auftreten einüben lassen, ihnen Vaterlandsliebe und stoizistisch geprägte Persönlichkeitsideale im Sinne des Gotizismus vermitteln“[17]. Das patriotische Stück war dennoch nicht allein der Landesgeschichte gewidmet und zur Unterhaltung des Publikums gedacht, sondern ging auch auf die damals aktuelle politische Lage Schwedens ein: Messenius nahm den Konflikt zwischen der friedliebenden Protagonistin Disa und deren feindseliger Kontrahentin Pentesiaea als Metapher für die sich anbahnende „militärische Eskalation in den Auseinandersetzungen zwischen Schweden und Dänemark“[18]. Trotz anfänglicher gewaltsamer Tumulte nach den Vorstellungen, welche in einem späteren Aufführungsverbot eskalierten und trotz des Vorwurfes der Kirche, „Disa“ stelle einen „Verfall der Universitäten“[19] dar, erfreute sich Messenius‘ Werk langwährender Popularität: die Komödie erschien insgesamt in acht Auflagen, wurde mehrfach ins Deutsche übertragen und wurde eines der meistgespielten schwedischen Dramen des 17. Jahrhunderts. Messenius Werk kann somit als allseits bekanntes und im Sinne des Gotizismus nationales Epos seines Jahrhunderts betrachtet werden.[20]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Krönungsszene (Disa), lavierte Zeichnung David Klöckers 1672

[...]


[1] Vgl. The Complete Works of William Shakespeare (2012), Othello – Dritte Szene

[2] Vgl. Arpe, Verner (1969), S. 1

[3] Vgl. Arpe, Verner (1969), S. XIII

[4] Vgl. Arpe, Verner (1969), S. 2

[5] Vgl. Arpe, Verner (1969), S. 6

[6] Vgl. Swanson, Alan (2012), S. 3

[7] Vgl. Arpe, Verner (1969), S. 2-4

[8] Anmerkung: Die genaue Zuordnung des Autors ist ungeklärt

[9] Vgl. Marker, Frederick J.; Marker, Lise-Lone (1996) S. 6

[10] Vgl. Arpe, Verner (1969), S. XIV

[11] Vgl. Baur-Heinhold, Margarete (1966), S. 38

[12] Vgl. Arpe, Verner (1969), S. 6

[13] Vgl. Arpe, Verner (1969), S. 9

[14] Vgl. Arpe, Verner (1969), S. 7

[15] Vgl. Gerstl, Doris (2010), S. 60-61

[16] Vgl. Arpe, Verner (1969), S. 7

[17] Vgl. Gerstl, Doris (2010), S. 60

[18] Vgl. Gustafsson, Lars (1956), S. 178

[19] Vgl. Arpe, Verner (1969), S. 9

[20] Vgl. Gerstl, Doris (2010), S. 64

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Der Beginn des Schwedischen Theaters im Zeitalter des Barock
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Nordische Philologie)
Veranstaltung
Nordischer Barock
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
25
Katalognummer
V214767
ISBN (eBook)
9783656429111
ISBN (Buch)
9783656438656
Dateigröße
2030 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Barock, Schweden, Theaterwissenschaft, Skandinavistik, Nordistik, Johannes Messenius, Stockholm, Lejonkulan, Theater, Bollhuset, Disa, Schwedische Großmachtszeit, Schultheater, Universitätstheater, Dramatik, Nationaltheater, Den Svenska Teatern, Dän Swänska Theatern, Karl XI Gustav, Karl XII Gustav, Gustav III, Gustav II Adolf, Björngårdsteatern, Jan Baptista van Fornenberg, Fredrik I, Claude Guillemot de Rosidor, Theatergeschichte, Nicodemus Tessin, Uppsala, Urban Hjärne, Hochteutsche Comoedianten, Schwedisch, Barocktheater, Christina von Schweden, Nordeuropa
Arbeit zitieren
Saskia Amend (Autor:in), 2012, Der Beginn des Schwedischen Theaters im Zeitalter des Barock, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/214767

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